Praxissituationen entgeschlechtlichen

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Transkript:

Praxissituationen entgeschlechtlichen Themen Reflexion geschlechtlicher Zuschreibungen im pädagogischen Alltag Entwicklung von alternativen Handlungsmustern/Formulierungen Potenziale Die Methode ermöglicht es, die Wirkmächtigkeit von geschlechtlichen Zuschreibungen anhand sehr praktischer Alltagssituationen zu reflektieren und somit an der eigenen Haltung zu arbeiten. Risiken & Nebenwirkungen Bei der Anmoderation sollte deutlich gemacht werden, dass es um das Hinterfragen eigenen Handelns in Alltagssituationen geht, die vermutlich alle kennen. Es sollte nicht der Eindruck entstehen, Teilnehmer*innen bei falschem Handeln ertappen oder bloßstellen zu wollen. Zielgruppe Erwachsene, pädagogische Fachkräfte, Multiplikator*innen Anwendung und Grenzen Gruppengröße: Mind. sechs Teilnehmer*innen, die sich in zwei Kleingruppen aufteilen können. Bei sehr großen Gruppen kann eine gemeinsame Auswertung am Ende schwierig werden, aber erst einmal sind der Teilnehmer*innenzahl nach oben keine Grenzen gesetzt. Bei sehr kleinen Gruppen kann mit weniger Beispielsituationen gearbeitet werden, bei sehr großen Gruppen mit mehr. Zeitpunkt zum Einsatz der Methode: Da es sich hier um eine Selbstreflexionsmethode handelt, sollte schon inhaltliche und atmosphärische Vorarbeit geleistet worden sein. Rahmenbedingungen Zeit: 40-70 Minuten, je nach Größe der Gruppe und nach Intensität der Diskussion Material: Din-A4-Blätter mit den Praxissituationen und der Aufgabenstellung. Die Anzahl der Blätter pro Beispiel sollte der Anzahl der Personen pro Kleingruppe entsprechen. Größe und Anzahl der Räume: Alle Kleingruppen können in einem Raum arbeiten (idealerweise an einem Tisch), es sollte jedoch ausreichend Platz sein, so dass die Kleingruppen ungestört reden können.

Anleitung 1. Kleingruppen bilden: Die Teilnehmer*innen werden gebeten, sich in Kleingruppen von 2-4 Personen zusammenzufinden. 2. Alle Kleingruppen erhalten eine Praxissituation mit Reflexionsfragen (Arbeitsaufträge s.u.). 3. Besprechung und Auswertung in der Großgruppe. Variante Die Methode lässt sich auch in mehreren Stationen durchführen. Bei dieser Variante wechseln die Kleingruppen die Tische und haben so die Möglichkeit, mehrere Praxissituationen zu reflektieren und zu diskutieren. Kommentare & Erfahrungen Wir haben sehr gute Erfahrungen mit dieser Methode gemacht, da sie niedrigschwellig die Wirkmächtigkeit von Zuschreibungen verdeutlicht und sich diese mit sehr einfachen Umformulierungen verhindern lassen. Es kann aber auch Scham, Ärger und/oder Widerstand bei den Teilnehmer*innen aufkommen, wenn sie sich ertappt fühlen. Darauf sollte die Seminarleitung vorbereitet sein. Es kann sinnvoll sein, die Methode zu einem späteren Zeitpunkt im Seminar durchzuführen, wenn schon Inhalte besprochen und die Teilnehmer*innen Vertrauen zueinander gefasst haben. Insbesondere bei dem Beispiel Ladies first! muss oft deutlich gemacht werden, dass es gut und richtig ist, anderen die Tür aufzuhalten, dass sich aber ein ganzen Paket an Zuschreibungen (Schwäche, Schutzbedürftigkeit, Opferstatus, Unfähigkeit) eingekauft wird, wenn dies speziell für Frauen und nicht auch für Männer getan wird. Quelle Die Idee und die Erstfassung der Methode stammt von Bernard Könnecke und wurde im Rahmen des Projekts Geschlechterreflektierte Arbeit mit Jungen an der Schule (www.jungenarbeit-und-schule.de) entwickelt. Weiterentwicklung: Andreas Hechler und Vivien Laumann. Erarbeitet im Projekt Interventionen für geschlechtliche und sexuelle Vielfalt, gefördert durch:

