Statement von Ministerialrätin Gisela Deuerlein-Bär Pressegespräch: 5 Jahre Opstapje in Deutschland München, den 20.07.2006 Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen Es gilt das gesprochene Wort
- 2 - Familienpolitik der Bayerischen Staatsregierung Die Familienpolitik der Bayerischen Staatsregierung trägt der besonderen verfassungsrechtlichen Verpflichtung des Staates gegenüber den Familien in hohem Maße Rechnung. Sie schafft familienfreundliche Rahmenbedingungen in unserer Gesellschaft, fördert und unterstützt Familien materiell und verbessert entscheidend das Angebot in der Kinderbetreuung. Neben diesen beiden Aufgabenschwerpunkten kommt der Eltern- und Familienbildung als dritter Säule unserer Familienpolitik immer größere Bedeutung zu. In der Familie werden die Grundlagen für alle Formen des Lernens gelegt. Damit sich Kinder gesund entwickeln können, müssen ihre Bedürfnisse nach Bewegung und Lernen, nach sozialen Kontakten und Geborgenheit in der Familie von Anfang an so gut wie möglich erfüllt werden. Deshalb ist unsere Familienbildungspolitik geprägt durch folgende Ziele: Familien in ihrer Erziehungsfähigkeit stärken, Partnerschaft erlernen und festigen und den Menschen wieder Mut machen, Familie zu leben. Ursachen von Eltern- und Familienbildung Erziehungsproblemen Die Instabilität von Beziehungen, die die ständig steigenden Trennungs- und Scheidungsraten belegen, ist eine der wichtigen Ursachen für Erziehungsprobleme und Entwicklungsstörungen. Zugleich werden aber auch die Lebensbereiche vielfältiger und komplizierter. Deshalb brauchen Familien heute mehr denn je
- 3 - Unterstützung in ihrer Erziehungsverantwortung. Änderungen der Dazu einige Anmerkungen: - Die Zahl der Ehescheidungen steigt kontinuierlich. Heute werden bereits ein Drittel aller Ehen geschieden, in Ballungsräumen bis zur Hälfte. - die Zahl der Alleinerziehenden nimmt ständig zu; sie ist den letzten 30 Jahren um 65 % gestiegen auf heute ca. 17-20 % aller Familien. - Die Zahl der verhaltensauffälligen Kinder erhöht sich von Jahr zu Jahr. Familienstrukturen Überforderungen in den erzieherischen Inhalten Sicher wollen die meisten Eltern ihre Kinder richtig und verantwortungsvoll erziehen. Manche werden aber von den erzieherischen Anforderungen einfach überfordert. Eltern wollen Werte vermitteln und haben oft selbst ihre Wertvorstellungen aufgegeben ohne adäquaten Ersatz. Sie sollen Experten sein in Fragen der Ernährung, der Bildung, der sozialen Verantwortung. Sie sollen Vorbild sein auch im Bereich der Medien und der neuen Kommunikationsangebote, sie sollen Kenntnis über ihre Auswirkungen auf die Kinder und das gesamte Familienleben haben, sie sollen Regeln für ihre sinnvolle Nutzung aufstellen, obwohl sie selbst oft nicht den richtigen Umgang mit diesen Technologien gelernt haben.
