Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE

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An den Thüringer Landtag - Petitionsausschuss - Jürgen-Fuchs-Str. 1 99096 Erfurt Ralf-Uwe Beck Sprecher Mehr Demokratie in Thüringen Prellerstr. 8 99817 Eisenach Fon 03691/212887 Funk 0172/7962982 Fax 03691/212886 RUBeck@t-online.de www.thueringen.mehr-demokratie.de 29.8.2011 Anhörung zum Gesetz zur Änderung des Thüringer Gesetzes über das Petitionswesen und weiterer kommunalrechtlicher Regelungen Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE DS 5/2673 Sehr geehrte Damen und Herren, der Petitionsausschuss des Thüringer Landtages hat mich mit Schreiben vom 12. Juli 2011 zur mündlichen Anhörung am 31. August 2011 eingeladen. Zur Diskussion steht vorliegendes Änderungsgesetz der Fraktion DIE LINKE zum Thüringer Petitionsgesetz. An der Anhörung nehme ich gern teil und übersende hiermit vorab die schriftliche Stellungnahme. Das Vorhaben, das Petitionsrecht in Thüringen auszubauen, wird ausdrücklich begrüßt. Positiv zu markieren ist, dass der vorliegende Gesetzentwurf die Schwächen der früheren Gesetzesinitiative der Fraktion DIE LINKE in selber Sache aus dem Jahr 2009 (DS 4/4676) korrigiert hat und damit als grundsätzlich gelungen angesehen werden kann. Im Einzelnen nehme ich wie folgt Stellung:

2 Zu Artikel 1 Änderung des Thüringer Gesetzes über das Petitionswesen Öffentliche Petitionen: 1. 1 a Öffentliche Petitionen sind eine sinnvolle und angesichts der zunehmenden Bedeutung elektronischer Medien auch notwendige Ergänzung des Petitionsrechts. Das hier vorgeschlagene Instrument orientiert sich an der Praxis des Bundestages. Dort werden öffentliche Petitionen seit 2005 von den Bürgerinnen und Bürgern tatsächlich genutzt. Relativ schnell wird durch die Möglichkeit der Mitzeichnung der Stellenwert des dargestellten Problems für das Parlament sichtbar. Das Instrument hat sich auf Bundesebene bewährt und ist deshalb nach der zweijährigen Erprobungsphase etabliert worden. Es ist folgerichtig, es auch auf Landesebene anzubieten. Als erstes Bundesland hat Bremen öffentliche Petitionen eingeführt; gefolgt ist jüngst Rheinland-Pfalz. Die in den Ländern verabschiedeten Regelungen orientieren sich wie der hier vorliegende Entwurf an den Verfahrensgrundsätzen des Petitionsausschusses im Bundestag für öffentliche Petitionen. Einzelne Instrumente der Bürgerbeteiligung auch elektronisch unterzeichnen zu können, wird sich perspektivisch auf allen politischen Ebenen durchsetzen. Angeschoben wird diese Entwicklung auch durch die Einführung der Europäischen Bürgerinitiative, für die vorgesehen ist, dass sie auch elektronisch gezeichnet werden kann. Es ist für die weitere Entwicklung in Thüringen hilfreich, wenn im Land auf der Ebene des Petitionsrechts erste Erfahrungen gesammelt und ausgewertet werden können. Unterstützt wird die Möglichkeit, neben der Unterzeichnung einer öffentlichen Petition, einen Diskussionsbeitrag auf der dafür vorgesehen Internetseite abgeben zu können. Der Ausschuss kann so Anregungen für die Bearbeitung der Petition erhalten. Zudem können so die Mitzeichner ins Gespräch kommen. Angeregt wird, die öffentlichen Petitionen nicht mit einem neuen 1 a zu regeln, sondern mit einem neuen 14 a oder besser noch mit einem neuen 15, also nach den Massen- und Sammelpetitionen. Dies scheint logischer zu sein, als die Sonderform einer Petition bereits unter den Grundsätzen abzuhandeln. Auch das Bremer Petitionsgesetz regelt die öffentlichen Petitionen unmittelbar nach den Massen- und Sammelpetitionen. Die vorgeschlagenen Bedingungen für die Veröffentlichung einer Petition werden grundsätzlich unterstützt. Lediglich an einer Stelle wird eine Präzisierung vorgeschlagen ( 1 a, Abs. 6 d)): Von einer Veröffentlichung abzusehen, wenn wie unter d) formuliert die technischen oder personellen Kapazitäten für eine angemessene öffentliche Präsentation nicht gewährleistet sind, scheint mir missverständlich formuliert und könnte in dieser Fassung willkürlich genutzt werden. Wenn öffentliche Petitionen ermöglicht werden, sind hierfür auch die technischen und personellen Kapazitäten zu gewährleisten. Vermutlich soll ausgedrückt werden, dass von einer Veröffentlichung abzusehen ist, wenn der Umfang der Petition über die z.b.