Situation 1 Nach der Rückkehr von einer Kanutour kommt deine Kollegin in den Raum und sagt: Ich brauch mal vier starke Jungs!. Welche Botschaften erhalten die Jungen der Klasse? Erhalten alle Jungen die gleichen Botschaften? Welche Botschaften erhalten die Mädchen? Wo finden hier geschlechtliche Zuschreibungen statt, die Kinder oder Jugendliche in ihrer individuellen Entwicklung

Situation 2 Ein Mädchen kommt auf dich zu und erzählt Dir, sie sei gerade sehr glücklich, weil sie sich verliebt habe. Du fragst: Das ist ja toll, wie heißt er denn? Welche Botschaften bekommt die Jugendliche? Welche Botschaften werden an Mädchen gesendet, die zuhören? Welche Botschaften werden an Jungen gesendet, die zuhören? Wo finden hier Zuschreibungen statt, die Kinder und Jugendliche in ihrer individuellen Entwicklung

Situation 3 Ein Junge kommt heute im Kleid zur Kita. Deine Kollegin sagt: Du hast aber ein schönes Kleid an. Hast Du dich als Mädchen verkleidet? Welche Botschaften bekommt der Junge und andere Jungen? Welche Botschaften bekommen Mädchen? Wo finden hier Zuschreibungen statt, die Kinder und Jugendliche in ihrer individuellen Entwicklung

Situation 4 Ein Junge und ein Mädchen spielen zusammen in der Kita. Dein Kollege sagt: Ach wie süß, die heiraten sicher mal. Welche Botschaften bekommen die beteiligten und die zuhörenden Kinder? Wo finden hier Zuschreibungen statt, die Kinder und Jugendliche in ihrer individuellen Entwicklung Dissens Institut für Bildung und Forschung e.v. Katharina Debus & Vivien Laumann interventionen@dissens.de 030-549875-51 6

Situation 5 In der Grundschule beschweren sich einige Mädchen, dass sie auf dem Schulhof während den Pausen immer von einigen Jungen geärgert werden. Dein Kollege sagt: Ach habt Euch nicht so. Die meinen das nicht so, die haben Euch nur gern. Welche Botschaften bekommen die Mädchen? Welche Botschaften bekommen die Jungen? Wo finden hier Zuschreibungen statt, die Kinder und Jugendliche in ihrer individuellen Entwicklung Dissens Institut für Bildung und Forschung e.v. Katharina Debus & Vivien Laumann interventionen@dissens.de 030-549875-51 7

Situation 6 In der 5-Minuten-Pause bezeichnet ein Jugendlicher einen anderen als Schwuchtel. Deine Kollegin sagt: Er ist doch gar nicht schwul! Welche Motivation könnte hinter der Äußerung der Kollegin stehen? Welche Botschaften bekommen die beiden Jugendlichen und die umstehenden Jugendlichen? Wo finden hier Zuschreibungen statt, die Jungen und Mädchen in ihrer individuellen Entwicklung Dissens Institut für Bildung und Forschung e.v. Katharina Debus & Vivien Laumann interventionen@dissens.de 030-549875-51 8

Situation 7 Ein Mann hält einer Frau die Tür auf und sagt: Ladies first! Was könnte den Mann motivieren, so zu handeln? Welche Botschaften bekommt die Frau? Welche Botschaften werden an Frauen und Männer gesendet, die zuhören? Wo finden hier Zuschreibungen statt, die Frauen und Männer in ihrer individuellen Entwicklung Findet Alternativen für das pädagogische Handeln, z. B. andere Formulierungen. Dissens Institut für Bildung und Forschung e.v. Katharina Debus & Vivien Laumann interventionen@dissens.de 030-549875-51 9

Situation 8 Zwei Mitarbeiterinnen einer Jugendeinrichtung haben einen Konflikt miteinander. Ihre Kolleg*innen sprechen von einem Zickenkrieg. Welche Botschaften bekommen die so bezeichneten Frauen? Welche Botschaften werden an Frauen und Männer gesendet, die zuhören? Wo finden hier Zuschreibungen statt, die Frauen (und Männer) in ihrer individuellen Entwicklung Findet Alternativen für das pädagogische Handeln, z. B. andere Formulierungen. Dissens Institut für Bildung und Forschung e.v. Katharina Debus & Vivien Laumann interventionen@dissens.de 030-549875-51 10