Blockpraktikum Biochemie BLOCKTEIL PROTEINE WINTERSEMESTER 2005/06 07.-25. NOVEMBER 2005 BETREUUNG: AG NEUROCHEMIE



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Transkript:

Blockpraktikum Biochemie BLOCKTEIL PROTEINE WINTERSEMESTER 2005/06 07.-25. NOVEMBER 2005 BETREUUNG: AG NEUROCHEMIE HENNING OTTO, CHRIS WEISE, LINDA SETIAWAN, HERMANN BAYER Kontakt: Chris Weise, TEL. 838 56424, dada@chemie.fu-berlin.de

Ziel des Praktikums Liebe Studentinnen und Studenten, das Euch vorliegende Skript wird die Grundlage für die Versuche der nächsten drei Wochen sein, in denen ihr proteinbiochemische Erfahrungen sammeln sollt. Das Ziel dieses Blockteils ist es, theoretische und praktische Grundkenntnisse zu den Standardmethoden der Proteinanalytik zu erwerben. Dazu gehören die Anreicherung und Aufreinigung eines Proteins aus Gewebe, die Quantifizierung nach kolorimetrischen Verfahren, die Molekulargewichtsbestimmung und Reinheitsüberprüfung durch SDS-PAGE, die Immobilisierung und spezifische immunologische Detektion eines Proteins durch Western-Blot, die quantitative Bestimmung von Enzymaktivitäten usw. Weiterhin ist es ein wichtiges Ziel des Praktikums, dass Ihr lernt, die Ergebnisse Eurer Versuche auszuwerten und zu diskutieren. In diesem Zusammenhang sollt Ihr Literaturrecherche und korrektes Zitieren Eurer Quellen erlernen. Die Versuche müssen protokolliert werden, im Weiteren geben wir Euch einige Anhaltspunkte, wie wir uns diese Protokolle vorstellen: Prinzip der Methode Am Anfang soll die im jeweiligen Versuch benutzte Methode knapp und präzise benannt werden, wobei jedoch auf ausschweifende theoretische Erklärungen verzichtet werden soll. Durchführung Das höhere Ziel Eurer gesamten Ausbildung ist es, das selbständige Experimentieren zu erlernen. Deshalb ist dieses Skript nicht als "Kochrezept" oder "Bedienungsanleitung" gestaltet, da das "Herunterkochen" eines Rezeptes kein Talent oder tieferes Verständnis erfordert. So liegt es an Euch, anhand der Angaben bzw. genannten Rahmenwerte im Skript Eure eigenen Pipettierschemata, Verdünnungsreihen etc. im Rahmen der Vorbereitung zu erstellen, sorgfältig zu dokumentieren und im Protokoll anzugeben. Extrem wichtig ist dabei die saubere Führung eines Laborbuches, da Eure Experimente nur so auch nach längerer Zeit noch nachvollziehbar sind. Generell müssen alle Abweichungen von der Vorschrift (Skript) vermerkt werden.

Ergebnisse und Auswertung Im Ergebnisteil müssen die vollständigen Daten (inklusive der Messwerte) aufgeführt werden. Ein weiteres, wesentliches Ziel ist es, die im Experiment gewonnenen Daten auszuwerten. Die Art der vorzunehmenden Auswertung ist teils im Skript beschrieben und wird hauptsächlich im Rahmen der praktikumsbegleitenden Seminare erklärt. Hierfür sind im Zeitalter der EDV gute Kenntnisse im Umgang mit Programmen zur Textverarbeitung (MS Word), Tabellenkalkulation (MS Excel) und Bildbearbeitung (Paint, Adobe Photoshop) zu empfehlen; der sinnvolle Umgang mit diesen Programmen sollte spätestens innerhalb dieses Praktikums erlernt werden. Um das Protokoll für den Korrektor nachvollziehbar und übersichtlich zu gestalten, sind Leserlichkeit, Nummerierung und Beschriftung von Tabellen und Abbildungen sowie das Anführen von Beispielrechnungen ein unbedingtes Muss! Diskussion In der Diskussion sollen die Ergebnisse kurz zusammengefasst und dann in Bezug zum Kontext des Versuches gesetzt und mit den Erwartungen verglichen werden. Das beinhaltet mehr als nur die Beschreibung der Ergebnisse Schlussfolgerungen und Interpretationen müssen konkret benannt werden. Gerade wenn ein Versuch nicht geklappt hat, ist es wichtig, mögliche Fehlerquellen zu diskutieren, um aus den Fehlern zu lernen. Sofern es möglich ist, sollen die erhaltenen Ergebnisse mit einem Literaturwert verglichen werden. Quellen Das Skript selbst soll in der Regel nicht als Referenz angegeben werden. Stattdessen sollen die "echte" Literatur bzw. Datenbanken herangezogen werden. Für Daten aus dem Internet (wie zum Beispiel Proteinsequenzen und daraus abgeleitete Angaben) ist eine vollständige dauerhafte Quelle anzugeben und zusätzlich ein Kommentar, um was für eine Art von Daten es sich handelt und gegebenenfalls wie diese ausgewertet wurden.

Inhaltsverzeichnis Blockteil Proteine (Wintersemester 2005/06) 1. Kolorimetrische Methoden zur quantitativen Proteinbestimmung 2 2. Anreicherung und Aufschluss von Mitochondrien aus Rinderleber 8 3. Bestimmung von Enzymaktivitäten 12 4. Molekulargewichtsbestimmung von Proteinen in der diskontinuierlichen SDS- Polyacrylamidgelelektrophorese (SDS-PAGE) 16 5. Bestimmung der Quartärstruktur in der kontinuierlichen SDS-Gelelektrophorese 23 6. Western-Blot zum Nachweis der Glutamatdehydrogenase 26 7. Nachweis von SH-Gruppen in Proteinen 30 8. Reinigung von Lysozym durch Ionenaustausch-Chromatographie 33 9. Hemmung von Trypsin durch kovalente Modifikation des aktiven Zentrums 38 10. UV-Absorption von Proteinen 40 Blockpraktikum Biochemie, Blockteil Proteine 1

