Bußgeldpraxis des Bundeskartellamtes

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Transkript:

FIW-Ferienkurs, Köln 25. September 2013 Dr. Justus Herrlinger

A. Bestandsaufnahme

Bußgelder 2013 Monat Branche Gesamtsumme ( ) Anzahl Unternehmen* Hauptvorwürfe (Absprache) Juli Schienen 232 Mio. 10 Preise, Quoten März Drogerieartikel 63 Mio. 15 Preise, Informationsaustausch Februar Mehl 65 Mio. 23 Preise, Quoten Januar Süßwaren 63 Mio. 12 Preise, Informationsaustausch * ohne nat. Pers. und Verbände 2

Bußgelder 2012 Monat Branche Gesamtsumme ( ) September Leistungstransformatoren Anzahl Unternehmen* Hauptvorwürfe (Absprache) 24,3 Mio. 4 Quoten, Ausschreibung en August Elektrowerkzeuge 8,2 Mio. 1 vertikales Preisbindungssystem August Satfinder Vierstellig 2 Preise (Onlinehandel) Juli Automatische 2,4 Mio. 8 Preise Türsysteme März Chemikalien 8,7 Mio. 13 Preise, Quoten Februar Betonrohre 1 Mio. 8 Preise * ohne nat. Pers. und Verbände 3

81 Abs. 4 GWB Die Ordnungswidrigkeit kann ( ) mit einer Geldbuße bis zu einer Million Euro geahndet werden. Gegen ein Unternehmen ( ) kann über Satz 1 hinaus eine höhere Geldbuße verhängt werden; die Geldbuße darf 10 vom Hundert des in der Behördenentscheidung vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes ( ) nicht übersteigen. Bei der Ermittlung des Gesamtumsatzes ist der weltweite Umsatz aller natürlichen und juristischen Personen zugrunde zu legen, die als wirtschaftliche Einheit operieren. ( ) 4

Wille des Gesetzgebers Motivation der GWB-Änderungen 2005 und 2007 war Anpassung an EU Recht (VO 1/2003, Bußgeldleitlinien 2006 und EU Rechtsprechung) Beschlussempfehlung Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (BT-Drs. 15/5049, S. 50): Um der dezentralen Anwendung des europäischen Wettbewerbsrechts praktische Wirksamkeit ( effet utile ) zu verschaffen, wird die Bußgeldbemessung nach deutschem Recht der europäischen Regelung angepasst. ( ) Im Rahmen einer teleologischen Auslegung sind daher auch die von der Europäischen Kommission praktizierten Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen mit heranzuziehen. Beschlussempfehlung Ausschuss für Wirtschaft u. Technologie (BT-Drs.16/7156, S. 11): durch die Neuregelung wird klargestellt, dass eine solche Umsatzzurechnung im Konzern auch im Rahmen der Kappungsgrenze des 81 Abs. 4 GWB zu erfolgen hat und hierzu entsprechend der europäischen Rechtslage auf den Begriff der wirtschaftlichen Einheit abzustellen ist 5

17 Abs. 3 OWiG Grundlage für die Zumessung der Geldbuße sind die Bedeutung der Ordnungswidrigkeit und der Vorwurf, der den Täter trifft. Auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters kommen in Betracht; bei geringfügigen Ordnungswidrigkeiten bleiben sie jedoch in der Regel unberücksichtigt. 6

B. Situation vor Grauzement -Beschluss des BGH

Frühere Bußgeldleitlinien des Bundeskartellamtes 1. Grundbetrag Der Grundbetrag berücksichtigt die Schwere und Dauer des Verstoßes. Er kann bis zu 30% des für die gesamte Dauer der Zuwiderhandlung zugrunde gelegten tatbezogenen Umsatzes betragen. 2. Anpassungsfaktoren Zur Abschreckung kann Grundbetrag um bis zu 100% erhöht werden Erschwerende Umstände, insbesondere schwere Form von Vorsatz, Wiederholungstat, besonders aktive Rolle im Kartell, hoher Organisationsgrad, Androhung von Vergeltungsmaßnahmen Mildernde Umstände, insbesondere Nachtatverhalten, passive Rolle 3. Bußgeldkappung bei 10% des Konzernumsatzes 8

C. Aktuelle Situation nach BGH-Beschluss

Der Beschluss Grauzementkartell des BGH Beschluss vom 26.02.2013, KRB 20/12 Grauzementkartell Zentrale Aussagen: 1. 10%-Grenze ist Ober-, nicht Kappungsgrenze für Bußgeldhöhe 2. Berechnung der 10%-Grenze anhand der Konzernumsätze (auch nach GWB 2005) 3. Sanktionsfindung durch eigenständigen Erkenntnisakt des Gerichts anhand der gesetzlich vorgegebenen Bemessungskriterien ( 17 Abs. 3 OWiG) 10

