Stellungnahme. zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Einführung einer zivilprozessualen Musterfeststellungsklage

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Der Rekurs der klagenden Partei wird

Transkript:

Stellungnahme zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Einführung einer zivilprozessualen Musterfeststellungsklage Kontakt: Dr. Florian Trappe Telefon: +49 30 20225-5379 Telefax: +49 30 20225-5354 E-Mail: florian.trappe@dsgv.de Berlin 31. Mai 2018 Federführer: Deutscher Sparkassen- und Giroverband e. V. Charlottenstraße 47 10117 Berlin Telefon: +49 30 20225-0 Telefax: +49 30 20225-250 www.die-deutsche-kreditwirtschaft.de

Seite 2 von 7 I. Vorbemerkung Aus Sicht der Deutschen Kreditwirtschaft (DK) bedarf es in Deutschland keiner Einführung eines neuen Klageverfahrens zur Durchsetzung von Verbraucherrechten. Die DK hatte zum Diskussionsentwurf bereits in ihrer Stellungnahmen vom 28. September 2017 umfassend Stellung genommen. Verbrauchern steht in Deutschland nach geltendem Recht ein differenziertes System der kollektiven und individuellen Rechtsdurchsetzung zur Verfügung. Im internationalen Vergleich zählt Deutschland insbesondere im Bereich des Zugangs zum Recht weltweit zu den führenden Staaten (World Justice Project, Rule of Law Index, Seite 86). Zivilprozessuale Instrumente zur kollektiven Durchsetzung von Verbraucherrechten stellen insbesondere die Verfahren nach dem Gesetz über Musterverfahren in kapitalmarktrechtlichen Streitigkeiten (KapMuG) und dem Gesetz über Unterlassungsklagen bei Verbraucherrechts- und anderen Verstößen (UKlaG) dar. Einen einfachen Zugang zum Recht gewährleisten - nicht nur im Bereich der Kreditwirtschaft - zudem die vom Bundesamt für Justiz anerkannten außergerichtlichen Verbraucherschlichtungsstellen (Ombudsmannverfahren). Hier können Verbraucher schnell und einfach durch Anrufung eines unabhängigen und neutralen Schlichters unentgeltlich zu ihrem Recht kommen. Aus Sicht der DK sollten bei Einführung einer Musterfeststellungsklage einige unausgewogene Regelungen des Gesetzentwurfs korrigiert werden. Einen ersten Schritt in die richtige Richtung stellen nach Auffassung der DK die gegenüber der Vorfassung im Regierungsentwurf vorgesehenen erhöhten Anforderungen an die Klagebefugnis dar. Allerdings hat die DK Zweifel, ob diese Anforderungen ausreichen, um in der Praxis einen Missbrauch zu verhindern. Zudem sollten die Regelungen zu einem Vergleich praxisgerechter gestaltet werden. Unscharf bleibt auch das Konkurrenzverhältnis zu anderen Verfahrensarten der kollektiven und individuellen Durchsetzung von Verbraucherrechten. Ferner sollte der Deutsche Bundestag die Bundesregierung auffordern sich dafür einzusetzen, dass sich die Musterfeststellungsklage in die derzeit als Kommissionsvorschlag vorliegende Richtlinie über Verbandsklagen zum Schutz der Kollektivinteressen der Verbraucher und zur Aufhebung der Richtlinie 2009/22/EG nahtlos einfügt und aus der Richtlinie keine weitergehenden Anforderungen resultieren. Aus Sicht der DK besteht insbesondere an folgenden Stellen Anpassungsbedarf: II. Einzelanmerkungen 1. Klagebefugnis ( 606 ZPO-neu) Der 606 ZPO-neu regelt die wesentlichen Voraussetzungen der Musterfeststellungsklage. Die Klagebefugnis steht demnach qualifizierten Einrichtungen nach 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Unterlassungsklagengesetz (UKlaG) zu, die zudem kumulativ die Anforderungen des 606 Abs. 1 Satz 2 ZPO-neu erfüllen müssen. Die Musterfeststellungsklage ist nur dann zulässig, wenn eine qualifizierte Einrichtung glaubhaft macht, dass von den Feststellungszielen die Ansprüche oder Rechtsverhältnisse von mindestens zehn Verbrauchern abhängen und zwei Monate nach öffentlicher Bekanntmachung der Musterfeststellungsklage mindestens 50 Anmeldungen zur Eintragung in das Klageregister vorliegen ( 606 Abs. 3 ZPO-neu).