1. Kolorimetrische Methoden zur quantitativen Proteinbestimmung EINFÜHRUNG: Einige im biochemischen Labor gebräuchliche Methoden zur kolorimetrischen bzw. photometrischen Bestimmung von Proteinkonzentrationen sind: - die Biuret-Methode - die Lowry-Methode - die BCA-Methode - die Bradford-Methode - die Schaffner/Weissmann-Methode - UV-Absorption bei 280 nm Daneben gibt es noch eine Reihe von Modifikationen dieser Verfahren. Die Biuret-Methode erhielt ihren Namen aus der Reaktion von gelöstem Biuret (Carbamoylharnstoff) und Kupfersulfat in alkalischem wässrigen Milieu. Es entsteht ein rotvioletter Farbkomplex zwischen den Cu 2+ -Ionen und je zwei Biuretmolekülen. Die Reaktion ist typisch für Verbindungen mit mindestens 2 CO-NH-Gruppen (Peptidbindungen) und kann so für den Nachweis von Peptiden und Proteinen genutzt werden. Die genaue Struktur des Farbkomplexes ist nicht bekannt, man nimmt aber an, dass die Peptidbindung des Proteins und Tyrosine daran beteiligt sind. Die Nachweismethode ist relativ unempfindlich. Niedermolekulare Substanzen, die Stickstoff enthalten, stören die Bestimmung: Hierzu gehört z.b. die Puffersubstanz Tris. Ammoniumsulfat bewirkt ebenfalls Interferenzen (für die Lowry- Methode gilt dies noch in stärkerem Maße). Der Vorteil der Methode beruht auf seiner einfachen Durchführbarkeit und Mechanisierbarkeit. Als Routinemethode ist sie daher vor allem in der klinischen Chemie nach wie vor in Gebrauch. Die Lowry-Methode stellt eine Verfeinerung der Biuret-Methode dar, bei der zunächst auch ein Kupfer-Proteinkomplex in alkalischer Lösung gebildet wird. Zusätzlich erfolgt noch ein Reduktionsschritt durch Zusatz des Folin-Ciocalteau-Phenol-Reagenz (enthält Phosphomolybdat-Phosphowolframsäure), wobei eine intensive Blaufärbung auftritt. Auch hier spielen aromatische Aminosäuren im Protein eine entscheidende Rolle bei der Farbentwicklung. Die Lowry-Methode ist sehr störanfällig - siehe Biuret-Methode - wobei zusätzlich noch auf Störung durch reduzierende Substanzen zu achten ist. Da das Folin- Reagenz nur in saurer Lösung stabil ist, die Reaktion jedoch im stark alkalischen Milieu stattfindet, muss sofort nach Zugabe des Folin-Reagenz zur alkalischen Kupfer-Protein- Lösung gründlich gemischt werden, damit die Reduktion vor der Zersetzung des Reagenz stattfindet. Die Lowry-Methode ist zwar aufwendiger als die Biuret-Methode, zeichnet sich aber durch eine höhere Empfindlichkeit aus. Die BCA-Methode wurde 1985 von Smith und Mitarbeitern als Alternative zur Lowry- Methode entwickelt. Sie verknüpft die Biuret-Reaktion mit Bicinchoninsäure (BCA) als Detektionssystem. Dabei kommt es zunächst zur Komplexbildung von Protein mit Cu 2+ -Ionen in alkalischer Lösung (Biuret-Reaktion). Die Cu 2+ -Ionen des Komplexes werden zu Cu + -Ionen reduziert, welche durch Komplexbildung mit BCA durch Absorptionsmessung bei 562nm detektiert werden können. Die BCA-Methode ist schnell und einfach durchzuführen, jedoch ähnlich störanfällig wie die Lowry- oder Biuret-Methode. Blockpraktikum Biochemie, Blockteil Proteine 2

OH - 2 BCA Protein + Cu 2+ Cu + O O O O N N Cu + N N O O O O Die Schaffner/Weissmann-Methode unterscheidet sich von den beiden bisher genannten Methoden darin, dass das gelöste Protein durch Zugabe von Säure ausgefällt und das Präzipitat mit dem Farbstoff Amidoschwarz angefärbt wird. Durch die Säurefällung werden die meisten säurelöslichen Störsubstanzen entfernt. Der Vorteil dieser Methode ist, dass auch sehr geringe Proteinmengen nachgewiesen werden können und Störungen dabei weitgehend ausgeschaltet sind. Der Nachteil besteht im großen Zeitaufwand und in der Tatsache, dass kleine Proteine und Peptide (z.b. Insulin) durch unvollständige Säurefällung nicht quantitativ erfasst werden. Die Bradford-Methode beruht auf der Anlagerungsreaktion von Coomassie Brilliant Blue (CBB) G-250 an das Protein. Dadurch kommt es zur Verschiebung des Absorptionsmaximums des Farbstoffes von 465 (rot-braun) zu 595 (blau) nm. Die Zunahme der Absorption bei 595 nm ist proportional zur Proteinkonzentration in der Lösung. Proteinbestimmung nach der Bradford-Methode ist schnell und einfach durchzuführen, etwa um den Faktor 2 sensitiver und weniger störanfällig insbesondere gegenüber Reduktionsmitteln als die Lowry- oder BCA- Methode. Nachteilig ist, dass die Bradford-Methode sehr störanfällig gegenüber Detergenzien ist und der Farbstoff von Gefäßwänden - und der Haut! - leicht absorbiert wird. - O 3 S C H 2 CH 3 CH 2 N + Coomassie brilliant blue CH 3 CH 3 N H O CH 2 CH 3 - O 3 S C H 2 N CH 2 CH 3 Die UV-Absorption von Proteinen bei 280 nm beruht größtenteils auf der Absorption von im Protein vorhandenen Tyrosin- und Tryptophan-Resten (und eventuell vorhandenen prosthetischen Gruppen) und variiert daher ebenso stark wie die Anteile dieser beiden Aminosäuren in den verschiedenen Proteinen. Als Faustregel gilt: A 280 =1 entspricht 1mg/ml Protein. Im Extremfall liegen die Extinktionswerte für 1 mg/ml Protein jedoch zwischen 0 und über 2.5! Insofern gibt die UV-Absorption bei 280 nm nur eine ungefähre Information über den Proteingehalt bei Proteingemischen. Reine Proteinlösungen können durch passende Kalibrierung standardisiert werden. Blockpraktikum Biochemie, Blockteil Proteine 3

Eigenschaften gängiger Proteinbestimmungs-Methoden Methode Proteinmenge* Destruktiv? Variabilität durch Kommentar (in µg) AS-Komposition Biuret 500 5000 ja niedrig Amine stören, schnell Lowry 20 200 ja moderat Amine & Reduktionsmittel stören, langsam BCA 5 50 ja moderat ähnlich Lowry, langsam Bradford 5 30 ja moderat Detergenzien stören, schnell Abs. 280 nm 50 2000 nein groß UV-absorb. Material stört, schnell Abs. 205 nm 10 50 nein niedrig UV-absorb. Material stört, schnell * Selbstverständlich muss die nachweisbare Proteinmenge in einem für den jeweiligen Test geeigneten Volumen (in der Regel ~1 ml) enthalten sein. So kann 1 µg Protein nicht in einem Eimer Wasser nachgewiesen werden. AUFGABE: Am 1. Praktikumstag: Erstellen Sie eine BSA-Eichreihe für den Bradford-Test und bestimmen Sie die Proteinkonzentration in zwei Test-Lösungen (werden gestellt, Lsg. A < 1mg/ml, Lsg. B > 10mg/ml). Die Auswertung erfolgt graphisch über die Anfertigung einer Eichgeraden (Extinktion gegen Proteinmenge) und rechnerisch anhand der sich ergebenden Geradengleichung. Darüber hinaus wird der Bradford-Test in den Versuchen Mitochondrien-Anreicherung und Aufreinigung von Lysozym nochmals eingesetzt. Der Lowry-Test findet in dem Versuch Mitochondrien-Anreicherung für die Proteinbestimmung der Aufschlüsse Verwendung. VERSUCHSDURCHFÜHRUNG Im folgenden Abschnitt werden die Arbeitsvorschriften für alle vier besprochenen Methoden angegeben, um eine auch über dieses Praktikum hinaus brauchbare 'Rezepte-Sammlung' anzubieten. In diesem Praktikum werden aber nur die Bestimmungen nach Bradford und nach Lowry verwendet. Zur Auswertung werden die gemessenen Extinktionen der Eichwerte gegen die eingesetzte Proteinmenge (in µg pro Testansatz) aufgetragen. Daraus wird dann der Proteingehalt der unbekannten Proben ermittelt. Blockpraktikum Biochemie, Blockteil Proteine 4

