Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen Stand und Herausforderungen

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Transkript:

Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen Stand und Herausforderungen Ulrike Benzer Landesreferentenkonferenz Migration und Integration Diakonie Deutschland Evangelischer Bundesverband 13. Oktober 2015 in Berlin

Gliederung 1. Information und Beratung 1.1 Inanspruchnahme von Informations- und Beratungsangeboten 1.2 Anerkennungsinteressierte 1.3 Exkurs: Zusammenarbeit zwischen Migrationsberatungsstellen und IQ-Anlaufstellen 2. Anerkennungsverfahren 2.1 Antragstellung 2.2 Kosten und Finanzierung 2.3 Arbeitsmarktverwertbarkeit 3. Fazit und Herausforderungen 2

1. Information und Beratung 3

1.1 Inanspruchnahme von Informations- und Beratungsangeboten 4

Inanspruchnahme von Informations- und Beratungsangeboten IQ-Anlaufstellen (Gesamt: 97) 49.388 Beratungen (1.8.12-30.6.15) (Benzer et al. 2015) Hotline Arbeiten und Leben in Deutschland (bis 30.11.14 BAMF-Hotline) Informationsportal www.anerkennung-in-deutschland.de Einstiegsberatung bei den Anerkennungsstellen IHK und HWK 35.774 Beratungen (2.4.12-30.6.15) (Benzer et al. 2015) 14,2 Mio. Seitenaufrufe (1.4.12 30.6.15) (Benzer et al. 2015) 39.933 Beratungen (1.4.12-31.12.14) (BMBF 2015) Weitere Beratungsangebote: JMD, MBE, Jobcenter, Agenturen für Arbeit u.a. 5

1.2 Anerkennungsinteressierte 6

Erwerbsländer Afrika 6,4% (3.480) Europa (nicht EU, inkl. Türkei) 9,3% (5.044) Südamerika 3,9% (2.132) Nord- und Mittelamerika 2,5% (1.377) Australien 0,2% (129) Sonstiges 0,1% (47) Europa (EU28) 37,3% (20.327) Etwa ein Viertel aller Abschlüsse (21,7 Prozent) wurde in der Russischen Föderation oder in Polen erworben, gefolgt von den Ländern Ukraine, Rumänien, Syrien und Türkei. Asien (ohne GUS) 17,2% (9.378) GUS-Staaten 23,1% (12.603) n (Abschlüsse) = 54.517 [von 47.935 Personen. Fehlend: 1.453 Personen] (Benzer et al. 2015; Monitoring der Beratung der IQ-Anlaufstellen, Berichtszeitraum August 2012 bis Juni 2015) 7

Referenzberufe nach Berufsbereichen Verkehr, Logistik, Schutz und Sicherheit 0,7% (319) Bau, Architektur, Vermessung und Gebäudetechnik 2,2% (1.059) Land-, Forst- und Tierwirtschaft und Gartenbau 0,5% (222) Sonstiger Beruf, nicht in der Liste enthalten 14,7% (7.042) Keine Zuordnung zu deutschem Referenzberuf möglich 6,1% (2.897) Gesundheit, Soziales, Lehre und Erziehung 35,5% (16.936) Kaufmännische Dienstleistungen, Warenhandel, Vertrieb, Hotel und Tourismus 3,1% (1.473) Naturwissenschaft, Geografie und Informatik 4,0% (1.927) Sprach-, Literatur-, Geistes-, Gesellschafts- und Wirtschaftswissenschaften, Medien, Kunst, Kultur und Gestaltung 6,5% (3.120) Unternehmensorganisation, Buchhaltung, Recht und Verwaltung 9,2% (4.393) n (Abschlüsse) = 47.769 [von 42.255 Personen. Fehlend: 7.133 Personen] Rohstoffgewinnung, Produktion und Fertigung 17,5% (8.381) (Benzer et al. 2015; Monitoring der Beratung der IQ-Anlaufstellen, Berichtszeitraum August 2012 bis Juni 2015) 8

