Kooperation im Kinderschutz

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Transkript:

Stadt Karlsruhe Sozial- und Jugendbehörde Sozialer Dienst Kooperation im Kinderschutz Standards und Grundsätze des Sozialen Dienstes

2 Kooperation im Kinderschutz Sozial- und Jugendbehörde Sozialer Dienst 3 Vorwort Gute Kooperation im Kinderschutz ist aus Sicht des Sozialen Dienstes entscheidend für die Qualität der Arbeit. Gefahren für betroffene Kinder und Jugendliche sollen möglichst frühzeitig erkannt und abgewehrt werden, um eine gesunde Entwicklung zu ermöglichen. Daher strebt der Soziale Dienst an, bereits bevor eine Kindeswohlgefährdung besteht, die bestmöglichen Hilfen für die Betroffenen und deren Familien anzubieten. Durch eine enge Kooperation im Kinderschutz soll die Leistungsfähigkeit der Systeme verbessert werden. Die vorliegenden Standards und Grundsätze für die Kooperation im Kinderschutz wurden im Rahmen eines Projekts zur Qualitätsentwicklung im Kinderschutz vom Sozialen Dienst unter Einbeziehung verschiedener Kooperationspartner und -partnerinnen entwickelt. Inhalt Gemeinsame Verantwortung im Kinderschutz 4 Fallverantwortung 5 Beteiligung von Betroffenen und deren Familien 5 Beteiligung von Fachkräften 5 Qualität, Bearbeitung und Informationsaustausch 6 Kooperation in Fällen mit dem Familiengericht 7 Instrumente der Kooperation 8 Beschwerde- und Ideenmanagement 9 Spezielle Vereinbarungen und Festlegungen 9 Gesetzliche Grundlagen 9 Reinhard Niederbühl Leiter Sozialer Dienst

4 Kooperation im Kinderschutz Sozial- und Jugendbehörde 5 Gemeinsame Verantwortung im Kinderschutz Das Gesetz zur Kooperation im Kinderschutz (KKG) verteilt die Verantwortung zum Schutz von Kindern und Jugendlichen auch auf Berufs- und Personengruppen außerhalb des Jugendamtes, auf sogenannte Geheimnisträger. Geheimnisträger im Sinne des 4 KKG (etwa Ärzte/ Ärztinnen, Hebammen, Berufspsychologen, Lehrkräfte) sind somit verpflichtet, zuerst eigene Mittel auszuschöpfen, um die drohende oder konkrete Gefährdung abzuwenden. Zur Einschätzung des Gefährdungsrisikos haben diese Berufsgruppen Anspruch auf Beratung durch Insoweit erfahrene Fachkräfte, die das Jugendamt zur Verfügung stellt. Einige Trägerinnen und Träger der freien Jugendhilfe beschäftigen selbst Insoweit erfahrene Fachkräfte, zusätzlich zum Angebot des Jugendamtes. Wenn eine Gefährdung durch eigene Mittel der Geheimnisträger nicht abgewendet werden kann, soll der Soziale Dienst informiert werden. Die genannten Berufsgruppen sollen bei den Familien auf die Inanspruchnahme von Hilfen hinwirken. Dazu ist es wünschenswert, Familien auch schon frühzeitig auf die Angebote des Sozialen Dienstes hinzuweisen oder den Kontakt herzustellen. Wenn eine Gefährdung durch eigene Mittel der Geheimnisträger nicht abgewendet werden kann, soll der Soziale Dienst informiert werden. Die Fragen zur Erstattung von Strafanzeigen sind im Rahmen der Fallbearbeitungen gemäß 8 a SGB VIII zu entscheiden. Das Verfahren des Sozialen Dienstes ist durch eine Vorschrift der Sozial- und Jugendbehörde differenziert geregelt. Fallverantwortung Der Soziale Dienst trägt die Fallverantwortung und ist für die Prozesssteuerung zuständig. Beteiligung von Betroffenen und deren Familien Kinder, Jugendliche und deren Familien werden in die Hilfeprozesse eng eingebunden, soweit das den Schutz des Kindes oder Jugendlichen nicht gefährdet. Ihre Sichtweisen und Wünsche werden ernst genommen und auf Umsetzbarkeit geprüft. Beteiligung von Fachkräften Kooperationspartnerinnen und -partner werden beteiligt, soweit sie zur Einschätzung des Gefährdungsrisikos und der Abwendung der Gefährdung beitragen können (relevante Beteiligte). Für beide Bearbeitungsschritte werden die relevanten Beteiligten individuell für jeden Fall festgelegt. Dies wird offen und transparent kommuniziert. Kooperationspartnerinnen und -partner, Fachkräfte und weitere Personen, die in einem Fall nicht zu den relevanten Beteiligten gehören, können aus datenschutzrechtlichen Gründen keine detaillierten Informationen über das Fallgeschehen erhalten. Dem Melder oder der Melderin wird die zuständige Fachkraft der Bezirkssozialarbeit des Sozialen Dienstes mitgeteilt. Rückmeldungen an alle Beteiligten erfolgen durch die zuständige Fachkraft der Bezirkssozialarbeit des Sozialen Dienstes unter Berücksichtigung des Datenschutzes. Mit den Sichtweisen aller Beteiligten geht der Soziale Dienst wertschätzend und respektvoll um.

