Rating-Prognose am Beispiel einer Investitionsentscheidung

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Transkript:

Veröffentlicht im Rating aktuell Heft 6/2003 Rating-Prognose am Beispiel einer Investitionsentscheidung Seite 24-27 Mit freundlicher Genehmigung der Rating aktuell-redaktion, Bank Verlag, Köln (http://www.ratingaktuell-news.de) Ein Service von: FutureValue Group AG email: Kontakt@FutureValue.de Internet: www.futurevalue.de RMCE RiskCon GmbH & Co. KG email: Info@RMCE.de Internet: www.rmce.de

Information für Unternehmen und Finanzdienstleister G 59071 RATING aktuell Sonderdruck www.ratingaktuell-news.de www.ratingaktuell-ticker.de 06/2003 Dezember/Januar UNTERNEHMEN Krankenhäuser entdecken Nutzen des Ratings MITTELSTAND RATING HISTORY A.M. Best wählte Baseballschläger für s Duell BANKEN Branchen-Analyse: Banken in Russland Rating-Prognose für Investitionsentscheidungen INVESTMENT- GESELLSCHAFTEN Fiduciary Rating INTERVIEW Hannover Rück-Chef Wilhelm Zeller im Gespräch Exklusiv-Interview mit Bankenpräsident Rolf-E. Breuer

UNTERNEHMEN UND IHRE KUNDEN Foto: John Foxx Rating-Prognose am Beispiel einer Investitionsentscheidung Werner Gleißner Für eine fundierte Unternehmensentscheidung muss die erwartete Wirkung einer Investition auf Ertrag oder Rentabilität gegenüber dem Umfang der damit verbundenen Risiken abgewogen werden. Zudem gilt es, den Umfang potenzieller Planabweichungen zu kalkulieren, um den realistischen Umfang von Verlusten und damit den Bedarf an Eigenkapital des Unternehmens auch für ungünstige Zukunftsszenarien abschätzen zu können. Mit welchen Hilfsmitteln solche Unternehmensplanungen realisiert werden können, zeigen wir Ihnen am Beispiel der Stettener Chemie- und Kunststoff GmbH 1. In fast allen Branchen nimmt der Wettbewerbsdruck zu. Gerade wenn eine Ausweitung des Umsatzes bei einer schwachen Nachfrage oder einem aggressiven Verhalten der Wettbewerber kaum mehr möglich ist, rücken Maßnah- men zur Kostensenkung in den Mittelpunkt des Interesses. Genau vor dieser Herausforderung sieht sich die Stettener Chemie- und Kunststoff GmbH: Bei den relativ hohen Personalkosten am Standort Deutschland überlegt die Geschäftsführung durch eine grundlegende Rationalisierung und stärkere Automatisierung der Fertigungsanlagen den Anteil der Personalkosten am Umsatz deutlich zu senken. Dabei ließen sich mit der neuen Anlage auch bisher fremd vergebene Leistungen kostengünstig durch das Unternehmen selbst erstellen. Dies erfordert nach einer sorgfältigen Planung Investitionen, die rund 50 % des Jahresumsatzes betragen. Trotz der damit ansteigenden Kosten für Zinsen und Abschreibungen zeigen die Planrechnungen bei dem momentan erwarteten Umsatz eine erhebliche Verbesserung der Umsatzrendite. Konkret wird eine Verbesserung der Umsatzrendite um fünf Prozentpunkte erwartet, die die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens auch nachhaltig sichern kann. Damit ist die Entscheidung für die 1 Name geändert.

