BAURECHTaktuell 01/12 Sehr geehrte Damen und Herren, auch für dieses Quartal haben wir Ihnen wieder einige Informationen aus dem Bereich des Bau- und Architektenrechts zusammengestellt. Das Wetter der vergangenen Wochen und unsere Beratungspraxis zeigen deutlich, dass der Frage des Schlechtwetters und des Umgangs hiermit beim Abschluss von Bauverträgen noch immer keine ausreichende Aufmerksamkeit gewidmet wird. Diesen Punkt haben wir deshalb gleich als ersten aufgeführt. Im Bereich für Architekten und Sonderfachleute haben wir uns sodann nicht nur mit dem Bereich der Vergütung, sondern auch mit der Frage der Pflichtverletzung im Rahmen der Bauüberwachung auseinandergesetzt. Am Beispiel der Bauüberwachung bei Innenputzarbeiten lassen sich auch die allgemeinen Grundsätze, welche Arbeiten an der Baustelle wie stark überwacht werden müssen, um den Bauüberwachungspflichten zu genügen, gut nachvollziehen. Dr. Erich Tauchert Rechtsanwalt juristischer Sachverständiger nach SGOBau Markus Kiefer Rechtsanwalt Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht BAURECHTaktuell 01/12 Seite 1/5
A. Informationen für Bauunternehmen, Handwerker und Bauträger I. Schlechtes Wetter im Vorfeld einkalkulieren Jeder Winter bringt Probleme und damit witterungsbedingte Unterbrechungen am Bau mit sich. Das hat sich gerade in den zurückliegenden Wochen eindrücklich gezeigt. Und obwohl sich dies jedes Jahr wiederholt, gibt es immer wieder Streit zwischen den am Bau Beteiligten, wer die Kosten dafür tragen soll. Auch dies hat sich in den vergangenen Wochen in unserer täglichen Praxis gezeigt. Wir raten aus diesem aktuellen Anlass deshalb hier dringend zu klaren vertraglichen Absprachen. Geklärt werden muss, am besten bereits bei Vertragsabschluss, unter anderem, wie viele witterungsbedingte Ausfalltage einkalkuliert sind. Wer das Risiko darüber hinausgehender Ausfalltage trägt. Und wie die Ausfalltage gegebenenfalls monetär ausgeglichen werden. Je früher die Vereinbarungen feststehen, umso reibungsloser läuft der Bau auch wenn wegen Schnee und Eis einmal nichts läuft. Selbiges gilt natürlich auch für jede andere Jahreszeit, denn auch hier kann es zu Extrem-Wetterlagen kommen, die eine Fortführung der Arbeiten - wie geplant - nicht erlauben. II. Fehlende Fertigstellung ist kein Mangel Das geltende Werkvertragsrecht gesteht jedem Auftraggeber das Recht zu, einen Bauvertrag jederzeit durch Kündigung beenden zu können. Für eine solche Kündigung muss der Auftraggeber noch nicht einmal einen wichtigen Grund angeben können, er kann auch eine freie Kündigung aussprechen. In diesem Fall steht der Auftragnehmer also plötzlich ohne Vertrag da, ohne dass er hierzu einen Anlass geliefert hat. Selbstverständlich steht dem Auftragnehmer als Ausgleich hierfür dann die vereinbarte Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen zu. Die Berechnung dieser Vergütung allerdings ist kompliziert und die Durchsetzung des Vergütungsanspruches deshalb regelmäßig nicht unproblematisch. In dieser Situation ist der Unternehmer daher besonders gefordert: er muss ganz besonders darauf achten, seine Interessen zu wahren. Von vordringlichster Wichtigkeit ist dabei, dass eine gemeinsame abschließende Begehung und Feststellung und Abnahme der bereits erbrachten Werkleistung verlangt und auch durchgeführt wird. Dabei sollte der Unternehmer darauf achten, dass der Auftraggeber nicht die fehlende Fertigstellung (die ja nur deshalb vorliegt, weil vom Auftraggeber gekündigt wurde!) als Mangel bezeichnet und die Unterschrift des Unternehmers unter das Abnahmeprotokoll später als Anerkennung von Mängeln interpretiert werden kann. Wir raten in so einem Fall, das Abnahmeprotokoll nur mit den Worten zu quittieren Mängelpunkte zur Kenntnis genommen. BAURECHTaktuell 01/12 Seite 2/5