Referenzberufe nach Reglementierung Sonstiger Beruf, nicht in der Liste enthalten 14,7% (7.042) Keine Zuordnung zu deutschem Referenzberuf möglich 6,1% (2.897) Bundesrechtlich reglementierte Berufe 14,7% (6.999) Duale Ausbildungsberufe 20,8% (9.931) Akademische Berufe (nicht reglementiert) 13,6% (6.507) Landesrechtlich reglementierte Berufe 27,8% (13.259) n (Abschlüsse) = 47.769 [von 42.255 Personen. Fehlend: 7.133 Personen] Reglementierte Handwerksmeisterberufe 0,4% (180) Nicht reglementierte Meisterberufe (Handwerk und sonstige) 0,1% (67) Nicht reglementierte Fortbildungsberufe (außer Meister) 1,9% (887) (Benzer et al. 2015; Monitoring der Beratung der IQ-Anlaufstellen, Berichtszeitraum August 2012 bis Juni 2015) 9

Erwerbsstatus nicht erwerbstätig 67,6 % (24.377) beitragspflichtig beschäftigt geringfügig beschäftigt im Ausland erwerbstätig selbstständig in Aus-/Weiterbildung oder Qualifizierung im Ausland nicht erwerbstätig 15,9 % (5.718) 8,0 % (2.879) 2,8 % (1.018) 1,9 % (680) 1,6 % (567) 0,7 % (238) zwei Drittel der Anerkennungssuchenden sind zum Zeitpunkt der Beratung nicht erwerbstätig sonstiges 1,6 % (593) 0% 20% 40% 60% 80% 100% (Benzer et al. 2015; Monitoring der Beratung der IQ-Anlaufstellen, Berichtszeitraum August 2012 bis Juni 2015) 10

Leistungsbezug ohne Leistungsbezug 45,7 % (14.737) mit (ergänzendem) SGB II-Leistungsbezug mit SGB III-Leistungsbezug 7,2 % (2.315) 39,6 % (12.776) über die Hälfte der Anerkennungssuchenden befinden sich zum Zeitpunkt der Beratung im Leistungsbezug mit (ergänzendem) Asylbewerberleistungsbezug 5,0 % (1.628) mit SGB III- und SGB II-Leistungsbezug 2,5 % (816) 0% 20% 40% 60% 80% 100% (Benzer et al. 2015; Monitoring der Beratung der IQ-Anlaufstellen, Berichtszeitraum August 2012 bis Juni 2015) 11

1.3 Exkurs: Zusammenarbeit zwischen Migrationsberatungsstellen und IQ-Anlaufstellen 12

Aufgabenbereiche von MBE/JMD und IQ MBE/JMD: Generalisten umfassende Initiierung, Steuerung und Begleitung des Integrationsprozesses bedarfsorientierte Einzelfallberatung, Integrationsförderplanung und sozialpädagogische Beratung IQ: Spezialisten Fachberatung zu Anerkennungsmöglichkeiten Fachberatung zu Qualifizierungsmöglichkeiten Beide sind in sich sehr heterogene Netzwerke. Alle Empfehlungen gelten deshalb nicht pauschal, sondern sind auf ihre Anwendbarkeit im Einzelfall hin zu prüfen. 13

Formen der Zusammenarbeit fachlicher Austausch in fast allen Bundesländern Arbeitskreise, Netzwerktreffen, Gremien Schulungen und fallbezogene Beratung Einbindung der JMD/MBE in IQ-Beratungsstrukturen fallbezogener Austausch und Intensivberatung Verweis und Rückverweis teilweise JMD/MBE unter einem Dach beim gleichen Träger (z.b. AWO Stuttgart, Caritasverband Nordhessen-Kassel e.v.) Verweis: von mindestens 3.400 Ratsuchenden von MBE/JMD an IQ mindestens 600 IQ-Beratungen nicht direkt mit Anerkennungssuchenden, sondern MBE/JMD-Berater/innen 14

