Ausschuss für nachhaltige Entwicklung, Umwelt, Energiepolitik, Forschung, Innovation und Technologie ARBEITSDOKUMENT

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Transkript:

ASAMBLEA PARLAMENTARIA EURO-LATINOAMERICANA EURO-LATIN AMERICAN PARLIAMENTARY ASSEMBLY ASSEMBLEIA PARLAMENTAR EURO-LATINO-AMERICANA ASSEMBLÉE PARLEMENTAIRE EURO-LATINO- AMÉRICAINE PARLAMENTARISCHE VERSAMMLUNG EUROPA-LATEINAMERIKA Ausschuss für nachhaltige Entwicklung, Umwelt, Energiepolitik, Forschung, Innovation und Technologie 12.1.2018 ARBEITSDOKUMENT zur Kreislaufwirtschaft Ausschuss für nachhaltige Entwicklung, Umwelt, Energiepolitik, Forschung, Innovation und Technologie Ko-Berichterstatterin EP: Clara Eugenia Aguilera García (S&D, Spanien) DT\1145088.docx AP102.424v03-00

1. Das Konzept der Kreislaufwirtschaft Das Konzept der Kreislaufwirtschaft ist darauf ausgerichtet, eine intelligent wachsende integrative und angemessene Wirtschaft zu fördern, deren Ziel darin besteht, die Verwendbarkeit von Produkten und ihren Wert möglichst lange aufrechtzuerhalten. Ferner wurde bei der Kreislaufwirtschaft zum Ziel gesetzt, die Menge neuer Ressourcen, die während des Fertigungszyklus verbraucht werden, zu verringern und die Wiederverwertung und Weiterverwendung verfügbarer Materialien zu fördern, damit die Erzeugung neuer Abfallmaterialien verringert werden kann. Das Muster der Kreislaufwirtschaft ist dem der linearen Wirtschaft entgegengesetzt, die auf dem Grundsatz des Nehmens, Herstellens, Konsumierens und Entsorgens basiert, und stützt sich auf ein ökologisches und umweltfreundliches Wirtschaftskonzept. In der Praxis enthält das Konzept der Kreislaufwirtschaft die Beschränkung von Abfall auf ein Minimum. Ist ein Produkt am Ende seiner Lebensdauer angelangt, verbleiben die darin enthaltenen Materialien möglichst im Wirtschaftskreislauf. So können sie immer wieder zur Herstellung von Produkten eingesetzt werden und weiter zur Wertschöpfung beitragen. Zu einer Kreislaufwirtschaft führende Maßnahmen umfassen die Weiterverwendung, Reparatur, Überholung und Wiederverwertung bestehender Materialien und der daraus hergestellten Produkte. Was früher als Abfall galt, kann so zu einer wertvollen Ressource umgewandelt werden. Eine Kreislaufwirtschaft birgt einerseits ökologische Vorteile, auch für die menschliche Gesundheit, und andererseits wirtschaftliche Vorteile. Die Kreislaufwirtschaft: reduziert Treibhausgasemissionen und Umweltbelastung dank verbesserter Abfallwirtschaft und geringerem Verbrauch von Ressourcen (wie Energie, Wasser, Land und Rohstoffe) in der Herstellung mit positiven Folgen für das Klima; trägt zur Verringerung der Zerstörung von Landschaften und Lebensräumen sowie der Verschmutzung der Meere durch Abfälle und somit auch zur Begrenzung des Biodiversitätsverlusts bei; erhöht die Versorgungssicherheit mit Rohstoffen durch Schmälerung der mit der Versorgung mit Rohstoffen verbundenen Risiken wie Preisvolatilität, Verfügbarkeit und Abhängigkeit von Einfuhren; erhöht die Wettbewerbsfähigkeit, indem sie Wirtschaft und Verbrauchern mittels verbesserter Ressourceneffizienz zu Einsparungen verhilft; fördert Innovationen durch einen branchenübergreifenden Innovationsschub, der dadurch zustande kommt, dass Rohstoffe und Produkte zwecks kreislaufwirtschaftlicher Nutzung umgestaltet werden müssen (Ökodesign); wertet die energetische Nutzung nicht wiederverwertbarer Ressourcen auf und maximiert diese; fördert Wachstum und schafft neue Arbeitsplätze. AP102.424v03-00 2/8 DT\1145088.docx