Bradford-Methode: Lösungen: 60 mg Coomassie Brillant Blue G-250 (oder entspr. auch Serva Blau G-250) werden in 1 l 3%iger Perchlorsäure gelöst und abfiltriert. Die braun-rötliche Lösung ist lange haltbar. Testansatz: Durchführung in 3ml-Küvettten. Die Probe (mit max. 60 µg Protein) wird mit H 2 O auf 1 ml aufgefüllt. Dann wird 1 ml der Reaktionslösung zugegeben und gemischt. Innerhalb eines Zeitraums von 2 bis 60 min wird die Extinktion bei 595 nm gegen einen Leerwert (H 2 O statt Proteinlösung) gemessen. Zur Eichung wird eine Reihe mit BSA als Protein-Standard durchgeführt: Hierzu werden 2.5, 5, 10, 15, 20, 25, 30, 40, 50 und 60 µl einer 1 mg/ml BSA-Lösung eingesetzt. Dies entspricht der jeweilgen Proteinmenge in µg. Von jeder Menge wird eine Doppelbestimmung durchgeführt. Oberhalb von 30-40 µg Protein in der Probe besteht möglicherweise kein linearer Zusammenhang mehr. Zur Auswertung wird nur der lineare Bereich benutzt. Messwerte gegenüber dem Leerwert von weniger als 0.05 sind wenig zuverlässig. Auch von den Proben sind jeweils Doppelbestimmungen durchzuführen. Die Messwerte müssen im linearen Bereich liegen. Häufig müssen dazu verdünnte Proben eingesetzt werden; welche Verdünnung richtig ist, hängt von den Proben ab und muss durch Messung bestimmt werden. Lowry-Methode: Lösungen: A) 4 g NaOH, 20 g Na 2 CO 3 und 0.2 g K-Na-Tartrat werden in 1 l H 2 O gelöst. B) 0.5 g CuSO 4 x 5 H 2 O werden in 100 ml H 2 O gelöst. Lösung A und B sind als Stammlösung lange haltbar. C) Je nach Bedarf werden 50 Teile Lösung A und 1 Teil Lösung B frisch gemischt. D) 1 Teil Folin-Reagenz und 1 Teil Wasser gemischt (relativ lange stabil). Test-Ansatz: Durchführung in 3ml-Küvettten. Zu 200 µl einer Proteinlösung (bis 100 µg) wird 2 ml Lösung C pipettiert, gemischt und 10 min bei Raumtemperatur inkubiert. Danach wird 200 µl Lösung D zugesetzt, sofort geschüttelt und für 30-40 min bei Raumtemperatur inkubiert. Die Messung erfolgt bei 730 nm gegen einen Leerwert. Extinktionswerte gegenüber dem Leerwert von unter 0.05 und über 0.6 sind nicht verlässlich und daher unbrauchbar. Zur Eichung wird eine Konzentrationsreihe mit Serumalbumin durchgeführt, wobei die Proben und die Eichreihe stets zusammen, d.h. mit der selben Lösung C bestimmt werden müssen. Da der Messbereich bei der Lowry-Methode sehr eng ist, müssen die Proben in der Regel vorverdünnt werden, um im richtigen Konzentrationsbereich zu liegen (im Testansatz zwischen 10 und 100 µg Protein). Bei Proben mit unbekanntem Proteingehalt empfiehlt es sich daher, von vornherein verschieden verdünnte Proben einzusetzen (z.b. 1:10, 1:100,...) oder aber statt 200 µl Probenvolumen mit z.b. 50 µl zu arbeiten und dann mit Wasser auf 200 µl aufzufüllen (entspricht dann einer 1:4 Verdünnung). Grundsätzlich ist mindestens mit Doppelbestimmungen zu arbeiten! Zur Erstellung der Eichkurve werden aus einer Stammlösung von BSA mit 1 mg/ml jeweils 10, 20, 30, 40, 50, 75, 100, 150µl, 200µl vorgelegt und mit Wasser auf 200 µl Blockpraktikum Biochemie, Blockteil Proteine 5

Gesamtvolumen aufgefüllt und dann wie die normalen Proben weiterbehandelt. Auch für die Eichkurve immer Doppelbestimmungen! Anmerkung: Bei Anwesenheit von Triton X-100 in der Probe tritt eine Trübung mit dem Folin- Reagenz auf (diese dient übrigens umgekehrt auch zur Bestimmung von Triton- Konzentrationen). Da diese Trübung die photometrische Bestimmung stört, kann der Lösung A noch ein Zusatz von 0.1 % SDS (Sodium-Dodecylsulfat) beigefügt werden, um die Trübung zu verhindern. Biuret-Methode: Lösungen: 1.5 g CuSO 4 x H 2 O und 6g K-Na-Tartrat werden in 500 ml Wasser gelöst. Unter Rühren werden 300 ml einer 10%igen NaOH zugefügt und mit Wasser auf 1l aufgefüllt. Test-Ansatz: Zu 0.5 ml einer Proteinlösung mit 0.5-3 mg Protein werden 2.5 ml des obigen Reagenz gegeben, gut gemischt und nach 20-30 min Inkubation bei Raumtemperatur die Extinktionen bei 540 nm gegen einen Leerwert bestimmt. Eichung: Zur Eichung dient eine Konzentrationsreihe mit Rinder-Serumalbumin (BSA). Schaffner/Weissmann-Methode (eignet sich besonders zur Bestimmung von Membranproteinen in Detergenz-Lösung, die Handhabung ist jedoch recht aufwendig): Lösungen: Material: Testansatz: A) Tris-HCl, 1M, ph 7.5 + 1 % SDS B) Trichloressigsäure (TCA), 60 % C) TCA, 6 % D) Amidoschwarz 6B, 0.1 % in Methanol/Eisessig/H 2 O (45:10:45) E) Methanol/Eisessig/H 2 O (90:2:8) F) NaOH, 25 mm + 50 µm EDTA in 50 % Ethanol Millipore Membranfilter, Typ HAWP (0,45 µm, 25 mm ), Saugflasche mit Glasfritte Nach geeigneter Verdünnung werden von jeder Probe 10 µl mit 260 µl H 2 O und 30 µl Reagenz B vermischt. Der Millipore Filter wird auf die Glasfritte mit angeschlossener Wasserstrahlpumpe gelegt und mit H 2 O angefeuchtet. Mit einer Pasteurpipette werden die gefällten Proben aufgetragen und mit Reagenz C nachgewaschen. Dann wird der Filter für 2 min in das Färbereagenz D getaucht. Überschüssiges Amidoschwarz wird mit Entfärbereagenz E herausgewaschen. Es bleiben nur die Stellen gefärbt, die Protein enthalten. Der Filter wird getrocknet, die einzelnen blauen Felder ausgeschnitten und in ein Reagenzglas gesteckt. In jedes Glas wird 1 ml Lösung F gegeben, um die Probe in Lösung zu bringen. Jedes Feld hat je nach Proteingehalt eine mehr oder weniger starke Blaufärbung, die durch die Messung der Absorption bei 600-650 nm gemessen wird. Zur Eichung werden Standards mit BSA zwischen 5 und 100 µg/ml eingesetzt. Blockpraktikum Biochemie, Blockteil Proteine 6

AUSWERTUNG: Alle Verfahren beruhen darauf, dass zunächst die Proteinmenge im Testansatz bestimmt und diese anschließend unter Berücksichtigung der Verdünnungen und der eingesetzten Volumina auf die Proteinkonzentration der Ausgangslösung umgerechnet wird. Allen Methoden gemeinsam ist die Tatsache, dass sie keine absoluten, von der Art des Proteins völlig unabhängigen Konzentrationswerte ergeben. Die als Messgröße dienende Farbentwicklung ist nicht nur von der Proteinmenge, sondern auch von der Art des Proteins, d.h. von den jeweiligen Anteilen bestimmter Aminosäuren, abhängig. Für alle Methoden gilt weiterhin: Es ist stets eine Eichung der Methode erforderlich. Im Regelfall dient Rinder-Serumalbumin (bovine serum albumin, BSA) zur Erstellung einer Eichreihe mit bekannten Proteinmengen. Jedoch ist der Zusammenhang zwischen der Proteinmenge [µg] (x-achse) und dem zugehörigem Extinktionswert (y-achse) nur in einem bestimmten Bereich linear. Es gibt immer einen mehr oder weniger stark ausgeprägten hyperbolischen Kurvenverlauf. Eine lineare Abhägigkeit zur Extinktion besteht lediglich im Bereich mittlerer Proteinmengen, durch den eine Ausgleichsgerade gelegt wird. Über die sich ergebende Geradengleichung kann durch Einsetzen der Extinktionswerte einer unbekannten Proteinlösung deren Proteingehalt errechnet werden. LITERATUR: Übersicht: Bioanalytik (F.Lottspeich/H.Zorbas), Kap.3 Proteinbestimmungen Originalveröffentlichungen zu den beschriebenen Methoden: Lowry, O.H. et. al., J. biol. Chem. 193, 265-275 (1951) Schaffner, W. und Weissmann, C., Anal. Biochem. 56, 50 (1973) Bradford, M.M., Anal. Biochem. 72, 248 (1976) Itzhaki, R.F. und Gill, D.M., Anal. Biochem. 9, 401 (1964) Peterson, G.L., Anal. Biochem. 100, 201 (1979) (Vor allem die letzte Arbeit liefert eine gute Übersicht über die Vor- und Nachteile der Lowry- Methode und geeignete Modifikationen) Blockpraktikum Biochemie, Blockteil Proteine 7

