Ergebnisse und Interpretation des Monitorings ausgewählter Arten: AMPHIBIEN. Christianna Serfling (BÖSCHA GmbH, Hermsdorf)

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Transkript:

Ergebnisse und Interpretation des Monitorings ausgewählter Arten: AMPHIBIEN Christianna Serfling (BÖSCHA GmbH, Hermsdorf)

Amphibienarten nach Anhang II und IV FFH Richtlinie in Thüringen: Europäischer Laubfrosch (Hyla arborea), RLT 2 Geburtshelferkröte (Alytes obstetricans), RLT 2 Gelbbauchunke (Bombina variegata), RLT 1 Kleiner Wasserfrosch (Pelophylax (syn. Rana) lessonae), RLT: Daten defizitär Knoblauchkröte (Pelobates fuscus), RLT 3 Kreuzkröte (Bufo calamita), RLT 3 Moorfrosch (Rana arvalis), RLT 2 Nördlicher Kammmolch (Triturus cristatus), RLT 3 Springfrosch (Rana dalmatina) Wechselkröte (Bufo viridis), RLT 1 Sonderfall Rotbauchunke (Bombina bombina): RLT 0

Übersicht zum Erhaltungszustand der Amphibienarten in Thüringen: Bewertung folgender Parameter: - Population - Habitat - Zukunftsaussichten Drei Bewertungsstufen: - FV: günstig - U1: ungünstig - unzureichend - U2: ungünstig - schlecht - Sonderfall: XX: unbekannt

Erhaltungszustand in Thüringen Deutscher Name Berichtseinheit Population Parameter Habitat Anzahl nachgewiesener Berichtseinheiten Zukunftsaussichten Europäischer Laubfrosch MTBQ 75 U1 U1 U1 U1 Geburtshelferkröte VK 45 U2 U2 U2 U2 Gelbbauchunke MTBQ 22 U1 U2 U2 U2 Kleiner Wasserfrosch MTBQ 76 XX FV FV FV Knoblauchkröte MTBQ 46 U2 U1 U1 U2 Kreuzkröte MTBQ 45 U1 U2 U1 U2 Moorfrosch MTBQ 32 U1 FV U1 U1 Nördlicher Kammmolch MTBQ 135 U1 U1 U1 U1 Springfrosch MTBQ 12 FV FV FV FV Wechselkröte MTBQ 28 U1 U2 U1 U2 EHZ MTBQ Messtischblattquadrant VK Vorkommen

Von den 10 in Thüringen vorkommenden Amphibienarten nach Anhang II und IV FFH-Richtlinie weisen 5 Arten (also 50 %) einen schlechten Erhaltungszustand auf. Im vorhergehenden Berichtszeitraum wurden nur 3 Arten mit U2 eingestuft allerdings fehlte bei vielen Arten eine belastbare Datengrundlage. Es stellen sich naturgemäß Fragen: Warum ist die Situation so vieler Amphibienarten derart schlecht? Was läuft falsch in Thüringen? (Und ebenso anderswo in Deutschland ) Um hierauf Antworten zu finden, sollen folgend als erstes die Problemarten etwas näher betrachtet werden.

Geburtshelferkröte Die Art hängt weitaus überwiegend von Lebensräumen in Abbaubereichen ab. Hier ist sowohl ein Schwund geeigneter Landhabitate als auch an Gewässern zu verzeichnen. Des Weiteren führen die hoch effizienten Abbaumethoden zu hohen Verlusten, da schnelle Veränderungen der Lebensräume erfolgen. Nach Abbauende werden die Ansprüche der Art bei der Folgenutzung oft nicht beachtet. Allgemeines Problem: kaum fischfreie Gewässer in unserer Landschaft. Die Geburtshelferkröte gehört zu den in Thüringen am stärksten gefährdeten Amphibienarten. Viele der derzeitigen Populationen sind sehr klein und einer Vielzahl von Beeinträchtigungen ausgesetzt. Ein Aussterben der Art in Thüringen innerhalb der nächsten zwei Berichtsperioden ist zu befürchten. Zur Vermeidung weiterer Verluste ist für diese Art unbedingt ein Artenschutzprogramm zu erarbeiten, Schwerpunkt hierbei muss die Sicherung der bestehenden Vorkommen sein. Besonders wichtig ist dabei die Einbindung von Abbauunternehmen/ Bergamt, da sich auf deren Flächen die derzeit größten Vorkommen befinden und gleichzeitig durch neue Abbauvorhaben neue Lebensräume entstehen könnten. Foto: J. Braun-Lüllemann