Seite 3 von 7 Nach der Neufassung des 606 Abs. 1 ZPO-neu muss die qualifizierte Einrichtung mindestens zehn Verbände als Mitglieder oder mindestens 350 natürliche Personen haben. Die qualifizierte Einrichtung muss mindestens seit vier Jahren in der Liste nach 4 UKlaG oder dem Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Art. 4 der Unterlassungsklagen-Richtlinie eingetragen sein. In Erfüllung ihrer satzungsmäßigen Aufgaben muss sie Verbraucherinteressen weitgehend durch nicht gewerbsmäßige Tätigkeit wahrnehmen und Musterfeststellungsklagen nicht zum Zwecke der Gewinnerzielung erheben. Nicht mehr als fünf Prozent ihrer finanziellen Mittel dürfen durch Zuwendungen von Unternehmen bezogen werden. Aus Sicht der DK sind die in 606 Abs. 1 ZPO-neu enthaltenen strengeren Voraussetzungen zwar zu begrüßen. Im Ergebnis erscheinen sie allerdings weiterhin nicht ausreichend, um einen Missbrauch wirksam zu verhindern. a. Klagebefugnis schließt Missbrauchsrisiko nicht wirksam aus Entgegen der Annahme in der Gesetzesbegründung ist die DK auch nach Bewertung der neugefassten Anforderungen zur Klagebefugnis der Auffassung, dass die Beschränkungen nicht ausreichen, um sicherzustellen, dass Musterfeststellungsklagen nur im Interesse betroffener Verbraucher erhoben werden. Es ist nicht auszuschließen, dass US-Anwaltskanzleien in EU-Mitgliedstaaten mit geringen oder fehlenden Anforderungen an die Klagebefugnis entsprechende qualifizierte Einrichtungen gründen, um europaweit und auch in Deutschland Musterfeststellungsklagen erheben zu können. Dabei ist zu berücksichtigen, dass allein die öffentliche Ankündigung, eine Musterfeststellungsklage erheben zu wollen, für Unternehmen ein erhebliches Missbrauchspotential beinhaltet. Um einen Missbrauch der Klagebefugnis zu verhindern, könnte diese ausschließlich einer (neutralen) öffentlich-rechtlichen Institution übertragen werden. Beispielsweise könnte diese Filter-Funktion durch einen Ombudsmann auf nationaler Ebene übernommen werden, der beim Bundesamt für Justiz angesiedelt werden könnte. Diese Forderung wurde bereits von der Arbeitsgemeinschaft Mittelstand im Positionspapier vom 23. März 2018 formuliert und findet auch Befürworter in der Literatur (Woopen, Kollektiver Rechtsschutz, NJW 2018, Seiten 133 ff.). Anders als Rechtsanwälte und Verbraucherverbände gewährleistet ein Ombudsmann eine sachliche und neutrale Bewertung der Frage, ob ein Verfahren eingeleitet werden kann. b. Höhere Zulässigkeitsvoraussetzung als Missbrauchsschutz Mindestens sollte aber ein Klageverfahren nur bei öffentlichem Interesse eingeleitet werden können. Die im Gesetzentwurf vorgesehene Voraussetzung, dass die Musterfeststellungsklage nur zulässig sein soll, wenn glaubhaft gemacht wird, dass die Ansprüche oder Rechtsverhältnisse von mindestens zehn betroffenen Verbrauchern von den Feststellungszielen abhängen und 50 Verbraucher ihre Ansprüche angemeldet haben ( 606 Abs. 3 ZPO-E), ist nicht ausreichend. Das relevante Quorum sollte deutlich erhöht werden (z. B. auf 500), um zum einen sicherzustellen, dass es sich wirklich um ein massenhaft auftretendes und zu bewältigendes Problem handelt. Zum anderen ist das Quorum von 50 betroffenen Verbrauchern angesichts der mit einer Klageerhebung verbundenen erheblichen negativen Außenwirkung für das betroffene Unternehmen zu niedrig angesetzt. Zumal die Anmeldung von Ansprüchen oder Rechtsverhältnissen im Klageregister ohne inhaltliche Prüfung erfolgen soll.

