Staatlich/ Tagesordnungspunkt 4 Senatorin für Wissenschaft und Bildung 2. April 2015 Petra Jendrich 6746 V o r l a g e L 152/18 für die Sitzung der Deputation für Bildung am 16.4.2015 Umsetzung der Ausbildungsgarantie seitens des Bildungsressorts durch die Bremer Berufsqualifizierung : Erstes Ausbildungsjahr in ausgewählten Berufen in schulischer Verantwortung A. Problem Von den zum 30.09.2014 bei der Agentur für Arbeit gemeldeten 4.765 Bewerberinnen und Bewerbern um einen Ausbildungsplatz hatten 2.571 das allgemeinbildende Schulsystem nicht in diesem, sondern in einem der Vorjahre verlassen. Dies liegt zu einem großen Teil daran, dass viele junge Menschen zunächst Zeit im sogenannten schulischen und außerschulischen - Übergangssystem verbringen, bevor sie eine Ausbildung beginnen: Zum Schuljahr 2014/2015 befanden sich im Land Bremen rund 2.900 junge Menschen in diesem Bereich, der größte Teil von ihnen in schulischen Bildungsgängen. Mit der Ausbildungsgarantie sollen im Land Bremen für alle Jugendlichen, die aus eigenen Bemühungen keinen Übergang in eine Ausbildung erreicht haben, entsprechende Angebote gemacht werden. Keine/r soll verloren gehen ist nicht nur die Leitlinie für die an den Start gehende Jugendberufsagentur, sondern auch das Ziel für die Umsetzung der Ausbildungsgarantie im Land Bremen. Vorrang hat bei allen Bemühungen der Ausbildungsgarantie die Einmündung in eine duale betriebliche oder schulische Ausbildung (in den sogenannten landesrechtlich geregelten Berufen wie beispielsweise in der Pflege). Federführend durch den Senator für Wirtschaft, Arbeit und Häfen wurde unter Einbindung aller Partner der Bremer Vereinbarung für Ausbildung und Fachkräftesicherung 2014 bis
2017 in vier thematischen Arbeitsgruppen an der Umsetzung der Ausbildungsgarantie gearbeitet. Unter Federführung der Senatorin für Bildung wurde in der Arbeitsgruppe I Umgestaltung berufsvorbereitender Maßnahmen zum ersten Ausbildungsjahr die Bremer Berufsqualifizierung entwickelt, die insbesondere auf die Umgestaltung von Klassenverbänden der Einjährigen berufsvorbereitenden Berufsfachschule des sog. schulischen Übergangssystems zu einem ersten Ausbildungsjahr in schulischer Verantwortung in ausgewählten Berufen abzielt. Dabei wird es sich um einen dynamischen Prozess handeln, bei dem die Menge der Ausbildungsberufe perspektivisch zunimmt. Gestartet wird mit dem Beruf der Kauffrau/Kauffmann im Einzelhandel, Kauffrau/Kaufmann im Büromanagement, Industrie/Feinmechaniker und dem Anlagenmechaniker im Bereich SHK. Ausbildungsreife junge Menschen gehören nicht ins Übergangssystem, sondern sollen die Möglichkeit eines Berufsabschlusses ohne diesen Umweg erhalten. B. Lösung / Sachstand Das erste Ausbildungsjahr (BQ) in schulischer Verantwortung richtet sich daher vorrangig an noch schulpflichtige Jugendliche. Offene Plätze können ausnahmsweise mit nicht mehr schulpflichtigen Bewerberinnen und Bewerbern zwischen 18 und 25 Jahren belegt werden. Nach dem Vorbild des Hamburger Ausbildungsmodells der Berufsqualifizierung (BQ) zielt das Instrument darauf ab, in anerkannten Ausbildungsberufen nach BBiG oder HwO das erste Ausbildungsjahr in schulischer Verantwortung in enger Zusammenarbeit mit Betrieben zu absolvieren. Die Kompetenzen sowohl des Rahmenlehrplans der Berufsschule als auch des betrieblichen Ausbildungsrahmenplans werden vermittelt, so dass eine Anrechnung dieses ersten Ausbildungsjahres der beruflichen Ausbildung möglich wird und Betriebe die Jugendlichen im Anschluss direkt in das zweite Ausbildungsjahr im Rahmen einer dualen Ausbildung übernehmen können. Der Bildungsgang muss daher betriebsnah sein. Für die praktische Ausbildung ( Betriebliche Phase innerhalb des BQ) müssen die umsetzenden Berufsschulen in Zusammenarbeit mit der Handelskammer und der Handwerkskammer kooperierende Betriebe gewinnen. Ziel ist, dass die Jugendlichen zum frühestmöglichen Zeitpunkt in eine betriebliche duale Ausbildung übergehen.