Instrumente für eine gelingende Kooperation Ziel: passgenaue Unterstützung für Ratsuchende und gegenseitige Entlastung persönlicher Kontakt regelmäßiger fachlicher Austausch Schnittstellenmanagement: Transparenz über Kompetenzen (z.b. Leitbild) und Kapazitäten Definition der Aufgabenbereiche und Zuständigkeiten formelle Absprachen und Vereinbarungen (z.b. Absichtserklärung) schriftliche Dokumentation (z.b. Laufzettel, Beratungsprotokolle) 15

Zwischenfazit: Information und Beratung Informations- und Beratungsangebote werden stark nachgefragt. Großes Anerkennungsinteresse besteht (auch) im Bereich der landesrechtlich geregelten Berufe und von Personen mit Drittstaatsqualifikationen. Ein Großteil der Anerkennungssuchenden ist zum Zeitpunkt der Beratung nicht erwerbstätig und befindet sich im Leistungsbezug. Die Beratung zur Anerkennung muss nicht unbedingt in einen Antrag münden, um zielführend zu sein. Die Zusammenarbeit zwischen IQ und MBE/JMD ist in weiten Teilen konstruktiv und hilfreich; Optimierungsmöglichkeiten bestehen durch formale Definition von Schnittstellen und regelmäßigen direkten Austausch vor Ort unter Berücksichtigung der lokalen/regionalen Rahmenbedingungen. 16

2. Anerkennungsverfahren 17

2.1 Antragstellung 18

Anträge 26.466 Anträge (1.4.2012 31.12.2013) 2013: Referenzberuf: 78% der Anträge im reglementierten, 22% im nicht reglementierten Bereich mit Abstand die meisten Anträge von Ärzt/innen und Gesundheits- und Krankenpfleger/innen Ergebnis: drei Viertel Bescheide über volle Gleichwertigkeit, ein Fünftel über teilweise Gleichwertigkeit bzw. Berufszulassung unter Auflagen, kaum Ablehnungen die häufigsten Erwerbsländer: Polen, Rumänien, Russische Föderation etwa jede zehnte Antragstellung aus dem Ausland keine Daten zu Antragstellung in landesrechtlich geregelten Berufen verfügbar (BMBF 2015) 19

Vollzug funktioniert in weiten Teilen gut, insbesondere im Bereich IHK/HWK Uneinheitlichkeiten vor allem bei Zuständigkeit auf Länderebene (z.b. Nachweis der Sprachkenntnisse für akademische Heilberufe) Anträgen aus dem Ausland: nicht gesetzeskonforme Forderungen nach Stellenzusage oder Wohnortbescheinigung Bemühungen zur Vereinheitlichung im Gesundheitsbereich: BMG-Verordnung seit Anfang 2014, zentrale Gutachterstelle bei der ZAB ab 2016 sonstige Verfahren nach 14 BQFG: bisher kaum Anwendung, zunehmende Bedeutung zu erwarten 20

Berufliche Anerkennung im Bereich der Altenpflege Stand: großes Interesse vorhanden: fünfthäufigstes Berufsprofil, das auf Anerkennungsportal aufgerufen wird akuter Mangel an Pflegekräften und Schwierigkeit, Fachkraftquote einzuhalten aber: nur 99 Anträge seit 1.4.2012, 45 negative Bescheide Problematik: kaum spezialisierte Altenpflegequalifizierungen im Ausland, deshalb kein ausländischer formaler Abschluss vorhanden Anerkennung ausländischer Pflegequalifikationen zum Referenzberuf Gesundheitsund Krankenpfleger/in attraktiver Anpassungslehrgänge meist im Krankenhaus, nicht in Altenpflegeeinrichtungen Perspektive: Bemühungen zur stärkeren Berücksichtigung der Berufspraxis aus der Altenpflege Ausweitung der Möglichkeiten zu Ausgleichsmaßnahmen in der Altenpflege generalisierte Ausbildung zu Pflegefachleuten (BMBF 2015) 21

