V 44 Magnetische Kernresonanz



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Transkript:

V 44 Magnetische Kernresonanz A) Stichworte zur Vorbereitung Magnetismus, Induktion, magnetische Momente, Kernresonanz, Fourieranalyse, Kernspintomographie, Magnetresonanztomographie, Ortskodierung, Kernspinspektroskopie. B) Literatur Heribert Jahrreiß: Einführung in die Physik. Köln: Deutscher Ärzte-Verlag, 5. Aufl. 1993. Hellenthal: Physik für Mediziner und Biologen Klaus Roth: NMR-Tomographie und -Spektroskopie in der Medizin. Berlin: Springer, 1984. Hans H. Schild: MRI made easy. Berlin: Schering AG, 2. Aufl. 1990. Josef Lissner, Manfred Seiderer: Klinische Kernspintomographie. Stuttgart: Enke, 2. Aufl. 1990. Theodor Laubenberger und Jörg Laubenberger: Technik der medizinischen Radiologie. Köln: Deutscher Ärzte-Verlag, 7. Aufl. 1999. Erich Krestel (Hrsg.): Bildgebende Systeme für die medizinische Diagnostik. Berlin: Siemens AG, 2. Aufl. 1988. C) Motivation Die Kernspin- oder Magnetresonanztomographie (NMR-Tomographie 36, MRT) gewinnt in der medizinischen Diagnostik in letzter Zeit immer mehr an Bedeutung. Dies ist der Grund, warum dieser Versuch trotz der Komplexität des Stoffes ins Praktikum aufgenommen wurde. Er soll Ihnen die physikalischen Phänomene, die für die Entstehung der Tomogramme verantwortlich sind, und das Prinzip der Entstehung eines Kernspintomogramms verständlich machen. Die Kernspintomographie ist ein bildgebendes Verfahren, das die magnetische Kernresonanz zur Grundlage hat. Wie der Name für diese neue Diagnosemethode schon sagt, kommen die Signale, die die Bildinformation liefern, von Atomkernen. Die nun folgenden Abschnitte sollen Ihnen erläutern, wie es von der Wechselwirkung der Atomkerne mit einem hochfrequenten magnetischen Wechselfeld letztendlich zu einem Bild kommt. Zu diesem Zweck müssen wir zunächst die magnetische Kernresonanz als Grundlage der Bildentstehung ausführlich diskutieren. 36 NMR kommt von nuclear magnetic resonance. 199

D) Grundlagen 1. Magnetische Momente und das Verhalten des Magnetisierungsvektors M in einem statischen (zeitlich nicht veränderlichen) Magnetfeld B 0 Atome setzen sich aus einem sehr kleinen Kern (Durchmesser 10 15 m) und einer Atomhülle aus Elektronen, die den Kern umkreisen, zusammen (vgl. Versuch 41). Die meisten Atomkerne besitzen einen Eigendrehimpuls, genannt Spin. Diesen kann man sich vorstellen als Rotation um eine Achse, die durch den Kern geht so wie bei einem sich drehenden Kreisel. Mit diesem Drehimpuls verbunden ist ein magnetisches Moment µ, also eine Art Stabmagnet (Nord- und Südpol), der in Richtung der Drehachse liegt. Die Kernspintomographie und die ihr zugrundeliegende Kernspinresonanz beruht auf der Beobachtung des Verhaltens von magnetischen Kernmomenten in einem äußeren Magnetfeld. Aufgrund der Gesetze der Quantenmechanik stellt sich (nach sehr kurzer Zeit) ein magnetisches Moment µ in einem äußeren Magnetfeld entweder parallel (gleiche Richtung) oder aber antiparallel (entgegengesetzte Richtung) zu diesem ein. Werden die Atomkerne in ein magnetisches Feld B 0 gebracht, 37 so ist es energetisch günstiger, wenn die magnetischen Momente sich parallel zum äußeren Magnetfeld einstellen, als wenn sie sich antiparallel dazu einstellen würden. Daher wird es etwas mehr Kerne geben, deren magnetisches Moment sich parallel zum Feld ausrichtet, als solche, bei denen es sich antiparallel dazu ausrichtet. Die magnetischen Momente der einzelnen Kerne addieren sich zu einem (makroskopischen) Magnetisierungsvektor M auf, 38 der dann eben wegen des Überschusses an parallel zum Feld B 0 stehenden magnetischen Momenten ebenfalls in Richtung von B 0 zeigt. (Daß nicht alle magnetischen Momente die energetisch günstigere Einstellung einnehmen, liegt daran, daß die Wärmebewegung bei Zimmertemperatur völlig ausreicht, um die Kernspins vom energetisch tieferen in den höheren Zustand zu bringen.) Die Energiedifferenz E zwischen den beiden Einstellungen des magnetischen Momentes (und damit des Spins) ist gegeben durch die Gleichung: 39 E = h γ B 0. (1) Sie ist also proportional zur Feldstärke B 0. Proportionalität zwischen E und B 0 bedeutet, daß der Energieabstand zwischen den beiden Niveaus in einem stärkeren Magnetfeld größer ist als in einem schwächeren (vgl. Abb. 1 Mitte). 37 Voraussetzung für das Funktionieren der magnetischen Kernspinresonanz ist, daß die Atomhülle diamagnetisch ist, d.h. daß der Gesamtdrehimpuls der Elektronen gleich 0 ist. 38 Genaugenommen ist M die vektorielle Summe der einzelnen magnetischen Momente geteilt durch das zugehörige Volumen. 39 γ wird als gyromagnetisches Verhältnis bezeichnet und hängt von der Art der Kerne ab. Der Wert beträgt für Protonen 2π 42,58 MHz/T, für 31 P Kerne 2π 17,25 MHz/T (Megahertz pro Tesla). 200