2. Das EU-Paket zur Kreislaufwirtschaft Am 2. Dezember 2015 stellte die Kommission ein neues Paket zur Kreislaufwirtschaft vor. Das Paket enthält vier Gesetzesvorlagen zum Thema Abfall 1 sowie einen Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft mit 56 Maßnahmen überwiegend nichtlegislativer Natur 2. In einem Anhang zum Aktionsplan wird ein zeitlicher Rahmen für diese Maßnahmen aufgeführt. 2.1 Die Gesetzesvorlagen zum Thema Abfall Durch die Gesetzesvorlagen zum Thema Abfall werden folgende Rechtsakte geändert: die Abfallrahmenrichtlinie, die Richtlinie über Abfalldeponien, die Verpackungsrichtlinie sowie die Richtlinien über Altfahrzeuge, Batterien und Akkumulatoren und Elektro- und Elektronik- Altgeräte (EEAG). Abfallwirtschaft spielt in der Kreislaufwirtschaft eine zentrale Rolle sie bestimmt die praktische Umsetzung der Abfallhierarchie in der EU. Die Abfallhierarchie schafft eine Prioritätenfolge von der Vorbeugung über die Vorbereitung zur Wiederverwendung, Wiederverwertung bis hin zur Energierückgewinnung durch Beseitigungsmaßnahmen wie Deponierung. Heute werden rund 40 % der Haushaltsabfälle in der EU wiederverwertet. Hinter diesem Durchschnitt verbergen sich jedoch große Unterschiede in der Wiederverwertungsquote zwischen den Mitgliedstaaten und Regionen, die gebietsabhängig von weniger als 5 % bis zu 80 % reicht. Die Gesetzesvorlagen enthalten klare Vorgaben zum Thema Abfallverminderung und geben für die Abfallwirtschaft und -wiederverwertung einen ambitionierten, glaubwürdigen und langfristigen Weg vor. Zu den zentralen Elementen der überarbeiteten Vorlage zum Thema Abfall gehören: eine gemeinsame EU-Vorgabe betreffend eine 65-prozentige Wiederverwertungsquote von Siedlungsabfällen bis 2030; eine gemeinsame EU-Vorgabe betreffend eine 75-prozentige Wiederverwertungsquote von Verpackungsabfällen bis 2030; ein Verbot der Deponierung getrennt gesammelten Abfalls; die Festlegung von Mindestanforderungen für Systeme der erweiterten Herstellerverantwortung und Differenzierung der Herstellerbeiträge auf Grundlage der Kosten, die für die Verwertung ihrer Produkte nach dem Ende ihrer Lebensdauer anfallen; Förderung wirtschaftlicher Instrumente zur Vermeidung von Mülldeponierung; einfachere und bessere Begriffsbestimmungen und unionsweit vereinheitlichte 1 Die vier Vorlagen beziehen sich auf 1) die Abfallrahmenrichtlinie (2008/98/EG); 2) die Richtlinie über Abfalldeponien (1999/31/EG); 3) die Richtlinie über Verpackungen und Verpackungsabfälle (1994/62/EG); 4) die Richtlinien über Altfahrzeuge (2000/53/EG), über Batterien und Akkumulatoren sowie Altbatterien und Altakkumulatoren (2006/66/EG) und über Elektro- und Elektronik-Altgeräte (2012/19/EU). 2 Den Kreislauf schließen Ein Aktionsplan der EU für die Kreislaufwirtschaft, Mitteilung der Kommission, COM(2015)0614, 2. Dezember 2015. DT\1145088.docx 3/8 AP102.424v03-00