Was bedeutet Ober- statt Kappungsgrenze? Die 10%-Grenze des 81 Abs. 4 S. 2 GWB ist in verfassungskonformer Auslegung als Obergrenze zu verstehen Bisherige Praxis BKartA Methode Grauzementkartell Gesamtumsatz Gesamtumsatz tatbezogener Umsatz ggf. Kappung 10% 10% 30%

Weitere Elemente der verfassungsgemäßen Obergrenze Kombination dreier Aspekte führt teilweise zu sehr zweifelhaften Ergebnissen der 10%-Obergrenze 1. Nicht weiter differenzierter Bezug allein auf Umsatzerlöse 2. Konzernbetrachtung / wirtschaftliche Einheit 3. Trotz Lesart als Obergrenze fehlt absolute, betragsmäßige Begrenzung (gegen rechnerische Exzesse) 12

1. Umsatzerlöse als Maßstab der Obergrenze Laut BGH sind Umsätze geeigneter Maßstab (Tz. 62 f.), weil aussagekräftig im Hinblick auf die Größe des Unternehmens lassen Rückschlüsse auf Stellung [des Unternehmens] am Markt zu relativ leicht feststellbar starre Obergrenze wäre nicht gleichzeitig für kleinere und sehr große Unternehmen geeignet zusätzliche, betragsmäßig feststehende Grenze (wie für Tagessätze, 40 Abs. 2 S. 2 StGB) weder zweckmäßig noch verfassungsmäßig geboten 13

2. Ungleichbehandlung durch Konzernbetrachtung Ausreichend gerechtfertigte Ungleichbehandlung? Gleicher Verstoß bei gleichem betroffenen Umsatz: sehr ungleiche Bußgelder a) b) Konzernverbund Gesamtumsatz 20 Mrd. A B 500 Mio. Bußgeld: 25 Mio.(?) 500 Mio. Bußgeld: 1 Mrd. (?) Bloße Umsatzgröße des Gesamtkonzerns als ausreichendes tertium comparationis? Aber gesetzgeberische Grundentscheidung für Umsätze und wirtschaftliche Einheit 14

3. Mögliche rechnerische Bußgeldexzesse Aktuelles Beispiel Procter & Gamble: Umsatz 2012 ca. 65 Mrd. Bußgeldobergrenze: 6,5 Mrd. Mittelschwerer Verstoß: 3,3 Mrd.? Laut Fallbericht Drogerieartikel hat P&G Einspruch zum OLG zurückgenommen Kumulierung im Falle mehrerer aufeinander folgender Verstöße? Keine absolute, betragsmäßige Begrenzung (siehe 40 Abs. 2 S. 2 StGB) Unverhältnismäßig verfassungskonform? Fehlen jeglichen Problembewusstseins bzw. Korrektivs in Entscheidung Drohmittel für BKartA im Rahmen von Kooperation und Settlements ( 136a StPO), Sanktionsschere 15

D. Zukünftige Bußgeldzumessung in der Praxis?

Bußgeldzumessung nach BGH Eigenständiger Erkenntnisakt des Gerichts (und des BKartA) anhand der gesetzlich vorgegebenen Bemessungskriterien ( 17 Abs. 3 OWiG) Ausgangspunkt ist Bußgeldrahmen Obergrenze für denkbar schwerste Fälle ohne jegliche Milderungsgründe Begründete Einordnung aller anderen Fälle darunter ( kontinuierliche Schwereskala der Begehungsformen, OLG Köln, NJW 1988, 1606) Praktisch vorkommende Durchschnittsfälle liegen regelmäßig weit unter dem Mittelwert (OLG Köln, a.a.o.) Kriterien für die Einordnung imgwb( 81Abs.4S.6GWB) Schwere der Zuwiderhandlung Dauer der Zuwiderhandlung und in 17 Abs. 3 OWiG (siehe sogleich) 17

Zumessungskriterien gemäß 17 Abs. 3 OWiG 1. Bedeutung der Ordnungswidrigkeit Kriterien nach Mitsch, Karlsruher Kommentar, OWiG, 17, Rn. 38 ff. (Auswahl) Art der Ausführung / Tatbeitrag / Dauer Gefährdung der geschützten Rechtsgüter Auswirkungen / Schadensverursachung General- /Spezialprävention Übersetzt ins Kartellrecht Art des Kartellverstoßes Gesamtwirtschaftliche Bedeutung Auswirkungen auf Markt, Wettbewerb und Verbraucher tatbetroffener Umsatz als Korrektiv für (exzessiv) weiten Bußgeldrahmen 18