Durchführung der Investitionen durch die Geschäftsführung nur noch eine Formsache. Oder doch nicht? Auch wenn durch die sorgfältige Planung eine bestmögliche Entscheidungsvorbereitung erreicht wurde und die prognostizierten Werte im Mittel tatsächlich eintreten, lässt sich die Investitionsentscheidung so noch nicht treffen, ohne das Unternehmen möglicherweise sogar in seinem Bestand zu gefährden. Welche Überlegungen muss die Geschäftsführung der Stettener Chemie- und Kunststoff GmbH zusätzlich mit einbeziehen? Risiko-Aggregationsverfahren Zunächst ist offensichtlich, dass jede zukunftsbezogene Entscheidung oder Planung mit der Unvorhersehbarkeit der Zukunft zu kämpfen hat. Selbst die bestmögliche Planung kann nur zeigen, wie sich die Zukunft im Mittel entwickeln wird (erwartungstreue Planung). Insbesondere Risiken aus dem Umfeld des Unternehmens können jedoch zu Planabweichungen führen: Die möglichen positiven Planabweichungen bezeichnet man dabei als Chancen, die möglichen negativen Abweichungen als Gefahren. Für eine fundierte Entscheidung, die auf eine nachhaltige Erfolgssicherung des Unternehmens zielt, muss daher die erwartete Wirkung einer Investitionsentscheidung auf Ertrag oder Rentabilität immer gegenüber dem Umfang der damit verbundenen (aggregierten) Risiken abgewogen werden. Es gilt primär, den Umfang potenzieller Planabweichungen fundiert einzuschätzen, um beispielsweise den realistischen Umfang von Verlusten und damit den Bedarf an Eigenkapital des Unternehmens auch für ungünstige Zukunftsszenarien abschätzen zu können. Die Planungssicherheit muss also bewertet werden. Auch vor dem Hintergrund von Basel II, demzufolge zukünftig der gewährte Kreditrahmen und die Kreditkonditionen eines Unternehmens vom Rating abhängig sind, sollten die Konsequenzen einer Investitionsentscheidung für die zukünftigen Ratings rechtzeitig mit in die Überlegungen einbezogen werden. Das Rating eines Unternehmens als Maß für die Wahrscheinlichkeit von Überschuldung bzw. Illiquidität wird durch die Kreditinstitute anhand einer Vielzahl von Einzelkriterien bestimmt. Im Kern sind es jedoch die zukünftig erwartete Ertragskraft, der Umfang der Risiken (mögliche Abweichung von der erwarteten Ertragskraft) sowie die Risiko-Deckungsfähigkeit (insbesondere Eigenkapitalausstattung), die ein Rating bestimmen 2. Auf Grund der Datenverfügbarkeit wird die Bank Veränderungen des Ratings in der Regel im Nachhinein feststellen. Die Herausforderung für eine erfolgreiche Unternehmensführung besteht jedoch darin, die Konsequenzen wichtiger unternehmerischer Entscheidungen (z. B. auch große Forschungs- und Entwicklungsprojekte oder der Einritt in neue Märkte) hinsichtlich der zukünftig erwarteten Konsequenzen für das Rating im Vorfeld zu beurteilen. Nur durch solche Rating-Prognosen kann ei- B BB BBB A AA AAA ne mögliche Gefährdung der Liquidität durch ein zu stark sinkendes Rating rechtzeitig erkannt werden. Im Beispiel der Investitionsplanung der Stettener Chemieund Kunststoff GmbH bedeutet dies, dass neben der erwarteten Ertragsverbesserung auch die Veränderung der Risiko-Situation des Unternehmens in ihren Konsequenzen für das Rating mit betrachtet werden muss. Insgesamt zeigt sich gerade am Beispiel der Investitionsentscheidung, dass die Unternehmensführung Instrumente benötigt, die durch ein gezieltes Abwägen von erwarteten Erträgen und den damit verbundenen Risiken eine zukunftsorientierte Unternehmenssteuerung unterstützen. Das Erfordernis, vorhandene Risiken zu identifizieren, zu bewerten und im Kontext der Unternehmensplanung zu analysieren, stellt jedoch eine erhebliche Herausforderung für traditionelle IT-gestützte Planungssoftware dar. Weder das bei Controllern beliebte Excel noch die überwältigende Mehrheit der heute verfügbaren Controlling- und Unternehmensplanungs-Software ist nämlich in der Lage, sinnvoll mit Ri- 2 Vgl. Gleißner/Füser, Leitfaden Rating, München 2003. Abb. 1: Rating-Prognose der Stettener Chemie- und Kunststoff GmbH Ratingverlauf 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 Quartale

