Konzepte der Personalauswahl 19-01-05



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Transkript:

Konzepte der Personalauswahl 19-01-05 Themen der heutigen Stunde: Berufliche Eignung und Berufseignungsdiagnostik Zielsetzungen und Aspekte der Personalauswahl Rolle von Arbeits- und Anforderungsanalysen Übersicht zu Verfahren der Personalauswahl Einstellungsinterviews Testtheoretische Gütekriterien und soziale Validität Modelle personeller Entscheidungen Rechtliche und ethische Aspekte der Personalauswahl

Berufliche Eignung und beruflicher Erfolg Was versteht man unter beruflicher Eignung? Unter Berufseignung versteht man alle Voraussetzungen, die ein Individuum zur Ausübung eines Berufes oder einer Tätigkeit benötigt, um darin erfolgreich zu sein Was ist beruflicher Erfolg? Berufliche Leistungen Berufliche Zufriedenheit Gesundheit Gefühl, ausreichend gefordert zu sein

Berufliche Eignung Kriterien des beruflichen Erfolgs: Leistungsmaße (z.b. Verkaufszahlen) Beurteilungen durch Vorgesetzte Indikatoren der Karriereentwicklung (z.b. Gehalt) Ausbildungs- /Trainingsergebnisse Etc. Welche Personenmerkmale hängen mit beruflichen Erfolg zusammen? Kenntnisse und Fertigkeiten Kognitive Fähigkeiten (Intelligenz) Soziale Kompetenz Motivation (Leistungsmotivation) Persönlichkeitsmerkmale (Big Five: Extraversion, Emotionale Stabilität, Verträglichkeit, Gewissenhaftigkeit, Offenheit für Erfahrung)

Berufliche Eignungsdiagnostik Was versteht man unter beruflicher Eignungsdiagnostik? Berufliche Eignungsdiagnostik hat zum Ziel Zusammenhänge zwischen menschlichen Merkmalen und beruflichem Erfolg zu entdecken und systematisch zu nutzen. Hierzu werden Methoden entwickelt, um beides zu messen und zueinander in Beziehung zu setzen. Bei der sachgemäßen Anwendung dieser Methoden werden damit bessere Zustandsbeschreibungen und Prognosen des Berufserfolgs ermöglicht als bei anderen Vorgehensweisen. Tätigkeit Tätigkeitsspezifische Anforderungen Tätigkeitsübergreifende Anforderungen Befriedigungspotenzial Person Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse Generell erfolgsrelevante Eigenschaften, Entwicklungspotenzial Interessen, Bedürfnisse, Werthaltungen

Voraussetzungen der beruflichen Eignungsdiagnostik Voraussetzungen der beruflichen Eignungsdiagnostik Berufliche Tätigkeiten werden von verschiedenen Personen unterschiedlich erfolgreich ausgeführt. Es gibt Merkmale von Personen, die mit diesen Leistungsunterschieden zusammenhängen und bezüglich denen sich Personen unterscheiden. Diese eignungsdiagnostisch relevanten Merkmale sind zumindest partiell konstant. Leistungsunterschiede bei beruflichen Tätigkeiten Verhältnis der Leistung des am wenigsten produktiven Mitarbeiters zu der Leistung des produktivsten Mitarbeiters (McCormick & Tiffin, 1974): Produktionstätigkeiten 1:2 bis 1:3 Manager 1:3 bis 1:6 Versicherungsverkäufer 1:14 Rechtsanwälte 1:20

Was versteht man unter Personalauswahl? Personalauswahl beinhaltet Vorgehensweisen zum Treffen personeller Entscheidungen. Im Kern geht es um die Frage, welchen Personen aus einer Gruppe von Bewerbern für eine betriebliche Position ein Stellenangebot gemacht wird. Die Procedere zur Auswahl sollten dabei beruhen auf Anforderungsbeschreibungen der Position, fundierten eignungsdiagnostischen Auswahlverfahren und rational begründeten Entscheidungskriterien und prozeduren.