Energie antiparallel B 0 = 0 E = h γ B 0 B 0 nimmt zu B 0 parallel Abb. 1: Energiedifferenz zwischen paralleler und antiparalleler Orientierung des magnetischen Moments zur Feldrichtung in Abhängigkeit von der Magnetfeldstärke Beachten Sie, daß diese Energiedifferenz erst auftritt, wenn das Material in ein Magnetfeld gebracht wird. Ohne Magnetfeld (B 0 = 0, links in Abb. 1) unterscheiden sich die verschiedenen Orientierungen nicht in ihrer Energie; dann ergäbe sich also auch kein Überschuß einer der beiden Ausrichtungen der magnetischen Momente. Das statische Magnetfeld B 0 ist also erforderlich, um überhaupt eine Magnetisierung M zu bekommen. z M B 0 y x Abb. 2: Richtung des Magnestisierungsvektors M im statischen Feld B 0 201

2. Verhalten des Magnetisierungsvektors M in einem hochfrequenten, zeitlich veränderlichen Magnetfeld B 1 Nun wird zusätzlich zum statischen (d.h. zeitlich konstanten) Feld B 0 ein (elektro-) magnetisches Wechselfeld B 1 (t) in einer Richtung senkrecht zu B 0 eingestrahlt, welches aus einer Überlagerung von Sinuswellen mit Kreisfrequenzen in der Gegend von ω L = γ B 0 (2) besteht. ω L ist die sogenannte Larmor-Frequenz; γ ist hierbei wieder das gyromagnetische Verhältnis, eine von der Art der Kerne abhängige Größe, die als Proportionalitätsfaktor zwischen dem magnetischem Moment und dem Drehimpuls (Spin) auftritt. Dadurch beginnen die magnetischen Momente der einzelnen Kerne zu präzedieren so wie ein mechanischer Kreisel, dessen Achse nicht in Richtung des Schwerefeldes der Erde zeigt (sprich: nicht senkrecht steht) (siehe Abb. 3). Abb. 3: Präzedierender Kreisel: Die Schwerkraft versucht, einen rotationssymmetrischen Kreisel, der außerhalb seines Schwerpunkts unterstützt wird, ( schwerer symmetrischer Kreisel ) auf den Boden zu legen. Dreht sich der Kreisel aber, so wirkt sein Drehimpuls dem entgegen, und der Kreisel weicht zur Seite aus, d.h. die Figurenachse des Kreisels beginnt um die Richtung der Schwerkraft zu präzedieren. So wie beim mechanischen Kreisel die Schwerkraft versucht, den Kreisel in die energetisch günstigste Position zu kippen, so versucht auch das Magnetfeld einen Stabmagneten, der nicht in Feldrichtung steht, parallel zum Feld auszurichten (vgl. oben: Ausrichtung des magnetischen Moments parallel zum Magnetfeld ist energetisch am günstigsten). Da unsere Kernmomente aber zusätzlich einen Spin, also einen Drehimpuls besitzen, beginnen sie wie der sich drehende Kreisel zu präzedieren, nämlich um die Richtung des Magnetfelds. Und zwar erfolgt diese Präzession sozusagen sowohl um die Richtung von B 1, als auch um die Richtung von B 0, da durch die Präzession um B 1 die magnetischen Momente nun nicht mehr in die gleiche Richtung wie B 0 zeigen. Dies führt zu einer Spiralbewegung der einzelnen magnetischen Momente (vgl. Abb. 4). Die magnetischen Momente, die antiparallel zum B 0 -Feld ausgerichtet waren, zeigen dabei zu jedem Zeitpunkt in die entgegengesetzte Richtung wie diejenigen, die anfangs parallel zu B 0 ausgerichtet waren. Da es aber von den letzteren mehr gibt als von den ersteren (siehe oben energetisch günstigerer Zustand), wird der Magnetisierungsvektor sich so verhalten wie die ursprünglich parallel zu B 0 ausgerichteten 202