Methoden zur Berechnung der Wiederverwertungsquote; konkrete Maßnahmen zur Förderung der Wiederverwendung und der Industriesymbiose, also der Umwandlung von Nebenprodukten eines Industriezweigs in Rohstoffe eines anderen Industriezweigs; wirtschaftliche Anreize für Hersteller, umweltfreundlichere Produkte anzubieten und Rückgewinnungs- und Wiederverwertungsprograme zu fördern, z. B. für Verpackungen, Batterien, Elektro- und Elektronikgeräte sowie Fahrzeuge. Das Europäische Parlament hat seine Standpunkte (Abfall, Deponierung, Verpackung, Altfahrzeuge, Batterien und EEAG) zu den Vorlagen am 14. März 2017 in erster Lesung festgelegt. Das Europäische Parlament vertritt die Auffassung, dass bis 2030 mindestens 70 % der Siedlungsabfälle (nach Gewicht) wiederverwertet oder mittels Kontrollen, Reinigung und Reparaturen zur Wiederverwendung aufbereitet werden sollten. Für Verpackungsmaterialien wie Papier und Pappe, Kunststoffe, Glas, Metall und Holz schlagen die Mitglieder des Europäischen Parlaments eine Zielvorgabe von 80 % bis 2030 mit Zwischenzielen für die einzelnen Materialien für das Jahr 2025 vor. Außerdem sollen die Abfälle im Meer im Vergleich zu den Zahlen von 2014 bis 2025 um 30 % und bis 2030 um 50 % reduziert werden, was besonders für Küstenregionen von Bedeutung ist. Was die Mülldeponierung betrifft, möchte das Europäische Parlament den Anteil der Siedlungsabfälle, die deponiert werden sollen, bis 2030 auf 5 % begrenzen, wobei die Möglichkeit der Erweiterung besteht. Einige Länder der EU lagern immer noch mehr als 75 % ihrer Siedlungsabfälle auf Deponien. Am 18. Dezember 2017 erzielten Vertreter des Rats und das Europäischen Parlaments eine Einigung über das Paket zur Kreislaufwirtschaft. Eine gemeinsame EU-Vorgabe, bis 2030 60 % der Siedlungsabfälle und 55 % der Kunststoffabfälle wiederzuverwerten, und eine verbindliche Obergrenze von 10 % für die Deponierung von Abfällen, um die Siedlungsabfälle bis 2035 zu verringern, wurden festgesetzt. Tatsächlich besteht erstmals die Verpflichtung, Lebensmittelabfälle und Abfälle im Meer zu verringern, was der Zielvorgabe einer Verringerung um 50 % im Sinne der Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen entspricht. Die Kommission hat ein Frühwarnsystem eingerichtet, um die Umsetzung der in den Richtlinien über Abfalldeponien festgelegten Ziele zu überwachen. Eine weitere wichtige Neuheit ist die Einführung einer verpflichtenden Mindestanforderung für Systeme der erweiterten Herstellerverantwortung. Die Hersteller sind dafür verantwortlich, ihre bereits verwendeten Produkte zu sammeln oder zurückzunehmen, und tragen außerdem die Verantwortung für die Sortierung und Behandlung im Zuge der Wiederverwertung. AP102.424v03-00 4/8 DT\1145088.docx

2.2. Der Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft Der Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft soll sozusagen den Kreislauf schließen, indem die in den Gesetzesvorschlägen enthaltenen Maßnahmen ergänzt werden und die Kreislaufwirtschaft in jeder Wertschöpfungsphase gefördert wird von der Produktion bis hin zu Gebrauch, Reparatur, Herstellung, Abfallwirtschaft und Sekundärrohstoffen, die in den Wirtschaftskreislauf zurückgeführt werden. Der Aktionsplan beleuchtet verschiedene große Handlungsbereiche abseits der Abfallwirtschaft: Dazu gehören umfassende Verpflichtungen hinsichtlich des Themas Ökodesign, die Entwicklung strategischer Ansätze zu Kunststoffen und Chemikalien, eine breit angelegte Initiative zur Förderung innovativer Projekte im Rahmen des EU-Forschungsprogramms Horizont 2020 sowie gezielte Maßnahmen in Bereichen wie Kunststoff, Nahrungsmittelabfälle im Einklang mit dem Ziel für nachhaltige Entwicklung 12.2, Bau, kritische Rohstoffe, Industrie- und Bergbauabfälle, Verbrauch