Gelbbauchunke Die Gelbbauchunke zählt zu den in Thüringen gefährdetsten Amphibienarten. Insbesondere die Erfassungen zum Verbreitungsgebiet in 2012 und in den FFH-Gebieten in 2013 zeigten den gravierenden Rückgang der Art. So wurden in den meisten Gebieten nur noch wenige Unken angetroffen. Erschreckend geringe Zahlen wurden insbesondere im FFH-Gebiet Hainich festgestellt, wo von der früher mehrere tausend Tiere umfassenden Population heute nur noch wenige Dutzend Einzeltiere im Gebiet angetroffen werden können. Der wesentliche Grund für die Verringerung der Populationen liegt in der Verschlechterung der Lebensraumqualität. Das Vorkommen der Art ist an regelmäßige Störungen und damit Schaffung von Pionierstandorten gebunden. Dies gilt vor allem auch für die Laichgewässer. Aufgrund der schlechten Eignung der Gewässer auf den meisten SPF konnte aktuell nur noch bei vier Vorkommen eine erfolgreiche Reproduktion festgestellt werden. Im ehemals bedeutendsten Vorkommen des Hainich wurde zuletzt 2007 eine erfolgreiche Reproduktion beobachtet (mündl. Mitteilung D. Mey). Da wegen der sehr ungünstigen Altersstruktur der meisten Populationen mittelfristig mit deren Aussterben zu rechnen ist, müssen dringend landesweit Schutzkonzepte erarbeitet werden, die unmittelbar zur Umsetzung von Maßnahmen führen müssen.

Knoblauchkröte Starker Rückgang der Populationsgröße. Große Populationen sind in Thüringen sehr selten, die meisten Vorkommen sind mittlerweile individuenschwach. Die Habitatqualität nimmt ab, der langfristige Fortbestand der Art ist jedoch (noch) nicht gefährdet. Die Knoblauchkröte als typische Art der Agrarlandschaft ist stark von der Bewirtschaftungsweise der Landwirtschaft abhängig. Problematisch für die Art könnte die Bodenbearbeitung, der Einsatz von Agrochemikalien oder eventuell auch der Anbau bestimmter Fruchtarten sein. Ein zunehmendes Gefährdungspotenzial liegt im Fischbesatz der Laichgewässer, wobei hauptsächlich Raubfische eine Rolle spielen. In traditionellen, extensiv genutzten Karpfen/Schleien-Gewässern kommt die Knoblauchkröte gut zurecht.

Kreuzkröte Es gibt sowohl einen Rückgang des Verbreitungsgebietes als auch einen Rückgang der Populationsgrößen. Die Reproduktion ist teilweise zu gering (Abweichungen der Altersstruktur von normalen Parametern). Die Habitatqualität ist weitaus überwiegend schlecht, der langfristige Fortbestand der Art ist gefährdet. Die Kreuzkröte ist auf magere Offenlebensräume mit flachen Temporärgewässern angewiesen. Derartige Habitate sind von dynamischen Prozessen abhängig, z.b. in Abbaubereichen. Primärhabitate sind kaum noch vorhanden. Übernutzung und rasche Sukzession durch Nährstoffeinträge verschlechtern die Land- und Wasserhabitate in großen Teilen des Verbreitungsgebietes.

