DNotI Deutsches Notarinstitut Fax - Abfrage Gutachten des Deutschen Notarinstituts Dokumentnummer: 1495# letzte Aktualisierung: 16. Oktober 2001 EGBGB Art. 25, 26 Slowenien; gemeinschaftliches Testament I. Zum Sachverhalt Eine deutsche Staatsangehörige lebt mit ihrem slowenischen Ehemann in Deutschland. Die Eheleute haben zwei gemeinschaftliche Kinder. Darüber hinaus hat der slowenische Ehemann ein nichteheliches Kind, welches in Slowenien lebt. Das Vermögen der Eheleute ist insgesamt in Deutschland belegen. Überwiegend handelt es sich um aus der Familie der Ehefrau stammendes Vermögen. Die Eheleute beabsichtigen nun, sich wechselseitig zu Alleinerben und die gemeinsamen Kinder zu Schlusserben zu gleichen Teilen einzusetzen. II. Fragestellung 1. Können die Eheleute nach deutschem Recht letztwillig verfügen? 2. Erlaubt das slowenische Recht eine vertragliche letztwillige Verfügung bzw. ein gemeinschaftliches Testament? 3. Ist das nichteheliche Kind des Ehemannes nach slowenischem Recht erb- und pflichtteilsberechtigt? 4. Wie kann ggf. verhindert werden, dass Vermögen aus der Familie der deutschen Ehefrau an das slowenische nichteheliche Kind fließt? Deutsches Notarinstitut Gerberstraße 19 97070 Würzburg Telefon 09 31 / 3 55 76-0 Telefax 09 31 / 3 55 76-225 e-mail: dnoti@dnoti.de Internet: http://www.dnoti.de user/mr/pool/1495.doc
Seite 2 III. Zur Rechtslage 1. Erbstatut a) Zur Bestimmung des auf die Erbfolge anwendbaren Rechts verweist Art. 25 Abs. 1 EGBGB auf das Heimatrecht des Erblassers. Was die Wirksamkeit und Bindungswirkung letztwilliger Verfügungen angeht, so wird zur Bestimmung des anwendbaren Rechts dabei nicht auf den Zeitpunkt der Erbfolge, sondern den Zeitpunkt der Errichtung der letztwilligen Verfügung abgestellt (Art. 26 Abs. 5 S. 1 EGBGB), so dass ein späterer Wechsel der Staatsangehörigkeit insoweit unbeachtlich wäre. Damit ergibt sich auf Seiten der deutschen Ehefrau über Art. 25 Abs. 1 EGBGB die Geltung deutschen Erbrechts. Eine Ausnahme käme gem. Art. 3 Abs. 3 EGBGB allein unter besonderen Umständen für im Ausland belegenes Vermögen in Betracht. Ausländisches Vermögen ist im vorliegenden Fall laut Sachverhalt jedoch nicht vorhanden. b) Auf Seiten des slowenischen Ehemannes verweist Art. 25 Abs. 1 EGBGB auf sein slowenisches Heimatrecht. Hierauf wäre eine Rückverweisung gem. Art. 4 Abs. 1 S. 2 EGBGB zu beachten. Allerdings bestimmt auch Art. 32 des slowenischen Gesetzes über das internationale Privat- und Zivilverfahrensrecht vom 30.6.1999 (englische Übersetzung in Rivista di Diritto Internazionale Privato e Processuale 2000, 835), dass für erbrechtliche Fragen das Recht des Staates anzuwenden ist, dem der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes angehörte. Für die Testierfähigkeit hingegen kommt es darauf an, welchem Staat der Erblasser zum Zeitpunkt der Errichtung der letztwilligen Verfügung angehörte. Damit ergibt sich im vorliegenden Fall auch nach slowenischem IPR die Geltung des slowenischen Rechts. Eine gem. Art. 4 Abs. 1 S. 2 EGBGB aus deutscher Sicht ggf. zu beachtende Rückverweisung tritt nicht ein. Vielmehr könnte im vorliegenden Fall aus deutscher Sicht die Geltung deutschen Rechts allein dadurch herbeigeführt werden, dass der Ehemann gem. Art. 25 Abs. 2 EGBGB für im Inland belegenes unbewegliches Vermögen eine Rechtswahl zugunsten des deutschen Rechts ausübt.