und öffentliches Auftragswesen. Andere wichtige Gesetzesvorschläge zu Düngemitteln und Wasserwiederverwendung werden folgen. Außerdem sind zur Förderung eines Wandels hin zur Kreislaufwirtschaft auch grundlegende horizontale Maßnahmen in Bereichen wie Innovation und Investition enthalten. Auch eine im Arbeitsprogramm der Kommission 2017 angekündigte Überarbeitung der Trinkwasserrichtlinie steht hiermit im Zusammenhang. Im Januar 2017 wurde im Zusammenhang mit dem Paket zur Kreislaufwirtschaft eine Mitteilung über die Rolle der Energiegewinnung aus Abfällen veröffentlicht 1. Zudem versprach die Kommission zu untersuchen, wie dem EU-Umweltzeichen zu mehr Wirksamkeit verholfen und sein Beitrag zur Kreislaufwirtschaft gefördert werden kann. Die europäischen Struktur- und Investitionsfonds (ESIF) unterstützen den Übergang zur Kreislaufwirtschaft finanziell, unter anderem mit 5,5 Mrd. EUR für die Abfallwirtschaft. Außerdem wird dieser Übergang durch das Programm Horizont 2020 (EU- Finanzierungsprogramm für Forschung und Innovation) mit 650 Mio. EUR sowie durch Investitionen in die Kreislaufwirtschaft auf nationaler Ebene unterstützt. 3. Die Kreislaufwirtschaft in Lateinamerika und der Karibik Das Konzept des umfassenden Ansatzes zur Kreislaufwirtschaft, wie es von der Europäischen Union entwickelt wurde, ist in Lateinamerika und der Karibik noch kaum bekannt und wird in noch geringerem Maße umgesetzt. Politische Maßnahmen in diesem Bereich konzentrieren sich meist ausschließlich auf die Abfallwirtschaft. Die Länder Lateinamerikas und der Karibik sind im Hinblick auf Abfallwiederverwertung im Rückstand. So beträgt die durchschnittliche regionale Wiederverwertungsquote nur 14 %, während sie sich in einkommensstarken Ländern auf durchschnittlich 54 % beläuft 2. Dennoch sind Fortschritte in Richtung einer Kreislaufwirtschaft zu beobachten. In vielen Ländern wurden bzw. werden neue Rechtsvorschriften und Initiativen für eine neue Herangehensweise an die Bereiche Abfallwirtschaft und Wiederverwertung erlassen und eingeführt. 1 Der Beitrag der energetischen Verwertung von Abfällen zur Kreislaufwirtschaft, Mitteilung der Kommission, COM(2017)0034, 26. Januar 2017. 2 Cuántas vidas tiene tu basura?: Reciclaje en América Latina y el Caribe, IADB (Interamerikanische Entwicklungsbank), Juni 2016. DT\1145088.docx 5/8 AP102.424v03-00

Eine bemerkenswerte Besonderheit der lateinamerikanischen Abfallwirtschaft ist die Tatsache, dass in vielen Städten 80 90 % des wiederverwerteten Abfalls von der informellen Wiederverwertungsbranche (Akteuren, die auf Deponien Wiederverwertbares sammeln und weiterverkaufen) wiedergewonnen werden 1. In Lateinamerika und der Karibik bilden Wiedergewinnung und Vermarktung von wiederverwertbaren Materialien wie Papier, Pappe, Kunststoff und Metall die Lebensgrundlage von schätzungsweise vier Millionen Menschen. Künftige Bemühungen Im Hinblick auf künftige Bemühungen ist in Lateinamerika nicht nur auf eine Aufwertung der Abfallwirtschaft und der industriellen Wiederverwertungssysteme zu achten, sondern es gilt auch, den informellen Wiederverwertungssektor zu formalisieren und zu integrieren. Obwohl die Beschäftigten in diesem Bereich die Basis der Wertschöpfungskette der Wiederverwertungsindustrie bilden, da sie 50 90 % der in der Industrie verwendeten oder aus der Region ausgeführten wiederverwertbaren Materialien