magnetischen Momente. Also führt auch der Magnetisierungsvektor die in Abb. 4 gezeigte Spiralbewegung aus; sein Betrag ändert sich hierbei nicht. Die Drehung um die B 0 -Achse erfolgt dabei mit der Larmor-Frequenz ω L. (Da ω L = γ B 0 ist, erfolgt diese Drehung also umso schneller, je stärker das statische Magnetfeld B 0 ist; allerdings kommt es auf die Stärke des Magnetfeldes an, die der Kern tatsächlich spürt, und diese wird von der diesen umgebenden Elektronenhülle beeinflußt, dies ist die sogenannte chemische Verschiebung. Ansonsten hängt ω L nur noch von der Art der Kerne ab, da die Proportionalitätskonstante γ eine Eigenschaft der Kerne ist.) Wie schnell sich der Magnetisierungsvektor nach unten bewegt, also von der Richtung von B 0 wegbewegt, ist durch die Stärke des B 1 -Feldes bestimmt (je stärker das magnetische Wechselfeld B 1 ist, desto schneller wandert der Magnetisierungsvektor M nach unten ). Je nach Stärke des magnetischen Wechselfeldes B 1 und der Dauer, wie lange dieses eingestrahlt wird (d.h. der Dauer des Pulses ), wandert der Magnetisierungsvektor einen bestimmten Winkel von der B 0 -Richtung weg nach unten. Üblich sind hier 90 - und 180 -Pulse; bei den ersteren steht M nach dem Puls gerade senkrecht auf der Richtung von B 0, bei den letzteren zeigt M danach genau in die zu B 0 entgegengesetzte Richtung, hat sich also gerade umgedreht. z M B 0 B 1 y x Abb. 4: Bewegung des Magnetisierungsvektors bei statischem und zeitlich veränderlichem Magnetfeld im Resonanzfall (eingestrahlte Frequenz = Larmor-Frequenz ω L ) 3. Freier Induktionsabfall (FID) und Relaxation (Abklingen der Magnetisierung) Nach einem 90 -Puls stehen die einzelnen magnetischen Momente genauso wie der Magnetisierungsvektor senkrecht zu B 0. Daher präzedieren sie und damit auch 203

M um die Richtung von B 0, und zwar weiterhin mit der Larmor-Frequenz ω L. Da M aber selbst auch ein magnetisches Feld um sich hat (wie eben ein Stabmagnet), erzeugt diese Präzession ein periodisch sich änderndes Magnetfeld in Richtungen senkrecht zu B 0. Da ein sich zeitlich änderndes Magnetfeld von einem elektrischen Wirbelfeld umgeben ist (siehe V 22), induziert diese Änderung des Magnetfeldes in einer Spule (siehe Abb. 5) eine elektrische Spannung, die sich dann eben auch periodisch ändert, also eine Wechselspannung. Diese Spannung detektieren wir, sie ist unser Signal. B 1 Probe B 0 Hochfrequenzwechselspannungsquelle u. -nachweiselektronik Abb. 5: Schema der Versuchsanordnung: N, S sind die Pole eines Permanentmagneten, dazwischen befindet sich in einem Luftspalt die Probe und eine Spule, die zur Erzeugung von B 1 und zum Nachweis der Quermagnetisierung durch Induktion dient Die Kreisfrequenz dieser Wechselspannung ist natürlich gerade so groß wie die Kreisfrequenz, mit der sich das von M erzeugte Magnetfeld ändert, also wie schnell sich M dreht, also gleich ω L. Die ursprüngliche Höhe des Signals ist proportional zur Größe von M, und diese ist proportional zur Überzahl der magnetischen Momente, die vor dem 90 -Puls parallel zu B 0 standen, gegenüber denen, die antiparallel zu B 0 standen. Diese Überzahl ist ihrerseits umso größer, je größer die Anzahl der Kerne pro Volumeneinheit überhaupt ist (also bei Detektion der Kernresonanz von Wasserstoff -Kernen: je größer die Protonendichte ist). (Außerdem ist M umso größer, je größer B 0 und γ sind und je kleiner die Temperatur ist.) Man beobachtet nun aber, daß das Signal mit der Zeit kleiner wird (siehe Abb. 6), weshalb die Kurve auch Freier Induktionsabfall ( free induction decay, FID) ge- 204