Seite 3 2. Zulässigkeit eines Erbvertrags bzw. gemeinschaftlichen Testaments nach slowenischem Recht a) Gem. Art. 103 des slowenischen ErbG sind Verträge über künftige Erbschaften unzulässig (deutsche Übersetzung von Gec-Korosec, in. Ferid/Firsching, Internationales Erbrecht, Jugoslawien, Texte 2). b) Eine Regelung des gemeinschaftlichen Testaments enthält das slowenische Erbrecht nicht. Allgemein wird jedoch angenommen, dass das gemeinschaftliche Testament unzulässig sei, soweit es eine wechselseitige Erbeinsetzung enthalte (so Zupancic, ZfRV 27 (1986), 18, 29). Fraglich ist, ob ein derartiges Verbot aus deutscher Sicht auch dann anzuwenden ist, wenn aufgrund Errichtung des gemeinschaftlichen Testaments in Deutschland gem. Art. 26 Abs. 1 Ziff. 2 EGBGB Testamentsformstatut das deutsche Recht wäre. Zumindest kann jedoch davon ausgegangen werden, dass mangels entsprechender Anordnung durch das slowenische Erbrecht ein gegenseitiges gemeinschaftliches Testament auf Seiten des slowenischen Ehemannes keinerlei Bindungswirkung hätte. Die Errichtung einer gemeinschaftlichen Verfügung hätte darüber hinaus zur Folge, dass die Wirksamkeit in Zweifel gezogen werden könnte. Mithin sollte u. E. vorsichtshalber getrennt verfügt werden, soweit nicht deutsches Recht Errichtungsstatut ist. 3. Gesetzliche Erb- und Pflichtteile des nichtehelichen Kindes a) Soweit nicht aufgrund einer Rechtswahl gem. Art. 25 Abs. 2 EGBGB deutsches Recht Erbstatut ist, unterliegen die gesetzliche Erbfolge und die Art und Höhe der Pflichtteilsrechte nach dem Tode des Ehemanns dem slowenischen Recht. Gem. Art. 11 Abs. 1 slowenisches Erbgesetz (s. o.) erben den Nachlass des Erblassers vor allen übrigen seine Kinder und sein Ehegatte zu gleichen Teilen. Eine Differenzierung zwischen ehelichen und unehelichen Kindern trifft das slowenische Recht nicht (Ferid/Firsching, a. a. O., Grdz. D, Rn. 55). Mithin würde die der Ehemann von seinen 3 Kindern zu je 1/3 beerbt werden, falls die Ehefrau vorverstorben ist. b) Der Pflichtteil steht gem. Art. 25 Abs. 1 ErbG den Abkömmlingen des Erblassers und seinem Ehegatten zu, so dass die drei Kinder pflichtteilsberechtigt wären. Dabei beläuft sich der Pflichtteil gem. Art. 26 Abs. 2 ErbG auf die Hälfte des Teils, der nach der gesetzlichen Erbfolge zufallen würde. Mithin beliefe sich der Pflichtteil des nichtehelichen Kindes bei Vorversterben der deutschen Ehefrau auf 1/6 des Nachlasses.