6 Kooperation im Kinderschutz Sozial- und Jugendbehörde 7 Qualität, Bearbeitung und Informationsaustausch Der Soziale Dienst arbeitet im Rahmen der Gefährdungsabwendung mit den relevanten Beteiligten zusammen. Die Erwartungen, Sichtweisen und Ressourcen aller Beteiligten werden besprochen. Die Rollen und Aufträge der relevanten Beteiligten werden geklärt und transparent gemacht. Vereinbarungen über Kommunikations- und Informationswege, Erreichbarkeiten, Aufgaben, Möglichkeiten und Grenzen der Zusammenarbeit sind fester Bestandteil bei der Bearbeitung von Kinderschutzfällen. Alle Informationen werden ernst genommen, und Konsens bei der Bewertung wird angestrebt. Zur Qualitätssicherung stehen standardisierte Meldebögen und Verfahrensabläufe für die Fachkräfte des Sozialen Dienstes zur Verfügung. Die Fallzuständigkeiten sind durch feste Kriterien klar definiert. Soweit es notwendig und möglich ist, werden im Kinderschutzverfahren für die einzelnen Bearbeitungsschritte zwei Fachkräfte der Bezirkssozialarbeit (BSA) eingesetzt. Keine Entscheidung im Kinderschutzverfahren wird alleine getroffen. Die Fachkräfte der Bezirkssozialarbeit (BSA) übernehmen hauptverantwortlich die Organisation des Informationsflusses an die relevanten Beteiligten. Die BSA klärt, wer die Ergebnisse, Einschätzungen, Aufgabenverteilungen und Vereinbarungen dokumentiert und den relevanten Beteiligten zur Verfügung stellt. Die Arbeitsergebnisse werden schriftlich festgehalten und zeitnah weitergegeben. Unterschiedliche Falleinschätzungen werden ernst genommen, und es wird versucht, einen Konsens zu erarbeiten. Sollte dies jedoch nicht möglich sein, wird Transparenz über das weitere Verfahren hergestellt. Nach Abwendung der Gefährdung können Personen, die nicht im weiteren Hilfeverlauf beteiligt sind, aus Datenschutzgründen keine differenzierten Informationen vom Sozialen Dienst erhalten, außer die Personensorgeberechtigten stimmen der Weitergabe zu. Die BSA übernimmt die Information und den Kontakt mit dem Kind oder Jugendlichen und den Personensorgeberechtigten. Die Standards zur Bearbeitung von Kindeswohlgefährdung sind in aktueller Version abrufbar unter: www.karlsruhe.de/b3/soziales/einrichtungen/sodi/infomaterial Kooperation in Fällen mit dem Familiengericht Über die Anrufung des Familiengerichts wird beim Sozialen Dienst in einem gemeinsamen Prozess zwischen zuständiger Fachkraft und Leitung der Bezirksgruppe entschieden. Der Soziale Dienst bezieht die Kooperationspartnerinnen und -partner bei Abwägungsentscheidungen und Anhörungsterminen mit ein. Veranstaltungen zum Karlsruher Weg und der AG Trennung und Scheidung sowie zu den Themen Kinderschutz, Frühe Prävention, häusliche Gewalt und sexuellen Missbrauch werden zur Verbesserung der Kooperation genutzt.

