Supply Chain Management II



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Transkript:

Supply Chain Management II Wintersemester 2007/2008 Lehrstuhl für BWL, insbesondere Produktion und Logistik 1 Entwicklung des Supply Chain Management in der Praxis Prognostiziertes durchschnittliches Marktwachstum für Supply Chain Management-Dienstleistungen weltweit: 15,1 % p.a. bis 2006. Prognostizierter Umsatz mit Supply Chain Management-Software 2006 weltweit: 55.3 Mrd. US $. (Quelle: IDC, 2002) Prognostiziertes durchschnittliches Marktwachstum für Supply Chain Management-Software in Europa: 28 % p.a. bis 2007. Prognostizierter Umsatz mit Supply Chain Management-Software 2007 in Europa: 2,78 Mrd. US $. (Quelle: Frost & Sullivan, 2001) 54 % von 120 befragten deutschen Führungskräften antizipieren Kostensenkungen durch SCM von mindestens 20 %. 67 % meinen, dass vor allem die Industrie verstärkt auf Supply Chain Management setzen sollte (Quelle: TXT e-solutions, 2001) 2

Bedeutung von Supply Chain Management Aktuelle Megatrends: Trend 1: Globalisierung Wegfall politischer, ideologischer und zolltechnischer Grenzen Fortschritte der IuK-Technologien: Vernetzung der Welt durch das Internet Unternehmen suchen sich die Arbeitskräfte, Materialien, das Know-how und die Rahmenbedingungen für ihre Aktivitäten in denjenigen Ländern, die das günstigste Preis-/Leistungsverhältnis bieten Unternehmen suchen Kunden und Lieferanten in allen Teilen der Welt Verschärfung des Wettbewerbs 3 Trend 2: Kurzlebige, differenzierte (individuelle) und schwer prognostizierbare Kundennachfrage Umsätze mit einheitlichen, standardisierten Massengütern sinken Kunden fragen individualisierte, servicebetonte Leistungen nach Verkürzte Produktlebenszyklen Höhere Variantenvielfalt 4

Auswirkungen der Globalisierung Steigender Bedarf an weiträumigen Transportdienstleistungen Entstehung komplexer, globaler Wertschöpfungsnetzwerke (Supply Chains) Koordination und Integration von Lager-, Transport-, Produktions- und Umschlagsleistungen in globalen Netzwerken gewinnt an Bedeutung 5 Ausschnitt einer Supply Chain eines Sportartikelherstellers adidas+teamgeist TM Granulat Japan Leverkusen Südkorea Uffenheim Kautschuk Indien Folie Farbe Indien Vietnam Quellen: www.adidas.de, Michler, 2006 Bälle Blase Garn Thailand 6

Die Supply Chain eines Kaffeerösters Quellen: www.tchibo.de www.logistics.de 7 Quelle: www.logistics.de 8

Lieferanten: Produzenten in Asien Quelle: www.logistics.de 9 Lieferant 1 Lieferant 2 Lieferant n Reederei main shipper Empfangshafen main port of destination Zentrales Hochregallager Bremen Quelle: www.logistics.de Regionale Verteilzentren 10

Auswirkungen der individualisierten Kundennachfrage Übergang vom kosten- und preisbasierten Wettbewerb zum zeitbasierten Wettbewerb Unternehmenserfolg ist abhängig von der Fähigkeit auf Kundenwünsche reagieren zu können On Demand-Produktion und Distribution Just-in-Time Nachfrage nach logistischen Dienstleistungen in kleinen Auftragslosen, bei hohem Termindruck und erwarteter Termintreue Steigende Güterströme bei sinkenden Sendungsgrößen Make-to-Order, Assemble-to-Order Mass Customization 11 Nokia bietet ein Mobiltelefon-Modell heute durchschnittlich 18 Monate an Der Modemacher Zara wechselt sein Oberbekleidungssortiment 14-mal im Jahr BMW: statistisch verlassen pro Jahr nur zwei identische Fahrzeuge das Werk in Leipzig Der Mausklick in Deutschland wird zum Produktionsauftrag in Taiwan (Quelle: McKinsey) 12

Assemble-to-Order in der Computerindustrie USA Irland Niederlande Deutschland Israel (3),(4),(6),(5) (5) (1) (3),(4),(5) (5) Korea (1),(3),(4) Japan (6),(7) China (3),(7) Taiwan (1),(2), (7),(4) Quelle: LOGISTICS 13 (1) Flachbildschirm: Korea, Taiwan, Niederlande Hersteller: Samsung, LG, Philips, Au Optronics (2) Graphikkarte: Taiwan Hersteller: Nvidia, ATI (3) Speicherchip: Deutschland, Irland, Israel, USA Hersteller: Intel, AMD (4) Motherboard: Taiwan, USA Hersteller: Intel, Gigabyte, MSI, Asustek (5) Prozessor: Irland, USA, Israel (6) Festplatte: Japan, USA (7) Laufwerk: Taiwan, Korea, Japan 14

