FORSCHUNGSBERICHTE DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN Nr.1887 Herausgegeben im Auftrage des Ministerpräsidenten Heinz Kühn von Staatssekretär Professor Dr. h. c. Dr. E. h. Leo Brandt Prof. Dr.-Ing. Edgar Rößger Dipl.-Ing. Günther Sögtrop Institut für Flugführung und Luftverkehr der Technischen Universität Berlin Zur Theorie der Flugwege geringsten Zeitbedarfs bei Flügen mit konstanter Machzahl Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH
ISBN 978-3-663-06717-7 ISBN 978-3-663-07630-8 (ebook) DOI 10.1007/978-3-663-07630-8 Verlags-Nr. 011887 1967 by Springer Fachmedien Wiesbaden Ursprünglich erschienen bei Westdeutscher Verlag, Köln und Opladen 1967
Vorwort Probleme des Flugbetriebes sind lange Zeit von dem Standpunkt aus betrachtet worden, daß das fertige Flugzeug, bestehend aus Zelle und Triebwerk, zur Verfügung stehe und damit alle Voraussetzungen für den Einsatz erfüllt seien. Diese Vorstellung hat sich unter dem Zwang der Verhältnisse gewandelt. Die Flugzeuge mußten mit zusätzlicher Ausrüstung versehen werden, um den Einsatz bei allen vorkommenden Wetterlagen mit größter Sicherheit, Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit zu ermöglichen, und aus dem Einsatz resultierten Probleme hinsichtlich einzuhaltender Flugverfahren. Diese Flugverfahren ergaben sich aus dem entscheidenden Einfluß der Wetterbedingungen, den Notwendigkeiten der Flugsicherung und den flugbetrieblichen Daten. Wenn z. B. lange Zeit, zumal in der fliegerischen Praxis, der Meinung Ausdruck gegeben wurde, die Flugzeuge, ihre Ausrüstung und die fliegerischen Verfahren müßten so entwickelt werden, daß man von den Umgebungsbedingungen (Wettererscheinungen) möglichst unabhängig werden sollte, so hat dies im Grundsatz durchaus seine Berechtigung. Die Entwicklung hat jedoch gezeigt, daß diese Abhängigkeiten im Laufe der Zeit nicht geringer, sondern eher größer wurden. Im Kurz- und Mittelstreckenverkehr mit der verhältnismäßig großen Zahl von Starts und Landungen führen Schlechtwetterlagen zu starker Beeinträchtigung des Flugbetriebes. Es ergeben sich Verspätungen oder es müssen sogar Flüge ausfallen und Ausweichflughäfen angeflogen werden. Ein weiterer Bereich ist die Ermittlung von Flugwegen, die ein Minimum an Aufwand bedingen. Dies bezieht sich besonders auf Weitstrecken, bei denen die Einsparung von Kraftstoff wesentlich ins Gewicht fällt. Oft kommt es darauf an, festzustellen, welche größte Reichweite mit vorgegebener Nutzlast und vorgegebenem Kraftstoffvorrat erreicht werden kann. Bei der Höhe der direkten Betriebskosten von Großflugzeugen spielen Fragen dieser Art eine erhebliche Rolle. Infolgedessen mußte es ein Anliegen sein, Flugwege geringsten Zeitbedarfs zu ermitteln. Diesem Problem haben sich die Luftverkehrsgesellschaften mit großem Interesse zugewandt, weil eine Ersparnis von nur einigen Minuten nicht nur eine Erhöhung der Sicherheit infolge größerer Kraftstoffreserve mit sich bringt, sondern auch eine erhebliche wirtschaftliche Ersparnis. Die unmittelbar durch die Flugzeit zu beeinflussenden Kosten betragen für ein Langstreckenverkehrsflugzeug etwa DM 1800,- pro Flugstunde. Eine Flugzeiteinsparung von nur fünf Minuten bedeutet damit eine Kostensenkung von DM 150,- für diesen Flug. Die Grundlagenforschung auf dem Gebiete der Luftverkehrswirtschaft begann im Jahre 1928, als Carl Pirath das Verkehrswissenschaftliche Institut an der Technischen Hochschule Stuttgart begründete. Es war der Vorzug dieses Instituts, daß es das Problem Luftfahrt als Teil des Gesamtverkehrswesens sah. Inzwischen sind jedoch die Probleme des Flugbetriebes und des Luftverkehrs für die Volkswirtschaft von so großer Bedeutung geworden, daß sie eigenständiger wissenschaftlicher Bearbeitung bedürfen. - Der Bearbeitung solcher Probleme hat sich - neben anderen Aufgaben - das Institut für Flugführung und Luftverkehr der Technischen Universität Berlin unter der Leitung des Erstverfassers seit seiner Gründung im Jahre 1955 angenommen. Im Benehmen mit der Deutschen Lufthansa AG wurde von dem Assistenten für Flugbetrieb des Institutes, Dipl.-Ing. W. Breitung [15], eine Nachkalkulation von Nordatlantik-Flügen unternommen, die mit Flugzeugen des Musters Super Constellation durchgeführt worden sind. Dabei wurde ermittelt, welche Flugwege auf Grund der 3
