Nach der Reform des Urheberrechts für Bildung und Wissenschaft OER bleiben notwendig

Ähnliche Dokumente
Fünf Tipps. für gutes Lizenzieren von OER. JOINTLY - Fünf Tipps für gutes Lizenzieren von OER GEMEINSAM FÜR OER

Fünf Tipps. für gutes Lizenzieren von OER. JOINTLY - Fünf Tipps für gutes Lizenzieren von OER GEMEINSAM FÜR OER

Geld verdienen verboten?

Kombinieren, Bearbeiten, Remixen:

Was ist Creative Commons Zero? JOINTLY - Was ist Creative Commons Zero? GEMEINSAM FÜR OER

Lehrende: Welche Nutzungen erlaubt ihnen 60a UrhG- NEU?

Digitale Lehrangebote und Urheberrecht

(Nicht nur) Nepper, Schlepper, Bauernfänger Abmahnungen bei Creative- Commons-Lizenzen

Kleine Helfer, große Hilfe: Lizenzhinweise für OER erstellen und nutzen

Neues zum Urheberrechts-Wissensgesellschafts- Gesetz. Katrin Falkenstein-Feldhoff

Dr. Ruth Katzenberger-Schmelcher. Das UrhWissG. und seine Auswirkungen auf die bibliothekarische Arbeit

AK VG Wort und Urheberrechts- Wissensgesellschafts-Gesetz - UrhWissG

Loslassen als OER-Prinzip. Kontrollverzicht und Bedeutungsgewinn

Synopse UrhWissG (Auszüge)

Die Juristische Fakultät der Universität Passau

Vortrag für die Jugendwarte im Kreis SW. Urheberrecht & mehr

So funktioniert s: Urheberrecht und digitale Lehre. Elvira Schulze Technische Universität München ITSZ Medienzentrum München, 11.

Freie Bildungsmaterialien in der Schule nutzen, selbst erstellen und teilen

Urheberrecht in der Lehre

Forschende: Welche Nutzungen erlaubt ihnen 60c UrhG- NEU?

Stud.IP und 52a UrhG Geltungsbereich der Änderungen (Zugriffssperrungen) vermutlich ab Dateiupload

WAS ÄNDERT SICH MIT DEM URHEBERRECHTS-WISSENS- GESELLSCHAFTS-GESETZ?

Open Educational Resources (OER) in der Wissenschaftlichen Weiterbildung (WWB)

Open Educational Resources Informationsstelle OERinfo

Urheberrecht und Lizenzen. Dr. Sebastian Mehl

Urheberrecht in der Fassung vom 10.Sept. 2003


Urheberrecht für die Schule 4.0

BILDUNGSMEDIEN AKTUELL DAS NEUE FOTOKOPIEREN IN SCHULEN WAS GEHT, WAS GEHT NICHT? Eine Publikation der. und des BILDUNGSMEDIEN E.V.

DER REFERENTENENTWURF

Lehrerfortbildung durch Nutzung und Produktion von OER-Materialien 5.3./ equalification, Berlin

URHEBERRECHT FÜR PÄDAGOGINNEN UND PÄDAGOGEN. Was ist erlaubt und was nicht?

ENTWICKLUNGEN IM URHEBERRECHT

Open Educational Resources an Hochschulen

Neue Wege im Urheberrecht Die Allgemeine Bildungs- und Wissenschaftsschranke

Urheberrechtlich geschützte Werke in Lehre und Forschung erlaubnisfrei nutzen. Dr. Janine Horn, ELAN e.v.

Copyright BILDER, VIDEOS, AUDIO

Kopier- und Urheberrechtbestimmungen Unterrichtsmaterialien

Das UrhWissG entdecken, Hbz, Oliver Hinte USB Köln

Inhaltsverzeichnis. 1. Urheberrecht Creative Commons... 5

Was ist zulässig? Was nicht? Fragen und Antworten zum Urheberrecht für Hochschullehrende. Dr. Janine Horn, ELAN e.v.

Urheberrechtliche Rahmenbedingungen der Hochschullehre

Lehrerfortbildung des Projektes LOERSH der Europauniversität Flensburg Fachspezifische Freie Bildungsmaterialien (OER) recherchieren

Urheberrecht versus Bildung

OPEN EDUCATIONAL RESOURCES

Zulässigkeit der Verwendung von Bildern und Texten in der Lehre

Text des Urheberrechtgesetzes (UrhG) ab

Informationsveranstaltung zu 52a UrhG für Lehrende und Forschende. Aktueller Stand und Konsequenzen für Lehre und Forschung ab 1.1.

