Reformüberlegungen in der gesetzlichen Rentenversicherung. 39. Wirtschaftsphilologentagung in Passau

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Transkript:

Reformüberlegungen in der gesetzlichen Rentenversicherung 39. Wirtschaftsphilologentagung in Passau 27.9.2018

Agenda Die gesetzliche Rentenversicherung wichtiger Teil der Alterssicherung in Deutschland Herausforderungen der Alterssicherung Reformen: Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft

Alterssicherung in Deutschland 2 13872091 2

Bedeutung GRV Anteile Bruttoeinkommen 65+ (in %) Gesetzliche Rentenversicherung als wichtigster Teil 3 Quelle: Alterssicherungsbericht 2016, C.3.1 3

Wer ist die Deutsche Rentenversicherung? Organisationsreform 2005 Oldenburg- Bremen Westfalen Nord Braunschweig- Hannover Berlin- Brandenburg Seit Oktober 2005 treten alle Rentenversicherungsträger unter dem gemeinsamen Dach Deutsche Rentenversicherung auf Rheinland Saarland Rheinland- Pfalz Baden- Württemberg Hessen Schwaben Mitteldeutschland Nordbayern Bayern Süd DRV Bund/Berlin DRV KBS/Bochum 14 Regionalträger

Merkmale der gesetzlichen Rentenversicherung Solidarprinzip (mit Generationenvertrag) Versicherungszwang Beitragsfinanzierung Leistungs-(Versicherungs-, Äquivalenz-)prinzip Selbstverwaltung

Merkmale der gesetzlichen Rentenversicherung GRV verfolgt auch bestimmte soziale Ziele Sozialpolitischer Ausgleich Sozialer Risikoausgleich Versicherungsmäßiger Ausgleich

Merkmale der gesetzlichen Rentenversicherung Sozialer Risikoausgleich Sicherung unabhängig vom EM-Risiko Beitragszahler mit geringem EM-Risiko Beitragszahler mit hohem EM-Risiko Sicherung von Familienangehörigen Beitragszahler ohne Familienangehörige Beitragszahler mit Familienangehörigen Einheitlicher RV-Beitrag unabhängig von der Lebenserwartung Beitragszahler mit geringerer Lebenserwartung Beitragszahler mit höherer Lebenserwartung

Merkmale der gesetzlichen Rentenversicherung Sozialpolitischer Ausgleich Familienleistungen (Kindererziehung, Pflege) Arbeitsmarktbedingte Leistungen (arbeitsmarktbedingte EM-Rente) Einigungsbedingte Leistungen Fremdrentenrecht Berücksichtigung besonderer Lebenslagen (z. B. berufliche Ausbildung, Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit, Arbeitslosigkeit, geringes Entgelt)

Finanzierung im Umlageverfahren Beiträge/Renten Beitragszahler einer Generation finanzieren die Renten derselben Periode Beitragszahler erwerben Ansprüche, die von der Kindergeneration eingelöst werden (Garantie der Ansprüche durch Art. 14 GG) Beiträge Generation 2 Renten Generation 1 Beiträge Renten Generation 3 Generation 2 Beiträge Generation 4 Renten Generation 3 Periode 1 Periode 2 Periode 3 Jahre

Finanzierung im Umlageverfahren Kalenderjahr: Einnahmen = Ausgaben +/- Reserve Rendite abhängig von Lohnwachstum und Beschäftigungsentwicklung Inflationssicher Vorteile Schutz vor Verlust des Kapitalstocks Hohe Anpassungsfähigkeit (Wiedervereinigung) Dynamische Sicherung Risiken Entwicklung Arbeitsmarkt Demografie steigende Lebenserwartung = längere Rentenlaufzeiten geringere Kinderzahl = weniger Beitragszahler

Unsere Leistungen Beratung und Service Auskunfts- und Beratungsstellen kostenloses Servicetelefon Versichertenberater Rehabilitationsleistungen Prävention Medizinische Rehabilitationsleistungen, Teilhabe am Arbeitsleben Rentenleistungen wegen verminderter Erwerbsfähigkeit wegen Todes wegen Alters

Alterssicherung nicht nur eine Herausforderung Herausforderungen der Alterssicherung Demografie Steigende Lebenserwartung Geringe Geburtenrate Gesellschaftlicher Wandel Veränderte Familienstrukturen Veränderte Rollenbilder Frau und Mann Veränderungen Arbeitswelt Veränderte Beschäftigungsformen (Teilzeit, Befristung, Leiharbeit) 12 12

