Crowdinvesting Neuerungen in der Branche unter dem Kleinanleger- schutzgesetz MUPET / München / 18. Juni 2015 Berlin Frankfurt a. M. München www.pplaw.com
Agenda 1. Was ist Crowdinvesting? 3 2. Die Beteiligten Das Crowdinvestingdreieck 4 3. Das Kleinanlegerschutzgesetz 6 4. Aufsicht 10 5. Haftung 12 6. Anlegerpooling 14 7. Verhältnis zur AIFMD und zum sonstigem Europarecht 15 8. Zusammenfassung offene Fragen 16 MUPET, München 18. Juni 2015 2
1. Was ist Crowdinvesting? Crowdfunding allgemein bezeichnet das Sammeln von Finanzierungsbeiträgen von einer Vielzahl von Menschen, um einen gemeinsamen Zweck zu erreichen. Crowdinvesting ist eine Unterform des Crowdfunding und zeichnet sich dadurch aus, dass Emittenten Eigenkapital oder hybride Finanzierungsinstrumente an Kleinanleger herausgeben. Gängige Beteiligungsformen: partiarische (Nachrang-)Darlehen stille Beteiligungen Genussrechte Wichtigstes Vermittlungsmedium ist immer das Internet! MUPET, München 18. Juni 2015 3
2. Die Beteiligten Das Crowdinvestingdreieck Grundform: Crowd Beteiligungsverträge Plattform Unternehmen MUPET, München 18. Juni 2015 4
2. Die Beteiligten Das Crowdinvestingdreieck Pooling: Crowd Pooling- Vehikel Plattform Beteiligungs- vertrag Unternehmen MUPET, München 18. Juni 2015 5
3. Das Kleinanlegerschutzgesetz a) Gesetzgebungsverfahren Gesetzentwurf der Bundesregierung am 12. November 2014 Stellungnahme des Bundesrats mit einiger Kritik am 6. Februar 2015 Erste Beratung im Bundestag am 27. Februar 2015 Öffentliche Anhörung vor dem Finanzausschuss des Bundestags am 16. März 2015 Verabschiedung des Kleinanlegerschutzgesetzes im Bundestag am 23. April 2015 Billigung des Bundesrats im Rahmen des Art. 77 Abs. 1, 2 GG wird für Juni erwartet Inkrafttreten weiter Teile des Kleinanlegerschutzgesetzes zum 1. Juli 2015 MUPET, München 18. Juni 2015 6
3. Das Kleinanlegerschutzgesetz b) inhaltliche Neuerungen Wesentliche Neuerungen bzgl. Crowdfunding betreffen das Vermögensanlagengesetz (VermAnlG) Kernelement ist die Erweiterung des Anwendungsbereichs von 1 Abs. 2 VermAnlG um partiarische und nachrangige Darlehen sowie einen Auffangtatbestand Gleichzeitig wurden neue Befreiungsmöglichkeiten von der Prospektpflicht in 2a bis 2c VermAnlG speziell für Crowdinvesting-Modelle eingefügt Befreiung ist abhängig von Zeichnungsgrenzen je Anleger, deren Einhaltung von der Plattform kontrolliert werden muss, 2a Abs. 3 VermAnlG n.f. (Rückausnahme für Kapitalgesellschaften) In jedem Fall besteht eine Pflicht zur Erstellung eines Vermögensanlageninformationsblatts (VIB) MUPET, München 18. Juni 2015 7
3. Das Kleinanlegerschutzgesetz 2a VermAnlG: Befreiungen für Schwarmfinanzierungen (1) Die 5a, 6 bis 11a, 12 Absatz 1, 14 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 Satz 1, die 15a, 17, 18 Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 19 Absatz 1 Nummer 2, die 20, 21, 23 Absatz 2 Nummer 2 und 4, 24 Absatz 5 bis 8 und 25 sind nicht anzuwenden auf Vermögensanlagen im Sinne von 1 Absatz 2 Nummer 3, 4 und 7, wenn der Verkaufspreis sämtlicher von dem Anbieter angebotener Vermögensanlagen desselben Emittenten 2,5 Millionen Euro nicht übersteigt. (2) 23 Absatz 2 Nummer 1 ist im Fall des Absatzes 1 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Jahresabschluss nicht von einem Abschlussprüfer geprüft werden muss. 24 Absatz 1 bis 4 ist im Fall des Absatzes 1 mit der Maßgabe anzuwenden, dass nach diesem Gesetz kein Lagebericht erstellt werden muss. (3) Die Befreiung nach den Absätzen 1 und 2 ist nur auf Vermögensanlagen anwendbar, die ausschließlich im Wege der Anlageberatung oder Anlagevermittlung über eine Internet-Dienstleistungsplattform vermittelt werden, die durch Gesetz oder Verordnung verpflichtet ist, zu prüfen, ob der Gesamtbetrag der Vermögensanlagen desselben Emittenten, die von einem Anleger erworben werden können, der keine Kapitalgesellschaft ist, folgende Beträge nicht übersteigt: 1. 1 000 Euro, 2. 10 000 Euro, sofern der jeweilige Anleger nach einer von ihm zu erteilenden Selbstauskunft über ein frei verfügbares Vermögen in Form von Bankguthaben und Finanzinstrumenten von mindestens 100 000 Euro verfügt, oder 3. den zweifachen Betrag des durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommens des jeweiligen Anlegers nach einer von ihm zu erteilenden Selbstauskunft, höchstens jedoch 10 000 Euro. (4) Die Befreiung nach den Absätzen 1 und 2 kann nicht in Anspruch genommen werden, solange eine Vermögensanlage des Emittenten nach 2 Absatz 1 Nummer 3 öffentlich angeboten wird oder eine auf diese Weise angebotene Vermögensanlage des Emittenten nicht vollständig getilgt ist. MUPET, München 18. Juni 2015 8