3 technischen Möglichkeiten hinausgeht. Dies auszudrücken, wird als durchaus sinnvoll angesehen. Empfohlen wird, folgende Formulierung zu erwägen: d) die zur Verfügung gestellten technischen oder personellen Kapazitäten für eine angemessene öffentliche Präsentation nicht ausreichen. Fristsetzung für Stellungnahmen der Landesregierung: 3. 10, neuer Abs. 3 Die Einführung einer Frist für die Abgaben von Stellungnahmen der Landesregierung ist zwingend, wenn Petitionen zügig bearbeitet werden sollen. Fristsetzungen machen zudem die Bearbeitung und die Bearbeitungsdauer einer Petition transparenter. Ist wie bisher keine Frist für die Abgabe einer Stellungnahme gesetzt, hat damit die Exekutive, deren Verwaltungshandeln überprüft werden soll, indirekt ein Mittel zu Händen, die Überprüfung hinauszuzögern, wenn die Entscheidung über eine Petition von einer Stellungnahme abhängig ist. Dem kann eine Fristsetzung vorbeugen. Auch die im 18 Abs. 1 vorgesehene Fristverkürzung wird positiv gesehen. Aussetzung des Verwaltungsvollzugs: 3. 10, neue Abs. 9f Begrüßt wird der unterbreitete Vorschlag, Maßnahmen auszusetzen, wenn Gefahr droht, dass durch den Vollzug einer Maßnahme Tatsachen geschaffen werden, durch die ein gegenteiliger Beschluss des Ausschusses nicht umgesetzt werden könnte. Da der Petitionsausschuss allerdings nicht direkt in Verwaltungshandeln eingreifen kann, bleibt ihm nur, zu ersuchen, den bevorstehenden Vollzug auszusetzen. Mit dem hier vorgeschlagenen Abs. 10 kann dies sinnvollerweise verstärkt werden und der Petitionsausschuss ein Aussetzen der Maßnahme verlangen. Diese Steigerung ist gut geeignet, von Seiten des Petitionsausschusses zu markieren, wenn eine Verletzung von Grundrechten droht. Überweisung zur Beschlussfassung an Landtag: 4. 14, neuer Abs. 4 Insbesondere Mehrfachpetitionen können aus Sicht des Landtages eine seismografische Funktion haben: Sie signalisieren den Abgeordneten gegebenenfalls Handlungsbedarf, der über die Korrektur einer Verwaltungsmaßnahme hinausgeht. Den Vorgang dann insgesamt auf Beschluss des Ausschusses an den Landtag verweisen zu können, ist bestimmt wirksamer, als politischen Handlungsbedarf von einzelnen Ausschussmitgliedern über ihre Fraktionen an das Parlament zu signalisieren. Nach Artikel 65 Abs. 1 Satz 2 kann der Landtag Entscheidungen des Petitionsausschusses aufheben. Wird hiervon tatsächlich Gebrauch gemacht und werden Beschlüsse des Petitionsausschusses kassiert, würde dies das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Arbeit des Petitionsausschusses nicht gerade stärken. Ist ein solcher Fall absehbar, wäre der Petitionsausschuss mit dem hier eingebrachten Vorschlag in der Lage, den Landtag gleich zu befassen.

