Debatte zu dem Antrag der Bündnis 90/ Die Grünen Unerlaubte Telefonwerbung wirksam bekämpfen Drs. 17/ und dem Antrag der Linken Unerlaubte Telefonwerbung endlich effektiv verhindern Drs. 17/ 3041 TOP 23 30. September 2010 Peter Bleser MdB Vorsitzender der Arbeitsgruppe Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz der CDU/CSU-Bundestagsfraktion
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Dreist, nervig und teuer mit diesen Worten lässt sich das Ausbreiten von Telefon-Spam umschreiben. Jeder kennt das Phänomen und fast jeder ist genervt davon: Anrufe beim Mittagessen oder am Abend von einem Call Center Mitarbeiter, der besonders vorteilhafte Telefontarife, gewinnträchtige Lotterielose oder günstige Abonnements anzubieten hat, sind allzu oft Alltag in deutschen Haushalten. Auch teure Mehrwertdienste-Rufnummern, automatische Anwählcomputer oder dubiose Premium SMS auf dem Handy häufen sich. Die Abzockmethoden auf dem Telekommunikationsmarkt machen deutlich: Die Rechte des Verbrauchers im Bereich Telekommunikation sind immer noch nicht ausreichend geschützt. Allzu oft tummeln sich hier eine Menge von Trickbetrügern und Kriminellen. Die Telefonrechnung wird immer häufiger zum Inkassoinstrument für Anbieter von Mehrwertdiensten. Das werden wir stoppen! Für die Union-Verbraucherpolitiker steht fest: Wir brauchen ein sauberes Telefon! Trotz einiger Erfolge in der vergangenen Legislaturperiode, die bestehenden Gesetze reichen nicht aus, um Verbraucher auf Augenhöhe mit Unternehmen und Anbietern zu bringen. Mit der Verschärfung des Gesetzes zur Bekämpfung unerlaubte Telefonwerbung haben wir zwar Ende der vergangenen Legislaturperiode erste Erleichterungen für die Verbraucher erreicht: Durch ein deutlich höheres Bußgeld, dem Verbot der Rufnummernunterdrückung und der Erweiterung des Widerrufsrechts auf Lotterie-, Abo- und Gewinnspiele werden unlautere Anrufe seitdem strenger geahndet. Auch ein Anbieterwechsel oder eine Änderung eines Vertrages ist nur noch mit einer schriftlichen Bestätigung bzw. einer Widerrufsmöglichkeit des Kunden erlaubt. Dennoch ist die Plage immer noch Realität: Die Versuche von dubiosen Unternehmen, Verbrauchern Verträge unterzuschieben, oftmals ältere Menschen mit Inkassodrohungen einzuschüchtern oder mit angeblichen Gewinn-Versprechen zu locken, sind nicht schön zu reden. Wir als Unions-Verbraucherpolitiker sehen uns deshalb in unserer Position aus der vergangenen Legislatur bestätigt: Unlautere Telefonwerbung wird sich für das werbende Unternehmen nur dann nicht lohnen, wenn die Folgeverträge bei fehlender schriftlicher Bestätigung durch den Verbraucher von vornherein unwirksam sind. Eine schriftliche Bestätigung bei erstmaliger Aufnahme von Geschäftsbeziehungen ist und bleibt die verbraucherfreundlichste Lösung. Nur so können wir den wirtschaftlichen Anreiz für Schwarze Schafe stoppen, um so die Zahl ungebetener Anrufe zu reduzieren. Unerbetene Werbeanrufe sind für jeden belästigend
und schädigen das Image der Unternehmen, die sich an Recht und Gesetz halten. Gerne hätten wir diese Maßnahmen schon im vergangenen Jahr umgesetzt, dies war aber leider bei unserem damaligen Koalitionspartner nicht durchsetzbar. Vor allem die damalige SPD-Bundesjustizministerin Zypries verweigerte diese verbraucherfreundliche Lösung. Um den Kompromiss nicht zu gefährden, haben wir dem Gesetz in seiner jetzigen Fassung zugestimmt. Auch Umfragen durch den Bundesverband Verbraucherzentrale sowie der Bundesnetzagentur bestätigen unsere Bedenken. Bundesweit haben sich vom März bis Juni 2010 insgesamt 40.754 Verbraucher an der durchgeführten Umfrage der Verbraucherzentralen beteiligt. 