nannt wird. Genauer handelt es sich um einen exponentiellen Abfall der Einhüllenden mit der Zeit. Kernresonanzsignal Zeit in Sekunden Abb. 6: Freier Induktionsabfall Dieser Abfall der Amplitude muß durch eine Abnahme der zu B 0 senkrecht stehenden Komponente der Magnetisierung M (der sogenannten Quermagnetisierung) hervorgerufen werden. Für diese Abnahme gibt es im wesentlichen drei Gründe: 1. Die Inhomogenität des Magnetfelds. Das statische Magnetfeld B 0 hat nur in einem begrenzten Raumbereich die gleiche Feldstärke, d.h. es ist inhomogen. Die Resonanzfrequenz ω L hängt aber nach Gl. (2) von der Feldstärke ab: ω L = γ B 0. Das bedeutet, daß am Rand des Magneten, der das B 0 Feld erzeugt, die Kernspins mit einer etwas anderen Frequenz ω L um die Feldrichtung präzedieren als im Zentrum und daß sich die Spins daher in ihrer magnetischen Wirkung (d.h. in der durch sie erzeugten Magnetisierung) gegenseitig abschwächen. Diese Abhängigkeit der Resonanzfrequenz vom an verschiedenen Orten unterschiedlich starken Magnetfeld B 0 (x) wird in der Tomographie ausgenutzt, um den Herkunftsort des Kernresonanzsignals festzustellen. Dazu werden gezielt inhomogene Felder verwendet. Über die Verschiebung der Resonanzfrequenz läßt sich dann der Herkunftsort bestimmen. 2. Die Wechselwirkung der magnetischen Momente untereinander ( Spin-Spin-Wechselwirkung ). Jedes magnetische Moment schwächt oder verstärkt (je nach Lage des Moments) in einer kleinen Umgebung das Magnetfeld B 0. Falls ein zweites Moment sich in dieser Umgebung befindet, präzediert es mit einer anderen Frequenz als im reinen äußeren Magnetfeld, d.h. ohne benachbarte magnetische Momente. Da diese Wechselwirkung je nach Ort verschieden ist, präzedieren die Momente wie oben mit minimal unterschiedlicher Frequenz und schwächen daher die Magnetisierung nach einiger Zeit immer mehr ab. 205