UNTERNEHMEN UND IHRE KUNDEN Abb. 2: Risiko-Aggregation Plan-GuV 2003 Umsatz 1.000 - Materialkosten 400 = Deckungsbeitrag 600 - Personalaufwand 300 - Sonstige Kosten 150 davon Risikotransfer 5 - AfA 50 = Betriebsergebnis 100 - Zinsaufwand 44 - a. o. Ergebnis 0 = Gewinn vor Steuern 56 R1 +/- 5% - 100 siken umzugehen und diese in ihren Konsequenzen für das Rating zu beurteilen. Hierbei sind erhebliche methodische Herausforderungen zu lösen (z. B. Beschreibung einer Kennzahl, wie Umsatz, durch eine Wahrscheinlichkeitsverteilung, die die Bandbreite realistischer Szenarien beschreibt, und Risiko- Aggregationsverfahren, wie z. B. die sog. Monte-Carlo-Simulation). Eine einfache Betrachtung von Best Case - und Worst Case -Szenarien wird diesen Herausforderungen nicht gerecht, weil dabei letztlich R2 +/- 10% Abb. 3: SW-Lösung für Finanz-Rating Absatzmenge Neuer Wettbewerber Materialpreise Personalkosten Zinsänderung Maschinenschaden R3 +/- 2% R4 +/- 1% R5-200 R6 S 1 950-380 570-300 5 70-44 0 26 S 2 1000-400 600-300 5 100-200 S 3 1000-400 600-306 5 94 0-14 Risikosimulation zeigt mögliche Planabweichungen und den Eigenkapital-Bedarf zur Abdeckung möglicher Verluste S n willkürlich aus der unendlichen Anzahl möglicher risikobedingter Zukunftsszenarien zwei oder drei ausgewählt werden. Ein wesentlich besserer Ansatz besteht darin, die Risiken also die möglichen Ursachen für Planabweichungen explizit zu erfassen und den jeweiligen betroffenen Positionen der Planrechnung zuzuordnen (z. B. durch Angabe von Bandbreiten oder die Beschreibung einer Normalverteilung). Mit Hilfe von Risiko-Aggregationsverfahren ist es dann möglich, eine große, repräsentative Stichprobe möglicher Zukunftsszenarien des Unternehmens zu analysieren und auf diese Weise realistische Bandbreiten für die Entwicklung von Gewinn oder Cashflow zu berechnen. So kann man die Planungssicherheit beurteilen (Abb. 2). Mit Hilfe dieser Methodik ist es zudem möglich, für jede Investition unmittelbar auf den Umfang möglicher (zusätzlicher) Verluste und mithin den Bedarf an Eigenkapital als Risiko-Deckungspotenzial zu schließen, was wiederum Rückschlüsse auf die Konsequenzen für das Rating zulässt. Das Spektrum verschiedener Software-Lösungen für eine Risiko-Aggregation und eine chancen- und risikoorientierte Unternehmensplanung reicht dabei von sog. Add-Ins zu MS Excel bis hin zu komplexen Management- Informationssystemen (z. B. MIS RiskManagement und Balanced Scorecard). Neuerdings stehen auch stärker mittelstandsorientierte Softwarelösungen zur Verfügung, die Risiko-Management und Rating-Vorbereitung zusammen unterstützen. Darin enthalten ist eine checklistengeführte Stärken-Schwächen- Analyse sowie eine ratingorientierte Jahresabschlussanalyse (Finanz- Rating), die an die Verfahren der Banken angelehnt ist (Abb. 3). Die Erfolgspotenzialanalyse (Stärken- Schwächen-Analyse) soll ein objektives Bild der tatsächlichen Wettbewerbsposition und der längerfristigen Zukunftsperspektiven (erwartete Erträge) eines Unternehmens liefern. Diese Informationen können als Grundlage für eine weitergehende Strategieentwicklung dienen. Neben den zukünftig zu erwartenden Erträgen wird die Stabilität (bzw. Insolvenzwahrscheinlichkeit) eines Unternehmens durch seine Risiken bestimmt, die sich daher auch im Rating widerspiegeln. Eine praxisorientierte Software zur