Quellen: Michler, I. (2006): Ein Ball fliegt um die Welt, in: Welt Kompakt, 12. Mai 2006, S. 2-4, abgerufen unter: http://archiv.welt.de/media/welt/download/f91f1a947fb8b62ded2 b0568e569ae0b/2006-05-12_16.pdf Tchibo (2004): Jede Woche eine neue Logistik-Welt, abgerufen unter: http://www.logistik-inside.de/fm/2239/broschuere.pdf Hightech Logistik Jede Sekunde Zählt, LOGISTICS 0405, S. 13-20 15 Supply Chains und Supply Chain Management Als Supply Chain wird ein unternehmensübergreifendes Netzwerk bezeichnet, das als gesamtheitlich zu betrachtendes Leistungssystem spezifische Wirtschaftsgüter für einen definierten Zielmarkt hervorbringt. Charakteristisch ist die interorganisatorische Arbeitsteilung zwischen den beteiligten selbstständigen Unternehmen. Gegenstand des Supply Chain Management ist die Gestaltung von Objektflüssen (Güter, Informationen, Werte) entlang der Prozessstufen des Netzwerks, mit den Zielen einer Steigerung des (End-)Kundennutzens (Effektivität) und einer systemweiten Verbesserung des Nutzen/Kosten-Verhältnisses (Effizienz). 16

Es kann zurzeit festgestellt werden, wie sich das Prinzip der Arbeitsteilung auf revolutionäre Weise wiederholt. 1776 erläuterte Adam Smith dieses Konzept in seinem Buch "Der Reichtum der Nationen". Während sich damals die Mitarbeiter in einem Unternehmen die verschiedenen Arbeitsschritte untereinander aufteilten und so die Produktivität steigerten, teilen sich heute Unternehmen verschiedenen Aufgaben in globalen Wertschöpfungsnetzwerken. Damit steigt jedoch die Abhängigkeit der Unternehmen - und der Bedarf nach immer engerer Zusammenarbeit und intensiverem Austausch von Informationen. Welche Folgen ein schlecht organisiertes Wertschöpfungsnetzwerk haben kann, illustriert folgende Begebenheit: Volvos Marketingmanager versprachen 1995 ihren Händlern heimlich hohe Rabatte für grüne Autos - von denen große Mengen das Lager blockierten. Leider wussten die Supply Chain Manager von dieser Abmachung nichts. Als sie merkten, dass grüne Autos plötzlich sehr stark nachgefragt wurden, verdoppelten sie die Produktionsziele für das folgende Jahr. So hatte der Konzern schließlich noch mehr grüne Volvos als vorher. (Quelle: Leitl, M.: Supply-Chain-Management?, in: Harvard Businessmanager, Heft 9/2005) 17 Die Idee des Supply Chain Management Schon früh lernen wir Probleme zu zerlegen und die Welt in überschaubaren Teilen zu Begreifen. Komplexe Aufgaben lassen sich so offenbar besser handhaben. Wir bezahlen dafür jedoch einen hohen, unsichtbaren Preis. Weil wir die Konsequenzen unserer Handlungen nicht mehr unmittelbar sehen können, verlieren wir unseren angeborenen Sinn, Dinge in ihrer Gesamtheit zu überblicken. (Peter Senge - The Fifth Discipline) Supply Chain Management heißt: ganzheitliches Gestalten und Lenken 18

Beispiel für ein ganzheitliches Supply Chain Management 19 20

Supply Chain Management Ein integriertes Managementkonzept Wirtschaftsinformatik Operations Research SCM Produktions- und Logistikmanagement 21 Supply Chain Management kann als ein neuer Ansatz der Betriebswirtschaftlehre angesehen werden, der sich über die Grenzen des Betriebes erstreckt. SCM beinhaltet nicht nur die Logistik, sondern alle anderen Felder der Betriebswirtschaftlehre, wie Marketing, Produktion, Unternehmensführung, Unternehmensrechnung und Controlling. SCM basiert insbesondere auf Methoden und Konzepten des Produktions- und Logistikmanagements, des Operations Research, des Marketing und des Controllings, theoretischen und praktischen Erkenntnissen des Kooperationsmanagement sowie dem Einsatz von innovativen Informations- und Kommunikationstechnologien. 22