III. Vor- und Nachteile baubegleitender Planung abwägen Erst planen, dann bauen das war früher. Heute ist auch bei vielen Bauträgern und Generalunternehmern die sogenannte baubegleitende Planung üblich. Sie bietet allen Beteiligten die Chance, die Bauzeit zu verkürzen und dadurch Kosten zu sparen. Die baubegleitende Planung ist allerdings nicht nur vorteilhaft. Der Auftraggeber muss wissen, dass mit der baubegleitenden Planung auch ernsthafte Risiken verbunden sind. Typische Probleme sind beispielsweise Nachträge, häufig unvermeidliche Folge nicht ausgereifter und aufeinander abgestimmter Planungen. Damit sind dann zwangsläufig immer auch Massenverschiebungen und Änderungen verbunden, die in der Regel einen Teil der durch die baubegleitende Planung eingesparten Bauzeit gleich wieder aufzehren von dadurch entstehenden Mehrkosten, die eventuell nicht unmittelbar weitergegeben werden können, ganz zu schweigen. Auftraggeber müssen das wissen und abwägen, bevor sie sich zu baubegleitender Planung entschließen. B. Informationen für Architekten und Sonderfachleute I. Honorarrisiko bei verfrühter Leistungserbringung Auch wenn Architekten und Ingenieure einen Auftrag in der Tasche haben, sollten sie mit der Planung nicht übereifrig vorpreschen. Denn selbst wenn der Leistungsumfang festgelegt ist, steht es dem Architekten und Ingenieur nicht frei zu entscheiden, welche Leistungen zu erbringen sind. Im Gegenteil: Es sind immer nur die Teilleistungen zu projektieren, die jeweils nach dem Stand der Planung des Bauvorhabens erforderlich und notwendig sind. Verfrühte Planungsleistungen bergen immer das Risiko, dass sie letzten Endes ganz oder teilweise unbrauchbar sind. Das OLG Koblenz hat in seiner aktuellen Entscheidung vom 29. September 2011 (5 U 224/11) diese bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für den Fall eines "vorprellenden" Architekten bestätigt. Nach Ansicht des Gerichts verhält sich der Auftragnehmer vertragswidrig, wenn er ohne entsprechenden Auftrag eine verfrühte Leistung erbringt. Im konkreten Fall, über den das OLG entscheiden musste, hatte der Architekt bereits die Ausführungsplanung projektiert, ohne dass überhaupt eine Baugenehmigung vorlag. Die Entscheidung: Der Planer bekommt für diese Leistung kein Honorar. Anders sieht die Sache aus, wenn der Planer seinen Auftraggeber umfassend und sachgemäß über seine Arbeiten informiert, auch darüber, dass die Planungsleistungen Geld kosten. Ist der Bauherr damit einverstanden und die Planungen erweisen sich nachher doch als überflüssig oder unbrauchbar, hat der Architekt oder Ingenieur in diesem Fall Anspruch auf sein Honorar. BAURECHTaktuell 01/12 Seite 3/5
