Der Nicht - Invasive pränatale Trisomie Test (NIPT) - Analyse der zellfreien DNA (cfdna) im mütterlichen Blut zum Screening für fetale Aneuploidien



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Transkript:

Der Nicht - Invasive pränatale Trisomie Test (NIPT) - Analyse der zellfreien DNA (cfdna) im mütterlichen Blut zum Screening für fetale Aneuploidien Maximilian Schmid, Barbara Pertl, Christoph Duba, Michael Speicher Zusammenfassung Der nicht-invasive pränatale Trisomie Test (NIPT), auch zellfreier DNA-Test genannt, ermöglicht eine zuverlässige Beurteilung des Risikos für häufige Chromosomenstörungen beim Feten. Der Test beruht auf der seit längerem bekannten Tatsache, dass im mütterlichen Blut genetisches Material (i.e. zellfreie DNA) der Mutter, als auch des Feten vorhanden ist. Dieses wird mittels hochentwickelter Labormethoden (Next Generation Sequencing, Microarray Analyse) untersucht. Über Messung der Konzentration und Verteilung der zellfreie DNA wird eine Einschätzung abgeleitet, ob das ungeborene Kind von einer Chromosomenstörung betroffen sein könnte oder nicht. Diese neue Untersuchungsmethode kann ab der 11. Schwangerschaftswoche durchgeführt werden. Sie hat durch ihre hervorragende Sensitivität und Spezifität, insbesondere als Screening Test für die Trisomie 21 (Down Syndrom) eine höhere Aussagekraft als der Combined Test (Abbildung 1). Zu beachten ist dabei, dass es sich um einen medizinischen Test, nicht aber um ein medizinisches Diagnoseverfahren handelt. Es kann also auch beim zellfreien DNA-Test selten zu falsch unauffälligen und falsch-auffälligen Befunden kommen. Darüber hinaus wird meist nur auf das Vorliegen einer freien Trisomie 21 (Down Syndrom), Trisomie 18 (Edwards Syndrom) und Trisomie 13 (Pätau Syndrom) untersucht. Eine zytogenetische Diagnostik aller 46 Chromosomen des Feten ist also weiterhin nur nach einem invasiven Eingriff (Amniozentese, Chorionzottenbiopsie) möglich. Derzeit beschränkt sich der Einsatz von zellfreien DNA-Tests, primär aus ökonomischen Überlegungen, auf die Anwendung als sekundäres Screening nach auffälligem Combined Test. Insgesamt scheint es jedoch wahrscheinlich, dass in Zukunft zellfreie DNA-Tests vermehrt als primäre Screening Methode auf häufige Chromosomenstörungen eingesetzt werden.

