Kündigung von Bausparverträgen



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Transkript:

Kündigung von Bausparverträgen 12. Tag des Bank- und Kapitalmarktrechts Dr. Achim Tiffe Rechtsanwalt 19./20. November 2015 Erfurt

Inhalt Probleme in der Praxis Rechtliche Grundlagen Unterschiede der bisherigen Rechtsprechung Rechtliche Argumente Detailfragen Berücksichtigung von Bonuszinsen Zusendung von Verrechnungsschecks Streitwert und Rechtsschutzversicherung Klaganträge 2

Der Bausparvertrag Historisch Missbrauch von Spareinlagen in den 20er Jahren Folge: Beaufsichtigung von Bausparkassen Diskutiert wurde nur die Kündigung durch den Sparer Heute Schwierigkeiten, aus der Kasse auszuscheiden Block: Bausparen in England, Amerika und Deutschland 1931, S. 338 f. Quelle: Köhler: Die Auswirkungen des Niedrigzinsumfelds auf die Bausparkassen ZBB 2015, 316 (320) 3

Probleme in der Praxis Kündigungen von Bausparverträgen durch Bausparkassen Kündigungen seit dem Jahr 2007 bekannt Geschätzte Anzahl an Bausparverträgen: 30 Millionen Geschätzte Zahl der gekündigten Verträge: > 150.000 Verbraucher haben oft noch Bausparverträge aus den 90er Jahren verfügen zum Teil über zahlreiche Bausparverträge 8-10 parallel laufende Bausparverträge sind keine Seltenheit nutzen die Bausparverträge für unterschiedliche Ziele Sparvertrag Finanzierung von notwendigen Reparaturen an der eigenen Immobilie Für die nächste Generation als Anschub für eine Immobilienfinanzierung Zuspitzung der Situation Kündigungswelle 2014/2015 Zusendung von Verrechnungsschecks Medienaufmerksamkeit und zunehmende Gerichtsverfahren 4

Offene Fragen Kann sich eine Bausparkasse auf 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB berufen, um vor Erreichen der Bausparsumme zu kündigen? Steht der Zweck des Bausparvertrages einer Kündigung vor Erreichen der Bausparsumme entgegen? Besteht für Verbraucher eine Pflicht zur regelmäßigen Besparung auch nach Zuteilungsreife bzw. müssen Verbraucher nach Aufforderung weitere Zahlungen leisten? Ist ab dem Erreichen der Bausparsumme 488 Abs. 3 BGB oder sogar 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zu beachten? Wird die Aufsichtsbehörde in Zukunft möglicherweise einschreiten? 5

488, 489 BGB [Auszug] 488 BGB Vertragstypische Pflichten beim Darlehensvertrag (3) Ist für die Rückzahlung des Darlehens eine Zeit nicht bestimmt, so hängt die Fälligkeit davon ab, dass der Darlehensgeber oder der Darlehensnehmer kündigt. Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate. Sind Zinsen nicht geschuldet, so ist der Darlehensnehmer auch ohne Kündigung zur Rückzahlung berechtigt. 489 BGB Ordentliches Kündigungsrecht des Darlehensnehmers (1) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen, 1. wenn die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und keine neue Vereinbarung über den Sollzinssatz getroffen ist, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat frühestens für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet; ist eine Anpassung des Sollzinssatzes in bestimmten Zeiträumen bis zu einem Jahr vereinbart, so kann der Darlehensnehmer jeweils nur für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet, kündigen; 2. in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten; wird nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen, so tritt der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Zeitpunkts des Empfangs. 6

Vertragstypus Es wird einhellig die Meinung vertreten, dass in dem Bausparvertrag ein einheitlicher Darlehensvertrag zu sehen ist, bei welchem die Bausparkasse und der Bausparer mit der Inanspruchnahme des Bauspardarlehens ihre jeweiligen Rollen als Darlehensgeber und Darlehensnehmer tauschen. LG Karlsruhe Urteil vom 09.10.2015, Az. 7 O 126/15, Rn. 25 7

