Moderne Abfallentsorgung. Vortrag von Rechtsanwalt Mirko Rummler am 29. September 2011 beim Netzwerktreffen Verpackungscluster Mittelhessen



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Transkript:

Moderne Abfallentsorgung Vortrag von Rechtsanwalt Mirko Rummler am 29. September 2011 beim Netzwerktreffen Verpackungscluster Mittelhessen

Inhalt I. Ausgangslage und Novellierungsanlass II. Materielle Änderungen (Eckpunkte) 1. Trennung Tätigkeitsfelder duale Systeme / Branchenlösg./ Großgewerbliche Entsorgung 2. Rücknahme am POS 3. Branchenlösungen 4. Handelslizenzierung 5. Streichung der Kennzeichnungspflicht 6. Vollständigkeitserklärung 7. Gemeinsame Stelle III. Bewertung und Perspektive 2

I. Ausgangslage und Novellierungsanlass 1. Verpackungsverordnung von 1991 2. Einführung der Produktverantwortung 3. Mittlerweile 5. Novellierung der Verpackungsverordnung 4. Trittbrettfahrerproblematik (UMK-Beschluss vom 03./04.11.2005 und vom 23./24.05.2006) 5. Mengenverrechnung bei Selbstentsorgern 3

II. Materielle Änderungen (Eckpunkte) Trennungsmodell Trennung der Entsorgungszuständigkeiten Duale Systeme / Branchenlösungen / Großgewerbliche Entsorgung Grund der Trennung liegt in der finanziellen Aushöhlung Dualer Systeme, der haushaltsnahen Erfassung durch ehem. Selbstentsorgung/ Quotenverrechnung aus Großgewerbe 4

1. Trennungsmodell Verschiedene Entsorgungszuständigkeiten a) Duale Systeme 6 Abs. 1, 3 VerpackV Gem. 6 Abs. 1 VerpackV verpflichtende Beteiligung von Verpackungen, die beim privaten Endverbraucher (Haushaltungen) anfallen bei Dualen Systemen Sonderfall: Rücknahme am POS ( 6 Abs. 1 Sätze 5-7)gründet finanziellen Rückerstattungsanspruch für bereits geleistete Lizenzentgelte (Händler-Anspruch?) 5

1. Trennungsmodell Verschiedene Entsorgungszuständigkeiten b) Branchenlösungen 6 Abs. 2 VerpackV Befreiung von der Systembeteiligungspflicht gem. 6 Abs. 2 VerpackV möglich für Verpackungen, die an vergleichbaren Anfallstellen gem. 3 Abs. 11 S. 2, 3 VerpackV anfallen und die an einer Branchenlösung teilnehmen (Hersteller Anfallstellenmatrix) Nicht alle Verpackungen sind branchenfähig ex-tunc-wirkung, d. h. von Anfang an keine Systembeteiligungspflicht (grundlegender Unterschied zur POS Regelung in 6 Abs. 1 Sätze 5-7 Beteiligungspflicht Rückerstattungsanspruch ) finanziellen Rückerstattungsanspruch für bereits geleistete Lizenzentgelte (Händler- Anspruch?) 6

1. Trennungsmodell Verschiedene Entsorgungszuständigkeiten c) Großgewerbliche Entsorgung 7 Betrifft Verpackungen, die nicht beim privaten Endverbraucher anfallen Rücknahmepflicht des Letztvertreibers, beschränkt auf gleiche Art, Form und Größe Keine Quotenpflicht finanziellen Rückerstattungsanspruch für bereits geleistete Lizenzentgelte (Händler- Anspruch?) 7

2. Rücknahme am POS ( 6 Abs. 1 Satz 5-7) keine Durchbrechung Lizenzierungspflicht; lediglich Rückerstattungsanspruch für zuvor geleistete Entgelte (unstreitig) Anspruchsinhaber: Vertragspartner des DS (Abfüller); Erstattungsanspruch folgt Vertragsverhältnis (Rummler/Seitel) originärer Händler-Anspruch (u. a. Hendler und Fischer) Bezifferung und Geltendmachung bei Fremdverpackungen nach wie vor ungeklärt Automatengestützte Rücknahme durch Marktteilnehmer angekündigt Einbeziehung in Mengenausgleichsverfahren der Gemeinsamen Stelle / Clearingstelle im neuen Mengenclearingvertrag geklärt 8

3. Branchenlösungen ( 6 Abs. 2) extrem unterschiedliche Auslegungen zu Beginn des Jahres 2008 Ermittlung des Anteils der branchenfähigen Verpackungen durch Multi-Client-Studie der GVM (Beauftragung durch 7 duale Systeme + 1 Dienstleister) Bundesweit ca. 120 Branchenlösungen angezeigt Teilweise Überprüfung der Branchenquoten durch Länder 9