3. Das Kleinanlegerschutzgesetz weitere inhaltliche Neuerungen betreffen: neue Befugnisse der BaFin in 1 Abs. 1a FinDAG zum Schutz kollektiver Verbraucherinteressen ein 14-tägiges Widerrufsrecht eines jeden Investors nach 2d VermAnlG n.f. (hängt nach dem Wortlaut nicht von der Verbrauchereigenschaft des Anlegers ab) Warnhinweispflichten nach 12 VermAnlG n.f. hinsichtlich des Risikos und den Ertragschancen der Vermögensanlage, Hinweispflicht auf Verkaufsprospekt (das strikte Werbeverbot in 12 VermAnlG-E wurde im Gesetzgebungsverfahren aufgegeben) das VIB; es ist nach 15 Abs. 3 und 4 VermAnlG n.f. an den Ersteller zurückzusenden, was auch durch eine der händischen Unterschrift vergleichbare digitale Bestätigung der Kenntnisnahme des Warnhinweises möglich ist (Abs. 4 ist ebenfalls erst im Gesetzgebungsverfahren hinzugefügt worden, vorher nur händische Unterschrift vorgesehen gewesen) zur Konkretisierung der Gleichwertigkeit ist eine Ermächtigungsgrundlage zum Erlass einer Rechtsverordnung in 15 Abs. 5 VermAnlG enthalten MUPET, München 18. Juni 2015 9
4. Aufsicht a) über die Plattformen Die Plattformen unterliegen derzeit zwingend nur der gewerberechtlichen Aufsicht der zuständigen Ortspolizei- bzw. ordnungsbehörde nach 34c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bzw. 34f Abs. 1 Satz 1 GewO ab Inkrafttreten des KASG einheitlich nach 34f GewO, da dann auch die partiarischen bzw. nachrangigen Darlehen unter den Vermögensanlagenbegriff des in Bezug genommenen 1 Abs. 2 VermAnlG n.f. fallen werden Nach alter Rechtslage waren KWG und WpHG zumindest für partiarische/ nachrangige Darlehen schon nicht einschlägig, jedenfalls existieren Befreiungsvorschriften, vgl. 2 Abs. 6 Nr. 8 KWG, 2a Abs. 1 Nr. 7 e) WpHG diese gelten auch nach Inkrafttreten des KASG weiter, sodass sich trotz Erweiterung des Vermögensanlagenbegriffs im Ergebnis nichts ändert Erlaubnispflicht nach 1 Abs. 1 Nr. 5 ZAG wird durch Einsatz externer Zahlungsdienstleister vermieden MUPET, München 18. Juni 2015 10
4. Aufsicht b) über das Zielunternehmen Regelmäßig keine aufsichtsrechtliche Erlaubnis nötig kein Einlagengeschäft nach 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG bei Ausgabe stiller Beteiligungen oder nachrangiger Darlehen kein Investmentvermögen nach 1 Abs. 1 KAGB, schon mangels Weiterinvestition der Gelder möglich aber bei Pooling-Vehikeln ggf. gewerberechtliche Erlaubnis nötig, je nach Geschäftsmodell c) über die Anleger Regelmäßig keine aufsichtsrechtlichen Vorgaben, da beim Crowdinvesting gezielt Verbraucher angesprochen sind die Plattformen lassen oft ausdrücklich nur Verbraucher zu aber: Anleger, der selbst der Aufsicht unterliegt, ist wohl nicht ausgeschlossen! MUPET, München 18. Juni 2015 11
5. Haftung a) im Verhältnis Plattform zu Zielunternehmen die Haftung beider Parteien richtet sich nach dem bestehenden Vermittlungsvertrag ggf. Gesamtschuldnerausgleich bei gemeinsamer Prospekthaftung gegenüber dem Anleger b) Im Verhältnis Zielunternehmen zu Anleger das Zielunternehmen haftet für Leistungsstörungen nach den allgemeinen Vorschriften sofern ein Prospekt ausgegeben wurde, greift die spezielle Prospekthaftung nach 20 ff. VermAnlG wurde nur ein VIB verteilt, richtet sich die Haftung nach 22 VermAnlG subsidiäre Haftung aus der allgemeinen Prospekthaftung? MUPET, München 18. Juni 2015 12