Zellfreie DNA im mütterlichen Blut Sowohl die Mutter als auch der Fetus produzieren zellfreie DNA, die im mütterlichen Serum zu finden ist. Es handelt sich bei der zellfreien DNA um DNA-Fragmente in einer Größe von ca. 150 Basenpaaren. Die mütterliche zellfreie DNA stammt zumeist aus zugrunde gegangenen weißen Blutzellen der Mutter. Die primäre Quelle der fetalen zellfreien DNA im mütterlichen Blut ist nach heutigem Wissenstand die Plazenta. Die zellfreie DNA stammt vom gesamten mütterlichen und fetalen Genom. Nach einer Sequenzierungsanalyse kann sie den einzelnen Chromosomen zugeordnet werden. Im mütterlichen Blut beträgt der Anteil der zellfreien fetalen DNA (i.e. die fetale Fraktion) typischerweise 10 bis 15 Prozent der gesamten zellfreien DNA. Beginnend mit ca. 4 Wochen post conceptionem steigt die fetale Fraktion mit zunehmendem Gestationsalter. Neben dem Gestationsalter ist vor allem das maternale Gewicht für die fetale Fraktion entscheidend. Dies ist klinisch relevant, da die fetale Fraktion die Sensitivität und Spezifität der auf zellfreier fetaler DNA basierenden Tests signifikant beeinflusst. Screening auf Aneuploidien durch Analyse der zellfreien DNA im mütterlichen Blut Der Mensch besitzt 23 Chromosomenpaare, die die genetische Information enthalten und aus DNA und Eiweißmolekülen bestehen. Bei der Trisomie 21 (Down Syndrom) ist das Chromosom 21 dreifach statt zweifach vorhanden. Das führt dazu, dass bei einem Fetus mit Trisomie 21 auch mehr zellfreie DNA vom Chromosom 21 in den mütterlichen Kreislauf abgegeben wird. Verglichen mit einem oder mehreren Vergleichschromosomen sind dementsprechend mehr DNA Fragmente vom Chromosom 21 im Blut der Mutter nachweisbar. Dieser Zugewinn kann gemessen werden und eine statistische Aussage über das Vorliegen einer Aneuploidie gemacht werden (Abbildung 2). Neben der Trisomie 21 (Down Syndrom) kann so auch die Trisomie 18 (Edwards Syndrom) und die Trisomie 13 (Pätau Syndrom) detektiert werden. Auch eine Analyse auf Aneuploiden der Geschlechtschromosomen wird von den meisten Testherstellern angeboten. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen zwei Arten von zellfreie DNA-Tests: ungerichtete ( shotgun ) und zielgerichtete ( targeted-sequencing ) Verfahren. Die meisten kommerziellen zellfreien DNA-Tests (z.b. Praenatest, NIFTY,

MaterniT21, Verfifi ) basieren auf dem Prinzip des Massively Parallel Shotgun Sequencing (MPSS). Hierbei wird ungerichtet die gesamte zellfreie DNA im mütterlichen Blut vervielfältigt und anschließend der relative Anteil der Menge an DNA Fragmenten einzelner Chromosomen (z.b. Chromosom 21) bestimmt. Der Nachteil bei auf MPSS basierenden Verfahren besteht im hohen Sequenzierungsaufwand (mehrere Millionen sequenzierte DNA-Fragmente pro untersuchtem Fall), wobei nur ein geringer Prozentsatz (ca. 1,2% der zellfreien DNA sind dem Chromosom 21 zuzurechnen) für die Analyse verwertet wird. Bei zielgerichteten ( targeted sequencing ) Methoden (z.b. Harmony Test ) wird durch selektive Sequenzierung nicht-polymorpher DNA Abschnitte (der für die Analyse relevanten Chromosomen) der Sequenzierungsaufwand wesentlich verringert und gleichzeitig eine höhere Sequenzierungstiefe bei den untersuchten Chromosomen erreicht. Bei einem weiteren CSS ( chromosome selective sequencing ) Verfahren (i.e. Panorama Test ), das im Unterschied zu den anderen Verfahren nicht auf Zählen von zellfreien DNA Fragmenten beruht, werden ca. 11.000 Single nucleotide polymorphisms (SNPs) der untersuchungsrelevanten Chromosomen analysiert. Unter Berücksichtigung der Position der SNPs auf den Chromosomen und der Möglichkeit, dass eine Rekombination stattgefunden hat, wird eine Wahrscheinlichkeit berechnet, dass der Fetus entweder normal, aneuploid oder triploid ist. Vorteile von NIPT Eine Reihe von Validierungsstudien haben eine sehr hohe Sensitivität und Spezifität für Trisomie 21, Trisomie 18 und Trisomie 13 gezeigt. Fasst man, unabhängig von der Methode, die wesentlichen bisher publizierten Studien zusammen, ergeben sich folgende Leistungsdaten (Abbildung 3) (1): Trisomie 21 Detektionsrate 99,0%; Falsch-positiv Rate 0,08% Trisomie 18 Detektionsrate 96,8%; Falsch-positiv Rate 0,15% Trisomie 13 Detektionsrate 92,1%; Falsch-positiv Rate 0,20% Ein weiterer Vorteil ist die frühe Durchführbarkeit des Tests. Die meisten kommerziell erhältlichen Tests sind ab SSW 10+0 (SSL 32mm) anwendbar. Führt man den Test früher durch besteht die Gefahr, dass die fetale Fraktion für eine verlässliche Analyse zu gering ist. Eine fetale Fraktion von >4% ist Voraussetzung für ein verlässliches Ergebnis. Die Angabe der fetalen Fraktion auf dem Befund ist daher wesentliche Voraussetzung für einen verlässlichen zellfreien DNA-Test. Dies ist bei der Auswahl