3. Die Probe versucht, den Gleichgewichtszustand zu erreichen ( Spin- Gitter-Wechselwirkung ). Durch die Einstrahlung von Energie (in Form von hochfrequenten Magnetfeldimpulsen B 1 ) wird der energetisch höhere Zustand in Abb. 1 zu Lasten des energetisch günstigeren stärker besetzt. Dadurch wird einerseits die Probe ummagnetisiert, was für die Entstehung des Kernresonanzsignals notwendig ist, andererseits wird die Probe angeregt (das Gleichgewicht gestört). Die Störung ist maximal, wenn sich die Besetzungszahlen der Zustände umkehren (bei einem 180 -Impuls). Wie immer strebt dann die Natur wieder dem energetisch günstigeren Zustand zu und als Folge die Magnetisierung ihrem Ausgangswert. Direkten Einfluß auf den Signalverlauf hat bei dem im Praktikum verwendeten Gerät vor allem die Magnetfeldinhomogenität (1.), da das B 0 Feld durch relativ kleine Permanentmagnete erzeugt wird (vgl. Abb. 5). Die Feldinhomogenität läßt sich durch den Einsatz größerer Magnete wesentlich reduzieren (und damit natürlich auch ihr Einfluß auf das Signal). Nicht beeinflußt werden können dagegen die unter 2. und 3. diskutierten Effekte. Sie werden unter dem Begriff Relaxation zusammengefaßt. Es gibt sowohl eine transversale Relaxation, welche für den eben besprochenen Abbau der senkrecht zur Feldrichtung B 0 stehenden Magnetisierungskomponente (also der in den Abbildungen 2 und 4 in der x y Ebene liegenden Komponente von M) verantwortlich ist, als auch eine longitudinale Relaxation, welche die parallel zur Feldrichtung B 0 zeigende Magnetisierungskomponente (also die Längsmagnetisierung, d.h. die Magnetisierung in z-richtung in den Abbildungen 2 und 4) wieder aufbaut. Die transversale Relaxation wird, wie gesagt, von den Effekten 2. und 3. verursacht. Die longitudinale Relaxation kommt dagegen ausschließlich durch den 3. Prozeß zustande. Die Geschwindigkeiten, mit der die Relaxationen ablaufen, werden durch die entsprechenden Relaxationszeiten charakterisiert. Die transversale Relaxationszeit T 2 gibt die Zeit an, in der die Längskomponente der Magnetisierung auf den Bruchteil 1/e zurückgegangen ist. Die longitudinale Relaxationszeit T 1 ist die Zeit, in der der Unterschied zur Gleichgewichtsmagnetisierung in z-richtung auf 1/e zurückgegangen ist. Da zur transversalen Relaxation die Prozesse 2. und 3. beitragen, während zur longitudinalen Relaxation nur 3. beiträgt, ist die Querrelaxationszeit T 2 auch kleiner als T 1. Während die transversale Relaxation, d.h. der Abbau der Quermagnetisierung, beim Freien Induktionsabfall nachgewiesen wird, kann die longitudinale Relaxation, wie die Längsmagnetisierung selbst, nicht direkt nachgewiesen werden. Der Grund dafür ist, daß die Längskomponente der Magnetisierung nicht präzediert und daher kein magnetisches Wechselfeld erzeugt (außerdem können bei der in Abb. 5 gezeichneten Anordnung auch nur Magnetisierungsänderungen nachgewiesen werden, die auf der Achse der Induktionsspule liegen). Die longitudinale Relaxation kann aber durch weitere 90 -Pulse des hochfrequenten B 1 -Feldes, welche die Längsmagnetisierung in eine Quermagnetisierung verwandeln, gemessen werden. Die beiden Relaxationszeiten T 1 und T 2 spielen in der Tomographie eine wichtige Rolle, da sie bei verschiedenen Gewebearten unterschiedlich sind. So hat z.b. Krebsgewebe eine deutlich längere Relaxationszeit T 1 als vergleichbares gesundes Gewebe. 206

Wenn man also bei der Bildentstehung im Tomographen die Relaxationsdauer auf geeignete Weise zur Helligkeitssteuerung mitverwendet, kann man befallene Stellen im Bild sehen. 4. Informationsgehalt des Kernresonanzsignals Wie aus dem oben Gesagten hervorgeht, können aus dem Kernresonanzsignal also unter anderem folgende Informationen gewonnen werden: 1. Aus der Höhe des FID direkt nach einem 90 -Impuls: Die Höhe des FID direkt nach einem 90 -Impuls ist ein Maß für die Dichte der detektierten Kerne in der untersuchten Körperschicht. Im allgemeinen weist man mit der Kernspinresonanz Wasserstoffkerne (Protonen) nach. Prinzipiell läßt sich aber auch die Dichte anderer Kerne nachweisen, allerdings mit größerem Aufwand. Die Protonendichte ist unterschiedlich für verschiedene Gewebearten. 2. Aus der Resonanzfrequenz: Im einfachsten Fall, der in der Abb. 6 dargestellt ist, hat man nur eine einzige Resonanzfrequenz, die sich dann sofort ablesen läßt. Im allgemeinen aber hat man eine Überlagerung von Schwingungen unterschiedlicher Resonanzfrequenzen. Dann können diese Resonanzfrequenzen durch Fourieranalyse des FID gewonnen werden. Als Fourieranalyse bezeichnet man ein mathematisches Verfahren, das davon ausgeht, daß jedes beliebige Signal durch Überlagerung von Sinus und Cosinusanteilen unterschiedlicher Amplitude (Höhe) und Frequenz simuliert werden kann. Eine Demonstration, wie verschiedene (z.b. rechteckförmige) Signale aus solchen Anteilen zusammengesetzt werden können, wird im Praktikum durchgeführt. Bei der Fourieranalyse wird dieser Vorgang umgekehrt. Man sucht die Amplituden und Frequenzen der Sinus- und Cosinusanteile, die in einem gegebenen Signal enthalten sind, d.h. als Ergebnis der Fourieranalyse erhält man in unserem Fall die Frequenzen und Amplituden der im Kernresonanzsignal (FID) vertretenen Sinus und Cosinusanteile. 2.1 Zur Bilderzeugung muß, wie oben schon angedeutet, zunächst festgelegt werden, von welcher Stelle im Körper das Kernresonanzsignal kommt. Für diese sogenannte Ortskodierung nützt man die Abhängigkeit der Resonanzfrequenz von der Feldstärke B 0 aus (ω L = γ B 0 ). Das Prinzip ist in Abb. 7 dargestellt. Man verwendet statt eines homogenen Magnetfeldes ein inhomogenes derart, daß die Feldstärke linear (z.b. entlang der Körperachse) zunimmt. Wenn man eine Probe in dieses Feld bringt, erhält man bei der Fourieranalyse die zugehörige Resonanzstelle, deren Frequenz vom Ort der Probe und deren Betrag von der Protonenkonzentration abhängt. Das wird deutlicher im zweiten Teilbild von Abb. 7, wo drei Proben unterschiedlicher Protonenkonzentration an verschiedenen Orten untersucht werden. Die Fourieranalyse liefert drei Resonanzstellen unterschiedlicher Höhe und Frequenz. Die Signalamplitude, die mit Hilfe der Fourieranalyse gewonnen wurde, kann zur Helligkeitssteuerung des 207