Seite 4 Eine Verminderung des Pflichtteils könnte sich hier ergeben, wenn die Eheleute im Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben. Dann würde sich nämlich gem. 1371 Abs. 1 BGB der gesetzliche Erbteil des Ehemannes nach der wohl h. M. um ein weiteres Viertel erhöhen (h. M., vgl. Palandt/Heldrich, 59. Aufl. 2000, Art. 15 EGBGB Rn. 26). Voraussetzung für diese Erhöhung wäre, dass das deutsche Recht Güterstatut ist. Dies ist hier der Fall, wenn die Eheleute zum Zeitpunkt der Eheschließung beide ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland gehabt haben (Art. 15 Abs. 1 i. V. m. Art. 14 Abs. 1 Ziff. 2 EGBGB, mangels eines gewöhnlichen Aufenthalts im selben Staat mit Deutschland auf andere Weise am engsten verbunden waren (Art. 15 Abs. 1 i. V. m. Art. 14 Abs. 1 Ziff. 3 EGBGB) oder aber gem. Art. 15 Abs. 2 Ziff. 1, 2 EGBGB eine Rechtswahl zugunsten des deutschen Rechts ausüben. Der gesetzliche Erbteil der Ehefrau würde sich dann um 1/4 erhöhen und die Pflichtteile der Kinder dann entsprechend verringern. Dies gilt aber naturgemäß nicht mehr für den hier kritischen Fall, dass die Ehefrau vorverstorben ist. c) Auch ein Pflichtteilsverzicht käme im vorliegenden Fall als Gestaltungsmittel nicht in Frage, da das slowenische Erbrecht in Art. 103 ErbG mit Verträgen über künftige Erbschaften nicht allein den Erbvertrag im allgemeinen Sinn, sondern insbesondere auch den Erbverzichtsvertrag verbietet. Absolute Sicherheit ließe sich daher im vorliegenden Fall wohl nur dadurch schaffen, dass die Ehefrau ihren Ehemann zum Vorerben einsetzt. Da sich Vor- und Nacherbfolge ausschließlich nach dem Recht des Erblassers richten, bleibt hier auch auf die Nacherbfolge deutsches Recht anwendbar, ungeachtet der slowenischen Staatsangehörigkeit des Ehemannes als Vorerben (Palandt/Heldrich, 60. Aufl. 2001, Art. 25 EGBGB Rn. 11). Mithin könnte die Ehefrau auf diese Weise sicherstellen, dass für den Fall ihres Vorversterbens Bestandteile ihres Vermögens im Wege der Erbfolge nach ihrem Ehemann auf das nichteheliche Kind ihres Ehemannes übergehen. 4. Formwirksamkeit der letztwilligen Verfügungen a) Aus deutscher Sicht ergibt sich das auf die Formwirksamkeit eines Testaments anwendbare Recht aus dem Haager Übereinkommen über das auf die Form letztwilliger Verfügungen anzuwendende Recht vom 5.10.1961, dessen Bestimmungen wörtlich in Art. 26 Abs. 1 EGBGB inkorporiert worden sind. Gem. Art. 1 Abs. 1 lit. a des Übereinkommens (= Art. 26 Abs. 1 Ziff. 2 EGBGB) ist eine letztwillige Verfügung formwirksam, wenn sie den Bestimmungen des Errichtungsortes entsprechend errichtet
Seite 5 worden ist. Ein in Deutschland den Bestimmungen des deutschen Rechts entsprechend notariell beurkundetes Testament ist damit aus deutscher Sicht stets formwirksam, und zwar auch dann, wenn slowenisches Recht Erbstatut ist. Dies gilt gem. Art. 4 des Übereinkommens auch für die Form eines gemeinschaftlichen Testaments. Für Erbverträge findet das Übereinkommen keine Anwendung. Aus deutscher Sicht werden die Bestimmungen gem. Art. 26 Abs. 4 EGBGB jedoch für Erbverträge ebenfalls angewandt. b) Für Slowenien ist das Übereinkommen ebenfalls mit Wirkung vom 25.6.1991 an in Kraft getreten (BGBl. 1993 II, S. 1962). Die Formwirksamkeit eines Testaments wäre mithin auch aus slowenischer Sicht nach dem deutschen Ortsrecht zu bestimmen.