Neue Bußgeldleitlinien Berücksichtigen Gesamtumsatz und tatbezogenen Umsatz Bußgeldobergrenze: Abhängig von Gesamtumsatz steigender Prozentsatz vom tatbezogenen Umsatz Für Gesamtumsatz 100 Mio.: 30% (wie bisher) Darunter: 20-30% Darüber: 100 Mio. 1Mrd. 10Mrd. 100Mrd. 30-40 % 40-50 % 50-60 % Modifizierte Obergrenze anwendbar, wenn niedriger als 10% vom Gesamtumsatz Bemessung innerhalb jeweiligen Rahmens gem. 17 Abs. 3 OWiG Leitlinien nicht bindend für Gerichte! 19

Neue Bußgeldleitlinien (Forts.) Gesamtumsatz ( ) Faktor (% von tatbezogenem Umsatz) tatbezogener Umsatz (Bsp.) modifiz. Bußgeldrahmen Szenario 1 50 Mio. 2,5 (25%) 20 Mio. 40 Mio. Gesetzliche Obergrenze 5 Mio. Neue Leitlinien 5 Mio. (10 Mio.) Alte Leitlinien (6 Mio.) (12 Mio.) Szenario 2 1 Mrd. 4 (40%) 20 Mio. 200 Mio. Gesetzliche Obergrenze 100 Mio. Neue Leitlinien 8 Mio. 80 Mio. Alte Leitlinien 6 Mio. 60 Mio. Szenario 3 10 Mrd. 5 (50%) 20 Mio. 500 Mio. Gesetzliche Obergrenze 1 Mrd. Neue Leitlinien 10 Mio. 250 Mio. Alte Leitlinien 6 Mio. 150 Mio. Für mittlere und große Unternehmen höhere Bußgeldrahmen als früher 20

Zumessungskriterien gemäß 17 Abs. 3 OWiG 2. Den Täter treffender Vorwurf Individuelle Schuld (nicht Vorsatz / Fahrlässigkeit, weil bereits in 17 Abs. 2 OWiG) Erhöhende Umstände, z. B. Rechtsfeindliche Gesinnung, z.b. angesichts Wiederholung Verletzung besonderer Berufspflichten Drahtzieher -Rolle Mindernde Umstände, z. B. Untergeordnete Beteiligung Positives Nachtatverhalten Mitwirkung an Aufklärung Hat Bundeskartellamt grundsätzlich bereits früher berücksichtigt Stärkere Individualisierung im Rahmen des Erkenntnisaktes Gefahr der unzulässigen Sanktionsschere ( 136a StPO)? 21

Zumessungskriterien gemäß 17 Abs. 3 OWiG 3. Wirtschaftliche Verhältnisse kommen in Betracht Gleichberechtigtes Kriterium oder Existenzschutz (s. LL 2006, Rn. 24 )? Schutz vor unverhältnismäßigen Sanktionen Korrektur der formal angezeigten Sanktion Abgrenzung zu tatbetroffenem Umsatz im Rahmen der Tatbedeutung Wirtschaftliche Verhältnisse erlauben u. U. Milliardenbußgeld Tatbetroffener Umsatz ist objektiv korrigierendes Element der Schwere der Tat (s.o.) Gruppen- oder Einzelbetrachtung? Leistungsfähigkeit der wirtschaftlichen Einheit steht im Vordergrund (s.o.) Zivil-/ gesellschaftsrechtl. Ausgleichsansprüche bleiben unberücksichtigt Widerspruch zwischen Bemessung im Konzern und individueller Reduzierung Praxis der EU Kommission zu Inability to pay 22

Ergebnisse BGH rettet 81 Abs. 4 GWB (vorläufig) zu einem hohen Preis Nach Zumessungsmethode des BGH drohen Großunternehmen drakonische und verfassungsrechtlich bedenkliche Bußgelder (Art. 19 Abs. 4 GG?) Leitlinien mildern im Widerspruch zu BGH (?) exzessive Bußen, erhöhen sie dennoch für mittlere und Großunternehmen Ahndungspotential kann Betroffene bereits im Verfahren erheblich benachteiligen ( Sanktionsschere ) Unsicherheit und Unberechenbarkeit verbleiben jedenfalls vor Gerichten Weiterer Handlungsbedarf für den Gesetzgeber? 23

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