Praxisanforderungen des SCM SCM stellt hohe Anforderungen an die Kompetenz der Mitarbeiter in Unternehmen: SCM setzt Problemlösungskompetenz voraus, die nicht auf einzelne betriebswirtschaftliche Disziplinen beschränkt ist. SCM setzt sowohl den sicheren Umgang mit betriebswirtschaftlichen Methoden als auch umfangreiches Know-how in Bezug auf die relevante IT-Technologie voraus. SCM stellt besondere Anforderungen an analytische Fähigkeiten der Mitarbeiter in Unternehmen. 23 Anforderungen des SCM an die Lehre Until six or seven years ago, academia was not paying attention it should have to logistics and supply chain management. [...] But in the last few years, this has changed in both engineering and business schools. [...] Top academic institutions across the country now recognize that logistics and supply chain is an important area of education and are now devoting resources to it. (Simchi-Levi, 2000, S. 79) Die Aufgabengebiete des SCM entsprechen mindestens einem erweiterten Spektrum einer klassischen Industriebetriebslehre [...] oder im weiteren Sinne einer integrierten Industrie-, Handelsund Transportwirtschaft mit dem Schwergewicht auf den prozessbezogenen SCM-Aufgaben. Es bleibt abzuwarten, ob sich entsprechende Fächerkombinationen in den Hochschulen [...] mit den entsprechenden Abschlüssen [...] herausbilden. (Hahn, 2000, S. 18) 24

Ziel der Vorlesung Mit der Vorlesung Supply Chain Management soll den Anforderungen der Praxis an die Supply Chain Management- Kompetenz zukünftiger Mitarbeiter Rechnung getragen werden. Ziel dieser Lehrveranstaltung ist es, Sie mit den Methoden und Konzepten des Supply Chain Management in einer Weise vertraut zu machen, dass Sie diese kompetent und wirkungsvoll in Ihrer zukünftigen beruflichen Praxis einsetzen können. 25 Der Fokus der Veranstaltung liegt dabei auf der Entwicklung und Implementierung von Planungsmodellen für die Gestaltung von Supply Chains (Supply Chain Configuration) und der Entwicklung und Implementierung von Planungsmodellen für die Koordination der Güter- und Informationsflüsse in Supply Chains (Supply Chain Planning). 26

Optimization Models for Supply Chain Management Optimization models are necessary and desirable tools for identifying effective supply chain decisions. They re the only tools capable of analyzing the complex interactions and ripple effects of decisions taken across the company s supply chain in a holistic manner. (Jeremy F. Shapiro, Professor of Operations Research and Management, Sloan School of Management, MIT. In: CLM Explores..., Volume One, 2004.) 27 Gliederung zur Vorlesung Grundlagen des Supply Chain Management 1 Grundlagen 1.1 Definition Supply Chain 1.2 Ziele der Supply Chain 1.3 Aufgaben des Supply Chain Management 1.4 Organisation und Koordination der Supply Chain 1.5 Grundlagen des Informationsmanagements in Supply Chains 1.6 Ausgewählte SCM-Praxisbeispiele 28

2 Supply Chain Planning (SCP) 2.1 Eine Motivation für SCP: Der Bullwhip-Effect 2.2 Aufgaben und Ziele des SCP 2.3 Aggregierte Leistungsprogrammplanung 2.3.1 Hierarchische Koordination/Zentrale Planung im SCP 2.3.2 Heterarchische Koordination/Dezentrale Planung im SCP 2.4 Ermittlung vorlaufverschobener Nettoleistungsprogramme 2.5 Detaillierte Leistungsprogrammplanung 2.5.1 (Partiell-) Zentralisierte Planung der detaillierten Leistungsprogramme 2.5.2 Dezentrale Planung der detaillierten Leistungsprogramme 2.6 Integrierte Kapazitätsplanung 2.7 Unterstützung des SCP durch Informationssysteme 2.8 Collaborative Planning, Forecasting and Replenishment (CPFR) 29 3 Supply Chain Configuration (SCC) 3.1 Aufgaben der SCC 3.2 Konfiguration der Prozess-/Ressourcenebene von Supply Chains 3.2.1 SCC als mehrstufiger Planungsprozess 3.2.2 Kriterien zur Bewertung von Konfigurationsalternativen 3.2.3 Isolierte Standort- und Güterflussplanung 3.2.3.1 Isolierte Standortplanung 3.2.3.2 Isolierte Güterflussplanung 3.2.4 Integrierte Standort- und Güterflussplanung 3.3 Unterstützung der Konfiguration der institutionellen Ebene der Supply Chain durch eine integrierte Standort- und Güterflussplanung 30

4 Supply Chain Execution (SCE) 4.1 Aufgaben und Ziele der SCE 4.2 Kritische Betrachtung: SCE - Grenzen des Supply Chain Management-Ansatzes 4.3 Available to Promise: Softwaregestützte Lieferterminplanung in der Supply Chain 4.4 Supply Chain Event Management 31 1 Grundlagen 1.1 Definition Supply Chain Ähnliche Begriffe: Lieferketten Wertschöpfungsketten Wertketten Logistikketten Versorgungsketten Wertschöpfungsnetzwerke Wertschöpfungssysteme Supply Chain Network Supply Network 32