eines geeigneten Tests zu beachten, da es weiterhin Hersteller gibt, die diesen Wert nicht messen oder angeben. Nicht nur in der frühen Schwangerschaft, sondern auch bei adipösen Patienten ist die fetale Fraktion zu beachten. Bei übergewichtigen Patientinnen liegt die fetale Fraktion selbst bei einem Gestationsalter >10+0 häufiger unter <4% (2). Limitationen von NIPT Primär ist die Patientin darüber aufzuklären, dass es dazu kommen kann, dass ein zellfreier DNA-Test nicht immer erfolgreich durchgeführt werden kann. Häufigste Ursache hier ist eine zu geringe fetale Fraktion. Bei einer Wiederholung der Blutabnahme ist die fetale Fraktion in der Hälfte der Fälle dann ausreichend, um ein Ergebnis zu bekommen. Trotz erheblicher Verbesserungen gegenüber den bisherigen nicht-invasiven Tests beträgt die Sensitivität und Spezifität der zellfreien DNA-Tests nicht 100%. Ein positives Ergebnis muss daher immer mit einer zweiten, diagnostischen, invasiven Methode (Chorionzottenbiopsie oder Amniozentese) bestätigt werden. Darüber hinaus ist zu beachten, dass die Sensitivität und Spezifität von zellfreien DNA-Tests für die Trisomie 21 zwar exzellent, jedoch für andere Aneuploidien wesentlich schlechter sind. Insbesondere die deutliche Einschränkung der Performance bei Trisomie 13 ist hier hervorzuheben. Grund dafür scheint neben technischen Umständen ( GC bias bei MPSS) auch das bei Trisomie 13 häufige Vorliegen von Mosaiken in der Plazenta zu sein (3). Häufigste Ursache falsch positiver zellfreier DNA-Tests sind wahrscheinlich auf die Plazenta beschränkte Mosaike. Wie man von Chorionzottenbiopsien weiß, können diese bei bis zu 1% der Schwangerschaften vorkommen. Dabei sollte man eher von diskordanten als falsch-positiven Befunden sprechen, da der zellfreie DNA-Test in diesen Fällen ja tatsächlich einen Zugewinn von zellfreier DNA eines Chromosoms nachweist, dieser jedoch nicht auf den Fetus zurückzuführen ist. Ein vanishing twin kann ebenso Ursache für ein falsch-positives Ergebnis sein. Daher ist bei bekanntem Abgang eines Zwillings der Einsatz von zellfreien DNA-Tests grundsätzlich zu hinterfragen bzw. wird derzeit nicht empfohlen. Es gibt auch sehr seltene, bisher nur in einzelnen Publikationen beschriebene Ursachen für diskordante Befunde (Mosaikbefund oder Malignom der Mutter).