2.2 Kosten und Finanzierung 22

Direkte und indirekte Kosten von Verfahren und Qualifizierungen Information & Beratung kostenfrei Anerkennungsverfahren direkte Kosten (Verfahrensgebühr: oft zwischen 100 und 600, teilweise deutlich höher: z.b. 5.000 Kenntnisprüfung Zahnärzte/innen in Bayern) indirekte Kosten (Beschaffung von Nachweisen, Kopien, Übersetzungen, etc.) Qualifizierung direkte Kosten (Qualifizierungen, Kurse, Materialien, etc.) indirekte Kosten (Fahrtkosten, Kinderbetreuung, Einkommensausfall, etc.) Kosten variieren je nach Fallkonstellation stark und sind bei Verfahrensbeginn oft nicht abschätzbar müssen im Verhältnis zur Leistungsfähigkeit der Kostenträger und zum Nutzen betrachtet werden. 23

Kostenträger Anerkennungssuchende Betriebe Förderprogramm Integration durch Qualifizierung (IQ) Kostenträger in der beruflichen Anerkennung Jobcenter und Agenturen für Arbeit 24

2.4 Nutzen 25

Differenzierung nach Reglementierung der Berufe reglementierte Berufe (setzen für Personen mit ausländischen Qualifikationen eine berufliche Anerkennung zwingend voraus, z.b. Ärzte/innen und Lehrer/innen): qualifikationsadäquate Beschäftigung nur möglich durch berufliche Anerkennung oder Neuerwerb der notwendigen Qualifikation nicht reglementierte Berufe (Berufstätigkeit grundsätzlich auch ohne berufliche Anerkennung möglich, z.b. Industriemechaniker/innen, Bürokaufleute, Friseure/innen): Transparenz: vereinfachte Vergleichbarkeit der Qualifikationen von ausländischem und deutschem Berufsabschluss für Arbeitgeber und damit Steigerung der Akzeptanz ausländischer Qualifikationen in Unternehmen Zugang: erleichterter Zugang zu Fort- und Weiterbildungen Karriere: verbesserte Aufstiegs- und Verdienstmöglichkeiten 26

Verbesserung der Arbeitskonditionen Empirische Belege stehen weitgehend noch aus. Es gibt Hinweise darauf, dass sich Arbeitskonditionen durch die berufliche Anerkennung verbessern: Entgelte von Personen, deren Abschlüsse vollständig anerkannt sind, steigen um 28 % gegenüber Personen, die keinen Anerkennungsantrag gestellt haben. (Brücker et al. 2014) Wahrscheinlichkeit, unterhalb der Qualifikation beschäftigt zu sein, sinkt für Personen mit voller Anerkennung. (Brücker et al. 2014) Vielfach geben Betriebe an, dass Beschäftigte nach einem Anerkennungsverfahren höherwertige Tätigkeiten übernommen haben und/oder sich deren Verdienst erhöht hat. (BIBB 2014) aber: geringe Effekte der beruflichen Anerkennung auf die Erwerbsbeteiligung (Brücker et al. 2014) Akzeptanz bei Betrieben unklar 27

Zwischenfazit: Anerkennungsverfahren Der Vollzug im Kammerbereich funktioniert gut, ist im Bereich der Länderzuständigkeit teilweise nicht einheitlich und nicht gesetzeskonform. Die Kosten stellen für manche Anerkennungssuchende eine Hürde dar. Fördermöglichkeiten sind vielfältig, aber es bestehen Lücken. Eine berufliche Anerkennung zahlt sich für viele Anerkennungssuchende auf dem Arbeitsmarkt aus, der individuelle Nutzen ist aber nicht immer transparent. 28