2. Anreicherung und Aufschluss von Mitochondrien aus Rinderleber EINFÜHRUNG: Mitochondrien eukaryotischer Zellen haben teils kugelförmige, teils längliche Gestalt mit einem Durchmesser von etwa 1-2 µm. Vom Zytoplasma sind die Organellen durch zwei Membranen abgegrenzt, einer äußeren wenig strukturierten und einer inneren stark gefalteten Membran. Der räumliche Bereich zwischen den Membranen wird als Intermembranraum, der Bereich, den die innere Membran umschließt, als Matrix bezeichnet. Sowohl in der Protein- als auch in der Lipidzusammensetzung unterscheiden sich beide Membranen. Die Mitochondrien sind bis zu einem gewissen Grade autark, d.h. vom genetischen System der Zelle unabhängig, denn sie verfügen über einen eigenen genetischen Apparat (DNA, Ribosomen und die für die Realisierung der genetischen Information nötigen Enzyme). Etwa 10% der mitochondrialen Enzyme (Untereinheiten der ATPase und der Cytochromoxidase) sind auf dem mitochondrialen Genom codiert, die übrigen 90% der Proteine sind kerncodiert. Letztere gelangen durch spezifische Transportsysteme an ihren Wirkungsort in der Organelle. Das Mitochondrium ist der Ort wichtiger zellulärer Stoffwechselwege. Die Enzyme des Fettsäureabbaus (β-oxidation) und des Citratzyklus befinden sich in der Matrix. Die Atmungskette und das mit ihr gekoppelte Phosphorylierungssystem sind an der inneren Membran lokalisiert. Die innere Mitochondrienmembran kann im Gegensatz zur äußeren nur von wenigen Metaboliten (z.b. Glutamat) passiert werden. Der Metabolitenaustausch zwischen Zytosol und Mitochondrien wird in den meisten Fällen durch Carrier-Proteine gesteuert, die im Gegentausch einen Metaboliten nach außen und einen anderen nach innen befördern (z.b. α-ketoglutarat/malat und ATP/ADP). Die verschiedenen Zellorganellen unterscheiden sich in ihrer Dichte und können daher durch eine Kombination von Zentrifugationsschritten angereichert werden. Um die Anreicherung einer Organelle beurteilen zu können, wird die Aktivität sogenannter Markerenzyme gemessen. Dabei handelt es sich um Enzyme, die spezifisch für ein bestimmtes Organell sind. Im Fall der Mitochondrien wird die Aktivität der Glutamatdehydrogenase gemessen, um eine Aussage über die Ausbeute und den Grad der Anreicherung zu machen. AUFGABE: A. Reichern Sie aus Rinderleber Mitochondrien an und charakterisieren Sie die Anreicherung durch Proteinbestimmung, Bestimmung der Glutamatdehydrogenase- Aktivität (3. Versuch) und SDS-PAGE (4. Versuch). Beurteilen Sie den Erfolg der Anreicherung mit den Begriffen "Ausbeute" und "Anreicherungsfaktor". B. Schließen Sie mittels verschiedener Methoden die angereicherten Mitochondrien auf und charakterisieren und vergleichen Sie die Aufschlüsse mit den bereits eingeführten Größen. Blockpraktikum Biochemie, Blockteil Proteine 8

VERSUCHSDURCHFÜHRUNG (1) Anreicherung von Mitochondrien (Homogenisation und Zentrifugation) A. Material, Lösungen und Reagenzien Potter (60ml) Zentrifugenbecher (Röhrchen mit Schraubdeckel, 50ml) Zentrifuge und SA600-Rotor (4 C) Phosphat-Saccharose-Puffer: 50 mm Na/PO4 ph 7,4 0,3 M Saccharose B. Durchführung WICHTIG: Von jeder Fraktion (Homogenat, S 1-3, P 1-3) werden 4 Aliquots à 500µl in Eppendorf- Reaktionsgefäße abgefüllt und eingefroren (für Proteinbestimmung, Aktivitätsmessung, Gelelektrophorese und Western Blot). Zu jeder Fraktion wird vor der Entnahme der vier Aliquots das Gesamtvolumen der jeweiligen Fraktion bestimmt und in die beiliegende Tabelle 1 eingetragen! 5g frische Rinderleber pro Gruppe wird mit 45 ml Puffer versetzt und im Potter durch 10-15- malige Auf- und Abbewegung homogenisiert (genaue Bedingungen sowie Namen des Gerätes fürs Protokoll notieren!). Der so erzeugte Leberbrei (Homogenat H) wird in 50ml- Schraubröhrchen für 10 min in der Kühlzentrifuge bei 2000 rpm (ca. 700 g) zentrifugiert. Der Überstand (S1) wird weiterverwendet. Das Sediment enthält überwiegend Zelltrümmer und nicht aufgebrochene Zellen. Es wird in 5-10 ml Puffer resuspendiert (P1) und für Protein- und Aktivitätsbestimmung eingesetzt. Der Überstand S1 wird nun noch einmal für 10 min bei 2000 rpm zentrifugiert. Der Überstand (S2) wird weiterverwendet. Das Pellet wird wiederum resuspendiert (P2) und für Protein- und Aktivitätsbestimmung eingesetzt. Der Überstand (S2) wird für 20 min bei 12000 rpm (ca. 10000 g) zentrifugiert. Diesmal wird mit dem Pellet weitergearbeitet; hier sollten die Mitochondrien angereichert sein. Der Überstand wird nach Abnahme von Aliquots verworfen; das Pellet wird mit 10 ml Puffer resuspendiert (P3). Von dieser Suspension werden nach Entnahme der vier 500µl- Aliquots weitere 4 x 2ml abgenommen und diese für den Aufschluss (Versuchsteil 2) eingesetzt. Blockpraktikum Biochemie, Blockteil Proteine 9

Anreicherung von Mitochondrien Differentielle Zentrifugation Homogenat 10 min, 700xg ALLES AUF EIS! Supernatant, S1 Pellet P1 10 min, 700xg S2 P2 20 min, 10 000xg S3 P3 = Mitochondrien Aufschlüsse Schema des Arbeitsganges zur Mitochondrienpräparation (2) Aufschluss von angereicherten Mitochondrien A. Material, Lösungen und Reagenzien Ultraschallgerät Corex-Zentrifugationsröhrchen mit Adaptoren SA 600-Rotor Kältebad 20 % (w/v) Natriumcholat-Lösung in Wasser B. Durchführung Von der Probe P3 der Mitochondrien-Präparation werden 4 x 2 ml abgenommen und verschiedenen Aufschlussmethoden unterworfen: 1. Aufschluss durch Ultraschallbehandlung (US) Behandlung unter Eiskühlung für 60 sec mit dem Ultraschallgerät in 15ml-Corexröhrchen 2. Aufschluss durch Detergenzbehandlung mit Na-Cholat (NC) Mit Na-Cholat-Lösung auf eine Endkonzentration von 2 % Na-Cholat einstellen und bei Raumtemperatur 1 h unter häufigem Mischen inkubieren in 15ml-Corexröhrchen 3. Aufschluss durch Gefriertauen (GT) Mehrfach einfrieren und wieder auftauen, mindestens drei Zyklen, in 15ml-Corexröhrchen 4. Kontrolle (K) (in großen Corex-Röhrchen) wird nicht weiter behandelt. Danach werden alle Proben, auch die unbehandelte Kontroll-Probe, für 30 min bei 13000 rpm im SA600-Rotor zentrifugiert. Von den Überständen werden wiederum Aliquots abgenommen und für weitere Messungen eingefroren. Blockpraktikum Biochemie, Blockteil Proteine 10