wiedergewinnen, erhalten sie dennoch schätzungsweise lediglich 5 % der Gewinne. Unter diesen Bedingungen entstanden neue Organisationen wie die öffentlich-private Partnerschaft Regionale Initiative für inklusives Recycling, 2 die Tätigkeiten konzipieren und ausführen, mit denen die gesellschaftliche und wirtschaftliche Situation der Abfallsammler verbessert, ihr Zugang zum offiziellen Wiederverwertungsmarkt erleichtert und die Entwicklung öffentlicher Maßnahmen für die integrale Bewirtschaftung von festen Abfällen, einschließlich Recyclingunternehmen, gefördert werden kann. In naher Zukunft müssten auch die Ziele und Maßnahmen, bei denen die Abfallvermeidung im Vordergrund steht, verstärkt und ihre Anzahl erhöht werden, indem sogenannte Präventionsprogramme von den einzelnen Staaten oder Regionen entwickelt werden, mit denen alle Bereiche abgedeckt werden, die unmittelbar oder mittelbar mit der Abfallbewirtschaftung im Zusammenhang stehen, und die so als Instrument zur Verbesserung der derzeitigen Bewirtschaftung in den verschiedenen Ländern dienen. Zu den Grundpfeilern künftiger Maßnahmen sollte die Ausweitung der Maßnahmen zählen, die dazu dienen, Forschung und Innovation in allen erforderlichen Bereichen zu unterstützen, um die Abfallvermeidung und -bewirtschaftung zu fördern, insbesondere was die Verwendung und Vermarktung von Verpackungen aus erneuerbaren Quellen betrifft. Etwaige Maßnahmen, die getroffen werden, um die Abfallbewirtschaftung zu verbessern und zu fördern, dürfen nicht nur auf die Produktionsphase ausgerichtet und konzentriert sein, sondern müssen auch das Verbraucherverhalten beeinflussen, und zwar in erster Linie, indem den Haushalten zuverlässige Informationen darüber bereitgestellt werden, welche Vorteile ihnen aus möglichen Kosteneinsparungen in der Kreislaufwirtschaft erwachsen könnten. Um sicherzustellen, dass all diese Verbesserungsvorschläge Berücksichtigung finden, und um gute Fördermaßnahmen politisch zu erleichtern, müssten die Fortschritte überwacht und eine Datenbank eingerichtet werden, die ausreichende Informationen und Fachwissen als Leitlinie für derlei Maßnahmen generiert. 1 Recycling Systems in the Developing World, Power Recycling, 2016, http://thinkpowerrecycling.com/recycling-systems-developing-world/. 2 La Iniciativa Regional para el Reciclaje Inclusivo (IRR), http://reciclajeinclusivo.org/irr/. AP102.424v03-00 6/8 DT\1145088.docx

4. Schlussfolgerungen Das Paket zur Kreislaufwirtschaft hat wichtige Impulse gegeben, die den Übergang zu einer stärker kreislaufbasierten Wirtschaft in der EU begünstigen. In der Zukunft wird ein stetiges, breiteres Engagement auf allen staatlichen Ebenen in Mitgliedstaaten, Regionen und Städten sowie von allen anderen Beteiligten erforderlich sein. Wirtschaftsteilnehmer wie Unternehmen und Verbraucher spielen bei der Förderung dieses Prozesses eine entscheidende Rolle. Ziel ist es, einen sachgemäßen Rechtsrahmen für die Entwicklung der Kreislaufwirtschaft im Binnenmarkt zu schaffen, klare Signale für Wirtschaft und Gesellschaft mit langfristigen Zielvorgaben im Hinblick auf Abfall zu setzen und ein Bündel konkreter, breit angelegter und ambitionierter Maßnahmen zu erarbeiten. Bei dem Verhalten von Verbrauchern und Industrie wie auch bei Geschäftsmodellen ist ein Systemwandel mit konkreten Auswirkungen auf das alltägliche Handeln erforderlich, z. B. in