Zentrale Aspekte der Personalauswahl Auswahl von Mitarbeitern Zielsetzungen Selektion Platzierung Beratung Anforderungsanalyse Verfahren Gütekriterien Soziale Validität Bewerbungsunterlagen Auswahlgespräche Arbeitsproben Kognitive Testverfahren Persönlichkeitsfragebogen Assessment Center Interessentests Entscheidungskriterien/-prozeduren

Zielsetzungen der Personalauswahl Selektion: Durchführung beruflicher Eignungsdiagnostik, um den/die bestgeeigneten Bewerber für eine Position hinsichtlich bestimmter Eignungskriterien zu bestimmen. Hauptgruppen bei der Auswahl von Mitarbeitern in Unternehmen Führungskräfte Fachkräfte (Angestellte, Facharbeiter) Auszubildende / Trainees Platzierung: Durchführung von beruflicher Eignungsdiagnostik, um Personen bestimmte Positionen in einer Organisationen unter Berücksichtigung ihrer Eignung zuzuweisen. (z.b. Wehreignungsdiagnostik oder im Rahmen der Auswahl für Ausbildungsplätze) Beratung: Durchführung beruflicher Eignungsdiagnostik, um Personen bezüglich Ihrer Berufswahl vor dem Hintergrund ihrer Fähigkeitspotenziale und Neigungen zu beraten. (z.b. im Arbeitsamt oder in Rehabilitationseinrichtungen)

Rolle von Arbeits- bzw. Anforderungsanalysen Vor jeder eignungsdiagnostischen Untersuchung stellt sich die Frage, wofür die Bewerber konkret geeignet sein sollen? Diese Frage lässt sich beantworten unter Nutzung von Informationen über das Tätigkeitsfeld, den Arbeitsplatz, die Organisation oder den erforderlichen beruflichen Voraussetzungen. Die zentrale Frage dabei ist: Welche Anforderungen werden zur erfolgreichen Tätigkeitsausübung verlangt? Arten von Anforderungen: Eigenschaftsanforderungen (z.b. Fähigkeiten und Interessen) Verhaltensanforderungen (z.b. Verhaltensstandards, kognitive Operationen) Qualifikationsanforderungen (z.b. Kenntnisse und Fertigkeiten) Ergebnisanforderungen (z.b. Problemlösungen und Qualifikationsstandards)

Beschreibungsebenen der Anforderungsanalyse Ebene der Beschreibung Aufgabenund Ergebnisanforderungen Adäquates bzw. unangemessenes Verhalten Informationsverarbeitungsanforderungen Verhaltensanforderungen Eigenschaftsanforderungen Analysemerkmale Liste von Aufgaben und Funktionen Häufigkeit, Bedeutsamkeit, Schwierigkeit der Aufgaben Sensu-motorische Fähigkeiten Kognitive Fähigkeiten Sozialkommunikative Fähigk. Analysemethoden Aufgabeninventare Hierarchische Aufgabenanalyse Critical Incident Technik Leitfaden zur qualitativen Personalplanung Fleishman Job Analysis Survey

Ableitung von eignungsdiagnostischen Verfahren aus den Anforderungsanalysen Beschreibungsebene von Anforderungen Aufgaben-/ Ergebnisanforderungen Verhaltensanforderungen Auswahlverfahren Wissens-/ Kenntnisprüfungen Fachliche Qualifikationen Arbeitsproben AC-Übungen, Arbeitsproben Eigenschaftsanforderungen Psychologische Tests Persönlichkeitsfragebogen

Verfahren zur Personalauswahl Bewerbungsunterlagen Auswahlinterviews Biographische Fragebogen Arbeitsproben Assessment Center Kognitive Testverfahren Persönlichkeitsfragebogen Interessentests

Definition von Interviews Definitorische Aspekte: Methode der Personalauswahl in Form einer Gesprächssituation mit zwei oder mehreren Personen (Repräsentanten der auswählenden Organisation und Stellenbewerber) Austausch von bewerbungsrelevanten person-, arbeits- und organisationsbezogenen Informationen: - Kompetenzen des Bewerbers - Berufserfahrung und Berufsausbildung - Aspekte des Lebenslaufs und deren subjektive Verarbeitung - persönliche Bereiche - Anforderungen und Bedingungen der Tätigkeit - Einblick in Organisation - etc. Durchführungsmodus: reicht von völlig freien Gesprächsformen über teilstrukturierte zu vollstrukturierten Varianten mit standardisierten Abläufen bzw. Fragestellungen