4 Öffentliche Sitzungen des Petitionsausschusses: 5. 15 Die Sitzungen des Petitionsausschusses, wie vorgeschlagen, als grundsätzlich öffentlich festzuschreiben, sofern der Petent zustimmt, ist schon deshalb zwingend notwendig, weil dem Ausschuss nach Artikel 65 Abs. 1 Satz 1 der Thüringer Verfassung die Entscheidung, über die an den Landtag gerichteten Eingaben obliegt. Werden Beratungen mit eigenen Beschlüssen beendet, ohne dass das Plenum vor den Ausschuss-Beratungen oder nachträglich damit befasst ist, ist das Verfassungsgebot der Öffentlichkeit parlamentarischer Beratungen nur mit öffentlichen Ausschusssitzungen zu wahren. Dies gilt selbstverständlich auch für das mit 10 neuer Abs. 11 vorgesehene Selbstbefassungsrecht. Öffentliche Anhörung: 6. 16 Begrüßt wird die vorgesehene öffentliche Anhörung der Vertrauensperson. Dies ist ein gutes Mittel, den Dialog zwischen Parlament und Bürgerschaft zu fördern und verloren gegangenes Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die parlamentarische Demokratie zurückzugewinnen. Dies ist wohl auch der Hintergrund für das Vorhaben der derzeitigen Bundesregierung, bei Massenpetitionen... über das im Petitionsausschuss bestehende Anhörungsrecht hinaus eine Behandlung des Anliegens im Plenum des Deutschen Bundestages unter Beteiligung der zuständigen Ausschüsse vorzusehen (Koalitionsvertrag vom 26.10.2009). Das Quorum für die Möglichkeit, eine Anhörung anzusetzen, ergibt sich aus den für Massenund Sammelpetitionen notwendigen 50 Unterzeichnern ( 14 Abs. 1 und 2). Eingeführt wird die Pflicht zur Anhörung, wenn die Mehrfachpetition von mehr als 200 Unterzeichnern unterstützt wird. Die Quoren, mit denen Bürgerinnen und Bürger Behandlungs- oder Anhörungsrechte erlangen können, können nur gegriffen sein. Es gibt kaum schlüssige Anhaltspunkte, wie diese bemessen sein sollten. Besonders schwierig ist eine Einschätzung, wenn mit den öffentlichen Petitionen die Möglichkeit der Unterzeichnung auf elektronischem Wege eröffnet wird, zumal hier kaum Erfahrungen in den Ländern vorliegen. Eine elektronische Unterzeichnung wird einfacher sein als eine Unterschriftensammlung von Angesicht zu Angesicht. Die hier vorgeschlagenen Quoren sollten eingeführt werden; jedoch sollte der Ausschuss nach zwei Jahren überprüfen, ob die Quoren sinnvoll gesetzt sind und einlösen, was mit ihnen erreicht werden soll. Kriterien hierfür könnten beispielsweise sein, ob mit dem Quorum ausreichend deutlich wird, dass das Thema in der öffentlichen Auseinandersetzung der Gesellschaft eine Rolle spielt, nicht nur regionalen Bezug hat, sondern für das ganze Land relevant ist usw., aber auch ob die Arbeitsfähigkeit des Ausschusses gewahrt ist. Der Unsicherheit im Blick auf die Höhe der Quoren begegnet auch die Möglichkeit, dass der Ausschuss mit zwei Dritteln seiner Mitglieder von einer Anhörung Abstand nehmen kann. Dies hilft auch dabei, das hier vorgesehene Anhörungsrecht von dem zum Bürgerantrag hinreichend abzugrenzen.