Seite 4 von 7 c. Klagebefugnis für Unternehmen Ferner sollten nach Auffassung der DK auch die beklagten Unternehmen klagebefugt sein, da sie möglicherweise angesichts einer Vielzahl gleichgelagerter Prozesse ebenfalls ein Interesse an der grundsätzlichen Klärung der zu Grunde liegenden Sachverhalts- bzw. Rechtsfragen haben. Dies wäre auch systemkonform, wie ein Blick auf ein anderes Musterverfahren, das KapMuG zeigt. Dort hat ein beklagtes Unternehmen kraft eigener Antragsbefugnis die Möglichkeit, ein derartiges Verfahren in Gang zu bringen. Mindestens sollte aber ein beklagtes Unternehmen im Laufe des Musterfeststellungsklageverfahrens wenigstens berechtigt sein, eigene Feststellungsziele zu formulieren und entsprechende Anträge zu stellen. 2. Bekanntmachung im Klageregister ( 607 ZPO-neu) Der Gesetzentwurf sieht die öffentliche Bekanntmachung einer Musterfeststellungsklage in einem neu zu schaffenden Klageregister vor ( 607 ZPO-neu). Nach der Gesetzesbegründung soll das Gericht die öffentliche Bekanntmachung spätestens 14 Tage nach Rechtshängigkeit der Klage veranlassen, um die durch die Musterfeststellungsklage potentiell Betroffenen möglichst frühzeitig von der Musterfeststellungsklage zu informieren. Bereits die Zweimonatsfrist zur Bekanntmachung nach Anhörung des Beklagten hatte die DK als zu kurz bewertet. Eine Anhörung des Beklagten ist im Regierungsentwurf nun nicht mehr vorgesehen. Zudem wurde die Frist zur Bekanntmachung von zwei Monaten auf 14 Tage verkürzt. Aus Sicht der DK wird dieses Verfahren dem Grundsatz der Waffengleichheit im Zivilprozess nicht gerecht und verstößt gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör. Die Parteien im Zivilprozess müssen die Möglichkeit haben, sich mit tatsächlichen und rechtlichen Argumenten zu behaupten. Dies ist nur nach einer entsprechenden Anhörung des Beklagten möglich. Angesichts der nur geringen Anforderungen an die Zulässigkeit einer Musterfeststellungsklage besteht das Risiko, dass ein nur von zehn Betroffenen glaubhaft gemachter Sachverhalt öffentlich gemacht wird, ohne eine Anhörung des Unternehmens zu ermöglichen. Um hier eine faire Balance zwischen den Parteien herzustellen, sollte zumindest die Anhörung des Beklagten erfolgen und die Frist zur Bekanntmachung auf mindestens zwei Monate - wie im Diskussionsentwurf vorgeschlagen - festgelegt werden. 3. Anmeldung von Ansprüchen ( 608 ZPO-neu) a. Fristenregelung intransparent für Verbraucher Der 608 ZPO-neu soll es betroffenen Verbrauchern ermöglichen, Ansprüche oder Rechtsverhältnisse, die von den geltend gemachten Feststellungszielen abhängen, bis spätestens zum Ablauf des Tages vor Beginn des ersten Termins zur Musterfeststellungsklage anzumelden. Diese Fristenregelung ist für den Verbraucher nicht transparent und erscheint auch aus Sicht des beklagten Unternehmens nicht sachgerecht. Für den Verbraucher ist zum einen bei Beginn des Verfahrens unklar, bis zu welchem Datum er berechtigt sein wird, seine Anmeldung zur Eintragung vorzunehmen und zum anderen dürfte es der Mehrzahl der Verbraucher schwerfallen, das tatsächliche Fristende zu überwachen.