II. Subplaner kann Honorar nachfordern Die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) ist verbindliches Recht. Dass sie Mindesthonorare für Planer festlegt, die nur in ganz eng umrissenen Ausnahmefällen unterschritten werden dürfen, ist bekannt. Nach unseren Erfahrungen ist die Vereinbarung von Honoraren unterhalb des Mindestsatzes gleichwohl weit verbreitet. Ganz speziell Generalplaner versuchen immer wieder, bei ihren Subunternehmern Honorare unterhalb der Mindestsätze durchzusetzen. Sie sind nämlich in der Zwickmühle: Gegenüber ihren Auftraggebern können sie selbst nur den Mindestsatz durchsetzen. Den müssen sie aber ihren Subunternehmern bezahlen. Weil sie dabei selbst nichts verdienen, sogar auf ihrem Aufwand und Haftungsrisiko sitzen bleiben, ziehen sie dem Subplaner Teile des diesem zustehenden Mindesthonorars ab. Diese Reduzierung wird oft als Teamleistung deklariert und mit langjähriger Verbundenheit begründet. Diese Argumentation greift aber nur in ganz speziellen Einzelfällen. Rechtens sind die Abzüge daher in aller Regel nicht, denn damit arbeitet der Subunternehmer unter dem Mindestsatz, und das verstößt gegen geltendes Recht. Generalplaner sind deshalb auch nicht davor gefeit, die Honorare bis zur Höhe des Mindestsatzes nachzahlen zu müssen. Kommt es nämlich zum Streit, stehen dem Subunternehmer die Mindesthonorare in jedem Fall zu (BGH Urteil vom 27.10.2011 VII ZR 163/10). Der Subunternehmer kann theoretisch auch über Jahre rückwirkend Honorare nachfordern bis zur Grenze der Verjährung. III. Bauüberwachungspflichten des Architekten bei Innenputzarbeiten Mit den Überwachungspflichten eines auch mit der Leistungsphase 8 des 15 Abs. 2 HOAI beauftragten Architekten bei Innenputzarbeiten hat sich ein Urteil des OLG Dresden vom 28.10.2010 (10 U 1414/08) beschäftigt. Es hat dabei zwar betont, dass der die Bauaufsicht führende Architekt dafür zu sorgen hat, dass der Bau plangerecht und frei von Mängeln errichtet wird. Er ist dabei aber dies ist allgemeine Rechtsprechung - nicht verpflichtet, sich ständig auf der Baustelle aufzuhalten. Er muss allerdings die Arbeiten in angemessener und zumutbarer Weise überwachen und sich durch häufige Kontrollen vergewissern, dass seine Anweisungen sachgerecht erledigt werden. Bei wichtigen oder kritischen Baumaßnahmen, die erfahrungsgemäß ein hohes Mängelrisiko aufweisen, ist der Architekt zu erhöhter Aufmerksamkeit verpflichtet. Besondere Aufmerksamkeit hat der Architekt auch solchen Baumaßnahmen zu widmen, bei denen sich im Verlauf der Bauausführung Anhaltspunkte für Mängel ergeben. Handwerkliche Selbstverständlichkeiten bei allgemein üblichen gängigen Bauarbeiten aber, deren Beherrschung durch den Bauunternehmer vorausgesetzt werden kann, muss der Architekt grundsätzlich nicht im Einzelnen überwachen. Nach dem Urteil des OLG Dresden gehören Innenputzarbeiten in aller Regel zu den handwerklichen Selbstverständlichkeiten, bei denen sich der Architekt darauf verlassen kann, dass der BAURECHTaktuell 01/12 Seite 4/5
Bauunternehmer sie beherrscht. Dies gilt so das OLG Dresden auch für den Fall, dass Innenputz auf einen stark saugenden Untergrund wie Porotonmauerwerk aufgebracht wird. Auch hierbei handelt es sich um allgemein übliche und gängige Arbeiten. Daher kann ohne Weiteres vorausgesetzt werden, dass dem Bauunternehmer die Notwendigkeit bekannt ist, den Untergrund vor dem Aufbringen des Putzes vorzubehandeln, damit dieser nicht zu schnell abbindet und auf dem Untergrund haften kann, und dass er die hierfür erforderlichen Arbeitsschritte selbständig und ohne Anweisung des Architekten ausführt. Gleiches gilt für die Verwendung geeigneten Materials. BAURECHTaktuell 01/12 Seite 5/5