Bildpunkts verwendet werden, die zugehörige Frequenz läßt Rückschlüsse auf den Herkunftsort zu. Die bei der Tomographie eingesetzten Techniken zur Ortskodierung sind aber in Wirklichkeit wesentlich komplizierter. Nachdem der Entstehungsort des Kernsignals festgestellt wurde, kann man aus dem Signal z.b. die Protonendichte und die Relaxationszeiten (bei geeigneter Anregung, s.o.) entnehmen, also charakteristische Eigenschaften des Gewebes an diesem Ort (siehe 1. und 3.). Amplitude Amplitude Frequenz Frequenz Abb. 7: Prinzip der Ortskodierung: Die Keile vor den Magnetpolen sollen das lineare Ansteigen der Magnetfeldstärke andeuten. 2.2 Die Feldstärke am Ort des Protons wird aber auch durch die chemische Bindung beeinflußt, da sich die diamagnetische Atomhülle (s.o.) zwar im wesentlichen magnetisch neutral verhält, jedoch einen geringen Teil der Feldstärke B 0 vom Atomkern zurückhält. Das magnetische Moment des Kerns kann also nur mit dieser durch die Hülle reduzierten Feldstärke in Wechselwirkung treten. Dies führt zu einer geringen Verschiebung der Resonanzstelle, die bei unterschiedlichen chemischen Bindungen verschieden groß ist (chemische Verschiebung). Dadurch ergeben sich Probleme für die Ortskodierung in der NMR-Tomographie. Auf der anderen Seite kann die chemische Verschiebung jedoch dazu ausgenützt werden, bestimmte chemische Verbindungen im Körper nachzuweisen (Kernresonanzspektroskopie). 208

Abb. 8: 31 P Spektrum des menschlichen Oberschenkelmuskels. Aufgrund ihrer unterschiedlichen chem. Verschiebung kann man die Metabolite Adenosintriphosphat (ATP), Kreatinphosphat (PCr), Phosphordiester (PDE) und anorganisches Phosphat (P i ) unterscheiden. 3. Aus der Stärke des Abfalls des FID: Die Stärke des Abfalls des FID liefert die transversale Relaxationszeit T 2. Mit Hilfe zusätzlicher B 1 -Pulse läßt sich auf ähnliche Weise auch die longitudinale Relaxationszeit T 1 gewinnen. Die Relaxationszeiten können Aufschluß darüber geben, ob es sich um gesundes oder krankes Gewebe handelt. E) Versuchsdurchführung und -auswertung 1. Messung der Präzessionsbewegung Der Versuchsaufbau veranschaulicht die Wirkung von statischen Magnetfeldern auf einen rotierenden Probekörper mit dem Drehimpuls L und zugehörigem magnetischem Moment µ. Er besteht aus folgenden Komponenten: einer Kugel mit permanentem magnetischen Moment, die auf einem Luftkissen reibungsarm gelagert ist einem Spulenpaar, das am Ort der Kugel ein vertikales Magnetfeld variabler Stärke erzeugt einer Stroboskoplampe, mit der die Winkelgeschwindigkeit der Kugel bestimmt werden kann 1.1 Messung des gyromagnetischen Verhältnisses 1. Schalten Sie das Magnetfeld ein und stellen Sie den Strom durch die Spulen auf einen geeigneten Wert. 209