Prozess- und ressourcenorientierte Definition A [ ] supply chain comprises geographically dispersed facilities where raw materials, intermediate products, or finished products are acquired, transformed, stored, or sold and transportation links that connect facilities along which products flow. (Shapiro, 2001, S. 5) 33 Supply Chain: Physische Ebene Auf einer physischen Ebene lassen sich Supply Chains als Netzwerke darstellen, in denen Knoten Produktions-, Lager-, Umschlag- und Distributionsstandorte repräsentieren. Pfeile zwischen den Knoten repräsentieren z. B. (potenzielle) Transportverbindungen zwischen den Standorten der Supply Chain. 34

Prozessorientierte Definition The supply chain encompasses all activities associated with the flow and transformation of goods from the raw materials stage (extraction), through to the end user, as well as the associated information flows. (Handfield/Nichols,1999, S. 2) 35 In einer Supply Chain finden alle wertschöpfenden Prozesse zwischen (Rohstoff-) Lieferant und Endkunden statt. Physische Supply Chain: Lieferantenstandorte Produktionsstandorte Distributionsstandorte System- Lieferantenstandorte Lagerstandorte Kundenstandorte 36

Institutionell orientierte Definition [ ] a supply chain is defined as a set of three or more entities (organizations or individuals) directly involved in the upstream and downstream flows of products, services, finances and/or information from a source to a customer. (Mentzer et al., 2001, S. 4) 37 Supply Chain: Institutionelle Ebene Auf der institutionellen Ebene umfasst eine Supply Chain eine Vielzahl autonomer Akteure (Unternehmen), die für bestimmte Standorte und/oder Verbindungen auf der physischen Ebene der Supply Chain (planungs-) verantwortlich sind. 38

Supply Chains stellen Wertschöpfungsverbunde mit verschiedenen Partnern dar. Institutionelle Supply Chain: Lieferanten LDL Unternehmen LDL Kunden 39 Wertschöpfungspartner Aus Sicht eines für den Endkunden-Markt produzierenden Unternehmens sind Lieferanten, logistische Dienstleister und Endkunden Wertschöpfungspartner. Unternehmen der gleichen Wertschöpfungsstufe können ebenfalls Wertschöpfungspartner darstellen (horizontale Kooperation). 40

Häufig vorzufindende Vorstellung der Supply Chain Informationsfluss Zahlungsmittelfluss Lieferant des Lieferanten Lieferant Beschaffung Produktion Vertrieb Kunde Kunde des Kunden Warenfluss 41 Informationsfluss Zahlungsmittelfluss Lieferant des Lieferanten Lieferant Beschaffung Produktion Vertrieb Kunde Kunde des Kunden Warenfluss Probleme: Keine Unterscheidung von institutioneller Ebene und Prozessebene, z.b. Lieferant (Institution), Produktion (Prozess). Inkonsistent Wie im Folgenden dargestellt wird, weisen Supply Chains netzwerkartige Strukturen und nicht kettenartige Strukturen auf! Zu starke Vereinfachung für fundierte Analysen 42

Entwicklung einer fundierten Supply Chain-Definition A (...) supply chain comprises geographically dispersed facilities where raw materials, intermediate products, or finished products are acquired, transformed, stored, or sold and transportation links that connect facilities along which products flow. The facilities may be operated by the company, or they may be operated by vendors, customers, third-party providers, or other firms with which the company has business arrangements. Shapiro, J. F. (2001): Modeling the Supply Chain, Pacific Grove, S. 5 Als Supply Chain oder auch Wertschöpfungssystem wird ein unternehmensübergreifendes Netzwerk bezeichnet, das als gesamtheitlich zu betrachtendes Leistungssystem spezifische Wirtschaftsgüter für einen definierten Zielmarkt hervorbringt. 43 Graphentheoretische Grundlagen für die Entwicklung einer fundierten Supply Chain-Definition Ein Graph G besteht aus einer nichtleeren endlichen Knotenmenge V und einer Menge E, die mit V elementfremd ist. Jedem Element e E ist genau ein Paar von Elementen v,v V (v v ) zugeordnet. Ist das jedem Element e E zugeordnete Paar von Elementen v und v geordnet (ungeordnet), so heißt G = (V, E) gerichteter Graph (bzw. G = [V, E] ungerichteter Graph). 44