Sollte der Übergang der Jugendlichen in duale betriebliche Ausbildung trotz dieser Zielsetzung nicht gelingen, greift die Ausbildungsgarantie des Senats, die den jungen Menschen eine außerbetriebliche Fortführung ihrer Ausbildung gewährleistet. Auch während einer außerbetrieblichen Fortführung bleibt das Ziel des jederzeitigen Übergangs in duale Ausbildung bestehen. In jedem Fall ist die Möglichkeit der Berufsabschlussprüfung garantiert. Die Zielgruppe für das neue Instrument sind Jugendliche, die trotz grundsätzlicher Eignung für ihren Wunschberuf und trotz Bewerbungsversuchen keinen betrieblichen Ausbildungsplatz gefunden haben. Die Zulassung zu den Berufsausbildungen wird unter Beteiligung von kooperierenden Praxisbetrieben in Form eines zweistufigen Auswahlverfahrens erfolgen: 1. Stufe: Die Berater/innen der Zentralen Beratungsstelle für die Einjährige berufsvorbereitende Berufsfachschule in der JBA und Berater/innen der Berufspädagogischen Beratungs-stelle (BEST) in der JBA empfehlen schriftlich die Aufnahme einer dualen Ausbildung (= ist aus ihrer Sicht geeignet für duale Ausbildung) 2. Stufe: Bewerbung an den Schulen um einen BQ-Ausbildungsplatz; Bewerbungsgespräch zusammen mit Betriebsvertreter/innen. Zusätzlich sind auch direkte Bewerbungen an den Schulen möglich. Transparente Kriterien für die Aufnahme müssen von den Schulen gemeinsam mit Betrieben entwickelt werden. Unter Mitarbeit des Arbeitsressorts, der Dezernate III und IV des Magistrats Bremerhaven, der Kammern sowie weiterer Wirtschafts- und Sozialpartner, Vertreterinnen und Vertretern der Berufsschulen sowie fachlicher Innungen wurde im Rahmen der AG ein Start des neuen Bildungsgangs im Schuljahr 2015/2016 für zunächst 100-120 Schülerauszubildenden geplant. Hierfür wurden von den Mitgliedern der Arbeitsgruppe vier Berufsfelder ausgewählt und abgestimmt, in welchen die schulische Abbildung des ersten Ausbildungsjahres (BQ) zum Schuljahr 2015/2016 an folgenden Schulen umgesetzt werden soll:
Kauffrau/-mann für Büromanagement (je eine BQ-Klasse am Schulzentrum des Sekundarbereiches II an der Bördestraße und der Beruflichen Schule für Wirtschaft und Verwaltung an der Walliser Straße, Bremen sowie Plätze an den Kaufmännischen Lehranstalten in Bremerhaven) Kauffrau/-mann im Einzelhandel (eine BQ-Klasse an der Berufsbildenden Schule für Einzelhandel und Logistik, Carl- Goerdeler-Straße, Bremen sowie Plätze an den Kaufmännischen Lehranstalten in Bremerhaven) Industriemechaniker/in (Industrie) / Feinwerkmechaniker/in (Handwerk) (eine BQ-Klasse am Technischen Bildungszentrum Mitte - Berufsbildende Schule für Elektro-, Fahrzeug- und Metalltechnik, Bremen sowie an der Beruflichen Schule für Technik in Bremerhaven) Anlagenmechaniker/in (SHK) (eine BQ-Klasse am Schulzentrum Vegesack) Wegen der besonderen Situation in Bremerhaven wurde festgelegt, dass im Umfang eines Klassenverbandes in zwei Berufen (Einzelhandel und Büromanagement) an den Kaufmännischen Lehranstalten die Berufsqualifizierung durchgeführt werden kann. Die Schule entscheidet mit den beteiligten Betrieben über die jeweilige Platzzahl in den beiden Berufen. Die Auswahl der Berufe erfolgte auf Grundlage der Nachfrage von Ausbildungsinteressierten, aktuellen Fachkräftebedarfen, der Realisierbarkeit seitens der Schulen sowie der Berücksichtigung von frauen- und männerspezifischen Berufszugängen. Die Zahl der angebotenen Ausbildungsberufe soll bei Erfolg des Modells nach und nach erweitert werden. Dabei ist die Auswahl durch eine paritätisch besetzte Arbeitsgruppe jährlich nach transparenten Kriterien zu überprüfen. Durch die geplante Umwandlung und schulische Abbildung des ersten Ausbildungsjahres entstehen an den Schulen Kosten, insgesamt 724.000 Euro. Davon für die Ausstattung von Lernbüros/Werkstätten auf Ausbildungsniveau in Höhe von 117.500,00. Für die zusätzlichen 120 Ausbildungsplätze zusätzliches Lehrerpersonal ( 428.000,00) und Sozialpädagoginnen/Sozialpädagogen ( 178.500), insgesamt 606.500.In die hier vorliegende Berechnung wurden die einmalig zusätzlich entstehenden Kosten eingerechnet. Die aufgeführten Kosten entsprechen ausschließlich den zusätzlichen Bedarfen zur Etablierung des Instruments im Rahmen der Ausbildungsgarantie.