66 Prozent der Angerufenen beschwerten sich über unerwünschte Werbung für Gewinnspiele und Lotteriedienstleistungen. Jeder sechste Anruf kam laut Umfrage von einem Energieversorger, Telefon- und Internetdienstleister, einem Zeitschriftenvertrieb oder einem Dienstleister für Bank- und Finanzprodukte und rund 20 Prozent der Angerufenen sollten eine kostenpflichtige Rufnummer zurückrufen. Betroffen waren in zwei Dritteln der Fälle Senioren im Alter von über 65 Jahren. Meine Damen und Herren, das ist Abzocke und Belästigung der Verbraucher, die wir nicht länger hinnehmen werden! Die christlich-liberale Koalition hat deshalb im Sommer eine Evaluierung des Gesetzes eingeleitet, erste Ergebnisse liegen im Winter vor. Wir brauchen wissenschaftlich fundierte und valide Zahlen, um flächendeckend zu prüfen, wo es im Einzelnen Nachbesserungsbedarf gibt. Gründlichkeit geht bei uns anders als bei der Opposition vor Schnelligkeit! Fakt ist aber auch: Wir haben vor Ort oftmals ein Vollzugsdefizit. Wir brauchen mehr und spezielleres Personal in den Ländern. Zentrale Ermittlungsstelle der Staatsanwaltschaften zur effektiveren Bekämpfung könnte hier effektiv und schnell eingreifen und Schwarze Schafe zur Rechenschaft ziehen. Übrigens: Auch die Länder könnten so ihren Worten von der Verbraucherschutzministerkonferenz endlich Taten folgen lassen und unseriösen Callcenter-Betreibern das Handwerk legen. Denn die Androhung nach immer schärferen gesetzlichen Regelungen ist wenig wert, wenn man den Vollzug vor Ort nicht sicherstellen kann. Liebe Kolleginnen und Kollegen der Opposition, Sie sehen, wir haben das Problem erkannt und werden es zeitnah mit unserem Koalitionspartner beheben. Wir gehen aber noch weiter, in dem wir nicht nur unerlaubte Telefonwerbung bekämpfen, sondern den Verbraucher mehr Rechte im ganzen Telekommunikationsbereich einräumen. Der Referentenentwurf zum Telekommunikationsgesetz liegt nun vor und enthält eine Fülle von Regelungen im Sinne des Verbrauchers. Nur einige Beispiele:
K osten für Warteschleifen von Servicehotlines werden bald der Vergangenheit angehören. Der Kunde wird künftig erst von dem Moment zahlen, in dem er tatsächlich eine Gegenleistung erhält. P reisansagepflichten werden für alle Servicenummern gelten, nicht nur für 0900 Nummern oder andere bestimmte Gassen. D er Wechsel des Telefon- oder Internetanbieters muss künftig innerhalb von 24 Stunden vollzogen werden. M obilfunkkunden werden ihre Rufnummer unabhängig von der konkreten Vertragslaufzeit zu einem neuen Anbieter mitnehmen können. D ie bestehenden Widerrufsrechte für das Festnetz werden auf den Mobilfunkbereich ausgeweitet. Damit erhalten Kunden bei der Nutzung per Handy eine Widerspruchsmöglichkeit gegen einzelne Rechnungsposten. T elefon- und Internetfirmen müssen künftig ein Vertragsmodell mit einer Höchstlaufzeit von unter einem Jahr anbieten. Kurzum: Die Union hält, was sie verspricht: Mehr Rechte, mehr Kompetenzen und mehr Schutz im Telekommunikationsdschungel ein Punktsieg für den Verbraucher. Der Weg hin zu einem sauberen Telefon ist damit frei. Eines muss uns aber auch bewusst sein: Solange der Verbraucher nicht juristisch alle Möglichkeiten erhält, sich gegen Übervorteilung zu wehren, werden wir immer weiter mit Abzocke und Telefon-Spam zu kämpfen haben. Wirkliche Hilfe erreichen wir nur durch die Beweislastumkehr zu Gunsten des Kunden! Wer eine Leistung erbringt, muss auch belegen, dass diese erfüllt wurde. Damit fällt der wirtschaftliche Anreiz für dubiose Unternehmen weg. Nur so können wir sicherstellen, dass der Verbraucher auch bei kleineren Beträgen, wo sich der Rechtsschutz schon aus Gründen der Verhältnismäßigkeit für den einzelnen Verbraucher nicht realisieren lässt, wieder auf Augenhöhe mit den Anbietern am Markt gebracht wird. Deshalb plädiere ich dafür, Rechnungsposten von Drittanbietern in der Rechnung gesondert auszuweisen und die Beweislast für die tatsächliche erbrachte Leistung bei dem Drittanbieter einzufordern. Die
Beweislastumkehr ist und bleibt das schärfste Schwert, um im Telekommunikationssektor die Abzockmethoden einzudämmen. Viele Ziele, die wir in den kommenden Monaten Schritt für Schritt gemeinsam mit unserem Koalitionspartner beraten und umsetzen werden.