Rechtsanwalt, M. A. Alexander Rychter Verbandsdirektor 17 STELLUNGNAHME 17/1308 Alle Abg Landtag Nordrhein-Westfalen Platz des Landtags 1 40221 Düsseldorf Per E-Mail: anhoerung@landtag.nrw.de Düsseldorf, 20. März 2019 VD/ON Antrag der Fraktion der SPD, Drucksache 17/4457 Frohe Weihnachten! - In der Herberge war kein Platz: Die Landesregierung muss endlich ihre sozialpolitische Verantwortung für die Wohnungsversorgung der Bevölkerung wahrnehmen Anhörung des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales am 27. März 2019 Sehr geehrte Damen und Herren, in Anlage erhalten Sie die für oben genannte Anhörung erbetene Stellungnahme des VdW Rheinland Westfalen. Mit freundlichen Grüßen Alexander Rychter
Stellungnahme des VdW Rheinland Westfalen e.v. zum Antrag Frohe Weihnachten! - In der Herberge war kein Platz: Die Landesregierung muss endlich ihre sozialpolitische Verantwortung für die Wohnungsversorgung der Bevölkerung wahrnehmen Antrag der SPD-Landtagsfraktion, Drucksache 17/4457 im Rahmen der öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales am 27. März 2019
2 Der Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft Rheinland Westfalen bedankt sich für die Möglichkeit zur Stellungnahmen im Rahmen dieser Anhörung. Ausgangslage Der Verband der Wohnungswirtschaft kann der im Antrag beschriebenen Ausgangslage in Teilen folgen. Die Wohnungsteilmärkte präsentieren sich über das Land betrachtet jedoch grundsätzlich differenziert. In der Rheinschiene (Köln, Bonn, Düsseldorf) und im Münsterland sind seit längerer Zeit angespannte Wohnungsteilmärkte zu beobachten. In der jüngeren Vergangenheit gab es jedoch auch zunehmend auf solchen lokalen Wohnungsteilmärkten Anspannungen, die bisher als ausgeglichen oder sogar leicht entspannt galten (z.b. Dortmund, Essen). Einigen Nachfragegruppen fällt es in auf diesen Wohnungsmärkten schwer sich mit adäquatem, bezahlbarem Wohnraum zu versorgen, wenn sich Mieten und Einkommenssituation in einigen Mietsegmenten auseinander entwickeln. Ursächlich für diese Entwicklung ist die verstärkte Wanderung, sowohl als Binnenwanderung als auch durch Zuzug aus dem Ausland, in diese sogenannten Schwarmstädte. Die Zuwanderung trifft auf ein Wohnungsangebot, welches sich zwischen 1995 und 2010 nicht wesentlich entwickelt hat, die Baufertigstellungszahlen sind in dieser Zeit bundesweit von ca. 603.000 WE auf 159.000 WE runtergegangen. Seit 2010 entwickelt sich die Nachfrage in den Schwarmstädten dynamischer als das Angebot. Die Wohnungsunternehmen und genossenschaften können diese Nachfrage nicht ohne weiteres durch mehr Wohnungsbau befriedigen, da auch die Kapazitäten in der Bauindustrie und den für die Bereiche Planen, Bauen und Verkehr zuständigen Verwaltungen in diesem Zeitraum merklich abgebaut wurden. Zudem wurden in den vergangenen 20 Jahren auch nicht im entsprechenden Ausmaß Bauflächen ausgewiesen und entwickelt oder alte Bebauungspläne an aktuelle Anforderungen angepasst. Neben dem Mangel an bedarfsgerechtem Bauland sehen sich die die verbandsangehörigen Unternehmen und Genossenschaften dementsprechend einer Situation konfrontiert, welche bei Neubauprojekten auch mit langen Genehmigungsfristen und einer über die allgemeine Teuerungsrate hinausgehende Kostenentwicklung im Baugewerbe einhergeht.