4. Handelslizenzierung Grundsatz: Die Lizenzierungspflicht knüpft an die Erstinverkehrbringereigenschaft an ( 6 Abs. 1 Satz 1 ) Streichung der Übertragungsmöglichkeit der Lizenzierungspflicht ( 6 Abs. 1 S. 2 Regierungsentwurf) durch Bundesrat 10

a) Eigenmarkenlizenzierung/Direkte Handelslizenzierung zulässig, weil verlängerte Werkbank unzulässig, weil Hersteller immer Erstinverkehrbringer LAGA-APV: grundsätzlich unzulässig LAGA-ARA: Was bedeutet grundsätzlich? LAGA-Vollversammlung (22./23.09.08): zulässig unter folgenden Voraussetzungen (kumulativ): Auf der Verpackung wird ausschließlich das Handelshaus als Abfüller/Hersteller angegeben (der Name des Herstellers erscheint nicht mehr auf der Verpackung) Handelshaus ist Inhaber der Marke des Produktes 11

b) Lizenzierung von Herstellermarken/Indirekte Handelslizenzierung: Vorgaben von Systempartner und ggf. Preis für Hersteller durch Handelsunternehmen zulässig: Rechtsgutachten im Auftrag von BellandVision (Hendler und Fischer) unzulässig: Rechtsgutachten im Auftrag des Markenverbands (Köhler) sowie Vertreter aus BMU und Landesumweltministerien (z. B. Seitel/Honecker in LZ 38-08) 12

c) Umsetzungspraxis: sowohl direkte als auch indirekte Handelslizenzierung in der Praxis üblich neu: Beauftragung des Handels durch Hersteller für unechte Eigenmarken deutliche Verschiebung der Lizenzierungsnachfrage in Richtung Handel 13

5. Streichung der Kennzeichnungspflicht a) Verfahren und Regelungsinhalt Streichung der Kennzeichnungspflicht für die Systembeteiligung durch Bundesrat (Anhang I [zu 6] Nr. 4 Abs. 2 Satz 2 VerpackV a. F.) b) Zusammenhang mit Zeichennutzungspflicht für den Grünen Punkt Zeichennutzungsvertrag DSD EU-Kommissionsentscheidung vom April 2001 Umsetzung in vertraglicher Zusatzvereinbarung (ZEU 2) mit regelmäßig verbleibender Restbeteiligungspflicht über 15% Entkoppelung von Beteiligung/Markennutzung durch eigenständigen Markennutzungsvertrag DSD seit 01.01.2009 c) Faktischer Zwang zur Nutzung des Grünen Punkts bei Auslandslizenzierung Kennzeichnungspflicht in anderen EU-Mitgliedstaaten: Frankreich (Vertrag), Spanien (Gesetz/Vertrag), Portugal (Gesetz), Griechenland (Gesetz) 14

6. Vollständigkeitserklärung ( 10) a) Verpflichtete Erst-Inverkehrbringer (Identität mit Lizenzierungspflicht) Hersteller / (Vor-)Vertreiber von Serviceverpackungen b) Testierung Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, vereidigter Buchprüfer unabhängiger Sachverständiger für Verpackungsentsorgung Reichweite und Inhalt der Bescheinigung 15

c) Pflichtangaben Materialart und Masse Systembeteiligung / Branchenlösung Erfüllung Verwertungsanforderungen im gewerblichen Bereich ( 7) d) Mengenschwellen ( 10 Abs. 4) > 80 t Glas > 50 t PPK jährliche Abgabe > 30 t LVP < nur auf Verlangen der unteren Abfallbehörde 16

e) Hinterlegungsstelle / Verfahren ( 10 Abs. 5) örtlich zuständige IHK Veröffentlichung im Internet vollständige Einsicht durch Behörden konkrete Verfahrensregelungen durch DIHK 17

7. Gemeinsame Stelle ( 6 Abs. 7) a) Regelungshintergrund gemeinsame Nutzung derselben haushaltsnahen Erfassungsstruktur durch mehrere duale Systeme (Entscheidung der EU-Kommission September 2001) b) Aufgaben Aufteilung Nebenentgelte Mengenclearing Koordination der Ausschreibung Erfassungsverträge 18

c) Verfahrensstand Gründung in Form einer GmbH formal erfolgt 04.12.2008 Abschluss Gesellschaftsvertrag und Beitritt aller dualer Systeme Gestaltung der Ausschreibung der Erfassungsverträge innerhalb der Gemeinsamen Stelle gescheitert Streit um Ausgleichsbeträge für Mengenclearing Keine Einigung auf notwendige Anpassung (Mengen-)Clearingvertrag 19

III. Bewertung und Perspektive 1. VerpackV durch 5. Novelle noch komplexer und schwerer verständlich als zuvor 2. Meldungen der dualen Systeme an die Clearingstelle zeigen keinerlei nennenswerten Mengenänderungen 3. Schwachstellen definitorische Umwidmungen (z. B. Produkt / Verpackung) überhöhte Zuordnungen zu Branchenlösungen oder Großgewerbe intransparente POS-Lösungen 4. Weiteres Schicksal Gemeinsame Stelle ungewiss 5. Erweiterung auf Wertstofferfassung und Neuregelung in Form eines Wertstoffgesetzes ist zu erwarten 20

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