Versicherungsaufsichtsrecht Einführung & Grundlagen. Dr. Stephan Korinek, FMA 2017

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Transkript:

Versicherungsaufsichtsrecht Einführung & Grundlagen Dr. Stephan Korinek, FMA 2017

FMA Korinek 2

Konkrete Aufgaben II/2 Team Governance Team Business Conduct 1. Genehmigungen, inkl. 2. Interne Modelle 3. Anzeigeverfahren, inkl. 4. Fit&proper 1. Maßnahmenverfahren Nach VOP Aufgrund Analyse 2. Versicherungsmath. GL 3. Business Conduct 4. Pensionskassen Korinek 3

Agenda Erster Teil: Einführung & Grundlagen 1. Ziele hat die Versicherungsaufsicht 2. Wirtschaftsaufsichtsrecht 3. Geschichte der Versicherungsaufsicht 4. Grundsätze des Versicherungsbinnenmarkts 5. Lamfalussy-Verfahren Korinek 4

1. Welche Ziele hat die Aufsicht? Versicherungen: Kompliziert schwer durchschaubar Versicherungsleistung oft erst nach vielen Jahren Bedeutende Kapitalanleger Besonderer auch öffentlich-rechtlicher Regelungsbedarf Korinek 5

1. Welche Ziele hat die Aufsicht? Versichertenschutz 267. (1) Das Hauptziel der FMA bei der Ausübung ihrer Aufsichtsbefugnisse ist der Schutz der Interessen der Versicherungsnehmer und Anspruchsberechtigten. Volkswirtschaftliches Interesse an Funktionsfähigkeit? Finanzsystemstabilität Korinek 6

1. Welche Ziele hat die Aufsicht? Individualrechtsschutz? Subjektives Recht? Amtshaftung? 3 Abs. 1 FMABG: (1) Für die von Organen und Bediensteten der FMA in Vollziehung der in 2 genannten Bundesgesetze zugefügten Schäden haftet der Bund nach den Bestimmungen des Amtshaftungsgesetzes AHG, BGBl. Nr. 20/1949. Schäden im Sinne dieser Bestimmung sind solche, die Rechtsträgern unmittelbar zugefügt wurden, die der Aufsicht nach diesem Bundesgesetz unterliegen. Die FMA sowie deren Bedienstete und Organe haften dem Geschädigten nicht. Korinek 7

1. Welche Ziele hat die Aufsicht? Rechtsaufsicht vorvertraglich: Eigenverantwortung ermöglichen Versichertenschutz Ordnungsmäßigkeit sichern Erfüllung der Verträge sichern Finanzaufsicht Korinek Kontrolle der Vermögens- Finanzund Ertragslage 8

2. Was ist Wirtschaftsaufsichtsrecht? Mehr als Gewerbeaufsicht, weniger als Wirtschaftslenkung In Volkswirtschaftliche Schlüsselbranchen, zb Öffentlicher Verkehr (Bahn, Luftfahrt) Energie (Elektrizität, Gas) Finanzmarkt (Banken, Versicherungen, Pensionskassen, Wertpapierunternehmen) Nähere Kontrolle, spezielle Eingriffsmöglichkeiten, va Genehmigungen (detaillierte) Verhaltensregeln Beobachtung Berichtigung Korinek 9

2. Was ist Wirtschaftsaufsichtsrecht? Verfassungsrechtliche Dimension: Legalitätsprinzip Art 18 B-VG Abs 1: Die staatliche Verwaltung darf nur auf Grund der Gesetze ausgeübt werden Erwerbsausübungsfreiheit Beschränkungen des Erwerbsantritts und der Ausübung im öffentlichen Interesse zur Zielerreichung geeignet und adäquat (verhältnismäßig) Korinek 10

2. Was ist Wirtschaftsaufsichtsrecht? Erklärung anhand von Theorien: Maßstabtheorie Gefahrentheorie Schutztheorie Funktionsschutztheorie Korinek 11

3. Geschichte der VA Seit 1880 materielle Staatsaufsicht in Österreich = fortlaufende Aufsicht über den Geschäftsbetrieb durch Prüfungen und Entscheidungen materieller Art Vorbild für deutsches VAG, das 1938 auch für Österreich maßgeblich wurde Rechtsüberleitung nach dem 2. WK; BMF Aufsichsbehörde Eigenes österreichisches VAG erst 1978 (in Kraft ab 1.1.1979) Seit 1994 EWR: Produktwettbewerb basierender Binnenmarkt Korinek 12

3. Geschichte der VA Seit 1994 EWR: Produktwettbewerb basierender Binnenmarkt 2000: Gruppenaufsicht 2002: Finanzmarktaufsichtsbehörde FMA VAG 2016 in Umsetzung der RL Solvabilität II (2009/138/EG) Korinek 13

4. Versicherungsbinnenmarkt? Grundsätze a. Niederlassungsfreiheit & Dienstleistungsfreiheit b. einheitliche Zulassung & Herkunftslandkontrolle c. Produktfreiheit & Informationsprinzip Korinek 14

4. Versicherungsbinnenmarkt? behörde Herkunftslandkontrolle Herkunftsland VU Tätigkeitsland Niederlassung od DL-Verkehr Aufsichtsbehörde Aufsichts- Korinek 15

4. Versicherungsbinnenmarkt? Liberalisierung der Produkte Transparenz hinsichtlich der Produkte Produktfreiheit - Informationsmodel l Wettbewerb gefördert Fundierte Entscheidungen der Kunden ermöglicht 16

4. Versicherungsbinnenmarkt? Weitgehende Harmonisierung des Versicherungsbinnenmarkts durch Solvency II Vollharmonisierung Mindestharmonisierung PS: keine Harmonisierung des Versicherungsvertragsrechts Korinek 17

5. und Solvency II 3-Säulen-Ansatz Gruppenaufsicht I. Quantitative Anforderungen II. Qualitative Anforderungen III. Marktdisziplin Technische Rst. SCR & MCR Investments Bewertung Governance System (nächste Folie) Beaufsichtigung Reporting Offenlegung Korinek 18

5. und Ziele Solvency II Quelle: Impact Assesment Report {COM(2007) 361 final} 19

5. Lamfalussy-Verfahren? Rahmenrichtlinie Level 1 1. Durchführungsmaßnahmen 3. 2. EIOPC Level 2 Guidelines, Standards, Recommendations Level 3 Level 4 20

5. und einheitliche Anwendung Anzuwenden sind: VAG Verordnungen der FMA Verordnungen der EU VO (EU) Leitlinien von EIOPA? Korinek 22

5. und einheitliche Anwendung Leitlinien von EIOPA? Art 16 Abs 3 EIOPA-VO (EU): Die zuständigen Behörden und Finanzinstitute unternehmen alle erforderlichen Anstrengungen, um diesen Leitlinien und Empfehlungen nachzukommen.. = verpflichtende Auslegung nationalen Rechts Korinek 23