Lebenserwartung steigt schneller als Renteneintrittsalter Renteneintrittsalter und Lebenserwartung 1960 bis 2015 1) 85,9 79,6 82,7 77,4 65,2 63,9 62,5 61,9 62,2 64,1 63,9 13 13

Reformen Alterssicherung GRV passt sich veränderten Bedingungen an Rentenreform 1992 Zusätzlicher Bundeszuschuss AVmG/AVmEG Riester-Rente RV-NachhaltigkeitsG Neuregelung Minijobs Rentenüberleitungs- AbschlussG BeitragssatzsicherungsG 1992 1996 1998 2000 2001 2004 2005 2007 2013 2014 2016 2017 WFG RVOrG FlexirentenG Rentenüberleitung nbl Reform EM-Renten AlterseinkünfteG RV- Altersgrenzen- AnpassungsG Rente mit 67 RV- LeistungsVerbG Mütterrente Rente mit 63 EM- LeistungsVerbG 1992 2013: Leistungsbegrenzungen Ausnahme: Leistungen für Kindererziehung 14 14

Reformoptionen aktuell in der Diskussion Entwicklung Beitragssatz und Rentenniveau über 2025 hinaus Bedingungsloses Grundeinkommen Übergang der Babyboomer in die Rente (Demografiereserve) Sockel-, Grund-, oder Garantierente Einbindung Selbstständiger Mütterrente Einbindung Beamte Zusätzliche Absicherung in der GRV Architektur der Altersvorsorge 15

Aktuelle Reformabsichten RV-Leistungsverbesserungsund Stabilisierungsgesetz (RV-LVuStG) Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 28.08.2018 Verbesserungen bei den Erwerbsminderungsrenten Mütterrente II Größere Entlastung von Geringverdienern Festschreibung Haltelinie Rentenniveau und Haltelinie Beitragssatz bis 2025 16 16

RV-LVuStG Verbesserungen bei den EM-Renten Beschleunigte Verlängerung der Zurechnungszeit 17 17

RV-LVuStG Mütterrente II Verlängerung Kindererziehungszeit vor für 1992 geborene Kinder 18 18

RV-LVuStG Größere Entlastung von Geringverdienern Ausweitung Gleitzone (neu: Übergangsbereich) 19 19

RV-LVuStG Festschreibung Haltelinien bis 2025 Mindestsicherungsniveau und Beitragssatzobergrenze 20 20

Exkurs: Rentenniveau Rentenniveau vor Steuern Standardrente mit 45 pep [vor Steuern] Durchschnittsentgelt [vor Steuern] 14.376 EUR 2016: x 100 = 48,0% 29.960 EUR Rentenniveau misst die Leistungsfähigkeit des Systems der Rentenversicherung über die Zeit Rentenniveau sagt nichts über die absolute Höhe der individuellen Renten aus Im Zeitablauf unterschiedliche Werte des Rentenniveaus zeigen aber die unterschiedlichen Wertigkeit der Anwartschaften verglichen mit den Löhnen 21 21

Rentenkommission Verlässlicher Generationenvertrag Auftrag aus Koalitionsvertrag Wird sich mit den Herausforderungen der nachhaltigen Sicherung und Fortentwicklung der GRV und der beiden weiteren Rentensäulen ab 2025 befassen, Empfehlungen für einen verlässlichen Generationenvertrag abgeben. Der Kommissionsbericht ist bis März 2020 vorzulegen. Mitglieder Vorsitz: Gabriele Lösekrug-Möller und Karl Schiewerling Je 3 Vertreter aus Politik und Wissenschaft, 2 Vertreter der Sozialpartner. DRV Bund als Teilnehmer ohne Stimmrecht an allen Kommissionssitzungen beteiligt. 22 22

Rentenkommission Verlässlicher Generationenvertrag 23 23

Weitere Reformüberlegungen Offene Themen aus Koalitionsvertrag Einführung einer Grundrente : - für Versicherte mit mindestens 35 Jahren an Beitrags-, Erziehungsund Pflegezeiten - bedürftigkeitsgeprüfte Grundrente, die 10 % über dem Grundsicherungsbedarf liegt - Abwicklung durch RV in Zusammenarbeit mit Grundsicherungsämtern bei Bedürftigkeitsprüfung Altersvorsorgepflicht für Selbstständige: - Einführung einer gründerfreundlich ausgestalteten Altersvorsorgepflicht in GRV als Opt-Out-Lösung für Selbstständige, die nicht obligatorisch anderweitig abgesichert sind Säulenübergreifende Altersvorsorgeinformation: - Info über individuelle Absicherung im Alter aus allen drei Säulen 24 24

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit 25