Die Elemente der Menge E werden in einem gerichteten Graphen als Pfeil (v,v ) und in einem ungerichteten Graphen als Kante [v,v ] dargestellt. Es sei G = (V,E) ein gerichteter Graph und cv eine Abbildung, die jedem Pfeil (v,v ) eine reelle Zahl cv v,v zuordnet. Man nennt die Abbildung cv Pfeilbewertung. Das Tripel N = (E, K, cv) heißt dann pfeilbewertetes Netzwerk. Es sei ce eine Abbildung, die jedem Knoten v V eine reelle Zahl ce v zuordnet. Dann heißt das Quadrupel N = (E, K, cv, ce) pfeilund knotenbewertetes Netzwerk. 45 Netzwerke werden zur Modellierung von realen Systemen herangezogen. Die Knotenmenge V umfasst die entscheidungsrelevanten Elemente des Systems. Eine Kante (ein Pfeil) repräsentiert die Beziehung zwischen zwei Elementen (Knoten). Im Weiteren wird die Supply Chain als ein durch Abstraktion gewonnenes (Netzwerk-) Modell eines realen Wertschöpfungssystems definiert. 46

Prozess-/ressourcenbezogene Charakterisierung einer Supply Chain: Von der Kette zum Netzwerk In einer Supply Chain, bzw. dem betrachteten Ausschnitt einer Supply Chain, werden (i = 1,...,I) ortsgebundene wertschöpfende Prozesse durchgeführt. Beispiel: Herstellung eines Einspritzventils bei einem Automobilzulieferer Drehen des Stutzens Verchromen des Stutzens Endmontage des Einspritz -ventils Lagerung Kundenprozess i=1 i=2 i=3 i=4 i=5 47 EXKURS: Betriebliche Wertschöpfung In einer arbeitsteiligen Wirtschaft wird von einem einzelnen Unternehmen (Betrieb) ein Wert dadurch geschaffen, dass es Güter von anderen Unternehmen zu einem bestimmten Preis übernimmt (Input), mit diesen Gütern neue Güter herstellt (Output) und diese neuen Güter zu einem höheren Preis auf einem Markt absetzt. 48

Die betriebliche Wertschöpfung (value added) kann [ ] generell erklärt werden als die Differenz zwischen dem Wert der vom Betrieb übernommenen Güter und dem Wert der vom Betrieb abgegebenen Güter. Quelle: Weber, H. K., Wertschöpfungsrechnung, Stuttgart 1980, S. 10 Die betriebliche Wertschöpfung ist eine Wertgröße (gemessen in Geldeinheiten); sie bezieht sich stets auf eine konkrete Zeitperiode. 49 Betriebliche Wertschöpfung und Gewinn Umsatzerlöse/Gesamte Marktleistung ( ) (Wert der an den Markt abgegebenen Sachgüter und Dienstleistungen) - Gesamte Vorleistungen anderer Unternehmen/Gesamte Fremdleistung ( ) (Wert der übernommenen Sachgüter und Dienstleistungen) = Gesamte Wertschöpfung/Gesamte Eigenleistung ( ) - Kosten der gesamten Eigenleistung ( ) = Gewinn(+) / Verlust(-) ( ) 50

Betriebliche Wertschöpfung und EBIT Umsatzerlöse (Gesamte Marktleistung) ( ) - Gesamte Vorleistungen anderer Unternehmen (Gesamte Fremdleistung) ( ) = Gesamte Wertschöpfung (Gesamte Eigenleistung) ( ) - Kosten der gesamten Eigenleistung ( ) = Earnings Before Interest and Taxes (EBIT) (Ergebnis der Betriebstätigkeit) ( ) 51 Wertschöpfungsprozess Wertschöpfung: Der durch einen Prozess (Wertschöpfungsprozess) bzw. eine Prozesskette den Vorleistungen hinzugefügte Wert. Wertschöpfungsprozess: [...] any activity or group/series of activities that takes an input, adds value to it, and provides an output to an internal or external customer. (Harrington,1991, S. 9) 52

Exkurs: Bestimmung der durch einen Prozess erzielten Wertschöpfung (vgl. Pibernik, 2001, S. 141-147) Ein Wertschöpfungsprozess i transformiert den Inputvektor x In i = In In In In In (,x,..,x,x,..., x ) T x i,1 i,2 i,l i,l + 1 i,lˆ in den Outputvektor x Out i = Out Out Out ( x,x,..., x ) T i,1 i,2 i,n x i,l In mit : Quantität des l-ten Inputgutes (l=1,..., Lˆ ) Out x i,n : Quantität des n-ten Outputgutes (n=1,...n) 53 Inputgüter sind: Verbrauchsfaktoren, die unmittelbar am Prozess beteiligt sind und vollständig verbraucht werden (bspw. Roh-, Hilfs-, Betriebsstoffe), Potenzialfaktoren (Gebrauchsfaktoren) in Form ausführender menschlicher Arbeitskraft und/oder Betriebsmitteln, Umweltfaktoren, die dem ökologischen Umsystem entnommen werden, den durch den Prozess in Anspruch genommenen dispositiven Faktor. Outputgüter sind Hauptprodukte (Sachgüter, Dienstleistungen) und Nebenprodukte (bspw. Rückstände, Emissionen) 54