AUSWERTUNG: A. Fraktionen der differentiellen Zentrifugation: Bestimme für alle Fraktionen die Aktivität der Glutamatdehydrogenase (siehe: 3.Versuch, Bestimmung von Enzymaktivitäten). Die Proteinbestimmung der Fraktionen der Anreicherung erfolgt nach Bradford. Tabelle 1 ausfüllen! B. Mitochondrienaufschlüsse: Bestimme die Aktivität der Glutamatdehydrogenase. Für die Fraktionen der Aufschlüsse wird die Proteinbestimmung nach Lowry zugrundegelegt. Tabelle 2 ausfüllen! Achtung: Mit der Probe P3 müssen aus Vergleichsgründen also beide Proteinbestimmungen (Lowry und Bradford) durchgeführt werden. Tabelle 1 zur Anreicherung von Mitochondrien Probe Volumen Proteingehalt (nach Bradford) Prot.- konz. [mg/ml] Gesamtprotein [mg] abs. Ausbeute Protein [%] Vol.- Akt [U/ml] Gesamtakt. [U] abs. GluDH-Aktivität Spez. Akt. [U/mg] Aus -beute [%] [ml] H 100 100 1 S1 P1 S2 P2 S3 P3 Anr.- faktor Tabelle 2 zur Wirksamkeit der Mitochondrienaufschlüsse Probe Volumen Proteingehalt (nach Lowry) GluDH-Aktivität [ml] [mg/ml] [mg] abs. Ausbeute [U/ml] [U] abs. [U/mg] Ausbeute Anr.faktor P3 2 100% 100% 1 K US GT NC Es ist zu beachten, dass durch die Zugabe von Triton beim Aktivitätstest jeweils ein Aktivitäts-Gesamtwert gemessen wird. Der Wert für P3 ergibt also einen 100%-Wert, während K (Kontrolle) eine Nullkontrolle darstellt, da hier intakte Mitos zunächst durch Zentrifugation entfernt werden. Blockpraktikum Biochemie, Blockteil Proteine 11

3. Bestimmung von Enzymaktivitäten EINFÜHRUNG: A. Allgemeines Enzyme sind Proteine mit spezifischen katalytischen Funktionen. Als Katalysatoren wirken sie in kleinsten Mengen, gehen aus der Reaktion jedoch unverändert hervor und haben keinen Einfluss auf die Lage des Reaktionsgleichgewichts, sie beschleunigen lediglich die Gleichgewichtseinstellung durch Herabsetzung der Aktivierungsenergie. Da Enzyme Proteine sind, haben Veränderungen der Struktur durch Denaturierung den Verlust der katalytischen Wirksamkeit zur Folge. Die Stabilität von Enzymen wird unter anderem von der Temperatur, der Salzkonzentration und dem ph-wert des Milieus beeinflusst. Zur Bestimmung der katalytischen Wirkung von Enzymen muss man die Geschwindigkeit chemischer Reaktionen messen. Dies wird durch die Messung der Abnahme der Substratkonzentration bzw. die Zunahme der Produktkonzentration einer enzymkatalysierten Reaktion ermöglicht. Da im hier vorliegenden Fall die Menge an Enzym bestimmt werden soll, müssen die Messbedingungen so gestaltet werden, dass die in ihrem Verlauf zu verfolgende Reaktion in ihrer Geschwindigkeit nur abhängig ist von der Enzymkonzentration im Testansatz, d.h. unabhängig ist von der Konzentration an Substrat oder Produkt. Dies ist der Fall, wenn die Reaktion formal als Reaktion 0. Ordnung zu behandeln ist: v = ± dc / dt = konstant Bei Enzymreaktionen ist dies in der Regel bei "Substratsättigung" der Fall, d.h. bei hohem Substratüberschuss (sofern keine Substrathemmung vorliegt). Der Reaktionsverlauf wird in den meisten Fällen photometrisch verfolgt. Dabei ist die beobachtete Extinktionsänderung proportional zur Konzentrationsänderung entweder des Substrats oder eines Produkts. Man registriert also ΔE pro Zeiteinheit. Um die Bedingung der Substratsättigung zu gewährleisten, d.h. tatsächlich eine maximale Geschwindigkeit v = v max zu messen, wird der Reaktionsverlauf nur in seiner Anfangsphase registriert und die Anfangsgeschwindigkeit v o bestimmt. In dieser Phase ist die Substratkonzentration noch sehr hoch und die Produktkonzentration noch minimal, so dass praktisch keine Rückreaktion stattfindet. Der Wert der Anfangsgeschwindigkeit (zunächst in ΔE/Δt gemessen) wird durch die Steigung der Tangenten an der Umsatzkurve für t = 0 bestimmt: B C 0,8 Vo 0,6 E 0,4 0,2 0,0 0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2 1,4 1,6 t (min) Kinetik nach Michaelis-Menten Blockpraktikum Biochemie, Blockteil Proteine 12

Die Menge eines Enzyms wird durch seine Aktivität bestimmt, diese wiederum wird aus Reaktionsgeschwindigkeitsbestimmungen ermittelt. Als Einheit für die Enzymaktivität wird international die Unit (U) verwendet: 1 Unit = die Enzymaktivität, die in einer Minute einen Substratumsatz von einem Mikromol bewirkt unter genau definierten, optimalen Bedingungen. Insbesondere müssen die Temperatur, die ph- und Ionenbedingungen, die Substrat- und die Effektorkonzentrationen für standardisierte Enzymbestimmungen konstant gehalten werden. Die optimalen Bedingungen sind für jedes Enzym jeweils erst zu ermitteln. Da Enzymmengen in irgendwelchen Lösungen nicht mit den üblichen Konzentrationsmaßen (wie z.b. g/l oder mol/l) angegeben werden können, verwendet man als Konzentrationsmaß die sog. Volumenaktivität (in Units/ml Lösung). Darüber hinaus wird die spezifische Enzymaktivität als Maß verwendet. Sie ist definiert als Units pro Milligramm Protein, d.h. als Verhältnis aus Volumenaktivität und Proteinkonzentration einer gegebenen Lösung. Zur Bestimmung des Substratumsatzes einer Reaktion und deren photometrischer Registrierung müssen die als Messgröße verfügbaren Werte von ΔE/Δt in Konzentrationsänderungen umgerechnet werden. Hierzu muss der Extinktionkoeffizient der optisch gemessenen Substanz bekannt sein. E ΔE Aus dem Lambert-Beerschen Gesetz folgt: c = bzw. Δ c = ε d ε d Für den Umsatz pro Zeiteinheit gilt: Δc Δt = ΔE ε d Δt Drückt man den Extinktionskoeffizienten in cm 2 /µmol aus, die Schichtdicke der Küvette in cm (meist d = 1 cm), so erhält man : Volumenaktivität = Δc ΔE = Δt ε d Δt Volumenaktivität = ΔE ε d Δt Volumenaktivität = ΔE V ΔE = konst. ε d Δt v Δt (in µmol/ml min) (U/ml, in dem Testansatz) (U/ml, in der Probe) (wobei V das Gesamtvolumen in der Küvette und v das eingesetzte Probevolumen ist) Es ist also zu unterscheiden zwischen der Enzymaktivität in der Küvette, in der die Messung selbst stattfindet, und der Aktivität in der zu testenden Probelösung, von der nur ein Aliquot in den Messansatz eingesetzt wird. Weiterhin müssen zusätzliche Verdünnungen entsprechend eingerechnet werden. Blockpraktikum Biochemie, Blockteil Proteine 13