- 4 - Weiterentwicklung der Elternund Familienbildung Themenschwerpunkte in der Weiterentwicklung der Eltern- und Familienbildung müssen Fragen der Bildung und Gesundheit ebenso sein wie Gewaltprävention und Medienerziehung. Daneben sollen die neuen Technologien sowohl als Thema als auch als Methode zur Anwendung kommen und darüber hinaus Angebote entwickelt werden, die möglichst viele Familien erreichen, also niedrigschwellig sind. Projekt Opstapje Das Projekt Opstapje - Schritt für Schritt erfüllt diese Anforderungen an ein zukunftorientiertes Familienangebot in hervorragender Weise. Es setzt zu einem frühestmöglichen Zeitpunkt an und ist mit seiner Methode als Hausbesuchsprogramm vor allem für Familien geeignet, die die klassischen Formen der Elternund Familienbildung nicht nutzen können oder wollen. Es ist gleichsam beispielgebend in seiner Zielsetzung. Opstapje bietet niedrigschwellig sozial benachteiligten Familien ein Lernprogramm an, durch das die emotionale Beziehung zwischen Eltern und Kindern entscheidend verbessert werden kann und die Kompetenz der Kinder in Sprache, Bildung und sozialen Fähigkeiten in hohem Maß gefördert wird. Erfahrungen aus der Modellerprobung Besonders beeindruckend bei Opstapje ist, dass bei der Modellerprobung entscheidende Erkenntnisse gewonnen werden konnten, die unmittelbar in die Konzeption eingeflossen sind. Ganz wesentlich ist dabei die Vorverlagerung des zeitlichen Beginns vom
- 5-2. Lebensjahr auf das 18. Lebensmonat, um der deutschen Situation mit dem Kindergartenbeginn ab dem 3. Lebensjahr Rechnung zu tragen und eine Überschneidung zu verhindern. Die Konsequenz für das Projekt war, dass ein ganz neues Modul für die Eltern und ihre Kinder zwischen dem 18. und 24. Lebensmonat entwickelt werden musste. Durch diesen noch früheren Beginn wird den Familien eine noch frühzeitigere und damit vielleicht noch nachhaltigere Förderung angeboten und der Begriff der Frühprävention noch punktgenauer realisiert. Dank an DJI Das Deutsche Jugendinstitut hat von Anfang an das Projekt Opstapje in hoch engagierter Weise begleitet und betreut. Dem DJI ist es zu danken, dass dieses in den Niederlanden entwickelte Projekt zur Modellerprobung nach Deutschland geholt wurde. Das DJI hat in intensiver Arbeit die Konzeption von Opstapje auf die deutschen Verhältnisse angepasst und stellt heute ein ausgereiftes, fertiges Produkt vor, das unmittelbar von den Jugendämtern in die Praxis umgesetzt werden kann. Die Ergebnisse aus der Modellphase sind so überzeugend, dass diesem niedrigschwelligen Elternbildungsprojekt nur eine wirklich gute Zukunft gewünscht werden kann. Bayern hat deshalb die wissenschaftliche Begleitung der Modellphase durch das Deutsche Jugendinstitut am bayerischen Standort in Nürnberg finanziert. Eine
- 6 - Dank an die LBS ganz wesentliche Unterstützung fand das Projekt in der Landesbausparkasse, die anlässlich ihres 75- jährigen Bestehens das Projekt Opstapje Schritt für Schritt gesponsert hat. Ganz wichtig für die Bekanntmachung und das Werben für Opstapje waren auch die von der LBS organisierten und gesponserten regionalen Pressekonferenzen, die parallel zur fertigen Entwicklung des Projektes bereits interessierten Fachleuten vor Ort dieses überzeugende Angebot nahe brachten. Wir freuen uns, dass wir die LBS als Partner gerade für dieses Projekt im Sinne eines Private-Public-Partnership zum Wohle unserer Familien und unserer Kinder gewinnen konnten und danken den Verantwortlichen der LBS für ihr soziales Engagement im Interesse benachteiligter Familien. Schlusswort Das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen war von Anfang an von der Zielsetzung und Methodik des Projekts Opstapje überzeugt. Die Erfahrungen und Ergebnisse aus dem Modellprojekt haben uns in dieser Überzeugung bestärkt. Wir unterstützen nachhaltig die Bemühungen, eine Kooperation zwischen den Programmen HIPPY und Opstapje zu erreichen. Beide Programme haben analoge Strukturen und es ist daher mehr als sinnvoll, beide Programme unter einem Dach zusammenzuführen.
- 7 - Wir wünschen Opstapje, und wir wünschen vor allem für die Familien in unserem Land, dass möglichst viele Jugendämter dieses hervorragende Angebot aufgreifen werden.