Angebots-Nutzungs-Modell unterrichtlicher Wirkung von Helmke. Dr. Frank Morherr



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Transkript:

Angebots-Nutzungs-Modell unterrichtlicher Wirkung von Helmke Dr. Frank Morherr

Angebot und Nutzung Theoretischen Überlegungen von Fend (1981) und Rahmen-Modell von Helmke & Weinert (1997) Unterricht der Lehrperson repräsentiert Angebot, welches nicht notwendig zur Wirkung führt Wirksamkeit auf Schülerseite hängt ab von Wahrnehmungen der Erwartungen der Lehrkraft und unterrichtlicher Maßnahmen durch die Schüler motivationalen, emotionalen und volitionalen Prozessen zu denen sie führen (Mediationsprozesse) Mediationsprozesse (Wahrnehmung/Interpretation der Lehrkraft/des Unterrichts und aktive Lernprozesse) abhängig von individuellen Eingangsbedingungen, Klassenkontext

Sechs plus eins Erklärungsblöcke Lehrperson und expertise: Unterrichtsrelevante Expertise (fachwissenschaftliche, didaktische) Klassenführung und Diagnostik Schul- und Unterrichtsrelevante Werte, Ziele und Orientierungen, subjektive und intuitive Theorien zu Konzepten des Lehrens und Lernens Bereitschaft zu Selbstreflexion und Selbstvertrauen Sowohl Merkmale der Lehrperson, als auch Merkmale des Unterrichtsangebots

Unterrichtsqualität: Für Unterrichtserfolg auschlaggebend Passung Klarheit Schüler-, fach- und situationsangemessene Varition Didaktische Methoden Sensibler Umgang mit Heterogenität, Individualisierung, Motivierung Effizienz der Klassenführung Unterrichtsquantität Qualität des Lehrmaterials

Kontext: Unterrichtsgestaltung und erfolg abhängig von Historischer und kultureller Kontext Regionaler, kommunaler und schulischer Kontext Zusammensetzung der Klasse Eingangsvoraussetzungen der Klasse Altersspezifität Fachspezifität

Individuelle Eingangsvoraussetzungen: Entscheidende Bedingungen für das Lernen Kognitive, motivationale und volitionale Lernvoraussetzungen Intelligenz Vorkenntnisniveau Lernstrategien Fähigkeitsselbstkonzept Leistungsangst Lernmotivation und Lernemotion

Mediationsprozesse: Unterricht hat keine linearen und direkten Effekte Wirkungen erklären sich auf Weg über individuelle Verarbeitungsprozesse Lern- und Denkprozesse ( Kognitionen ) Motivationen Emotionen Lernaktivitäten: Nur in dem Maße, in dem Unterricht Lernaktivitäten anregt, bewirkt er den Aufbau von Wissen und beeinflusst den Lernerfolg

Wirkungen: Unterricht hat viele beabsichtigte und nicht-intendierte Wirkungen, weit über das fachliche Lernen und den Wissensaufbau hinaus. Die verschiedenen Zielkriterien sind (nach Weinert) Erwerb intelligenten Wissens Erwerb anwendungsfähigen Wissens Erwerb variabel nutzbarer Schlüsselqualifikationen Erwerb des Lernen Lernens (Lernkompetenz) Erwerb sozialer Kompetenzen Erwerb von Wertorientierung (soziale, demokratische und persönliche Werte)

Aussagen des Modells Was guter Unterricht ist, hängt vom Zielkriterium ab Unterschiedliche Fächer und unterschiedliche Kompetenzen auf Schülerseite (fachliches Wissen gegenüber sozialem Lernen/soft Skills) erfordert unterschiedliche Mischungen/Dosierungen von Methoden Wechselwirkungen zwischen Unterricht und Schülermerkmalen und differenzielle Effekte Hochstrukturierter, lehrerzentrierter Unterricht mit unterstützenden Maßnahmen, direkter Instruktion Von leistungsängstlichen Schülern geschätzt, ist für ihren Lernfortschritt notwendig Von selbstsicheren, selbstbewussten und leistungsstärkeren Schülerin als bevormundet und demotivierend empfunden

Matthäus-Effekt Wer hat, dem wird gegeben Schüler mit günstigen Anfangsbedingungen profitieren von einem Unterrichtsabschnitt stärker als andere Derselbe Unterricht hat für verschiedene Schüler unterschiedliche Wirkung Schereneffekt Sukzessives Eingehen auf verschiedene Schülergruppen erfordert eine Variabilität der Unterrichtsmethoden Wechselseitige Kompensierbarkeit und Substituierbarkeit Gesamtmuster des Unterrichts (Orchestrierung) Lehrkräfte können je nach Talenten, Vorlieben, nach unterschiedlichem Muster zum gleichen Ziel kommen

Perspektivenunabhängigkeit der Unterrichtsqualität Je nach Herkunft, Präferenzen und Erfahrungen sehr unterschiedliche Antworten auf die Frage: Was ist guter Unterricht. Unterschiedliche Antworten, je nachdem, welche Personengruppe man fragt Vorstellung, was eine gute Schule ist, unterliegt einem historischen Wandel

Warum es den guten Unterricht nicht gibtund nicht geben kann Gut wofür? Unterschiedliche Bildungsziele erfordern unterschiedliche Lernmethoden Gut für wen? Für jeden Schüler müssen unterschiedliche Methoden eingesetzt werden, um dasselbe Ziel zu erreichen Gut gemessenen an welchen Startbedingungen? Ausgehend von der Klassenzusammensetzung ist ein Unterricht erfolgreich, der im Endergebnis zu günstigeren Resultaten führt, als man in Anbetracht des Klassenkontextes im Durchschnitt erwartet

Gut aus wessen Perspektive? Je nachdem, wer den Unterricht beurteilt, werden unterschiedliche Maßstäbe, Erwartungen und Orientierungen angesetzt Gut für wann? Fazit: Erfolg nicht nur an Leistungen messen, die in der Schule erbracht werden Auch messen an Lösen von Lebensproblemen Anforderungen im Alltag Erfolg im Beruf Orientierung an lebenspraktischen Aufgaben Es gibt nicht die richtige Unterrichtsmethode, aber Qualitätsprinzipien des Unterrichts