Zielsetzungen von Interviews Zielsetzungen: Beurteilung von Fähigkeiten und fachlichen Kompetenzen Beurteilung von motivationalen, sozialen und persönlichkeitsbezogenen Aspekten Persönliches Kennenlernen Realistische Tätigkeitsvorausschau Verhandeln von Bedingungen der Einstellung

Bewertung von Interviews (vgl. Schuler, 1992) Interviews sind die verbreitetste Methode der Personalauswahl Methode genießt hohe Wertschätzung sowohl bei den Verwendern als auch bei den Bewerbern Möglichkeit zum direkten persönlichen Austausch Informationen sind glaubhafter als bei schriftlich übermittelten Informationen Bewerber schätzen die Möglichkeit der Situationskontrolle und Transparenz des Verfahrens Möglichkeiten zur Selbstselektion durch Information über Tätigkeitsanforderungen Möglichkeiten zur Vereinbarungen über den weiteren Auswahlprozess

Defizite herkömmlicher Einstellungsinterviews Diskrepanz zwischen subjektiver Wertschätzung und empirischer Bewährung: Geringe prognostische Validität von herkömmlichen Interviews schwankt zwischen r =.05 bis r =.25 (Metaanalyse von Schmidt & Hunter: r =.15) Wichtigste Ursachen für die geringe Validität: Mangelnder Bezug der Fragen zu den Tätigkeitsanforderungen Unzulängliche Verarbeitung der aufgenommenen Informationen Dominierendes Gewicht früher Gesprächseindrücke Überbewertung negativer Informationen Emotionale Einflüsse auf die Urteilsbildung (z.b. Sympathie) Beanspruchung des größten Teils der Gesprächszeit durch den Interviewer

Möglichkeiten zur Verbesserung von Einstellungsinterviews Es gibt verschiedene Ansatzpunkte Interviews methodisch zu verbessern: Anforderungsbezug und Strukturierung haben einen wesentlichen Einfluss auf die Validität Metaanalyse von Wiesner & Cronshaw, 1988: Mittlerer Validitätskoeffizient bei unstrukturierten Interviews: r =.13 und bei strukturierten Interviews r =.40 Maßnahmen zur methodischen Verbesserung von Interviews: Anforderungsbezogene Gestaltung Durchführung in strukturierter bzw. (teil-) standardisierter Form Verwendung geprüfter und verhaltensverankerter Beurteilungsskalen Einsatz mehrerer Interviewer Trennung von Informationssammlung und Entscheidung Standardisierung der Gewichtungs- und Entscheidungsprozedur Vorbereitung der Interviewer durch verfahrensbezogenes Training

Biographiebezogene Fragen Grundannahme: Vergangenes Verhalten ist der beste Prädiktor künftigen Verhaltens Ausgangspunkt ist die Sammlung kritischer Ereignisse bei Stelleninhabern, Vorgesetzten und Kunden Beispiele für biographiebezogene Fragen: Berichten Sie über ein Software-Entwicklungsprojekt, das zu spät zum Abschluss gekommen ist. Was war das für ein Projekt? Welches waren die größten Schwierigkeiten, mit denen Sie sich auseinandersetzen mussten? Wie haben Sie versucht diese Schwierigkeiten zu überwinden? Was war das Ergebnis Ihrer Bemühungen? Was haben Sie unternommen, um zukünftige Verzögerungen dieser Art zu verhindern? Wie oft sind Ihre Projekt im letzten Jahr in Verzug zu geraten?

Situative Fragen Situative Fragen basieren ebenfalls auf der Sammlung kritischer Ereignisse. Die zentrale Frage dabei ist: Was würden Sie in dieser Situation tun? Situative Fragen erfassen somit Verhaltensabsichten bzw. kognizierte Verhaltensmöglichkeiten Zur Bewertung der Antworten werden verhaltensverankerte Einstufungsskalen konstruiert.