Rechtliche Grundlagen Alternative 1: 488 ff. BGB Umgekehrter Darlehensvertrag Bausparkasse als Darlehensnehmer Verbraucher als Darlehensgeber Alternative 2: 1 BSpkG Vertrag sui generis Sinn & Zweck ist (auch) die Möglichkeit des Erhalts eines Bauspardarlehens 305 ff. BGB Regelungen zu allgemeinen Geschäftsbedingungen Allgemeine Bausparbedingungen (ABB) des jeweiligen Vertrags Rechte und Pflichten der Vertragsparteien Pflicht zu regelmäßigen Ratenzahlungen, Regeln für die Zuteilung etc. 8

Urteile I LG Hannover, Urteil vom 25.09.2009, Az. 13 O 14/09, Rn. 15 Aus dem Vertragszweck des zwischen den Parteien geschlossenen Bausparvertrages ergibt sich, dass die Klägerin nur solange wie sie einen Anspruch auf Verschaffung eines Bauspardarlehens hatte vor einer Kündigung durch die Beklagte geschützt war. OLG Stuttgart, Beschluss vom 14.10.2011, Az. 9 U 151/11 Eine Bausparkasse kann einen vollständig bis zur Bausparsumme angesparten Bausparvertrag ordentlich kündigen. (Leitsatz) Aus dieser Klausel folgt, dass die Bausparkasse den Bausparvertrag nicht kündigen darf, wenn sie dadurch dem Bausparer den Anspruch auf das Tilgungsdarlehen entzieht. (Rn. 10) LG Frankfurt, Urteil vom 22.02.2013, Az. 2-21 O 69/12 Eine Bausparkasse ist grundsätzlich berechtigt, einen Bausparvertrag nach Erreichen der Bausparsumme ordentlich zu kündigen. Dem steht nicht entgegen, dass ein Kündigungsrecht für den Fall der Zuteilungsreife in den AGB nicht vorgesehen ist. (Leitsatz) LG Karlsruhe, Urteil vom 09.10.2015, Az. 7 O 126/15 Der Bausparkasse steht ein Recht zur Kündigung eines Bausparvertrags aus 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht zu, solange das Bauspardarlehen nicht zugeteilt und die vereinbarte Bausparsumme nicht vollständig angespart wurde. (Leitsatz) 9

Urteile II LG Mainz, Urteil vom 28.07.2014, Az. 5 O 1/14 Zweck des Bausparvertrags ist nicht die zinsgünstige Geldanlage, sondern die Erlangung eines Bauspardarlehens, 1 Abs. 1 ABB 7 bzw. Präambel zu den ABB. (Rn. 12) Selbst wenn man nicht von einem Kündigungsrecht gemäß 488 Abs. 3 BGB ausgeht, konnte die Beklagte unter den Voraussetzungen des 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zwingend ordentlich kündigen. (Rn. 15) Entsprechend: LG Karlsruhe, Urteil vom 07.10.2015, Az. 6 O 243/15 LG Stuttgart, Urteil vom 15.09.2015, Az. 25 O 89/15 LG Hannover, Urteil vom 31.08.2015, Az. 14 O 94/15 LG Hannover, Urteil vom 13.07.2015, Az. 14 O 93/15 LG Hannover, Urteil vom 30.06.2015, Az. 14 O 55/15 LG Aachen, Urteil vom 19.05.2015, Az. 10 O 404/14 10

BGH BGH, Urteil vom 07.12.2010, Az. XI ZR 3/10 Entscheidung zum Bearbeitungsentgelt eines Bausparvertrags Ausführungen zum Charakter des Bausparvertrags: Gemäß 1 Abs. 1 und Abs. 2 BSpkG erwirbt der Bausparer nach Leistung seiner Spareinlagen in das zweckgebundene Vermögen einen Rechtsanspruch auf Gewährung eines niedrig verzinslichen Bauspardarlehens aus dieser Zuteilungsmasse. (Rn. 31) 1 Abs. 2 S. 1 BSpkG Bausparer ist, wer mit einer Bausparkasse einen Vertrag schließt, durch den er nach Leistung von Bauspareinlagen einen Rechtsanspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens erwirbt (Bausparvertrag). 11