UNTERNEHMEN UND IHRE KUNDEN Abb. 4: Indikatives Gesamt-Rating Rating-Prognose sollte deshalb checklistengeführt die Identifikation wichtiger Risiken und deren quantitative Bewertung unterstützen. Die sich hieraus ergebende Transparenz über die Risiko-Situation des Unternehmens (Risiko- Inventar) hilft, jede kritische Bedrohung des Unternehmens zu erkennen und erforderliche Risiko- Bewältigungsmaßnahmen zu priorisieren. Auf diese Weise können wesentliche Anforderungen des Kontroll- und Transparenzgesetzes (KonTraG) von 1998, das eine kontinuierliche und nachvollziehbare Überwachung wesentlicher Risiken fordert, erfüllt werden. Zu jedem wichtigen Risiko sollten dabei IT-gestützt die Regelungen für eine dauerhafte Überwachung erfasst werden (Wer ist für das Risiko verantwortlich? In welchem Turnus soll das Risiko betrachtet werden? Welches sind geeignete Frühwarnindikatoren und erforderliche Bewältigungsmaßnahmen? usw.). Im Hinblick auf die Unternehmensplanung empfiehlt es sich, den wichtigsten Plangrößen (z. B. Umsatz, Personalkosten usw.) explizit Risiken zuzuordnen (z. B. möglicher Umfang von Abweichungen). Mit Hilfe der Risiko-Aggregationsverfahren kann so die realistische Bandbreite der tatsächlich eintretenden Zukunftsentwicklung (z. B. Gewinn) und mithin die Planungssicherheit fundiert beurteilt werden. Die Technik einer simulativen Unternehmensplanung erlaubt durch den Vergleich von Risiko und Risiko-Tragfähigkeit die direkte Ableitung von Ratings 3. Für die Ableitung eines indikativen Gesamt- Ratings ist es erforderlich, die Finanzkennzahlen, die Erfolgspotenziale, das Branchen-Rating, die identifizierten Risiken und die Ergebnisse der (stochastischen) Unternehmensplanung zu verbinden (Abb. 4). So können die besonders wichtigen Einflussfaktoren auf das Rating erkannt werden, die konkrete Ansatzpunkte für die Entwicklung einer unternehmensspezifischen Rating-Strategie aufzeigen. Zudem kann man durch den Vergleich alternativer Szenarien die Konsequenzen, z. B. einer Investition, für die wichtigsten Kennzahlen des Finanz-Ratings (z. B. Eigenkapitalquote, Zinsdeckungsquote usw.) sowie das Gesamt-Rating abschätzen. Damit sollen Rating- Prognosen möglich werden. Erträge und Risiken Dass in Anbetracht turbulenter Umfeldveränderungen der nachhaltige Erfolg eines Unternehmens immer stärker durch seine Fähigkeit bestimmt wird, den Umfang seiner Risiken explizit mit in die Entscheidung einzubeziehen, bedarf keines gesonderten Nachweises. Erträge und Risiken die Determinanten des Unternehmenswerts sind gleichermaßen für den unternehmerischen Erfolg maßgeblich. Gerade durch die stärkere Betrachtung der Risiko-Situation eines Unternehmens durch die Kreditinstitute gewinnt diese prinzipielle Notwendigkeit erheblich an Aktualität. Für eine erfolgreiche Unternehmensstrategie im Allgemeinen und die Sicherung der Finanzierung im Besonderen wird es zukünftig immer wichtiger, die Konsequenzen unternehmerischer Entscheidungen auch im Hinblick auf die Gesamtrisiko-Position des Unternehmens und mithin das zukünftig zu erwartende Rating einzuschätzen. Bei jeder unternehmerischen Entscheidung muss sichergestellt werden, dass das Unternehmen die damit verbundenen Risiken tatsächlich tragen kann. Neben traditionellen Instrumenten der Analyse und der Unternehmensplanung lassen sich hierbei Hilfsmittel einsetzen, um mit Risiken zu rechnen und die Konsequenzen für das Rating frühzeitig einzuplanen. Dr. Werner Gleißner ist Vorstand der FutureValue Group AG und Geschäftsführer der RMCE RiskCon GmbH & Co. KG, Leinfelden-Echterdingen und Nürnberg. 3Vgl. Gleißner, Wertorientierte Analyse der Unternehmensplanung, in FinanzBetrieb, 7/8, 2002. Eine ähnliche Methodik wird erstmalig auch in einem von der TU Dresden (IAWW) gemeinsam mit der RMCE RiskCon GmbH & Co. KG und der FutureValue Group AG durchgeführten Forschungsprojekt in einer breiten Anwendung für das Rating mittelständischer Unternehmen in Sachsen genutzt.

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