Bewertung des Inputs durch den Vektor der Bezugspreise: p In i = In In In In In (,p,...,p,p,..., p ) T p i,1 i,2 i,l i,l + 1 i,lˆ Gesamtwert des Inputs: In i Lˆ w = p l= 1 In i,l x In i,l Annahme: Die ersten L Komponenten des Inputvektors erfassen die Quantitäten der Vorleistungs-Güter. Gesamtwert der Vorleistungen: In,V i L w = p l= 1 In i,l x In i,l In x i 55 Bewertung des Outputs durch den Preisvektor Out pi = Out Out Out ( p,p,...,p ) i,1 i,2 i,n Für die Bewertung des Outputs können bspw. Absatz- oder Verrechnungspreise herangezogen werden. Gesamtwert des Outputs w Out = N i n= 1 p Out i,n x Out i,n Wertschöpfung des i-ten Prozesses: ws = w i Out i w In,V i 56

Prozess-/ressourcenbezogene Charakterisierung einer Supply Chain: Von der Kette zum Netzwerk Es sei V i die Menge an Standorten, an denen Ressourcen zur Durchführung des i-ten Wertschöpfungsprozesses zur Disposition stehen. Es sei v ij V i (j=1,...,j(i)) der j-te Standort zur Durchführung des i- ten Wertschöpfungsprozesses. Durch V = V 1 V 2,..., V I = {v ij i=1,...,i;j=1,...,j(i)} werden die Standorte der Ressourcen zur Durchführung von Wertschöpfungsprozessen durch Knoten abgebildet. 57 Beispiel: Prozesse i=1 (Drehen), i=2 (Verchromen) v 1,1 V 1 = {v 1,1, v 1,2, v 1,3, v 1,4 } v 1,2 v 2,1 V 2 = {v 2,1, v 2,2 } v 1,3 v 2,2 v 1,4 58

Ein Pfeil (v, v ) zeigt die Richtung der potenziellen Güterflüsse zwischen Knoten v V und Knoten v V (v v ) an. Es sei E die Menge an Pfeilen, die zwischen den Knoten v,v V realisiert werden können: E : = (v,v wenn zwischen v und v ) werden kann; v,v V; v v ein Güterfluss realisiert 59 Ein Pfeil (v, v ) zeigt an, dass für die Relation (v, v ) Ressourcen zur Disposition stehen oder aufgebaut werden können, um raumüberbrückende Wertschöpfungsprozesse zu realisieren. Raumüberbrückende Wertschöpfungsprozesse zur Realisierung eines Güterflusses zwischen den Knoten v und v sind logistische Leistungsprozesse. Beispiel: Prozesse i=1 (Drehen), i=2 (Verchromen) v 1,1 v 1,2 v 1,3 v 1,4 ( v1,1,v2, 1) ( v1,2,v 2, 1) ( v1,3,v 2, 2 ) ( v1,4,v 2, 2) v 2,1 v 2,2 60

Die Modellierung der Supply Chain ist an der zu analysierenden Problemstellung auszurichten. In Abhängigkeit einer konkreten Problemstellung ist der Abstraktionsgrad, gekennzeichnet durch Aggregationsniveau bzw. Detailliertheit der Abbildung und dem gewählten Ausschnitt des zu Grunde liegenden realen Wertschöpfungssystems, festzulegen. 61 Beispiel: Detaillierungsgrad der Modellierung i=1 (Drehen) i=2 (Verchromen) v 1,1 v 1,2 ( v1,1,v2, 1) ( v1,2,v 2, 1) v 2,1 i =1 (Drehen) i =2 (Umschlag 1) i =3 (Umschlag 2) i =4 (Verchromen) v 1,1 v 1,2 ( v 2,1,v 3, 1) v 1 2,1 v 3,1 ( v,v ) 3,1 4, 1 ( v,1,v 2, 1) ( v1,1,v 2, 2) ( v1,2,v 2, 2 ) v 2,2 ( v 2,2,v 3, 1) ( v 2,2,v 3, 2) ( v3,2,v 4, 1) v 3,2 v 4,1 62