Unterschiede der bisherigen Rechtsprechung Vertragsart Bausparvertrag als umgekehrtes Darlehen an die Bausparkasse i.s.v. 488 BGB LG Hannover v. 25.09.2009 OLG Stuttgart v. 14.10.2011 OLG Frankfurt v. 02.10.2013 LG Mainz v. 28.07.2014 LG Aachen v. 19.05.2015 Vertrag eigener Art als Sparvertrag mit Option eines Darlehens BGH, Urteil v. 07.12.2010 kommen zum gleichen Ergebnis Erster Kündigungstermin Bei erstmaliger Zuteilungsreife LG Mainz v. 28.07.2014 LG Stuttgart v. 15.09.2015 LG Hannover v. 31.08.2015 LG Nürnberg-F. v. 17.08.2015 LG Aachen v. 19.05.2015 Bei Erreichen der Bausparsumme LG Hannover v. 25.09.2009 OLG Stuttgart v. 14.10.2011 OLG Frankfurt v. 02.10.2013 AG Ludwigsburg v. 07.08.2015 Einzuhaltende Kündigungsfrist 3 Monate ( 488 Abs. 3 BGB) LG Hannover v. 25.09.2009 OLG Stuttgart v. 14.10.2011 OLG Frankfurt v. 02.10.2013 10 Jahre und 6 Monate ( 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB) LG Mainz v. 28.07.2014 LG Stuttgart v. 15.09.2015 LG Hannover v. 31.08.2015 LG Nürnberg-F. v. 17.08.2015 LG Aachen v. 19.05.2015 12

Argumentation von Weber ZIP 2015, 961 Relativ gesichert ist ein Kündigungsrecht gem. 488 Abs. 3 BGB bei Erreichen der Bausparsumme. Es handelt sich um einen umgekehrten Darlehensvertrag mit einer besonderen Zweckabrede, so dass vor Erreichen der Bausparsumme eine Kündigung (konkludent) ausgeschlossen ist. Dies betrifft auch andere langfristige Sparverträge, siehe LG Ulm, Urteil vom 26.01.2015, Az. 4 O 273/13. 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist höchstens zum Nachteil der Bausparkassen anwendbar. Es fehlt schon an dem vollständigen Empfang der Darlehensvaluta durch die Bausparkasse vor Erreichen der Bausparsumme. 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB kann damit i.e. überhaupt keine Anwendung zu Gunsten der Bausparkasse finden, sondern allenfalls zu Gunsten des Bausparers angewendet werden, wenn dieser das Bauspardarlehen vollständig empfangen hat. (Weber ZIP 2015, 961 (965)) 13

Weitere Argumente gegen eine Kündigungsmöglichkeit der Bausparkassen vor Erreichen der Bausparsumme Der Bausparer muss Zuteilung gemäß ABB i.d.r. nicht annehmen Daraus ergibt sich ein vertraglich eingeräumtes Recht des Bausparers, den Bausparvertrag weiter zu besparen. Das Bearbeitungsentgelt für den Bausparvertrag zahlt der Bausparer auf die volle Bausparsumme Der (Bau-)Sparvertrag bezieht sich daher nicht auf den Zeitraum bis zur Zuteilung, sondern bis zur Erreichung der vollständigen Bausparsumme. Die Bausparkassen haben mit der Nutzung der Bausparverträge zum Zweck des Sparens ausdrücklich geworben. Die Situation ist vergleichbar mit den Scala-Sparverträgen. Weder teleologisch, noch historisch oder aus Gerechtigkeitsgesichtspunkten lässt sich ein zusätzliches Kündigungsrecht für die Bausparkassen gem. 489 BGB ab Zuteilungsreife begründen. (siehe dazu: Weber BB 2015, 2185 (2188)) 14