3. Fazit und Herausforderungen 29

Fazit Das Anerkennungsgesetz leistet einen Beitrag zur Arbeitsmarktintegration, Fachkräftesicherung und Willkommenskultur. Die Verfahren enden häufig mit voller Gleichwertigkeit, Ablehnungen sind selten. Hierfür sind auch die passgenauen Informations- und Beratungsangebote verantwortlich. Die Anerkennung eines ausländischen Abschlusses zahlt sich auf dem Arbeitsmarkt aus. Nicht alle Personen mit ausländischen Qualifikationen profitieren vom Gesetz. Für Personen mit Qualifikationen im landesrechtlich reglementierten oder nicht reglementierten akademischen Bereich sowie formal Geringqualifizierte gibt es häufig bzw. grundsätzlich keine Anerkennungsmöglichkeiten. Für manche Anerkennungsinteressierten stellen die Kosten eine Hürde dar. Fördermöglichkeiten sind vielfältig. Allerdings bestehen Förderlücken insbesondere bei Beschäftigten, Flüchtlingen und Anerkennungssuchenden, die Qualifizierungen längerer Dauer oder bei Berufsfachschulen oder Universitäten benötigen. 30

Herausforderungen und Perspektiven Der Vollzug der Verfahren muss weiter vereinheitlicht werden, die gesetzeskonforme Durchführung der Verfahren muss bundesweit gewährleistet werden. Die genannten Förderlücken sollten geschlossen werden (z.b. nach dem Vorbild des Stipendienprogramms Hamburg). Die Anwendung sonstiger Verfahren bei fehlenden Nachweisen nach 14 BQFG sollte ausgeweitet werden, die Finanzierung muss sichergestellt sein. Reichweite des Gesetzes sollte gesteigert werden: Um die Potenziale aller Personen mit ausländischen Qualifikationen zu nutzen, müssen Bewertungsmöglichkeiten von non-formalen und informellen Kompetenzen erarbeitet werden Fachgesetze und Ländergesetze überarbeitet werden (z.b. Aufnahme sonstiger Verfahren; Ausweitung des Rechtsanspruchs für Drittstaatsqualifikationen im Bereich landesrechtlich reglementierter Berufe auf Gleichwertigkeitsfeststellungsverfahren) Bekanntheit und Akzeptanz der beruflichen Anerkennung bei Betrieben gesteigert werden 31

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Ulrike Benzer IQ-Fachstelle Beratung und Qualifizierung Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb) Nürnberg Tel.: 0911 27779 48 E-Mail: benzer.ulrike@f-bb.de Das Förderprogramm Integration durch Qualifizierung (IQ) wird durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und den Europäischen Sozialfonds gefördert. In Kooperation mit:

Quellen Benzer, U.; Hoffmann, J.; Tatarlieva, A.; Vockentanz, V. (2015): Auswertungsbericht 2/2015: Dokumentation der Anerkennungs- und Qualifizierungsberatung. BIBB (2014): Betriebsbefragung. Zitiert nach: BMBF (2015): Bericht zum Anerkennungsgesetz 2015. BMBF (2015): Bericht zum Anerkennungsgesetz 2015. Brücker, Herbert; Liebau, Elisabeth; Romiti, Agnese; Vallizadeh, Ehsan (2014): Arbeitsmarktintegration von Migranten in Deutschland: Anerkannte Abschlüsse und Deutschkenntnisse lohnen sich. In: Die IAB-SOEP-Migrationsstichprobe: Leben, lernen, arbeiten - wie es Migranten in Deutschland geht, (IAB-Kurzbericht, 21.3/2014), Nürnberg, S. 21-28. Englmann, B.; Müller-Wacker, M. (2014): Bewirken die Anerkennungsgesetze eine Verbesserung des Bildungstransfers? Studie zu ausländischen Fachkräften, die Anerkennungsberatungsangebote in Bayern nutzten. Augsburg. 33