NIPT bei Mehrlingsschwangerschaften Eine kritische Anwendung von zellfreien DNA-Tests sollte auch bei Mehrlingsschwangerschaften erfolgen. Bei Zwillingen, die diskordant für eine Trisomie sind, kann der Zugewinn von zellfreier DNA des betroffenen Chromosoms des erkrankten Feten durch den normalen Anteil vom euploiden Co-Twin maskiert werden. Rein methodisch gesehen ist es also wahrscheinlich, dass die Performance der zellfreien DNA-Tests bei dizygoten Mehrlingen die bei Einlingsschwangerschaften nicht erreichen wird. Es gibt derzeit noch wenige klinische Studien zu zellfreien DNA-Tests bei Mehrlingen. Obwohl in ersten kleinen Studien mit 25 und 12 Zwillingschwangerschaften die Sensitivität und Spezifität für die Entdeckung von Trisomie 21 100% betrug, konnte in mehreren größeren rezenten Studien gezeigt werden, dass die Sensitivität deutlich unter der von Einlingsschwangerschaften liegt (4,5,6,7). Auch die Rate an Testversagern war erhöht. Dies ist bei der Aufklärung der Patientinnen zu beachten. Erweiterung des NIPT Untersuchungspanels Auch wenn kommerzielle Anbieter von zellfreien DNA-Tests versuchen auf immer mehr Erkrankungen zu testen, wird man auch in der nahen Zukunft nicht auf alle möglichen genetischen Erkrankungen untersuchen können. Zu beachten ist dabei auch, dass neue Indikationen/Krankheitsbilder die kumulierte falsch-positiv Rate der Tests signifikant ansteigen lassen. Dadurch wird ein wesentlicher Vorteil gegenüber dem Combined Test nichtig gemacht. Dies gilt insbesondere für Mikrodeletionssyndrome (z.b. Mikrodeletion 22q11 DiGeorge Syndrom). Derzeit gibt es außerdem kaum bis keine verlässliche klinische Evidenz zu dieser Indikation. Wenn überhaupt vorhanden, leiten sich die Performance Daten bei Mikrodeletionssyndromen aus einer extrem kleinen Anzahl von Proben, viele davon ausschließlich in vitro untersucht ab. Das Screening auf Mikrodeletionssyndrome mittels zellfreier DNA-Tests ist deshalb auch problematisch, weil die geringe Inzidenz dieser Syndrome dazu führt, dass vor allem falsch positive DNA-Tests generiert werden und bei niedriger Sensitivität auch kein wirklicher Ausschluss einer bestimmten Mikrodeletion mittels zellfreien DNA-Test möglich ist. Weiters, wird insgesamt nur auf eine beschränkte Anzahl an Mikrodeletionen untersucht. Somit besteht selbst nach einem unauffälligen Test keine wesentliche Änderung des a

priori Risikos für Mikrodeletionssyndrome an sich. Abschließend ist anzumerken, dass obwohl es bereits vielversprechende Versuche gibt auch monogenetische Erkrankungen mittels zellfreiem DNA-Tests zu erkennen, diese Anwendung derzeit als experimentell und nur im Rahmen von klinischen Studien zu befürworten ist (8). NIPT zum Screening nach Aneuploidien der Geschlechtschromosomen Umstritten ist auch die Anwendung von zellfreien DNA-Tests zum Screening auf Störungen der Geschlechtschromosomen. Eine rezente Metaanalyse zeigt, dass die Detektionsrate für Monosomie X (Turner Syndrom) und andere Störungen der Geschlechtschromosomen (z.b. XXX, Klinefelter Syndrom) um die 89 und 94% bei einer kumulierten Falsch-positiv-Rate von 0,24% beträgt (1). Die Performance liegt also deutlich unter jener für Trisomie 21. Dazu ist auch anzumerken, dass keine der evaluierten Studien letztlich verlässliche Angaben zur Detektionsrate machen kann, da es meist keine zytogenetische Evaluierung phänotypisch unauffälliger Kinder gab. Darüber hinaus gestaltet sich die Beratung bei vorliegen eines auffälligen Tests schwierig: der klinische Phänotyp bei Störungen der Geschlechtschromosomen ist sehr variabel und viele Betroffene, wenn überhaupt, leiden nur unter leichten Störungen der physischen oder psychischen Entwicklung. Viele Experten lehnen daher ein Screening auf Aneuploidien der Geschlechtschromosomen grundsätzlich ab. Unumstritten ist, dass eine umfassende Beratung vor einem Screening auf Aneuploidien der Geschlechtschromosomen stattfinden muss. Einsatz von zellfreien DNA-Tests in der klinischen Praxis Der Einsatz von zellfreien DNA-Tests wurde lange Zeit von anerkannten Fachgesellschaften nur im Risikokollektiv empfohlen (9,10,11,12). Darunter versteht man in erster Linie den Einsatz als sekundäre Screening Methode nach vorangegangenem, auffälligem Combined Test. Keine Klarheit besteht aber derzeit darüber, welcher Wert für das adjustierte Risiko nach Combined Test eine Indikation für zellfreien DNA-Tests darstellt. Hier wurde primär ein cut off bei einem Risiko von >1:1000 diskutiert. Zuletzt wurde, im Sinne einer großzügigeren Indikationsstellung auch ein adjustiertes Risiko von >1:2500 diskutiert (Abbildung 4). Diese Werte beruhen jedoch nur auf theoretischen Überlegungen. Klinische Studien oder klare Empfehlungen dazu gibt es derzeit nicht. Bei dem Einsatz von zellfreien DNA-Tests