Situative Fragen Beispiel für eine situative Frage: Frage: Sie haben in einer wichtigen Sache eine falsche Entscheidung getroffen, die das Unternehmen Geld kosten wird. Sie befürchten, das Ihr Vorgesetzter sehr verärgert sein wird, wenn er davon erfährt. Was tun Sie? Bewertung der Antworten: Beispielantwort 0 Punkte: Vielleicht gelingt es mir die Sache bald wieder in Ordnung zu bringen, so dass er davon gar nichts erfahren muss. Beispielantwort 2 Punkte: Ich informiere trotzdem meinen Vorgesetzten. Ich bemühe mich ihm verständlich zu machen, wie es dazu kommen konnte. Beispielantwort 4 Punkte: Ich informiere ihn trotzdem unverzüglich und erkläre ohne Umschweife, was passiert ist. Dann mach ich ihm Vorschläge, was ich tun kann, um den Schaden gering zu halten.

Testtheoretische Grundlagen eignungsdiagnostischer Verfahren Zur Erfassung eignungsdiagnostisch relevanter Merkmale und ihren Ausprägungen bedarf es Messverfahren (z.b. Tests, Arbeitsproben, Interviews). An die Messverfahren werden testtheoretische Anforderungen gestellt in Form von Objektivität Reliabilität Validität.

Testtheoretische Gütekriterien Unter Objektivität wird das Ausmaß verstanden, in dem die Ergebnisse eines Tests unabhängig vom Untersuchenden sind; vollständige Objektivität liegt vor, wenn ein Verfahren völlig unabhängig davon ist, wer es anwendet bzw. wenn verschiedene Personen zu den gleichen Ergebnissen kommen. Reliabilität: dieses Gütekriterium bezieht sich auf die Messgenauigkeit oder Messfehlerfreiheit eines Testergebnisses. Es werden verschiedene Formen zur Reliabilitätsbestimmung unterschieden: z.b. Re-Testreliabilität oder Split-Half-Reliabilität. Validität: dieses Gütekriterium bezieht sich auf die Angemessenheit, die Sinnhaftigkeit und die Nützlichkeit der spezifischen Schlüsse, die aus den Testwerten gezogen werden. Es werden verschiedene Strategien der Validierung unterschieden: Inhaltliche Validierung, Kriteriumsvalidierung oder Konstruktvalidierung.

Meta-analytische Befunde zur Validität eignungsdiagnostischer Verfahren (Schmidt & Hunter, 1998) Prädiktor Kriteriumsvalidität Inkrementelle Validität Allgemeine kognitive Fähigkeitstests Arbeitsproben Strukturierte Einstellungsinterviews Unstrukturierte Einstellungsinterviews Fachkenntnistests Assessment Center Biographische Daten Interessentests Gewissenhaftigkeitstests Probezeit Graphologie Inkrementelle Validität: Validitätszuwachs durch Hinzunahme der Testart, nach Berücksichtigung eines allgemeinen kognitiven Fähigkeitstests

Meta-analytische Befunde zur Validität eignungsdiagnostischer Verfahren (Schmidt & Hunter, 1998) Prädiktor Kriteriumsvalidität Inkrementelle Validität Allgemeine kognitive Fähigkeitstests.51 Arbeitsproben.54.12 Strukturierte Einstellungsinterviews.51.12 Unstrukturierte Einstellungsinterviews.15.04 Fachkenntnistests.48.07 Assessment Center.37.02 Biographische Daten.35.01 Interessentests.10.01 Gewissenhaftigkeitstests.31.09 Probezeit.44 Graphologie.02 Inkrementelle Validität: Validitätszuwachs durch Hinzunahme der Testart, nach Berücksichtigung eines allgemeinen kognitiven Fähigkeitstests

Objektivität Unter Objektivität wird das Ausmaß verstanden, in dem die Ergebnisse eines Tests unabhängig vom Untersuchenden sind; vollständige Objektivität liegt vor, wenn ein Verfahren völlig unabhängig davon ist, wer es anwendet bzw. wenn verschiedene Personen zu den gleichen Ergebnissen kommen. Es werden verschiedene Aspekte der Objektivität nach den Phasen der eignungsdiagnostischen Untersuchung unterschieden: Durchführungsobjektivität: hierbei versucht man das Verhalten des Testleiters und anderer Aspekte der Untersuchungssituation (z.b. Raum und Zeit) konstant zu halten Auswertungsobjektivität: diese ist dann hoch, wenn eine streng regelhafte Zuordnung von Messwerten zu Verhaltensweisen bzw. Antworten vorgenommen wird Interpretationsobjektivität: diese ist hoch, wenn aus vorliegenden Ergebnissen von verschiedenen Diagnostikern die gleichen Schlüsse gezogen werden