8 Kooperation im Kinderschutz Sozial- und Jugendbehörde 9 Instrumente der Kooperation Im Einzelfall Helferkonferenzen Dieses Instrument dient der gemeinsamen Fallbearbeitung und Steuerung von Hilfen zur Erziehung und Reflexion der Zusammenarbeit zwischen den Fachkräften, auch nach Beendigung der Hilfe. Sie können von allen relevanten beteiligten Fachkräften einberufen werden. Runde Tische Dieses Instrument dient ebenfalls der gemeinsamen Fallbearbeitung und Steuerung von Hilfen zur Erziehung. Allerdings sind hier auch die Kinder, Jugendlichen und Personensorgeberechtigten mit eingebunden. NIU-Konferenzen Dieses Instrument wird in Fällen eingesetzt, in denen die vorhandenen Jugendhilfemaßnahmen nicht oder nicht mehr greifen und spezielle Hilfekonzepte notwendig sind. Weitere Informationen siehe NIU-Konzept unter www.karlsruhe.de/b3/soziales/einrichtungen/sodi/infomaterial Fallunabhängig Gemeinsame Arbeitsgruppen fallunabhängig/themenbezogen. Gemeinsame Fortbildungen fallunabhängig/themenbezogen. Gegenseitiges Kennenlernen bei Fachtagen, durch Besuche in Teambesprechungen Beschwerde- und Ideenmanagement Der Soziale Dienst nimmt Rückmeldungen, Ideen und Beschwerden ernst und bearbeitet diese im Sinne des Beschwerde- und Ideenmanagements. Über Wege um Rückmeldungen, Ideen und Beschwerden weiterzugeben werden alle Beteiligten informiert. Spezielle Vereinbarungen und Festlegungen Um die Qualität und Standards in der Arbeit zu sichern, hat der Soziale Dienst, bereits vor Inkrafttreten der Kooperationsstandards, Vereinbarungen und Festlegungen getroffen, die die Art und den Umfang der Zusammenarbeit themenbezogen oder auf einzelne Kooperationspartnerinnen und -partner bezogen festlegten. Diese Vereinbarungen und Festlegungen gelten auch weiterhin, ergänzend zu den Kooperationsstandards des Sozialen Dienstes. Gesetzliche Grundlagen 1666 BGB Gerichtliche Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls (1) Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat das Familiengericht die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind. (2) In der Regel ist anzunehmen, dass das Vermögen des Kindes gefährdet ist, wenn der Inhaber der Vermögenssorge seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind oder seine mit der Vermögenssorge verbundenen Pflichten verletzt oder Anordnungen des Gerichts, die sich auf die Vermögenssorge beziehen, nicht befolgt.

10 Kooperation im Kinderschutz Sozial- und Jugendbehörde 11 (3) Zu den gerichtlichen Maßnahmen nach Absatz 1 gehören insbesondere 1. Gebote, öffentliche Hilfen wie zum Beispiel Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe und der Gesundheitsfürsorge in Anspruch zu nehmen, 2. Gebote, für die Einhaltung der Schulpflicht zu sorgen, 3. Verbote, vorübergehend oder auf unbestimmte Zeit die Familienwohnung oder eine andere Wohnung zu nutzen, sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung aufzuhalten oder zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich das Kind regelmäßig aufhält, 4. Verbote, Verbindung zum Kind aufzunehmen oder ein Zusammentreffen mit dem Kind herbeizuführen, 5. die Ersetzung von Erklärungen des Inhabers der elterlichen Sorge, 6. die teilweise oder vollständige Entziehung der elterlichen Sorge. (4) In Angelegenheiten der Personensorge kann das Gericht auch Maßnahmen mit Wirkung gegen einen Dritten treffen. 3 KKG Rahmenbedingungen für verbindliche Netzwerkstrukturen im Kinderschutz (1) In den Ländern werden insbesondere im Bereich Früher Hilfen flächendeckend verbindliche Strukturen der Zusammenarbeit der zuständigen Leistungsträger und Institutionen im Kinderschutz mit dem Ziel aufgebaut und weiterentwickelt, sich gegenseitig über das jeweilige Angebotsund Aufgabenspektrum zu informieren, strukturelle Fragen der Angebotsgestaltung und -entwicklung zu klären sowie Verfahren im Kinderschutz aufeinander abzustimmen. (2) In das Netzwerk sollen insbesondere Einrichtungen und Dienste der öffentlichen und freien Jugendhilfe, Einrichtungen und Dienste, mit denen Verträge nach 75 Absatz 3 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch bestehen, Gesundheitsämter, Sozialämter, gemeinsame Servicestellen, Schulen, Polizei- und Ordnungsbehörden, Agenturen für Arbeit, Krankenhäuser, Sozialpädiatrische Zentren, Frühförderstellen, Beratungsstellen für soziale Problemlagen, Beratungsstellen nach den 3 und 8 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes, Einrichtungen und Dienste zur Müttergenesung sowie zum Schutz gegen Gewalt in engen sozialen Beziehungen, Familienbildungsstätten, Familiengerichte und Angehörige der Heilberufe einbezogen werden. (3) Sofern Landesrecht keine andere Regelung trifft, soll die verbindliche Zusammenarbeit im Kinderschutz als Netzwerk durch den örtlichen Träger der Jugendhilfe organisiert werden. Die Beteiligten sollen die Grundsätze für eine verbindliche Zusammenarbeit in Vereinbarungen festlegen. Auf vorhandene Strukturen soll zurückgegriffen werden. (4) Dieses Netzwerk soll zur Beförderung Früher Hilfen durch den Einsatz von Familienhebammen gestärkt werden. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend unterstützt den Aus- und Aufbau der Netzwerke Frühe Hilfen und des Einsatzes von Familienhebammen auch unter Einbeziehung ehrenamtlicher Strukturen durch eine zeitlich auf vier Jahre befristete Bundesinitiative, die im Jahr 2012 mit 30 Millionen Euro, im Jahr 2013 mit 45 Millionen Euro und in den Jahren 2014 und 2015 mit 51 Millionen Euro ausgestattet wird. Nach Ablauf dieser Befristung wird der Bund einen Fonds zur Sicherstellung der Netzwerke Frühe Hilfen und der psychosozialen Unterstützung von Familien einrichten, für den er jährlich 51 Millionen Euro zur Verfügung stellen wird. Die Ausgestaltung der Bundesinitiative und des Fonds wird in Verwaltungsvereinbarungen geregelt, die das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen mit den Ländern schließt.