Seite 5 von 7 Der neugefasste 611 Abs. 6 ZPO-neu sieht vor, dass der Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs vor dem ersten Termin unzulässig ist. Begründet wird dies damit, dass dem Vergleich eine möglichst weitreichende befriedende Wirkung zukommen soll. Hintergrund ist wohl, dass eine solche Wirkung dadurch erschwert wird, dass zwischen Vergleich und erstem Termin weitere potentielle Anmeldungen hinzutreten können. Mit dieser Regelung soll offenbar der bereits von der DK kritisierten Unsicherheit über die vom Vergleich erfassten Anmeldungen entgegengewirkt werden. Allerdings dürfte dies dazu führen, dass eine gütliche Einigung - die in vielen Fällen schon vor dem ersten Termin möglich erscheint - de facto ausscheidet. Dies dürfte nicht der Intention des Gesetzgebers entsprechen. Als sachgerechte Lösung bietet sich demgegenüber eine starre Frist (etwa von sechs Monaten wie beim KapMuG) an, die mit der Bekanntmachung der Musterfeststellungsklage im Klageregister beginnt. Der Verbraucher könnte Beginn und Ende der Frist bereits zu Anfang des Verfahrens klar erkennen und hätte genügend Zeit für eine Anmeldung von Ansprüchen/Rechtsverhältnissen im Klageregister. Nach den bisherigen Erfahrungen mit Verfahren nach dem KapMuG ist davon auszugehen, dass die vorgenannte Anmeldefrist zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor Urteilsverkündung bzw. zum Zeitpunkt eines Vergleichsschlusses verstrichen ist, so dass für den Beklagten Klarheit über die betroffenen Ansprüche/Rechtsverhältnisse bestünde. b. Risiko der Anmeldung unberechtigter Ansprüche Kritisch zu sehen ist, dass nach 608 Abs. 2 Satz 2 ZPO-E-neu keine inhaltliche Prüfung der Angaben der Anmeldungen vorgesehen ist. Diese Regelung birgt ein nicht unerhebliches Missbrauchspotential, da auch unberechtigte Ansprüche oder Rechtsverhältnisse oder sogar Ansprüche fiktiver Verbraucher angemeldet werden könnten. Dies wäre angesichts der mit einer Musterfeststellungsklage verbundenen negativen Außenwirkung für das beklagte Unternehmen und dem hiermit gegebenenfalls verbundenen erhöhten öffentlichen Druck, einen Vergleich abzuschließen, sachlich nicht gerechtfertigt. 4. Besonderheiten der Musterfeststellungsklage ( 610 ZPO-neu) Mit der Rechtshängigkeit der Musterfeststellungsklage kann gegen den Beklagten keine andere Musterfeststellungsklage erhoben werden, deren Feststellungsziele denselben Lebenssachverhalt betreffen ( 610 ZPO-neu). Hat ein Verbraucher vor der Bekanntmachung der Angaben zur Musterfeststellungsklage im Klageregister eine Klage erhoben, die denselben Lebenssachverhalt betrifft, und meldet er seine Ansprüche im Klageregister an, so setzt das Gericht das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung aus ( 613 Abs. 2 ZPO-neu). Diese Sperrwirkung ist im Sinne einer einheitlichen Klärung der Feststellungsziele sinnvoll und zweckmäßig. 610 Abs. 2 ZPO-neu regelt im Gegensatz zum Diskussionsentwurf, dass während der Rechtshängigkeit der Musterfeststellungsklage ein angemeldeter Verbraucher gegen den Beklagten keine Klage erheben kann, deren Streitgegenstand denselben Lebenssachverhalt und dieselben Feststellungsziele betrifft. Weiterhin fehlt aber eine Regelung für die Fälle, in denen der Kläger seine Klage zwar vor Bekanntmachung der Musterfeststellungsklage erhoben, im Rahmen des Musterfeststellungsverfahrens aber keine Anmeldung vorgenommen hat. Diese Verfahren würden bei unterbleibender Anmeldung separat weiterlaufen und könnten zu einer abweichenden Rechtsprechung führen. Um hier eine einheitliche und konsequente Entscheidung über die Feststellungsziele zu erreichen, sollte diese Regelungslücke geschlossen werden.