5 Mit Mehrfachpetition wird im Abs. 1 Satz 3 der Sammelbegriff für Massen- und Sammelpetitionen eingeführt, der sonst im Gesetz nirgendwo gebraucht wird. Dies ist unnötig; die Wörter einer Mehrfachpetition könnten ersatzlos gestrichen werden. Zu Artikel 2 Änderung der Thüringer Kommunalordnung Die Einführung des Petitionsrechtes auch auf kommunaler Ebene wird begrüßt. Pflicht zur Bildung eines Petitionsausschusses: 1. und 2. 15 a Abs. 3 und 96 b Vorgesehen ist hier die Pflicht für Gemeinden ab 1.000 Einwohnern, einen Petitionsausschuss zu bilden. Dies scheint überzogen. Vermutlich soll dies analog der Landesebene geregelt sein; hier verpflichtet die Thüringer Verfassung Art. 65 Abs. 1 zur Bildung eines Petitionsausschusses. Es darf aber dem Gemeinderat überlassen werden, ob er die Bildung eines Petitionsausschusses für sinnvoll erachtet. Die Pflicht zur Gründung eines Ausschusses kennt die Thüringer Kommunalordnung nur für den Hauptausschuss (ThürKO 26). Die Pflicht zur Einrichtung eines Petitionsausschusses für den Kreistag hingegen ist generell geboten. Über den Gesetzentwurf hinausgehende Anmerkungen Da ausdrücklich nach einer Einschätzung des Verhältnisses der Quoren für das Petitionsrecht zu anderen Instrumenten der Bürgerbeteiligung gefragt ist, gehe ich hier kurz darauf ein: Betrachtet man die Möglichkeiten, die sich nunmehr mit einer Sammelpetition für eine Initiative ergeben, mit denen, die über einen Bürgerantrag erzwungen werden können, ist der enorme Abstand der Quoren nicht vermittelbar. Ab 50 Unterzeichnern kann eine Petition durch den Ausschuss an den Landtag verwiesen und damit das Anliegen im Plenum behandelt werden ( 14 Abs. 4) und ab 200 Unterzeichnern muss der Ausschuss eine Anhörung ansetzen ( 16 Abs. 1). Es gibt zwar kein Recht auf die hier angebotenen Möglichkeiten; der Ausschuss kann hiervon auch Abstand nehmen. Aber die Möglichkeiten sind damit eröffnet. Die Pflicht zur Behandlung von Gegenständen der politischen Willensbildung oder von Gesetzentwürfen im Landtag kann nach Artikel 68 Abs. 3 der Thüringer Verfassung mit einem Bürgerantrag und damit erst mit 50.000 Unterschriften verlässlich erzwungen werden, ebenso das Rederecht im Ausschuss für die Vertrauensperson eines Bürgerantrags (ThürBVVG 3 Abs. 3). Der Landtag hat mit dem Beschluss über eine Reform der direkten Demokratie im November 2003 das Unterschriftenquorum für den Bürgerantrag auf 50.000 Unterschriften gesenkt. Es hat aber seither keinen einzigen erfolgreichen Bürgerantrag gegeben, sondern lediglich einen Versuch, der bei der Hälfte der erforderlichen Unterschriften stecken geblieben ist. Da im Vergleich zu den Quoren für das Petitionsrecht die viel zu hohe Hürde für den Bürgerantrag augenfällig wird, sei hier als Aufgabe für den Gesetzgeber angedeutet, die Hürde für Bürgeranträge deutlich zu senken.

6 Die aus den Fraktionen zu dieser Anhörung gestellten Fragen gehen über den Gesetzentwurf hinaus und zielen auf eine Evaluierung der bisherigen Praxis. Dabei sollte der Petitionsausschuss auch die 2007 geänderte Zuständigkeit für Petitionen einer kritischen Würdigung unterziehen. Dazu gehört die Frage, ob es sich aus Sicht der Bürgerinnen und Bürger bewährt hat, die Zuständigkeit für Petitionen allein dem Petitionsausschuss zuzuordnen und sie dem Bürgerbeauftragten zu entziehen. Ein Effizienz-Vergleich, wie ihn die Stellungnahme von Prof. Dr. Joachim Linck bietet, veranlasst, eine Stärkung des Bürgerbeauftragten zu fordern. Mindestens sollten Petitionen wieder an den Bürgerbeauftragten gerichtet und diese von ihm bearbeitet werden können. Auch ist seine Position dadurch zu stärken, dass er mit größerer Legitimation ausgestattet wird. Sofern die Kompetenzen des Bürgerbeauftragten deutlich erweitert und gestärkt würden, sollte er direkt vom Volk gewählt werden. Damit wäre das Petitionswesen völlig unanfällig für parteipolitisches Agieren. Nur so kann tatsächlich konsequent Verwaltungshandeln überprüft und den Rechten der Bürgerinnen und Bürger genügt werden. Abschließend erlaube ich mir die Anmerkung, dass die Entwicklung des Petitionswesens ein gutes Beispiel dafür wäre, die Bürgerinnen und Bürger selbst an einer Diskussion hierüber zu beteiligen. Mit der von Mehr Demokratie e.v. vorgeschlagenen Bürgerbeteiligung bei parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren könnten die Bürgerinnen und Bürger selbst zu Wort kommen. Damit könnten die Ansprüche an eine Gesetzesinitiative direkt vermittelt werden und die Abgeordneten wären nicht allein auf die über Sachverständige nur mittelbar vorgebrachten Einschätzungen angewiesen. Ralf-Uwe Beck