Wechselkröte Auch bei der Wechselkröte ist sowohl ein Rückgang des Verbreitungsgebietes als auch der Populationsgrößen zu verzeichnen. Aufgrund fehlender oder zu geringer Reproduktion weicht die Altersstruktur z.t. von den normalen Parametern ab. Die Habitatqualität ist weitaus überwiegend schlecht, der langfristige Fortbestand der Art ist gefährdet. Die Wechselkröte benötigt offene, sonnenexponierte Habitate mit lückiger, geringer oder niedrigwüchsiger Vegetation, die in unserer stark genutzten und überdüngten Kulturlandschaft kaum noch anzutreffen sind. Als Laichgewässer dienen flache, vegetationslose oder arme, bevorzugt temporäre, aber auch permanente Standgewässer, die gut besonnt und zur Gewährleistung des Reproduktionserfolges fischfrei sein müssen. Auch derartige Gewässer sind mittlerweile selten geworden. Temporäre Wasserstellen wachsen sehr schnell zu, permanente Gewässer, selbst sehr kleine, werden zunehmend mit Fischen besetzt.

Was zeigen uns die Ergebnisse? Bei 4 der 5 Arten mit schlechtem Erhaltungszustand in Thüringen fällt auf, dass es sich um Arten mit ähnlichen Habitatansprüchen handelt. Geburtshelferkröte, Gelbbauchunke, Kreuzkröte und Wechselkröte sind auf offene, immer wieder Störungen unterliegende, nährstoffarme Lebensräume angewiesen. Offenbodenbereiche, niedrige, lückige bis fehlende Vegetation sowie gute Besonnung spielen eine entscheidende Rolle im Landlebensraum. Auch die benötigten Laichgewässer dieser 4 Arten besitzen Gemeinsamkeiten. Es handelt sich überwiegend um flache, gut durchwärmbare, oft temporäre Gewässer. 3 der 4 Arten präferieren vegetationslose bzw. arme Gewässer. Eine Ausnahme stellt die Geburtshelferkröte dar, die ein breiteres Spektrum an Laichgewässern annimmt. Ein wesentliches Kriterium für alle 4 Arten ist die Fischfreiheit des Laichgewässers. Sowohl die genannten Ansprüche an die Landlebensräume als auch an die Laichgewässer werden in unserer Kulturlandschaft nahezu nirgendwo mehr erfüllt.

Letzte Refugien? Abbaubereiche: Der technologische Fortschritt führt zu schnelleren und effektiveren Abbaumethoden, damit ist für die Arten eine zu schnelle Veränderung der Lebensräume gegeben. Die rasch dem Abbau folgende, wirtschaftlich sehr lukrative Verfüllung steht dem Artenschutz entgegen. Mancherorts besteht Angst vor den Naturschützern, die dazu führt, dass dafür gesorgt wird, dass Amphibienlebensräume (z.b. Kleingewässer) gar nicht erst entstehen. Ehemalige Truppenübungsplätze: Wachsen vielerorts sukzessive zu, die Kleingewässer verschwinden aufgrund fehlender Bodenverdichtung oder verlanden. Maßnahmen, die dieser Entwicklung entgegensteuern, werden z.t. versucht (Beweidung, Gewässer ausschieben etc.), die finanziellen und personellen Kapazitäten (z.b. der UNB) reichen jedoch nicht aus. Im Bereich des FFH-Gebiet Hainich (ehemaliger TÜP Kindel) kollidieren die Interessen des Nationalparks mit den ebenso legitimen Interessen des Schutzes und der Erhaltung der Anhang II Art Gelbbauchunke. Ein guter Kompromiss, der beide Seiten gewinnen lässt, wäre möglich. Bisher führt jedoch kein Weg dahin - die Gelbbauchunke (in absehbarer Zeit auch Laubfrosch und Kammmolch) sind die Verlierer.

Noch genutzte Truppenübungsplätze: Man achtet zunehmend auf einen z.t. falsch verstandenen Naturschutz. Panzer und andere schwere Fahrzeuge fahren fast ausschließlich auf festen (oft vollversiegelten) Straßen. Man will schließlich nichts zerstören. (Auch sollen die Fahrzeuge möglichst nicht so dreckig werden ) Ordnung und Sauberkeit auf unseren deutschen TÜP verdrängen auch hier die Pionierarten! Ödländer und Ruderalflächen: Städteplanern und Landschaftsarchitekten sind sie oft ein Dorn im Auge hässlich und unnütz. Wo keine Lückenbebauung erfolgt, keine Gewerbeansiedlung stattfindet, sich eine Umwandlung in Nutzfläche oder eine schön gestaltete Grünfläche nicht lohnt, kann man immer noch eine Freiflächensolaranlage darauf bauen Langfristig anzustrebendes Primärhabitat: intakte Flussauen Bis dahin müssen Mittel und Wege gefunden werden, die genannten 4 Arten in den besiedelten Sekundärhabitaten zu erhalten!