2. Stellen Sie den Gradient Schalter auf on. Dadurch fließen die Ströme in der oberen und unteren Spule in entgegengesetzte Richtung und erzeugen ein inhomogenes Magnetfeld mit B = 0 am Ort der Kugel. 3. Schalten sie das Stroboskop an und stellen Sie eine Frequenz von etwa 5 Hz ein. (Beachte: Um die Frequenz genau zu bestimmen, benötigt der Frequenzzähler einge Sekunden.) 4. Richten Sie die Kugel so aus, daß der schwarze Griff an der Kugel zum Stroboskop zeigt (Neigungswinkel etwa 30 ). 5. Versetzen Sie die Kugel in Rotation und reduzieren Sie die Nutationsbewegung vorsichtig durch Berührung mit den Fingernägeln. 6. Da die Winkelgeschwindigkeit der Kugel aufgrund der Reibung langsam abnimmt, wird nach einiger Zeit der weiße Punkt auf dem Griff im Licht des Stroboskops stationär erscheinen. Auf diese Weise bestimmen Sie die Winkelgeschwindigkeit Ω = 2πf Strob der Kugel. Merken Sie sich die azimuthale Position des schwarzen Griffes an der Kugel und schalten Sie das Gradientenfeld aus. 7. Messen sie mit einer Stoppuhr, wie lange die Kugel benötigt, um eine volle Periode der Präzessionsbewegung zu durchlaufen. Berechnen Sie daraus die Larmorfrequenz ω L = 2π/T. 8. Wiederholen Sie Schritt 1 bis 7 mit verschiedenen Strömen durch das Spulenpaar (Schrittweite etwa 0,5 A). Tragen Sie die Larmorfrequenz ω L gegen die Magnetfeldstärke B 0 40 auf und bestimmen Sie durch eine Ausgleichsgerade das gyromagnetische Verhältnis γ der Kugel entsprechend Gleichung (2), wobei 1 T = 1kg/A/s 2. 1.2 Bestimmung des magnetischen Momentes der Kugel Hinweis: Eine Vollkugel der Masse m mit dem Radius r, die mit der Winkelgeschwindigkeit Ω rotiert, hat einen Drehimpuls L = 2 5 mr2 Ω. (3) Bestimmen Sie aus der Masse (m = 140 g) und dem Radius (r = 2,7 cm) der Kugel den Drehimpuls L bei der von Ihnen gewählten Winkelgeschwindigkeit Ω gemäß dieser Formel. Berechnen Sie aus dem Drehimpuls und dem gyromagnetischen Verhältnis das magnetische Moment µ = γ L der Kugel. 40 Die Magnetfeldstärke B 0 am Ort der Probe ist proportional zum Strom I. Es gilt B 0 /I = (1,36 ± 0.03) 10 3 [T/A] (Tesla pro Ampere). 210