12 Kooperation im Kinderschutz Sozial- und Jugendbehörde 13 4 KKG Beratung und Übermittlung von Informationen durch Geheimnisträger bei Kindeswohlgefährdung (1) Werden 1. Ärztinnen oder Ärzten, Hebammen oder Entbindungspflegern oder Angehörigen eines anderen Heilberufes, der für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordert, 2. Berufspsychologinnen oder -psychologen mit staatlich anerkannter wissenschaftlicher Abschlussprüfung, 3. Ehe-, Familien-, Erziehungs- oder Jugendberaterinnen oder -beratern sowie 4. Beraterinnen oder Beratern für Suchtfragen in einer Beratungsstelle, die von einer Behörde oder Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts anerkannt ist, 5. Mitgliedern oder Beauftragten einer anerkannten Beratungsstelle nach den 3 und 8 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes, 6. staatlich anerkannten Sozialarbeiterinnen oder -arbeitern oder staatlich anerkannten Sozialpädagoginnen oder -pädagogen oder 7. Lehrerinnen oder Lehrern an öffentlichen und an staatlich anerkannten privaten Schulen in Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes oder eines Jugendlichen bekannt, so sollen sie mit dem Kind oder Jugendlichen und den Personensorgeberechtigten die Situation erörtern und, soweit erforderlich, bei den Personensorgeberechtigten auf die Inanspruchnahme von Hilfen hinwirken, soweit hierdurch der wirksame Schutz des Kindes oder des Jugendlichen nicht infrage gestellt wird. (2) Die Personen nach Absatz 1 haben zur Einschätzung der Kindeswohlgefährdung gegenüber dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe Anspruch auf Beratung durch eine Insoweit erfahrene Fachkraft. Sie sind zu diesem Zweck befugt, dieser Person die dafür erforderlichen Daten zu übermitteln; vor einer Übermittlung der Daten sind diese zu pseudonymisieren. (3) Scheidet eine Abwendung der Gefährdung nach Absatz 1 aus oder ist ein Vorgehen nach Absatz 1 erfolglos und halten die in Absatz 1 genannten Personen ein Tätigwerden des Jugendamtes für erforderlich, um eine Gefährdung des Wohls eines Kindes oder eines Jugendlichen abzuwenden, so sind sie befugt, das Jugendamt zu informieren; hierauf sind die Betroffenen vorab hinzuweisen, es sei denn, dass damit der wirksame Schutz des Kindes oder des Jugendlichen infrage gestellt wird. Zu diesem Zweck sind die Personen nach Satz 1 befugt, dem Jugendamt die erforderlichen Daten mitzuteilen.