B. Glutamatdehydrogenase-Test nach Warburg: Der von Warburg eingeführte Test beruht auf der Tatsache, dass reduzierte Nicotinamiddinukleotide (NADH und NADPH) ein Absorptionsmaximum bei 340 nm aufweisen, während die oxidierten Formen NAD + und NADP + in diesem Bereich keine Absorption zeigen. Daher kann jede mit diesen Coenzymen gekoppelte Reaktion (mittels Dehydrogenasen bzw. Oxidoreductasen) direkt photometrisch verfolgt werden durch Messung der Extinktionszu- oder abnahmen bei 340 nm. Dieses Meßprinzip kann auch für Reaktionen genutzt werden, bei denen direkt keine Oxidoreduktase beteiligt ist, indem man geeignete Indikatorreaktionen vor- oder nachschaltet, bei denen dann einer der beteiligten Partner in einer NAD/NADP-gekoppelten Reaktion (unter Beteiligung geeigneter Hilfsenzyme) umgesetzt wird. Dem Aktivitätstest für die Glutamat-Dehydrogenase liegt hier folgende Reaktion zugrunde: Glutamat + H 2 O + NAD + α-ketoglutarat + NADH + NH 4 + In unserem Test verfolgen wir die Hinreaktion, also die Extinktionszunahme bei 340 nm, verursacht durch die Bildung von NADH. AUFGABE: Bestimmung der Enzymaktivität der Glutamatdehydrogenase mit Hilfe des optischen Tests nach Warburg. Hierzu werden die Proben der Mitochondrienanreicherung und aufschlüsse (2. Versuch) verwendet. VERSUCHSDURCHFÜHRUNG A. Material, Lösungen und Reagenzien Phosphatpuffer, 67 mm, ph 7.6; Triton X-100, 10 %; NAD+-Lösung, 20 mg/ml = 30 mm, in Phosphatpuffer; Glutaminsäure-Lösung, 5 mg/ml = 34 mm, in Phosphatpuffer; Glutamatdehydrogenase-Lösung, 1 mg/ml; Photometer Küvetten. B. Durchführung Für den Testansatz (Einfachbestimmung) wird in jede Küvette vorgelegt: Puffer 1430 µl Triton X-100 20 µl Glutaminsäure 500 µl Probe 50 µl Start der Reaktion: + NAD + 100 µl gut mischen und Extinktionsänderung messen. Vor dem Start der Reaktion mit NAD + wird jede Küvette (incl. Probe) für 5-10 min bei Raumtemperatur vorinkubiert. Die Messung der Extinktion erfolgt entweder kontinuierlich mit einem Schreiber oder durch Messung der Anzeige im 15-30 Sekunden-Intervall über einen Blockpraktikum Biochemie, Blockteil Proteine 14

Zeitraum von 3-5 Minuten. Bei zu hoher Enzymaktivität (ΔE > 0.1/min) kann der Einsatz an Enzymlösung (Probe-Lösung) variiert werden: Die Probe wird vorher verdünnt und von der verdünnten Probe wird dann ein 50 µl Aliquot eingesetzt. Jede Verdünnung muss in der Berechnung nachher berücksichtigt werden, also alles notieren!!! Die Proben, die aus dem Reinigungsgang der Mitochondrien stammen, müssen zur Auflösung der Membranen und zur Freisetzung der Enzyme 0.1 % Triton X-100 enthalten. AUSWERTUNG: Die Abhängigkeit der Extinktion von der Zeit wird ermittelt (als ΔE/min) und die Anfangsgeschwindigkeit v 0 bestimmt. Extinktionsänderungen von mehr als 0.1 /min führen zu ungenauen Werten. Die Probe muss eventuell verdünnt und neu vermessen werden. Es muss ein ausreichend linearer Bereich zu Beginn der Reaktion gegeben sein. Zur Ausrechnung von v 0 mit Hilfe der zu messenden ΔE/min werden folgende Werte für den Extinktionskoeffizienten verwendet: ε 334 = 6.18 cm 2 /µmol ε 340 = 6.25 cm 2 /µmol ε 366 = 3.30 cm 2 /µmol Schichtdicke Gesamt-Testvolumen Proben-Volumen d = 1cm V = 2.1 ml v = 0.05 ml (Volumenvariationen berücksichtigen) Die Aktivität ist anzugeben in U/ml, bezogen auf die zu testende Proben-Lösung. ΔE V ΔE Volumenaktivität = = konst. ε d Δt v Δt (in U/ml, in der Probe) Alle gewonnen Enzymaktivitäten werden in die Tabellen 1 und 2 (2. Versuch) eingetragen. LITERATUR: Bergmeier, H.U. (Hrsg.); Grundlagen der enzymatischen Analyse, Verlag Chemie, Weinheim (1977). Fersht, A.: Enzyme Structure and Mechanism, W.H.Freemen & Comp., San Francisco (1977). Blockpraktikum Biochemie, Blockteil Proteine 15

4. Molekulargewichtsbestimmung von Proteinen in der diskontinuierlichen SDS-Polyacrylamidgelelektrophorese (SDS-PAGE) EINFÜHRUNG: A. Allgemeines Zahlreiche biologisch bedeutsame Makromoleküle wie Proteine und Nukleinsäuren sind Polyelektrolyte. Sie tragen Gruppen, von denen Protonen dissoziieren können und/oder Gruppen, an die sich Protonen anlagern können, so dass diese Makromoleküle eine phabhängige Nettoladung tragen. Im sauren Bereich werden basische Gruppen, z.b. -NH 2, protoniert, im alkalischen sind Carboxylgruppen und Phosphatgruppen negativ geladen. Der ph-wert, bei dem im zeitlichen Mittel die Hälfte der Makromoleküle eine bestimmte Gruppe geladen trägt, wird als pk-wert der Gruppe bezeichnet. Dieser Wert hängt nicht nur von der Art der Gruppe, sondern auch von ihrer Umgebung ab. Das Lösungsmittel und starke Ladungen in der Umgebung, aber auch Änderungen der mikroskopischen Dielektrizitätskonstanten können den pk-wert einer Gruppe leicht um eine ph-einheit nach beiden Seiten verschieben. Den ph-wert, bei dem gleich viele positive und negative Ladungen auf einem Molekül vorliegen, nennt man seinen isoelektrischen Punkt. Er hängt nicht nur von der Primärstruktur ab, sondern wird wegen der beschriebenen Nachbargruppeneffekte auch durch die räumliche Anordnung der einzelnen Reste, also durch die Sekundär-, Tertiär- und Quartärstruktur beeinflusst. B. Das Prinzip der Elektrophorese Die Wanderungsgeschwindigkeit eines Proteins in einem elektrischen Feld unter experimentellen Bedingungen ist abhängig von diversen Parametern: Gestalt, Größe, Konzentration, elektrische Ladung des Moleküls, Viskosität, ph-wert, Temperatur und Ionenstärke des Mediums. In erster Annäherung kann sie beschrieben werden durch folgende Gleichungen: 1. in Lösung: QE = F 2. in einem Gel: log m = log m o - k r T Der Term f wird von der Gestalt des bewegenden Proteinmoleküls beeinflusst, da der Ausdruck 6πr streng genommen nur für globuläre Partikel gilt. mit F = 6πrηv = fv v = QE/6πrη mit Q = Nettoladung E = Potentialgradient F = Reibungswiderstand v = m o = Geschwindigkeit in Lösung m = elektrophoretische Beweglichkeit η = Viskosität K r = Retardierungskoeffizient T = Gelkonzentration f = Reibungsfaktor Blockpraktikum Biochemie, Blockteil Proteine 16