2. Messung von Kernspinresonanzspektren 2.1 Ortskodierung Dieser Versuch soll dazu dienen, Ihnen das Prinzip der Ortskodierung zu verdeutlichen. Das Kernresonanzsignal von zwei kleinen Wasserproben, die einige mm voneinander entfernt sind, wird mehrfach aufgenommen. Es wird der Mittelwert über diese Messungen gebildet. Dazu wird eine Probe verwendet, die aus zwei kleinen wassergefüllten Hohlräumen in einem Plexiglasstab besteht. Da diese kleinen Wassermengen sich an unterschiedlichen Orten befinden und die Feldhomogenität beim Praktikumsgerät von Haus aus schlecht ist, ergeben sich unterschiedliche Resonanzfrequenzen für die beiden wassergefüllten Hohlräume. Das wird bei der Fourieranalyse sichtbar. Zu diesem Zweck verwenden wir im Praktikum ein über einen PC gesteuertes Speicheroszilloskop mit Fouriertransformation. Man erhält zwei deutlich getrennte Maxima, deren Höhe einerseits von der eingeschlossenen Wassermenge und zum anderen von der Position der Probe im Feld abhängt. Der Frequenzunterschied kommt von den unterschiedlichen Feldstärken am Ort der Teilproben. Lassen Sie sich vom Assistenten dieses Frequenzspektrum ausdrucken, notieren Sie sich den Frequenzbereich, und bestimmen Sie die Resonanzfrequenzen. Beachten Sie dabei bitte, daß im Spektrometer von der Resonanzfrequenz elektronisch 20 MHz subtrahiert werden. Diese 20 MHz müssen zu den Meßwerten wieder addiert werden. Bestimmen Sie die Resonanzfrequenzen aus dem Computerausdruck. Schätzen Sie mit Hilfe des Verlaufs der Kurve den Abstand zwischen den beiden Hohlräumen ab. Skizze, Begründung! (Die Hohlräume haben eine Ausdehnung von ca. 3 mm). 2.2 Chemische Verschiebung Durch die von der chemischen Bindung der Protonen abhängige Schwächung des statischen Magnetfelds wird eine geringe Verschiebung der Resonanzfrequenz (verglichen mit ungebundenem Wasserstoff) erzeugt. Dies führt z.b. dazu, daß in Wasser und Fett entstandene Signalanteile, die in der Frequenz gegeneinander verschoben sind, im Tomogramm räumlich gegeneinander verschoben auftauchen. Die Bilder wirken dann etwas verschwommen. Das kommt daher, daß zur Ortskodierung im Tomographen ebenfalls die Resonanzfrequenz verwendet wird. Außer diesem Nachteil für die Bilderzeugung ergibt sich aus der chemischen Verschiebung die Möglichkeit, Spektroskopie zu betreiben, also die Konzentration eines bestimmten Stoffes an einem bestimmten Ort zu messen (z.b. Adenosintriphosphat, Kreatinphosphat in Muskeln, vgl. Abb. 8). Im Praktikum werden wir eine kleine Glaskugel, die mit Essigsäure gefüllt ist, untersuchen. Auch hier treten zwei deutlich getrennte Resonanzstellen im Frequenzspektrum auf. Der Grund liegt in der unterschiedlichen Bindung zweier Wasserstoffatome an das Molekül und der zugehörigen chemischen Verschiebung. Auch bei diesem Versuchsteil wird über mehrere Messungen gemittelt und dieses Summensignal der Fourieranalyse unterzogen. Lassen Sie sich das Spektrum ausdrucken und bestimmen Sie die beiden Resonanzfrequenzen. Aus der Differenz der Resonanzfrequenzen läßt sich die Differenz der chemischen Verschiebungen δ 1 2 in ppm (parts per million, d.h. eins von einer Million) berechnen: δ 1 2 = f 2 f 1 f 1 = f f 1. (4) 211

(Auch bei diesem Versuchsteil bitte beachten, daß zu den Frequenzwerten 20 MHz addiert werden müssen.) Diese Differenz kann mit Tabellenwerten verglichen werden und läßt dann, bei unbekannten Substanzen, Rückschlüsse auf den untersuchten Stoff zu. Bestimmen Sie die beiden Resonanzfrequenzen und daraus die Differenz der chemischen Verschiebungen des Essigsäuremoleküls in ppm. Nehmen Sie anhand der Strukturformel von Essigsäure die Zuordnung zwischen den beiden Resonanzfrequenzen und den verschiedenen H-Atomen in Essigsäure vor. F) Fragen 44.1 Erklären Sie die Bedeutung folgender Begriffe: Spin, Kernspin, magnetisches Moment, Magnetisierungsvektor und Kernresonanz. 44.2 Erklären Sie folgende Begriffe: Kernmagnetismus, Permanentmagnetismus 44.3 Was bedeutet Präzession, und wodurch wird der Atomkern im Kernspinspektrometer zu Präzessionsbewegungen angeregt? 44.4 Weshalb wird bei der Kernspinresonanz zusätzlich zu einem statischen ein zeitlich veränderliches Magnetfeld angelegt? 44.5 Welche physikalischen Größen sind bei den beiden Kernresonanzspektren, die im Praktikum ausgedruckt wurden, nach oben bzw. nach rechts aufgetragen? 44.6 Erklären Sie den Verlauf der beiden Spektren (weshalb gibt es in beiden Fällen zwei lokale Maxima, und weshalb haben die beiden nicht dieselbe Höhe)? 44.7 Welche Informationen können aus dem Kernresonanzsignal gewonnen werden? 44.8 Welche Nebenwirkungen der Kernspintomographie sind z.zt. bekannt? 212