Struktur der Supply Chain aus prozess-/ressourcenbezogener Perspektive - Beispiel Automobilzulieferer (Ausschnitt) Drehen Verchromemontage T End- T T Lagerung T Kundenprozess D v 1,1 v 1,2 v 2,1 D USA v 3,1 v 3,2 Brazil v 5,8 v 5,9 v 5,1 USA v 5,2 v 5,3 v 5,4 Brazil v 5,5 v 5,6 v v 5,7 5,10 v 5,11 v 1,3 D v 3,3 D v 4,1 EU v 5,12 v 5,13 v 5,14 v 5,15 China v 3,4 v 5,16 v 5,17 v 5,18 v 5,19 USA v 1,4 v 2,2 USA Japan South Korea v 3,5 v 3,6 v 5,21 v 5,20 v 5,22 v 5,23 China Mexico v 5,24 v 5,25 South Korea v 5,26 Australia v 3,7 v 5,27 v5,28 v 5,29 Australia Quelle: Pibernik, 2001, S. 155 63 cv i,j Die Knotenbewertung stellt die entscheidungsrelevanten Merkmale und deren Ausprägungen des Knoten v ij (z.b. Prozesskapazitäten, -kostensätze und -zeiten) dar. ce Die Pfeilbewertung stellt die entscheidungsrelevanten (v,v ) Merkmale und deren Ausprägungen der Güterflüsse (z.b. Entfernungen, Kostensätze, Kapazitäten, Intensität der Güterflüsse) dar. 64

Prozess-/ressourcenorientierte Definition der Supply Chain Die Supply Chain ist ein durch Abstraktion gewonnenes (Netzwerk-) Modell eines realen Wertschöpfungssystems. Der gerichtete Graph SC = (V, E, cv, ce) sei als eine prozess-/ ressourcenorientierte Supply Chain bezeichnet. Die Knotenmenge V repräsentiert die Standorte, an denen Ressourcen für die Durchführung ortsgebundener (stationärer) Wertschöpfungsprozesse zur Disposition stehen. Die Pfeilmenge E beschreibt die potenziellen Güterflüsse zwischen den Knoten. Die Knotenbewertungen cv bzw. die Pfeilbewertungen ce beschreiben die entscheidungsrelevanten Merkmale und Merkmalsausprägungen der Knoten und Pfeile. 65 Prozess- und ressourcenorientierte Darstellung der Supply Chain v 1,1 (v 1,1,v 3,1 ) v 3,1 (v 3,1,v 5,1 ) (v 1,1,v 1,2 ) v 2,1 v 5,1 v 1,2 v 3,2 v 4,1 (v 4,1,v 5,2 ) v 2,2 (v 3,4,v 4,1 ) v 5,2 v 1,3 v 3,3 v 4,2 v 2,3 v 5,3 v 1,4 v 3,4 (v 3,4,v 5,3 ) 66

Institutionell orientierte Definition der Supply Chain Es sei V ins die Menge an Institutionen (Unternehmen/Organisationseinheiten), die an der Durchführung von Wertschöpfungsprozessen in der Supply Chain beteiligt sind. Es sei v k V ins (k=1,...,k) die k-te Institution, die an der Durchführung von Wertschöpfungsprozessen in der Supply Chain beteiligt ist. 67 Die Menge V ins umfasst die institutionellen Teilmengen der Supply Chain-Partnern V ins : = V ins OEM V ins L V ins LDL V K Supply Chain-Partner OEM (Original Equipment Manufacturer) Lieferanten für Rohstoffe, Vorprodukte, Bauteile, Module, Systeme LDL (Logistikdienstleister), z.b. Speditionen, Transportunternehmen, 3PL s, 4PL s Finanzdienstleister (Banken, Versicherungen, Leasinggeber) Handelsunternehmen (Groß- und Einzelhandel) Politische und rechtliche Institutionen ins H 68

Beispiel V V V V ins L ins LDL ins OEM ins H = {v = {v = {v = {v 1 6,v 3,v 4 },v 2 7 } 5 } } Systemlieferanten LDL (Logistikdienstleister) OEM (Original Equipment Manufacturer) Handelsunternehmen v 1 v 7 v 4 v 5 v 2 v 3 v 6 69 Ein Pfeil (v k, v k ) zeigt an, dass zwischen den Knoten v k und v k rechtliche und informatorische Beziehungen bestehen. Ein Pfeil (v k, v k ) zeigt die Richtung dieser Beziehungen zwischen Knoten v k und Knoten v k (v k v k ) an. Rechtliche und informatorische Beziehungen: Informationsrechte und -pflichten Weisungsbefugnisse vertragliche Vereinbarungen kapitalmäßige Beziehungen 70

cv vk ins Die Knotenbewertung stellt die entscheidungsrelevanten Merkmale und deren Ausprägungen des Knoten v k (z.b. Eigenkapital, Umsatz, Gewinn, Mitarbeiterzahl, Zertifizierungen, Rechtsform, Firmensitz) dar. ce ins Die Pfeilbewertung ( v gibt z.b. die Anzahl von k ',vk '' ) Verhandlungen pro Periode, die Höhe der Beteiligung oder die Häufigkeit von Informationsübertragungen pro Periode an. 71 Die Supply Chain ist ein durch Abstraktion gewonnenes (Netzwerk-) Modell eines realen Wertschöpfungssystems. Der gerichtete Graph SC = (V ins, E ins, cv ins, ce ins ) sei als eine institutionell orientierte Supply Chain bezeichnet. Die Knotenmenge V ins repräsentiert die Institutionen, die in der Supply Chain agieren. Die Pfeilmenge E ins beschreibt die rechtlichen und informatorischen Beziehungen zwischen den Knoten. Die Knotenbewertungen cv ins bzw. Pfeilbewertungen ce ins beschreiben die relevanten Merkmale und Merkmalsausprägungen der Knoten und Pfeile. 72