C. Polyacrylamid als Trägermaterial Als Trägermaterial können Agarose, Stärke, Celluloseacetatfolien, Papier oder Elektrolytlösungen benutzt werden. Für die Routineanalyse von Proteingemischen hat sich das Gel aus vernetztem Polyacrylamid durchgesetzt. H 2 C CH C NH 2 H 2 C CH C NH CH 2 NH C CH CH 2 O Acrylamid O O N,N'-Methylen-bisacrylamid Die Polymerisation des Acrylamids erfolgt über die Doppelbindungen durch einen radikalischen Mechanismus. Acrylamid alleine würde nur lange Ketten und damit zwar eine hochviskose Lösung, aber kein Gel ergeben. Die Reaktion wird durch die Radikale des zerfallenden Ammoniumpersulfat gestartet und durch das schwach basische Tetramethylethyldiamin (TEMED) katalysiert. Ein definiertes Gel wird durch folgende Größen beschrieben: %T = Konzentration von Acrylamid (a) und Bisacrylamid (b) (a + b) T = 100% mit m = Volumen der Lösung m %C = relative Konzentration von (b) bezogen auf totale Acrylamidmenge b C = 100% (a + b) Ist T zu groß (> 25%) werden die Gele spröde, ist jedoch T < 1 % bricht die Matrixstruktur zusammen. Bei 20 % C und 5% T erhält man Gele mit Poren, die wesentlich größer als die Durchmesser nativer Proteine oder Proteinaggregate sind, so dass die Mobilität in diesen Gelen fast ausschließlich proportional zur Ladung ist (siehe: Isoelektrische Fokussierung). Zur routinemäßigen Herstellung von Gelen orientiert man sich an Vorschriften mit 7,5 15 % T und 2,6 % C. Hierbei erfolgt die Trennung im nativen Gel nach Ladung und Größe und im denaturierenden Gel nach spezifischer Ladung. Da die spezifische Ladung in der SDS- Gelelektrophorese durch die Beladung mit SDS (siehe unten) für alle Proteine gleich ist, wird nur nach nach Größe (=molekulare Masse) getrennt. Die Polymerisation von Acrylamid wird durch die Gegenwart von Saccharose, Glycerin, Sorbitol, Harnstoff, ionischen und nichtionischen Detergenzien sowie von Puffern nicht beeinflusst. Ist der ph jedoch niedrig, muss ein Überschuss an TEMED oder ein anderer Katalysator verwendet werden. D. Elektrophorese in Gegenwart ionischer Detergenzien Zur Molekularbestimmung von Proteinen hat sich die Polyacrylamidgelelektrophorese in Gegenwart von Natriumdodecylsulfat (SDS) durchgesetzt. Diese beruht darauf, dass Proteine durch SDS zumindest nach Erwärmen und in Gegenwart reduzierender Reagenzien denaturiert und in eine spezielle SDS-Micelle aufgenommen werden. Dadurch werden die Polypeptidketten gestreckt und sehr dicht mit SDS-Molekülen belegt. Die Anzahl der angelagerten SDS-Moleküle ist proportional der Kettenlänge und somit auch proportional Blockpraktikum Biochemie, Blockteil Proteine 17

zum Molekülgewicht. Die Ladung dieses Aggregats ist proportional der Anzahl der SDS- Moleküle (die wesentlich größer als die Ladung des Polypeptids ist). In einem restriktiven Gel ist die relative Beweglichkeit des Aggregats proportional zum Logarithmus des Molekulargewichts des Polypeptids. Einige Proteine denaturieren vollständig nur in Gegenwart von Harnstoff, insbesondere wenn sie ausgedehnte hydrophobe Domänen besitzen oder Untereinheiten durch bifunktionelle Reagenzien vernetzt werden (cross-link). Für Glycoproteine ergibt diese Methode immer falsche Molekulargewichte, da der Zuckeranteil nicht mit dem SDS interagiert, somit nicht in das Aggregat einbezogen wird und daher den Reibungsfaktor f erhöht. Für eine exakte Bestimmung des r m -Wertes müssen die Proteine in einer möglichst scharfen Bande wandern und pro Bande darf eine gewisse Proteinmenge nicht überschritten werden (das Gel darf nicht überladen werden). Letzteres ist nur empirisch zu ermitteln, aber es gibt prinzipiell zwei (hier kombinierte) Möglichkeiten, verdünnte Proteinlösungen während der Elektrophorese zu konzentrieren: a) Das Proteingemisch läuft aus einem großporigen Gel in ein sehr engporiges Gel. Durch diesen Bremseffekt konzentrieren sich die Proteine in einer sehr schmalen Bande. Diese Methode ist nur bei sehr kleinen Probenvolumina zufriedenstellend. b) Der eigentlichen Elektrophorese wird eine Isotachophorese vorgeschaltet, d.h. das Proteingemisch wird zwischen einem führenden und einem nachfolgenden Ion, die sich in ihrer Beweglichkeit im elektrischen Feld unterscheiden müssen, eingespannt und der ganze "stack" wandert mit der gleichen Geschwindigkeit und mit geringstmöglicher Ausdehnung. Das Trägermaterial muss möglichst großporig sein. Durch eine Änderung der Laufparameter z.b. des ph-wertes, wird der "stack" anschließend den Trennungsbedingungen unterworfen. In diesem Experiment werden die mit SDS denaturierten Proteine in einem 3 % T Sammelgel bei ph 6,8 konzentriert und in einem 10 % T Trenngel, ph 8,3, entsprechend ihrem Molekulargewicht aufgetrennt. Bessere Vergleichbarkeit verschiedener Proben wird durch die Verwendung von Flachgelen erreicht. AUFGABE: Mittels einer SDS-PAGE (10%-Acrylamid-Gel) und anschließender Coomassie-Färbung soll das Molekulargewicht des Glutamatdehydrogenase-Monomers bestimmt werden. Hierzu werden die Proben der Mitochondrienanreicherung und aufschlüsse (2. Versuch) verwendet. VERSUCHSDURCHFÜHRUNG A. Material, Lösungen und Reagenzien Elektrophorese-Apparatur Glasplatten, Abstandhalter und Trogformer Färbe- und Entfärbeschalen Schüttler Lösungen für Gele und Probenpuffer siehe unter: Diskontinuierliche SDS-Gelelektrophorese nach LAEMMLI (S.21) Blockpraktikum Biochemie, Blockteil Proteine 18