3 Das Wohnraumförderprogramm des Landes NRW, so vorbildlich es im Ländervergleich auch mit Fördermitteln ausgestattet ist, kann in dieser Marktsituation nur einen Teilbeitrag zu Wohnraumversorgung leisten. Eine wohnungspolitische Strategie zur Entspannung der Nachfrage an den lokalen Teilmärkten müsste also vor allem die Flächen- und Kapazitätsengpässe lösen. Bewertung Aus Sicht des VdW Rheinland Westfalen ist es begrüßenswert, wenn auch zukünftig der Schwerpunkt der Wohnraumförderung auf dem Mietwohnungsbau liegt. Die Analyse des Fördermittelabrufs zeigt, dass Mietwohnraum vergleichsweise günstiger ist als Wohneigentum. Für die Verteilung der Fördermittel ist es aus Verbandssicht ferner notwendig, die Gebietskulissen empirisch so weiterzuentwickeln, dass sie die tatsächlichen Verhältnisse auf den Wohnungsteilmärkten belastbar und realistischer abbilden. Zudem müssen die Förderkonditionen so angepasst werden, dass auch qualitative (Ersatz- )Bedarfe dort wirtschaftlich befriedigt werden können, wo barrierefreier Mietwohnraum fehlt. Auch müssten die Förderbedingungen an die dynamische Preisentwicklung in der Bauwirtschaft angepasst werden. Eine einseitige Erhöhung der Fördermittel kann jedoch aus oben genannten Gründen nur eine Teillösung sein. Die erneute Gründung einer landeseigenen Wohnungsgesellschaft ist aus Sicht des Verbandes nicht zielführend. In Nordrhein-Westfalen gibt es über 70 kommunale und öffentliche Wohnungsunternehmen. In zahlreichen Kommunen werden derzeit kommunale Wohnungsunternehmen gegründet oder befinden sich in der Vorbereitung einer Gründung. Eine landeseigene Gesellschaft würde in die direkte Konkurrenz um Fördermittel, Bauland und Baukapazitäten mit den Wohnungsgesellschaften und genossenschaften treten, welche sich bereits jetzt beim Bau von bezahlbarem Wohnraum engagieren oder müsste jene ehemals öffentlichen oder industrieverbundenen Wohnungsbestände zurückkaufen, die in den 2000er Jahren privatisiert wurden.
4 Die Stärkung vorhandener kommunaler Unternehmen und Wohnungsgenossenschaften und die Unterstützung bei der Neugründung sind aus Verbandsperspektive die zielführendere Strategien. Diese Unternehmen kennen die lokalen Wohnungsmärkte besser und können bedarfsgerechter projektieren. Die systematische Erfassung von Brachflächen ist aus Verbandssicht grundsätzlich sowohl auf kommunaler als auch auf übergeordneter Ebene begrüßenswert. Dies sollte mit einer entsprechenden Priorisierung der Liegenschaftspolitik auf kommunaler Ebene einhergehen. Die Verfügbarkeit von bezahlbarem Bauland ist der Schlüssel für eine gute Versorgung breiter Bevölkerungsschichten mit bezahlbarem Wohnraum. Auch ein Ratsbeschluss zu einer Quotenregelung zum geförderten Wohnungsbau ist aus Verbandssicht dann zielführend, wenn die entsprechenden Förderbedingungen auskömmlich sind und die Unternehmen und Genossenschaften keine Querfinanzierung mit freifinanziertem Wohnraum betreiben müssen. Die landesrechtlichen Regelungen zum Mieterschutz, wie die Zweckentfremdungsverordnung, das Umwandlungsverbot oder die Kappungsgrenzenverordnung betrifft die im VdW Rheinland Westfalen organisierten Unternehmen im Wesentlichen nicht. Die Mieten der bestandshaltenden und ehemals gemeinnützigen Mitgliedsunternehmen liegen örtlich bis zu einem Drittel unter den durchschnittlichen Bestandsmieten. Eine Zweckentfremdung von Wohnraum zum Zwecke der gewerblichen Vermietung oder als strategischer Leerstand zur Privatisierung von Wohnraum würde dem Satzungszweck der meisten im Verband organisierten Unternehmen widersprechen. Diese weisen die Versorgung breiter Schichten der Bevölkerung mit bezahlbarem Wohnraum aus. Die im Verband organisierten Unternehmen und Genossenschaften sind Bestandshalter. Es wäre aus Verbandssicht jedoch sinnhaft, wenn sich die Gebietskulissen der Verordnungen und der Wohnraumförderung zumindest nicht widersprechen würden. Es erscheint wenig stringent, wenn beispielsweise in Gemeinden nach der Logik der Gebietskulisse der Wohnraumförderung ein hoher Leerstand und ein geringer Bedarf an gefördertem Wohnraum mit entsprechenden Auswirkungen auf die Förderkonditionen besteht, in der Gemeinde gleichzeitig aber die Kappungsgrenzenverordnung gilt. Bereits bei der Einführung der aktuellen Kappungsgrenzenverordnung hatte der