5. Haftung c) im Verhältnis Plattform zu Anleger zwischen Plattform und Anleger besteht zunächst nur der Plattformnutzungsvertrag eine spezialgesetzliche Prospekthaftung kommt nur dann in Betracht, wenn sich die Plattform tatbestandsmäßig an der Veröffentlichung des Prospekts nach 20 ff. VermAnlG beteiligt selten, weil die Plattformen in aller Regel keine Prospektveranlasser sind eine Verantwortlichkeit aus allgemeiner Prospekthaftung ist dagegen durchaus möglich insbesondere seit der Ausweitung des Anwendungsbereichs durch das Rupert Scholz -Urteil des BGH von 2011 Haftung für Prospekte bei Pooling-Konstruktionen? MUPET, München 18. Juni 2015 13
6. Anlegerpooling Betrifft die Zusammenfassung von Kleinanlegern gegenüber dem Zielunternehmen (durch Stellvertreter/Treuhänder/Treuhandgesellschaft/echte Investorengesellschaft/mehrgliedrige stille Gesellschaft) Vorteile: Einheitliches Auftreten der Crowd gegenüber dem Zielunternehmen gebündelte Veräußerung oder Ablösung der Crowdbeteiligungen bietet höhere Gewinnchancen oder macht die Veräußerung oder Ablöse erst möglich Herausforderungen: Prospektpflicht, Haftung und Aufsichtsrecht werfen etliche Fragen auf Koordinierung der gepoolten Crowd mit Folgeinvestments Beispiel: System der mittelbaren Beteiligung bei Companisto über die Companisto Venture Capital GmbH MUPET, München 18. Juni 2015 14
7. Verhältnis zur AIFMD und zum sonstigen EU-Recht Das KASG bedient sich mit den Änderungen im VermAnlG einer produktorientierten Regulierung Zeichnungsgrenzen Prospektpflicht bzw. VIB bei Fundings unter 2,5 Mio. Euro Die AIFMD wählt dagegen einen personenbezogenen Regulierungsansatz sofern der Vermittler (die Plattform) die aufsichtsrechtlichen Vorgaben erfüllt, gibt es keine produktbezogenen Beschränkungen Problem: hoher Kostenaufwand bei AIFMD-Regulierung steht kaum im Verhältnis zum Vermittlungsentgelt der Plattformen Darüber hinaus hat die EU eigene Gesetzgebungsverfahren angestoßen Schaffung einer Kapitalmarktunion, auch Crowdfunding steht auf der Agenda Erneuerung der Prospektrichtlinie, diesbezügliche öffentliche Konsultation lief bis zum 13. Mai 2015 MUPET, München 18. Juni 2015 15
8. Zusammenfassung offene Fragen Das KASG enthält nahezu ausschließlich Produktregulierungen Zum weiteren Gelingen des Projekts Crowdfunding sind umfassende Überlegungen zur Grundstruktur und ihren Implikationen notwendig Wichtige offene Fragen: Wie kann die Plattform die Einhaltung der Zeichnungsgrenzen effektiv kontrollieren? Haftet die Plattform gegenüber dem Anleger? Wie können Vorgaben für die Informationsbereitstellung und -weitergabe der Plattform an den Anleger aussehen? Welche Standards für regelmäßige Reportings kann es geben? Wie soll der Unternehmer haften, der Informationen nur auf Anforderung der Plattform checklistenartig ausgibt? Wie kann die Crowd bei Leistungsstörungen koordiniert werden? Wer ist Anleger in Pooling-Situationen? Wie können die derzeit aufkommenden Mischsysteme eingeordnet werden? MUPET, München 18. Juni 2015 16
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Dr. Andreas Rodin Rechtsanwalt Partner P+P Pöllath + Partners Frankfurt andreas.rodin@pplaw.com Tel.: +49 (69) 247 047 17 Tätigkeitsschwerpunkte: Private Equity I Private Funds Steuerrecht Strukturierung von Private Equity Fonds Beratung von Initiatoren und Investoren von weltweiten Fondsbeteiligungen Alternative Investments AIFM/KAGB-Beratung Asset Management Sekundärtransaktionen Zur Person Studium in München (Promotion 1987) Zulassung als Rechtsanwalt 1983 Partner in einer führenden deutschen Anwaltssozietät (1990-1993), Partner in einer bedeutenden internationalen Anwaltssozietät (1993-1997) Gründungspartner von P+P Pöllath + Partners 1997 Weitere Aktivitäten Vorstandsmitglied im Bundesverband deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften e.v. (BVK, 04/2009-06/2013), zuständig für Recht und Steuern, in dieser Funktion maßgeblich beteiligt an der Interessenvertretung des BVK und seiner Mitglieder bei der europäischen AIFMD, ihrer Umsetzung im deutschen KAGB und bei den Anpassungen der steuerlichen Regeln zahlreiche Veröffentlichungen und Referententätigkeit zu den genannten Tätigkeitsschwerpunkten MUPET, München 18. Juni 2015 18