Kombinierte prozess-/ressourcenorientierte und institutionell orientierte Darstellung der Supply Chain Institutionelle Ebene in v 1 in v 6 in v 3 in v 2 in v 4 in v 5 Prozess-/ Ressourcenebene (Physische Ebene) v 1,2 v 1,1 v 3,1 v 4,2 v 4,1 v 2,1 v 3,2 :. v 2,2 v 4,J(4) 73 Verbindungslinien zwischen den Knoten der institutionell orientierten Ebene und Knoten bzw. Pfeilen der prozess- und ressourcenorientierten Ebene zeigen die Verantwortlichkeiten der in der Supply Chain agierenden Institutionen und den Ressourcen zur Durchführung der Wertschöpfungsprozesse. Die Erweiterung der Darstellung auf weitere Ebenen erlaubt eine detaillierte Betrachtung der für eine konkrete Problemstellung relevanten Wertschöpfungsprozesse. 74

v 1 v 7 v 4 v 5 v 2 v 3 v 6 ve 1,1 ve 3,1 ve 1, 2 ve 2,1 ve 3,2 ve 2, 4 ve 4,1 ve 1, 4 ve 1,3 ve 2,3 ve 2,2 ve 3, 4 ve 3,3 ve 2,5 ve 4,3 ve 4, 2 ve 3, 3 1 ve 3, 3 4 ve 3, 3 5 ve 3, 3 6 ve 3, 3 3 ve 3, 3 2 75 Zusammenfassung und Erweiterung Allgemein besteht ein System aus einer endlichen Menge von Elementen (Systemelemente) und einer Menge von Beziehungen zwischen den Systemelementen. Supply Chains im Besonderen sind reale, sozio-technische, offene, dynamische Systeme, in denen Wertschöpfungsprozesse (bzw. Wertschöpfungsprozessketten) realisiert werden. In Suppy Chains agieren verschiedene Akteure, die über komplexe Kunden-Lieferanten-Beziehungen verbunden sind. 76

Die Akteure verfügen über unterschiedliche Standorte (Produktionsstätten, Läger, Häfen, Hubs, Sammel- und Verteilpunkte). Die Standorte sind über verschiedenartige Beziehungen verbunden, die sich nach dem Fließobjekt (Güter-, Informationsund Finanzflüsse) sowie den eingesetzten Transportmitteln unterscheiden lassen. Zur Darstellung und Analyse von Supply Chains können diese als Netzwerke modelliert werden. 77 Die Graphentheorie definiert ein Netzwerk als einen gerichteten, pfeil- (und knoten-) bewerteten Graphen. Ein gerichteter Graph GR=(V,AR) besteht aus einer nichtleeren, endlichen Menge von Knoten V (von: vertex) und einer Pfeilmenge A (von: arc). Jedem Element der Pfeilmenge A ist genau ein geordnetes Elementpaar v,v V (mit v v ) zugeordnet. Die Bewertung erfolgt, indem jedem Pfeil (und jedem Knoten) eine reellwertige Zahl zugeordnet wird. 78

Ein Netzwerk ist eine durch Abstraktion gewonnene, vereinfachte Abbildung eines realen Systems, wobei Knoten und Pfeile die relevanten Elemente des Realsystems und deren Beziehungen darstellen. Durch die Knoten- und Pfeilbewertung werden relevante Merkmale und Merkmalsausprägungen der Elemente und ihrer Relationen beschrieben. Aufgrund der komplexen Beziehungen in Supply Chains empfiehlt es sich, das gesamte System in Form mehrerer separierbarer Partialnetzwerke zu modellieren, die sich nach den jeweils durchfließenden Objekte unterscheiden. 79 (1) Prozess- und Ressourcenebene der Supply Chain Supply Chains sind unternehmensübergreifende Wertschöpfungssysteme, die über ihre Systemelemente sowie deren Beziehungen charakterisiert werden können. Aus einer prozess- und ressourcenorientierten Perspektive (physische Ebene, Güterflussebene, Güternetzwerk) lassen sich Supply Chains als Netzwerke darstellen, in denen Knoten die Standorte repräsentieren (z. B. Produktions-, Lager-, Umschlagund Distributionsstandorte), an denen Ressourcen zur Durchführung stationärer Wertschöpfungsprozesse zur Verfügung stehen (Systemelemente). 80