5 Verband in seiner Stellungnahme von Mai 2015 auf die Begutachtung des Forschungsinstituts InWIS verwiesen, in welcher die Aufnahme einiger Städte und Gemeinden in die Verordnung zumindest stark hinterfragte. Grundsätzlich spricht sich der Verband für ein kommunales Satzungsrecht aus, um den unterschiedlichen Marktsituationen gerecht werden zu können. Zuletzt engagieren sich auch bereits einige Unternehmen bei der Unterbringung von Wohnungslosigkeit bedrohten Menschen. Sie errichten und vermieten Wohnraum in der Regel an Träger der Wohlfahrtspflege oder Vereine zur Versorgung von Wohnungslosen Personen mit Wohnraum. Im Verband selber gibt es seit bereits 25 Jahren einen Arbeitskreis der Sozialarbeiter in den Mitgliedsunternehmen, welcher sich dem Austausch präventiver Strategien zur Vermeidung von Wohnungslosigkeit widmet. Die Mitgliedsunternehmen und -genossenschaften arbeiten daher seit vielen Jahren intensiv mit Kooperationspartnern wie den Wohlfahrtsverbänden, Jobcentern oder Sozialämtern zusammen. In den Wohnquartieren werden beispielsweise Nachbarschaftsagenturen errichtet, die als Anlaufstelle für alle Fragen rund um das Wohnen und Leben im Quartier dienen. Die dort ansässigen Sozialarbeiter unterstützen unter anderem bei Amtsgängen oder beraten bei ersten Anzeichen einer Überschuldung. In vielen Fällen ist es so gelungen, die Betroffenen vor einer Zwangskündigung zu bewahren. Ungelöst ist hier jedoch die datenschutzrechtliche Situation. Auf der Basis des berechtigten Interesses sowohl der Mieterinnen und Mieter als auch der Unternehmen, wäre es perspektivisch wünschenswert, wenn sich die öffentliche Verwaltung konkret im Sinne der Betroffenen mit den Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern der Unternehmen austauschen könnten. Hinzuweisen wäre zuletzt noch auf die aus Unternehmenssicht problematische Änderung des 578 Abs. 3 BGB im Rahmen des Mietrechtsänderungsgesetzes, wonach bei der Vermietung entsprechenden Wohnraums an Vereine, Träger und Kommunen das bisher herrschende Gewerberaummietrecht abgelöst wird. Hierdurch tritt eine ganz erhebliche Verschlechterung der Rechtsposition von Wohnungsunternehmen ein, die bereit sind, aus sozialen Gründen Wohnraum zur Verfügung zu stellen.
6 Einem zusätzlichen Fördertatbestand im Rahmen der Wohnraumförderung spricht aus Sicht des Verbandes grundsätzlich nichts entgegen, wenn die speziellen Anforderungen dieser Gruppe Sorge getragen wird. Gezielte Förderprogramme könnten die finanziellen Mehraufwendungen, die zum einen durch die notwendige Betreuungsintensivität, zum anderen aber auch durch erhöhte Abnutzungs- und Instandhaltungskosten entstehen, ausgleichen.
7 VdW Rheinland Westfalen e.v. zum Hintergrund Der Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft Rheinland Westfalen e. V. ist der größte regionale Verband der ehemals gemeinnützigen Wohnungswirtschaft. In NRW lebt etwa jeder fünfte Mieter in einer Wohnung unserer Mitgliedsunternehmen und -genossenschaften. Insgesamt 477 Mitgliedsunternehmen bewirtschaften mehr als 1,2 Mio. Wohnungen. In unseren Städten und Gemeinden setzen sich unsere Verbandsmitglieder für lebenswerte und generationengerechte Wohn- und Stadtquartiere ein, für sie ist die Wohnraumversorgung an erster Stelle eine soziale Aufgabe. Die Mitgliedsunternehmen und -genossenschaften leisten einen erheblichen Beitrag zum Bau von günstigem und qualitativem Wohnraum für breite Schichten der Bevölkerung. Im Bereich des geförderten Wohnraums haben Sie im Jahr 2018 etwa 3.700 Wohnungen gebaut und insgesamt etwa 50 Prozent der Wohnraumfördermittel für den Mietwohnungsbau abgerufen. Die Durchschnittsmiete für Wohnungen unserer Mitgliedsunternehmen und -genossenschaften betrug 2017 im Durchschnitt 5,57 Euro/qm und liegt damit deutlich unter dem nordrhein-westfälischen Durchschnitt von 7,04 Euro/qm. 2018 haben die Mitgliedsunternehmen und -genossenschaften unseres Verbandes insgesamt mehr als 2,5 Milliarden Euro in den Mietwohnungsneubau sowie in die energetische und altersgerechte Modernisierung ihrer Wohnungsbestände investiert. Kontakt Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft Rheinland Westfalen e.v. Goltsteinstraße 29 40211 Düsseldorf 0211-16998-10 info@vdw-rw.de