Bezug auf Abfallsortierung und Nahrungsmittelabfälle. Der Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft wird mit erheblichen Übergangskosten verbunden sein, z. B. für Forschung und Entwicklung oder auch Vermögensanlagen, Subventionszahlungen zur Förderung neuer Geschäftsmodelle sowie öffentliche Investitionen in die Abfallwirtschaft und digitale Infrastruktur. Für Unternehmen, insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU), gelten die mit umweltfreundlichen Innovationen und Geschäftsmodellen verbundenen Kosten als eines der größten Hindernisse für die Einführung nachhaltigerer Methoden. Es fehlen weiterhin einige wichtige Wegbereiter für die Wirtschaft, wie u. a. Preisbildungssysteme, die eine effiziente Ressourcennutzung fördern und Umweltkosten in voller Höhe abbilden, Anreize für die Zusammenarbeit zwischen Herstellern und Recyclingunternehmen zur Verbesserung der Potenziale von und zwischen bestimmten Wertschöpfungsketten sowie Märkte für Sekundärrohstoffe. Eine Kreislaufwirtschaft erfordert besondere Fähigkeiten und Produktionsverfahren, bei denen auf Nachhaltigkeit geachtet wird. Diese werden bereits von einigen Unternehmen angewendet, doch bislang ist das technische Fachwissen noch nicht ausreichend entwickelt und sollte sowohl bei den Arbeitskräften als auch in Berufsbildungsprogrammen gefördert werden. Vor allem würde dieses Fachwissen beispielsweise Unternehmen die Entwicklung von Produkten unter Berücksichtigung ökologischer Gesichtspunkte ermöglichen (Ökodesign) und sie zu Wiederverwendung, Aufbereitung und Wiederverwertung befähigen. Daher wird künftig die Ausbildung neuer Arbeitskräfte auf neuen Arbeitsplätzen, die an neue Arten von Fähigkeiten angepasst sind, ausschlaggebend sein, aber auch die Förderung einer von der Kreislaufwirtschaft ausgehenden Bildung und ein besseres Verständnis der Bürgerinnen und Bürger von einem Problem ohne Grenzen und dem Umstand, dass dieses Problem wachsen wird, während das Bewusstsein dafür in der Bevölkerung zu gering ist. Die Kreislaufwirtschaft muss sich außerdem global entwickeln. Die Innen- und Außenpolitik der EU in diesem Bereich bedarf einer kohärenten Gestaltung und wird sich als gegenseitig verstärkend und entscheidend für die Umsetzung globaler Zusagen durch die Union und die EU-Mitgliedstaaten erweisen. Der Aktionsplan der EU hat große Bedeutung für das Erreichen der Ziele für nachhaltige Entwicklung bis 2030, insbesondere Ziel 12, mit dem nachhaltige Verbrauchs- und Produktionsmuster angestrebt werden. Die weitere Entwicklung der Abfallwirtschaft in Lateinamerika und der Karibik birgt enormes DT\1145088.docx 7/8 AP102.424v03-00

wirtschaftliches Potenzial und eröffnet ein breites Feld der Zusammenarbeit zwischen der EU und den Ländern der CELAC. Durch einen umfangreichen Austausch bewährter Verfahren, gemeinsame Projekte und Wissenstransfer zwischen der Europäischen Union einerseits und Lateinamerika und der Karibik andererseits ließe sich die Entwicklung der Kreislaufwirtschaft beschleunigen. Das öffentliche Auftragswesen macht einen großen Teil des Verbrauchs in Europa aus (knapp 20 % des EU-BIP) und kann daher in der Kreislaufwirtschaft eine tragende Rolle übernehmen. Deshalb gilt es, ein umweltorientiertes öffentliches Beschaffungswesen (GPP) sowie die Erarbeitung entsprechender Kriterien auf EU-Ebene zu fördern. AP102.424v03-00 8/8 DT\1145088.docx