als sekundäres Screening geht es primär um die Reduktion von invasiven Eingriffen nach auffälligem Combined Test. Rezente Studien (13, 14) zeigen, dass zellfreie DNA-Tests auch in Kollektiven mit primär niedrigem bzw. durchschnittlichem Risiko eine dem Combined Test weit überlegene Sensitivität und Spezifität haben und der Einsatz von zellfreien DNA- Tests als primäre Screening Methode sinnvoll ist. Ein von der Fetal Medicine Foundation vorgeschlagenes Vorgehen ist, die Blutabnahme in SSW 10+0 durchzuführen. Die SSL sollte dabei mindestens 32mm betragen. Bei Vorliegen des Ergebnisses des zellfreien DNA-Tests ca. 2 Wochen später erfolgt dann die Befundbesprechung und ein Ersttrimester Screening mittels Ultraschall und Messung der fetalen Nackentransparenz. Bei einer Nackentransparenz >3.5mm oder bei fetalen Fehlbildungen wird auch bei einem unauffälligen zellfreien DNA-Testergebnis eine invasive Diagnostik inklusive Microarray Analyse empfohlen (15). Anzumerken ist an dieser Stelle, dass laut einer rezenten Metaanalyse mehr als 50% der fetalen Fehlbildungen mittels Ultraschall schon im ersten Trimenon erkannt werden können (16). Zellfreie DNA-Tests sollten daher immer mit entsprechend hochwertigem Ultraschall kombiniert werden. Zukunft der Analyse der zellfreien DNA im mütterlichen Blut Es ist bereits gelungen das gesamte fetale Genom mittels Analyse der zellfreien DNA aus dem mütterlichen Blut zu sequenzieren (17,18). Was dies für die klinische Praxis bedeutet ist jedoch derzeit nicht absehbar. Wie sich am Beispiel der Analyse von Mikrodeletionssydromen mittels zellfreier DNA-Tests leicht demonstrieren lässt ist mehr nicht unbedingt besser. Im humanen Genom finden sich durchschnittlich 3-4 Millionen Varianten. Auch wenn nur ein Bruchteil davon krankheitsrelevant ist, zeigt diese beeindruckende Zahl, dass eine Analyse des gesamten fetalen Genoms aus mütterlichem Blut eine große Anzahl an invasiven Eingriffen nach sich ziehen würde. Die Beratung vor- und nach dem zellfreiem DNA-Test würde darüber hinaus eine unfassbare Komplexität erreichen und enorme Ansprüche an Patienten und Ärzte stellen.

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Ass.-Prof. Priv.-Doz. Dr. Maximilian Schmid Abteilung für Geburtshilfe und feto-maternale Medizin Universitätsklinik für Frauenheilkunde Medizinische Universität Wien Allgemeines Krankenhaus der Stadt Wien Währinger Gürtel 18-20 1090 Wien Ao.Univ.Prof. Dr. Barbara Pertl Pränatalzentrum Graz Ragnitz Universitätsklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Medizinische Universität Graz 8010 Graz Univ.Doz. Dr. Hans-Christoph Duba Humangenetische Untersuchungs- und Beratungsstelle Landes- Frauen- und Kinderklinik Linz Krankenhausstraße 26 30 4020 Linz Univ. Prof. Dr. Michael Speicher Institut für Humangenetik Medizinische Universität Graz Harrachgasse 21 8010 Graz