Gegenargumente Der vollständige Empfang trete mit Erreichen der Zuteilungsreife ein. 489 BGB sei auch auf Bausparkassen anwendbar. Dies ergebe sich aus Wortlaut, systematischer, teleologischer und historischer Auslegung. Der Bausparvertrag schließe i.d.r. die ordentliche Kündigung nicht aus. bzw. weder ausdrücklich noch konkludent 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB sei neben den ABB anwendbar. Ein Verzicht auf das Kündigungsrecht gem. 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB sei gem. 489 Abs. 4 BGB nicht möglich. 15

Sonderbehandlung der Bausparkassen? Der Kollektivcharakter des Bausparens wird von Anbieterseite verwendet, um verbraucherrechtliche Regelungen zu umgehen und um einen Ausnahmetatbestand für die Gerichte zu begründen. Der Kollektivcharakter ist im BSpkG nicht aufgeführt. Das BSpkG begrenzt lediglich das Tätigkeitsfeld der Bausparkassen. Die Aufsichtsbehörde kann bei Gefährdung Maßnahmen ergreifen. Nach dem BSpkG besteht aber die Möglichkeit der Einräumung einer Kündigungsmöglichkeit durch einseitige Änderung der ABB. Grundlage 9 Abs. 1 S.1 u. S. 2 BSpkG i.v.m. 5 Abs. 3 Nr. 7 Alt. 3 BSpkG Wirkung für bestehende Verträge auch ohne Zustimmung des Bausparers Zustimmung der BaFin als Voraussetzung Hinreichende Wahrung der Belange der Bausparer erforderlich Siehe zum letzten Punkt: Weber ZIP 2015, 961 (966) 16

Exkurs: 489 Abs. 1, 488 Abs. 3 BGB 489 BGB ist eine allgemeine Regelung. 491 ff. BGB sind verbraucherschützende Normen. 488 490 BGB gelten für alle Darlehen auch Unternehmer. Voraussetzung für 489 Abs. 1 BGB Gebundener Sollzinssatz Folgen Alternative 1: Kündigungsfrist ein Monat wenn die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und Alternative 2: 10 Jahre und 6 Monate als Kündigungsfrist in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten Grundregel 488 Abs. 3 BGB dispositives Recht Ist für die Rückzahlung des Darlehens eine Zeit nicht bestimmt, Kündigungsfrist drei Monate 17

Aussetzung der Sparraten Pflicht zur regelmäßigen Besparung von Bausparverträgen Kann sich im Einzelfall aus den allgemeinen Geschäftsbedingungen ergeben. Eine Verletzung kann danach der Bausparkasse ein Kündigungsrecht einräumen. Zumindest teilweise muss die Bausparkasse danach den Verbraucher vorher anschreiben. Quelle: 5 Abs. 3 ABB LBS Rheinland-Pfalz, Vario Vertrag, zitiert nach iff-infobrief 17/2013 Quelle: 9 Abs. 1 ABB LBS Hamburg, Bausparvertrag aus dem Jahr 1999 Forderung zur Nachzahlung nach jahrelangem Ruhenlassen Bausparkasse hat Vertrauenstatbestand geschaffen Nur Regelbeiträge für die Zukunft (Weber ZIP 2015, 961 (966)) 18

Berücksichtigung von Bonuszahlungen? Bedeutung für den Fall, dass das Sparguthaben ohne den Bonus noch nicht die Bausparsumme erreicht hat, mit dem Bonus die Bausparsumme überschreiten würde. Wirtschaftlich ist die Abforderung des Darlehens in dem Fall nicht mehr sinnvoll. Rechtlich bleibt der Anspruch auf Auszahlung des Darlehens bestehen, bis der Anspruch auf den Bonus entstanden ist und der Bonus dem Sparkonto gutgeschrieben werden darf. Dies ist von den Vertragsbedingungen abhängig. In der Regel wird dies erst der Fall sein, wenn der Bausparer den Vertrag von sich aus kündigt oder ausdrücklich erklärt, dass er das Bauspardarlehen nicht mehr abnehmen will. a.a. Yildirim VuR 2015, 259 (260) 19