B. Durchführung 1.) Herstellung des Flachgels: Die Abstandhalter werden mit wenig, aber ausreichend Vaseline auf die fettfreie Gelplatte geklebt. Die Oberseite der Abstandhalter wird mit einer Vaselinespur versehen und die zweite Glasplatte aufgelegt. Die beiden Glasplatten werden zusammengeklammert und senkrecht gestellt. 2.) Trenngelherstellung: Entsprechend der Anlage werden die Komponenten für ein Gel mit 10 % T gemischt (ohne TEMED und APS). Nach Zugabe von TEMED und APS wird die Lösung vorsichtig geschwenkt und die Kammer zu 2/3 gefüllt. Vorsichtig wird mit 1 ml Wasser überschichtet, eine Stunde bei Raumtemperatur polymerisiert und über Nacht im Kühlschrank gelagert. 3.) Sammelgelherstellung: Das Wasser wird dekantiert und Reste mit Filterpapier entfernt. Der Kamm (zum Formen der Probentaschen) wird eingesetzt. Die Komponenten des Sammelgels werden vorsichtig gemischt und luftblasenfrei eingefüllt. Die Polymerisation ist nach 20-30 min abgeschlossen. 4.) Probenvorbereitung: Aliquots von Fraktionen der Mitochondrienanreicherung, der Überstände der Mitochondrienaufschlüsse und der Glutamatdehydrogenase-Lösung werden mit gleichen Teilen Probenpuffer gemischt und 30 min bei 37 C inkubiert (oder: 5 min bei 95 C). Werden die Proben bei 95 C inkubiert, sollte zuvor ein kleines Loch in den Deckel gestochen werdem, um ein Aufploppen zu verhindern. Fertig vorbereitete Standardproteine werden gestellt. 5.) Elektrophorese Der Kamm und der untere Abstandhalter werden entfernt und die Gelkammer in die Elektrophorese-Apparatur eingesetzt. Die Pufferkammern werden mit Laufpuffer gefüllt und vorhandene Luftblasen entfernt. 30 µl der Standardproteinlösung und 50 µg Protein der übrigen Proben werden vorsichtig in die Probentaschen pipettiert. Die Elektrophorese- Apparatur wird mit dem Spannungsgerät verbunden (Kathode oben) und der Lauf mit 20 ma pro Gel gestartet. 6.) Entnehmen des Gels: Sobald die Bromphenolblaufront etwa 0,5 cm über der unteren Gelkante angelangt ist, wird der Strom abgeschaltet und die Kabel entfernt. Die seitlichen Abstandhalter werden entfernt und die ausgeschnittene Glasplatte mit Hilfe eines Spatels vorsichtig abgehoben, die Glasplatte mit dem Gel über die Färbeschale gehalten und das Gel mit dem Spatel vorsichtig gelöst, so dass es, ohne es zu berühren, in die Färbelösung fällt. 7.) Färben/Entfärben: Die Gele werden 30 min in der Färbelösung belassen. Danach wird die Lösung abdekantiert, das Gel kurz mit Wasser abgespült und 150 ml Entfärbelösung dazugegeben. Das Gel wird über Nacht entfärbt. Blockpraktikum Biochemie, Blockteil Proteine 19

AUSWERTUNG Die Proteine des Eichkits haben folgende Molekulargewichte: Phosphorylase b 94 000 BSA 67 000 Ovalbumin 43 000 Carboanhydrase 30 000 SojabohnenTrypsin-Inhibitor 20 100 α-laktalbumin 14 400 Die in einer bestimmten Zeit zurückgelegte Wegstrecke ist proportional dem Logarithmus des Molekulargewichts und wird in Relation zum Frontmarker Bromphenolblau angegeben: r m (relative mobility) = Wegstrecke Wegstrecke Pr otein Bromphenolblau Messen Sie die zurückgelegten Wegstrecken der Eichproteine und tragen Sie deren r m -Werte gegen den Logarithmus des Molekulargewichtes auf. Bestimmen Sie mit Hilfe dieser Eichgeraden unter Anwendung der Geradengleichung das Molekulargewicht des Glutamatdehydrogenase-Monomers. Vergleichen Sie den experimentell ermittelten Wert mit dem Literaturwert und diskutieren Sie eventuelle Abweichungen! LITERATUR: Übersicht: Bioanalytik (F.Lottspeich/H.Zorbas), Kap.10 Elektrophoretische Verfahren Gel electrophoresis: A practical approach. B.D. Hames & D. Rickwood (eds.), IRL Press Oxford, 1981 Cooper, T.G.: Biochemische Arbeitsmethoden, Kap. 6, Walter de Gruyter, Berlin-New-York, 1981 Originalvorschrift nach Laemmli: Laemmli, U.K.: Nature 227, 680-685 (1970) Diskontinuierliche SDS-PAGE nach LAEMMLI A) Lösungen: 1. Trenngelpuffer Tris / HCl ph 8,8 1,5 M (181,71 g Tris) (lower gel buffer) H 2 O ad 1 L bei 4 C aufbewahren 2. Sammelgelpuffer Tris / HCl ph 6,8 0,5 M (60,57 g Tris) (upper gel buffer) H 2 O ad 1 L bei 4 C aufbewahren Blockpraktikum Biochemie, Blockteil Proteine 20

3. AA / Bis-Monomerlösung Acrylamid 30 % w/v (300 g) Bisacrylamid 0,8 % w/v ( 8 g) in ca. 450 ml H 2 O dest. lösen (im Dunkeln), H 2 O ad 1 L bei 4 C 2-3 Monate haltbar (dunkle Flasche) Achtung toxisch!!! 4. Elektrodenpuffer Tris ph 8,8 25 mm ( 3,03 g) Glycin 192 mm (14,41 g) SDS 0,1 % ( 1,00 g) H 2 O ad 1 L 5. APS Ammoniumpersulfat 100 mg/ml ca. 1 Woche haltbar 6. Probenpuffer Tris/HCl ph 6,8 62,5 mm (0,757 g) (sample buffer) SDS 2 % ( 2,00 g) Saccharose 10 % (10,00 g) H 2 O ad 100 ml von 3% (gesättigt) Bromphenolblaulösungg. zugeben, bis die Färbung rotblau wird; dann Mercaptoethanol 5ml/100ml zugeben. Dunkle Flasche. 7. Entfärbelösung Isopropanol 25 % 250 ml Eisessig 10 % 100 ml dest. Wasser 650 ml 8. Färbelösung Serva Blau R 0,1 % 1 g/l Lsg. 7 9. SDS SDS 10 % w/v (Sodium-Dodecyl-Sulfat) B) Herstellung von Sammel- und Trenngel: Trenngel 10% 15% Acrylamid Trenngel-Puffer 5 5 ml AA/Bis 6,7 10 ml H 2 O 8,0 4,7 ml SDS 10% 200 200 µl APS 10% 90 90 µl TEMED 10 10 µl Gesamtvolumen 20 20 ml Sammelgel 3% Acrylamid Sammelgelpuffer 2,5 ml AA/Bis 1,0 ml H 2 O 6,35 ml SDS 10% 100 µl APS 10% 40 µl TEMED 10 µl Gesamtvolumen 10 ml Achtung: Sicherheitsvorschriften beachten! Blockpraktikum Biochemie, Blockteil Proteine 21

5. Bestimmung der Quartärstruktur eines Proteins in der kontinuierlichen SDS-Gelelektrophorese EINFÜHRUNG: Sind Proteine in Lösung dicht genug beisammen, können sie mit geeigneten Reagenzien kovalent verknüpft werden. Auf diese Weise kann die Assoziation von Proteinen oder von Untereinheiten eines Proteins (Quartärstruktur) nachgewiesen werden. Im Falle homooligomerer Proteine lässt sich so auch recht einfach die Anzahl der beteiligten Untereinheiten bestimmen. Eine derartige kovalente Vernetzung ("cross-link") wird mit Hilfe von Substanzen erreicht, die über zwei stark reaktive Gruppen verfügen. Daneben müssen brauchbare Vernetzer zwischen ihren reaktiven Gruppen einen hinreichenden Abstand ("spacer") haben, in diesem Fall ein lineares Polymergerüst. In diesem Versuch sollen die Untereinheiten der Glutamatdehydrogenase mit Dimethyladipimidat durch eine kovalente Reaktion an Lysin- Seitenketten vernetzt werden. Die Größe der entstandenen Vernetzungsprodukte wird über eine kontinuierliche Gelelektrophorese bestimmt und liefert somit Aufschluss über die Anzahl der miteinander assoziierten Untereinheiten. Cl H 2 N C (CH 2 ) 4 C NH 2 Cl OR OR R : CH 3 Es gibt andere Vernetzer, z.b. N-Succinimidyl 3-(2-pyridyldithio)propionat (SPDP), die nach der elektrophoretischen Trennung hydrolysiert werden können und so eine Analyse der vernetzten Untereinheiten gestatten. AUFGABE: Bestimmung der Quartärstruktur der Glutamatdehydrogenase durch kovalente Vernetzung der Untereinheiten und anschließende gelelektrophoretische Analyse der entstandenen Oligomere. VERSUCHSDURCHFÜHRUNG A. Material, Lösungen und Reagenzien Elektrophorese-Apparatur für Rundgele Gelröhrchen Färberöhrchen Entfärberöhrchen Schüttelautomat Blockpraktikum Biochemie, Blockteil Proteine 22