Wettervorhersage im Linienverkehr hätten zweckmäßig geflogen werden sollen, welche Flugwege tatsächlich eingehalten worden sind und welche Flugwege auf Grund der tatsächlich eingetretenen Wetterlage am günstigsten gewesen wären. Die Ergebnisse führten dazu, die Probleme am Institut fortlaufend weiterzuverfolgen. Die erarbeiteten Methoden hinsichtlich der Ermittlung des Flugweges geringsten Zeitbedarfs sind z. B. so weit entwickelt worden, daß nach Eingabe der neuesten meteorologischen Daten dem Flugzeugführer innerhalb von wenigen Minuten der Flugplan übermittelt werden kann (die Rechenoperation selbst dauerte 90 sec unter Verwendung einer digitalen programmgesteuerten Rechenanlage). Durch z. Zt. laufende Untersuchungen sind weitere Verbesserungen zu erwarten. Es hat sich gezeigt, daß beim Überschalluftverkehr die Abhängigkeiten von den meteorologischen Gegebenheiten erst recht nicht vernachlässigt werden dürfen. Dies bezieht sich sowohl auf die Windgeschwindigkeit und Windrichtung, die z. B. bei einem Atlantik Flug die Flugzeit immer noch in der Größenordnung von einer Minute bis zu vier Minuten beeinflussen können, mehr jedoch auf das Druck- und Temperaturfeld in den in Betracht kommenden Flughöhen. Mit den Problemen, die im Zusammenhang damit stehen, befaßt sich eine weitere Untersuchung am Institut, die ebenfalls kurz vor dem Abschluß steht und von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert worden ist. In der betrieblichen Praxis hat es sich unter Berücksichtigung der bei der Durchführung der Flüge einzukalkulierenden Parameter herausgebildet, mit konstanter Machzahl zu fliegen. Infolgedessen erschien es zweckmäßig, eine Grundsatzuntersuchung durchzuführen, die sich mit der Theorie der Flugwege geringsten Zeitbedarfs bei Flügen mit konstanter Machzahl befaßt. Das Ergebnis der Untersuchung wird hiermit vorgelegt. Der Deutschen Gesellschaft für Ortung und Navigation e. V., Düsseldorf, und dem Landesamt für Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen gebührt Dank, daß sie die Mittel bereitgestellt haben, um die Untersuchung zu ermöglichen. Berlin, im Januar 1967 Die Verfasser 4
Inhalt 1. Problemstellung...................................................... 7 2. Arbeiten über die allgemeine Lösung des Variationsproblems der Flugwege geringsten Zeitbedarfs bei Flügen mit konstantem Betrage der Eigengeschwindigkeit... 7 3. Arbeiten über das Brechungsgesetz für Flugwege geringsten Zeitbedarfs...... 9 4. Das graphische Verfahren zur Bestimmung der Flugwege geringsten Zeitbedarfs nach BESSEMOULIN und PONE........................................... 10 5. Die allgemeine Lösung des Variationsproblems der Flugwege geringsten Zeitbedarfs bei Flügen mit konstanter Machzahl.............................. 11 6. Verfahren zur Berechnung der Flugwege geringsten Zeitbedarfs bei Flügen mit konstanter Machzahl... 17 6.1 Grundlagen..................................................... 17 6.2 Weg-Zeit-Rechnung............................................. 18 6.3 Steuerkursänderung für den Flugweg geringsten Zeitbedarfs... 19 6.4 Berechnung des Maßstabsfaktors... 21 6.4.1 Stereographische Projektion... 21 6.4.2 LAMBERTsche konforme Kegelkarte... 21 6.5 Festlegung des Rechengitters... 22 6.6 Rechnungsgang... 25 6.6.1 Berechnung des Isochronenfeldes... 25 6.6.2 Berechnung des Flugweges geringsten Zeitbedarfs... 27 7. Schlußbemerkung... 29 Literaturverzeichnis...... 29 5