Exkurs: Zusendung von Verrechnungsschecks durch die Bausparkasse In der Regel ist im Bausparvertrag keine Scheckabrede getroffen. Keine allgemeine Verpflichtung, einen Scheck anzunehmen. Das Behalten des Schecks kann aber als konkludente Scheckabrede gewertet werden, kann zu einem Verlust weiterer Ansprüche führen (AG Köln, Urteil vom 05.11.2012, Az. 142 C 217/11, Rn. 32 juris; im Ergebnis offen gelassen) Bei einer getroffenen Scheckabrede treffen den Verbraucher Obhutspflichten (BGH, Urteil vom 29.03.2007, Az. III ZR 68/06), geht das Verlustrisiko auf den Verbraucher als Scheckinhaber über, hat die Bausparkasse ein Zurückbehaltungsrecht zur Vermeidung doppelter Inanspruchnahme (LG Kaiserslautern, Urteil vom 24.02.2009, Az. 1 S 52/08, Rn. 7 - juris). Empfehlung Quelle: Bankrechts-Handbuch-Nobbe 4. Aufl. 2011, 60, Rn. 250 ff. Erklärung vorab, dass Kündigung für unwirksam angesehen und die Zusendung eines Schecks abgelehnt wird bzw. unverzügliche Zurückweisung des Verrechnungsschecks nach Eingang 20

Streitwert und Rechtsschutzversicherung Streitwert BGH, Beschluss vom 25.02.1997, Az. XI ZR 3/97 Eine Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit einer Darlehenskündigung ist mit dem vollen Betrag der von der Kündigung betroffenen Darlehenssumme zu bewerten. (Leitsatz) Streitwert das 3,5-fache der Differenzverzinsung ab Kündigung gem. 9 ZPO LG Nürnberg-Fürth, Beschluss vom 18.06.2015, Az. 6 O 4078/15 OLG Koblenz, Beschluss vom 21.08.2015, Az. 8 U 319/15 Streitwert das 3,5-fache Wert des Jahresbetrags zuzüglich Bonuszins (hier 80 %) abzüglich 20 % (Feststellungsklage) AG Ludwigsburg, Urteil vom 07.08.2015, Az. 10 C 1154/15 Streitwert das 3,5-fache der JZ zzgl. 80% des Wertes des Bauspardarlehens LG Stuttgart, Urteil vom 15.09.2015, Az. 25 O 89/15, Rn. 17 Streitwert in Höhe der Bausparsumme bzw. bestehendem Guthaben LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 17.08.2015, Az. 6 O 1708/15 LG Aachen, Urteil vom 21.07.2015, Az. 10 O 103/15 LG Aachen, Urteil vom 19.05.2015, Az. 10 O 404/14 21

Klaganträge Feststellungsantrag Der Kläger beantragt, festzustellen, dass der von ihm bei der Beklagten geführte Bausparvertrag unter der Vertrags-Nr.... vom 1. Dezember 2000 über den 1. Juli 2015 hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbesteht. Ein Feststellungsinteresse gem. 256 ZPO ist im Fall der Kündigung durch die Bausparkasse gegeben. Siehe beispielhaft: LG Hannover, Urteil vom 30.06.2015, Az. 14 O 55/15 Rn. 7 f. LG Karlsruhe, Urteil vom 09.10.2015, Az. 7 O 126/1 22

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Dr. Achim Tiffe Rechtsanwalt Weitere Informationen: www.achimtiffe.de Achim Tiffe Foto: Jan Becke fotolia 23