14 Kooperation im Kinderschutz Sozial- und Jugendbehörde 15 8 a SGB VIII Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung (1) Werden dem Jugendamt gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes oder Jugendlichen bekannt, so hat es das Gefährdungsrisiko im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte einzuschätzen. Soweit der wirksame Schutz dieses Kindes oder dieses Jugendlichen nicht infrage gestellt wird, hat das Jugendamt die Erziehungsberechtigten sowie das Kind oder den Jugendlichen in die Gefährdungseinschätzung einzubeziehen und, sofern dies nach fachlicher Einschätzung erforderlich ist, sich dabei einen unmittelbaren Eindruck von dem Kind und von seiner persönlichen Umgebung zu verschaffen. Hält das Jugendamt zur Abwendung der Gefährdung die Gewährung von Hilfen für geeignet und notwendig, so hat es diese den Erziehungsberechtigten anzubieten. (2) Hält das Jugendamt das Tätigwerden des Familiengerichts für erforderlich, so hat es das Gericht anzurufen; dies gilt auch, wenn die Erziehungsberechtigten nicht bereit oder in der Lage sind, bei der Abschätzung des Gefährdungsrisikos mitzuwirken. Besteht eine dringende Gefahr und kann die Entscheidung des Gerichts nicht abgewartet werden, so ist das Jugendamt verpflichtet, das Kind oder den Jugendlichen in Obhut zu nehmen. (3) Soweit zur Abwendung der Gefährdung das Tätigwerden anderer Leistungsträger, der Einrichtungen der Gesundheitshilfe oder der Polizei notwendig ist, hat das Jugendamt auf die Inanspruchnahme durch die Erziehungsberechtigten hinzuwirken. Ist ein sofortiges Tätigwerden erforderlich und wirken die Personensorgeberechtigten oder die Erziehungsberechtigten nicht mit, so schaltet das Jugendamt die anderen zur Abwendung der Gefährdung zuständigen Stellen selbst ein. (4) In Vereinbarungen mit den Trägern von Einrichtungen und Diensten, die Leistungen nach diesem Buch erbringen, ist sicherzustellen, dass 1. deren Fachkräfte bei Bekanntwerden gewichtiger Anhaltspunkte für die Gefährdung eines von ihnen betreuten Kindes oder Jugendlichen eine Gefährdungseinschätzung vornehmen, 2. bei der Gefährdungseinschätzung eine Insoweit erfahrene Fachkraft beratend hinzugezogen wird sowie 3. die Erziehungsberechtigten sowie das Kind oder der Jugendliche in die Gefährdungseinschätzung einbezogen werden, soweit hierdurch der wirksame Schutz des Kindes oder Jugendlichen nicht infrage gestellt wird. In die Vereinbarung ist neben den Kriterien für die Qualifikation der beratend hinzuzuziehenden Insoweit erfahrenen Fachkraft insbesondere die Verpflichtung aufzunehmen, dass die Fachkräfte der Träger bei den Erziehungsberechtigten auf die Inanspruchnahme von Hilfen hinwirken, wenn sie diese für erforderlich halten, und das Jugendamt informieren, falls die Gefährdung nicht anders abgewendet werden kann. (5) Werden einem örtlichen Träger gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes oder eines Jugendlichen bekannt, so sind dem für die Gewährung von Leistungen zuständigen örtlichen Träger die Daten mitzuteilen, deren Kenntnis zur Wahrnehmung des Schutzauftrags bei Kindeswohlgefährdung nach 8 a erforderlich ist. Die Mitteilung soll im Rahmen eines Gesprächs zwischen den Fachkräften der beiden örtlichen Träger erfolgen, an dem die Personensorgeberechtigten sowie das Kind oder der Jugendliche beteiligt werden sollen, soweit hierdurch der wirksame Schutz des Kindes oder des Jugendlichen nicht infrage gestellt wird.

Kontakt Stadt Karlsruhe Sozial- und Jugendbehörde Sozialer Dienst Kochstraße 7, 76133 Karlsruhe Telefon: 0721 133-5301 E-Mail: sodi@sjb.karlsruhe.de Internet: www.karlsruhe.de/sodi Stadt Karlsruhe Layout: Pruß Druck: Rathausdruckerei, Recyclingpapier Stand: Juli 2018