Derzeit wird an einer Rechtsgrundlage für die Bremer Berufsqualifzierung gearbeitet und mit den betroffenen Schulen abgestimmt (Richtlinie über die Bremer Berufsqualifizierung (BQ)). Eckpunkte dieser Richtlinie sind neben der Fixierung der Aufgaben und Inhalte, der Zulassung auch die Leistungsbewertung und ein Probehalbjahr. Gleichfalls in Abstimmung befinden sich Kooperationsvereinbarungen zwischen jeweils Schule und Betrieb sowie zwischen jeweils Schule und Schülerauszubildenden. De jure sind die Jugendlichen in diesem ersten Ausbildungsjahr Schülerinnen bzw. Schüler; de facto sind sie zu behandeln wie Auszubildende. Die genannten Schulen haben mit der inhaltlichen Vorbereitung bereits begonnen. C. Beteiligung Die Vorlage bezieht sich auf die Vorlage Nr. 18/689-L der Deputation für Wirtschaft, Arbeit und Häfen am 4. März 2015 (Anlage) und ist mit dem Senator für Arbeit, Wirtschaft und Häfen abgestimmt. C. Finanzielle / Personelle Auswirkungen / Gender-Prüfung Obwohl sich die beschriebene Maßnahme an junge Frauen und Männer und gleichermaßen richtet, ist bekannt, dass die Berufsfindung nach wie vor stark von Geschlechterstereotypen beeinflusst wird. So sind die genannten Berufe meist entweder männlich oder weiblich dominiert. Eine Ausnahme bilden die Kaufleute im Einzelhandel, in denen zu annähernd gleichen Teilen Frauen und Männer ausgebildet werden. Insofern wird durch die Auswahl der jeweiligen Berufe auch eine geschlechtsbezogene Festlegung getroffen. Die Berücksichtigung und Umsetzung der Querschnittsziele, hier insbesondere unter dem Aspekt Gender und der angemessenen Beteiligung von Menschen mit Migrationshintergrund, wird auch im Zuge der weiteren inhaltlichen Arbeit der Arbeitsgruppen berücksichtigt und konkretisiert. Das erste Ausbildungsjahr in schulischer Verantwortung bietet auch die Chance, Geschlechterstereotypien bei den Jugendlichen zu hinterfragen und Jugendliche mit Migrationshintergrund besonders anzusprechen. Für die Umsetzung werden für das Schuljahr 2015/2016 folgende Mittel benötigt: AG 1 schulische Abbildung des ersten Ausbildungsjahres 2015 2016 Gesamtkosten in
Investitionen Personalkosten 48.958 252.708 68.542 353.793 724.000 Im Rahmen der Landesprogrammmittel (Beschäftigungspolitisches Aktionsprogramm für Bremen und Bremerhaven (BAP) Arbeit, Teilhabe und Bildung 2014 2020) für die Ausbildungsgarantie sollen die oben genannten 724.000 in 2015 und 2016 zur Verfügung gestellt werden. Die Zustimmung des Senats ist am 10. März 2015 erfolgt, die Deputation für Wirtschaft etc. hat am 4. März 2015 zugestimmt. E. Beschluss Die staatliche Deputation für Bildung begrüßt die von der Senatorin für Bildung und Wissenschaft vorgelegten Planungen zur Bremer Berufsqualifizierung im Rahmen der Ausbildungsgarantie und bittet um weitere Berichterstattung bis Dezember 2015. In Vertretung Gerd-Rüdiger Kück Staatsrat