Reliabilität Die Frage der Reliabilität bezieht sich auf die Messgenauigkeit oder Messfehlerfreiheit eines Testergebnisses. Es werden verschiedene Formen zur Bestimmung der Reliabilität eines eignungsdiagnostischen Verfahrens unterschieden: Retest-Reliabilität: hierbei wird das gleiche Messverfahren mehreren Probanden zweimal zu verschiedenen Zeitpunkten vorgegeben; das Ausmaß der Übereinstimmung der beiden Messwertreihen wird als Stabilität der Messung und des Merkmals interpretiert Interne Konsistenz: dies ist ein Maß für die Homogenität eines Tests und wird über die mittlere Korrelation aller Testitems untereinander bestimmt; Paralleltest-Reliabilität: diese wird dadurch bestimmt, indem die Ergebnisse zweier gleichartiger Testformen miteinander korreliert werden

Validität Die Validität eines eignungsdiagnostischen Verfahrens bezieht sich auf die Angemessenheit, die Sinnhaftigkeit und die Nützlichkeit der spezifischen Schlüsse, die aus den Testwerten gezogen werden. Bei diesem Gütekriterium werden verschiedene Strategien der Validierung unterschieden: Inhaltliche Validierung: hierbei stellt sich die Frage, ob das Verfahren Elemente der beruflichen Tätigkeit repräsentiert; die inhaltliche Validität wird meist auf der Grundlage von Experteneinschätzungen oder inhaltlichlogischen Überlegungen ermittelt Kriterienbezogene Validierung: hierbei stellt sich die Frage, ob mit Hilfe eines Verfahrens relevante Kriterien des Berufserfolgs bzw. der beruflichen Leistung vorhergesagt werden können Konstruktvalidierung: hierbei ist die Frage, welche Merkmale oder Konstrukte durch ein Messverfahren erfasst werden

Soziale Validität Soziale Validität bezieht sich auf das Erleben der Auswahlsituation als sozial akzeptabler Situation aus der Perspektive des Bewerbers. Dies soziale Qualität von Auswahlprozeduren hängt vor allem von folgenden Aspekten ab: Information: z.b. über erfolgskritische Anforderungen der Stelle oder über die Tätigkeit und Organisation Partizipation: als Möglichkeiten zur Mitgestaltung bzw. Kontrolle der Auswahlsituation Transparenz: z.b. über die Rollen/Intentionen der beteiligten Personen, den Bewertungsprozess und dessen Regeln Urteilskommunikation/Feedback: Angebot von offenen und ehrlichen Rückmeldungen, Verständlichkeit und Konstruktivität der Rückmeldungen

Modelle personeller Entscheidungen Expertenmodell (klinische Urteilsbildung): Die Entscheidung wird unter Berücksichtigung unterschiedlicher diagnostischer Informationen in intuitiver Form vorgenommen. Präzisionsmodell (statistische Urteilsbildung): Die diagnostischen Informationen werden in vorher genau festgelegter Form (meist als mathematische Formel) zur Entscheidungsfindung herangezogen. Sequentielle Strategie: Hierbei wird der Entscheidungsprozess in Stufen aufgeteilt, bei denen jeweils Vorauswahlen der Bewerber getroffen werden.

Ethische Probleme beim Einsatz eignungsdiagnostischer Methoden Verwendung unzulänglicher Diagnosemethoden Vernachlässigung des Anforderungsbezugs Anwendung unnötig belastender Verfahren Eindringen in die Privatsphäre des Kandidaten Mangelnde Vertraulichkeit der erhobenen Daten Missbrauch diagnostischer Daten Mangelnde Rücksichtnahme in der Urteilskommunikation Informationsverweigerung bezüglich der Ergebnisse Konflikt zwischen Informationsverpflichtung gegenüber dem Auftraggeber und den Interessen des Klienten