Seite 6 von 7 5. Bindungswirkung des Musterfeststellungsurteils ( 613 ZPO-neu) Die DK begrüßt die Regelung im Gesetzentwurf, die vorsieht, dass die im Musterfeststellungsurteil getroffenen Feststellungen für einen Folgerechtsstreit zwischen einem angemeldeten Verbraucher und dem Beklagten der Musterfeststellungsklage Bindungswirkung entfaltet ( 613 Abs. 1 Satz 1 ZPO-neu). Die Regelung zur Bindungswirkung schafft Rechtssicherheit zwischen den angemeldeten Verbrauchern und dem Beklagten und fördert damit den Rechtsfrieden in Bezug auf die Feststellungsziele. 6. Verhältnis zu anderen Sammelverfahren, KapMuG und UKlaG a. KapMuG Der Anwendungsbereich des Musterfeststellungsklageverfahrens ist sehr breit angelegt, da jegliches Rechtsverhältnis zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer Gegenstand des Verfahrens sein kann. Verfahren nach dem KapMuG beruhen hingegen ausschließlich auf Sachverhalten, denen unrichtige Kapitalmarktinformationen zu Grunde liegen. Trotz dieses eher schmalen Anwendungsbereiches sind Überschneidungen insoweit denkbar, dass Rechtsstreitigkeiten in diesem Bereich sowohl Gegenstand eines KapMuG-Verfahrens sein können als auch eines Musterfeststellungsklageverfahrens. Derzeit existiert keine Kollisionsregel zwischen diesen beiden Verfahrensarten, so dass es grundsätzlich denkbar wäre, dass es wegen ein und desselben Lebenssachverhaltes aus dem Bereich unrichtiger Kapitalmarktinformationen sowohl zu einem KapMuG-Verfahren als auch zu einem Musterfeststellungsklageverfahren kommt. Dass diese Situation dem Ziel einheitlicher und konsequenter Entscheidung der relevanten Streitfragen nicht dienlich wäre, ist offenkundig. Es sollte daher eine Kollisionsregelung in das Gesetz mit aufgenommen werden, nach der für den Anwendungsbereich des KapMuG dieses Vorrang hat und die Eröffnung eines Musterfeststellungsklageverfahrens insoweit ausgeschlossen ist. Mit dem KapMuG stehen bereits Vorschriften zur Verfügung, die durch die Bündelung von Verfahren für eine effiziente Verfahrensgestaltung und eine Entlastung der Gerichte sorgen. Die Ansprüche potentiell geschädigter Kapitalanleger bewegen sich zudem erfahrungsgemäß regelmäßig in einer solchen Höhe, dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass allein aufgrund rationaler Apathie derartige Ansprüche nicht geltend gemacht werden. Bei einem Verzicht auf eine Kollisionsregel wäre mit erheblichen prozessualen Komplikationen zu rechnen, wenn z. B. neben einem bereits laufenden Musterverfahren nach dem KapMuG und Anspruchsanmeldungen nach 10 Abs. 2 KapMuG zu denselben Fragestellungen auch noch eine allgemeine Musterfeststellungsklage (nebst nachfolgender Möglichkeit zur Anspruchsanmeldung) erhoben werden könnte. b. UKlaG Überschneidungen im Anwendungsbereich sind auch zwischen der geplanten Musterfeststellungsklage und der bereits existierenden Unterlassungsklage nach UKlaG denkbar. Hierzu sieht der Regierungsentwurf ebenfalls keine Kollisionsregel zwischen diesen beiden Verfahrensarten vor, so dass es auch hier grundsätzlich denkbar wäre, dass es wegen ein und desselben Lebenssachverhaltes sowohl zu einem UKlaG-Verfahren kommt als auch

Seite 7 von 7 zu einem Musterfeststellungsklageverfahren. Insoweit wäre es möglich, dass die beiden Verfahren vor unterschiedlichen Gerichten ausgetragen - und im ungünstigsten Fall sogar zu widersprüchlichen Ergebnissen führen würden. Dies würde nicht nur der eigentlich beabsichtigten Entlastung der Gerichte zuwiderlaufen, sondern auch die Gefahr einer widersprüchlichen und zersplitterten Rechtsprechung zu den behandelten Verbraucherrechtsfragen schaffen. Es sollte daher auch hier eine Kollisionsregelung in das Gesetz mit aufgenommen werden, nach der für den Anwendungsbereich des UKlaG dieses Vorrang hat und die Eröffnung eines Musterfeststellungsklageverfahrens insoweit ausgeschlossen ist. *******