Arten mit einem Erhaltungszustand U1 (unzureichend) Beispiel Nördlicher Kammmolch Fotos: A. Nöllert

Bewertung im FFH Gebiets Monitoring Es wurden 117 Stichprobenflächen (SPF) in den FFH-Gebieten Thüringens untersucht. Zusammenfassende Gesamtbewertung aller Parameter (Zustand der Population, Zustand des Habitats, Beeinträchtigungen) jeweils mit B gut. Analysiert man den Zustand der Populationen, zeigt sich folgendes Bild: 14 SPF = 12 % weisen einen hervorragenden A Zustand der Population auf. 43 SPF = 36,7 % weisen eine guten B Zustand der Population auf. 60 SPF = 51,3 % weisen einen mittleren bis schlechten C Zustand der Population auf. Über 50 % der Vorkommen in den thüringischen FFH-Gebieten sind individuenschwach und damit in einem ungünstigen Zustand der Population. Bei diesen Vorkommen besteht eine relativ große Gefahr des Erlöschens. Um gegenzusteuern, ist eine gründliche Analyse der ermittelten Gefährdungsfaktoren und das Ableiten und Umsetzen entsprechender Maßnahmen notwendig.

Wesentlicher Gefährdungsfaktor: Fische (nicht nur für den Kammmolch und nicht nur in den FFH Gebieten) Zunehmendes Aussetzen von Fischen (z.b. Goldfischen) in bisher fischfreie Kleingewässer. Zunehmende Nutzung von Gewässern durch Anglervereine und angelsportlich engagierte Pachtgemeinschaften. Damit sind in den meisten Fällen folgende, dramatische Entwicklungen für Amphibien verbunden: - Besatz von Raubfischen (oftmals mehreren Arten), zumeist Barsch, Hecht, Zander, Aal. - Insgesamt hohe Besatzdichten, um Erfolgserlebnisse zu garantieren. - Bekämpfung jedweder Wasservegetation oftmals durch das Aussetzen von Graskarpfen. - Hohe Weißfisch - und Kleinfischdichten, um genügend Futter für die anglerisch attraktiven Raubfische bereit zu stellen. - Insgesamt kaum Versteck- und Rückzugsbereiche im Gewässer.

Nutzung auch von im Rahmen von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen angelegter oder sanierter Gewässer sowie Gewässern in Schutzgebieten durch Angler. Veränderung der Bewirtschaftungsweise auch in der traditionellen Teichwirtschaft. Der Trend geht weg von den relativ amphibienverträglichen Karpfen-Schleien-Gewässern hin zur Zucht von Zandern, Welsen oder Besatzfischen (einschließlich sogenannter Futterfische ) für die kopfstarken Sportfischereivereine. Eine wesentliche Schutzmaßnahme für den Kammmolch, den Laubfrosch und zahlreiche weitere Amphibienarten ist die Bereitstellung zumindest einzelner fischfreier Gewässer. Dies sollte wenigstens in den FFH-Gebieten, den NSG, GLB und FND sowie in den im Rahmen von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen angelegten oder sanierten Gewässern möglich sein. Wichtige Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass den jeweils Verantwortlichen die Problematik bekannt ist. Fazit: An vielen Stellen könnten bereits relativ kleine Veränderungen zu großen Verbesserungen führen. Wir müssen oft nur die Zusammenhänge kennen und gewillt sein, das Erkannte auch umzusetzen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Projektbegleitende Arbeitsgruppe: Vorstellung 1. Zwischenbericht, BÖSCHA GmbH, Hermsdorf