Die Magische Wand. Internet Fotos Filme & Musik Blackbox. Stand: 2017

Nutzungsformen für E-Learning Produkte. Wolfgang Henggeler E-Learning Toptic Medien&Recht 1. Dez. 2009

FOTOKOPIEREN UND SERVER- SPEICHERUNGEN IN DER SCHULE WAS GEHT, WAS GEHT NICHT?

#ODD16 #OGMNRW 1/5

OpenStreetMap (OSM) Die freie Weltkarte im Internet - Lizenzmodell -

Rundschreiben. betreffend das Fotokopieren an Schulen und das Verbot von digitalen Kopien. Vom 19. Dezember 2011

Amnesie als Rechtspflicht?! Die urheberrechtlichen Probleme der digitalen Langzeitarchivierung.

Alles offen und trotzdem ganz dicht! Informationen zu freien Lehr- und Lernmaterialien

Open Educational Resources und Open Access an Hochschulen

DO IT YOURSELF: Studierende gestalten ihre Lehre selbst durch Lernvideos - Nachhaltig und für alle zugänglich als Open Educational Resources (OER)

Lehr- und Lernmaterialien rechtssicher verwenden. Modul 1. Innovatives, kollaboratives Lehren und Lernen mit Open Educational Resources

1.1 Was ist das Urheberrecht?...

FAN. Mehr Info s unter:

Die Creative-Commons-Lizenzfamilie im Zusammenhang mit Open Access

Unterrichtsmaterialien in digitaler und in gedruckter Form. Auszug aus: Urheberrechte und Datenschutz. Das komplette Material finden Sie hier:

Plattformen für Unterrichtsmaterialien. Stefanie Bode, Florian Funke

Urheberrecht in der Schule Was Lehrer, Eltern, Schüler, Medienzentren und Schulbehörden vom Urheberrecht wissen sollten

Die Doppelrolle des Wissenschaftlers im Urheberrecht Referent: RA Patrick Imgrund (Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Fachanwalt für

Medien in der Bildung

Gesamtvertrag zur Einräumung und Vergütung von Ansprüchen nach 53 UrhG; Ergänzungsvereinbarung zu digitalen Vervielfältigungen an Schulen

Wie unterscheiden sich das Lern- und Arbeitsverhalten der Teilnehmer der MOOCs COER13 und ExIF13 im Vergleich zu traditionellen Lernumgebungen?

Urheberrecht für Bibliothekare

elearning & Recht , Wien Mag. Michael Lanzinger

Checklisten zum Download

Maria Balmer. Anteilnahme und ihre Bedeutung für die Beratung in der Sozialarbeit

Überblick. II. Was für die Freigabe von Kulturdaten spricht. III. Freie Kulturdaten lizenzieren: Creative Commons

Wie geht es der EU- Urheberrechtsreform? Armin Talke, Staatsbibliothek zu Berlin-PK

Neues Urheberrecht: Fernleihe und Dokumentlieferung oder Vom Wasser im Wein

Anlage: Erklärung über die Einräumung der Nutzungsrechte

Unterrichtsmaterialien in digitaler und in gedruckter Form. Auszug aus: Stärkung der Auge-Hand-Koordination - Ganz einfache Übungen

Unterrichtsmaterialien in digitaler und in gedruckter Form. Auszug aus: Der Totalschaden / 21 Bildergeschichten für die SEK

Das Urheberrecht im Kontext von Unterricht und Lehre (

Unterrichtsmaterialien in digitaler und in gedruckter Form. Auszug aus: Einführung in das Koordinatensystem. Das komplette Material finden Sie hier:

Der Dritte Korb aus Sicht der Wissenschaft

Auch darf ein vollständiges Buch nach dieser Vorschrift nicht öffentlich zugänglich gemacht werden.

CC-Lizenzen, Zugriffsregelung, Sperrfristen

Informationen zur Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke in Schulen. Moritz Krause

Dokumenten- und Publikationsserver der Alice Salomon Hochschule Berlin. - Leitlinien -

Die freie Lizenzierung von OpenStreetMap-Daten

Bitte beachten Sie, dass die nachfolgenden Ausführungen nur der Information dienen und keine rechtsverbindlichen Auskünfte darstellen.

Dr. Jana Kieselstein, UB Augsburg

Das Urheberrecht in Studium und Lehre. erstellt von Alexander Baum

Merkblatt Urheberrecht in der Lehre

Thema 1: Fotos im Internet verwenden

Transkript:

Nach der Reform des Urheberrechts für Bildung und Wissenschaft OER bleiben notwendig GEMEINSAM FÜR OER 1

Nach der Reform des Urheberrechts für Bildung und Wissenschaft OER bleiben notwendig Seit März 2018 gelten neue urheberrechtliche Regelungen für Bildung und Wissenschaft. Sie erleichtern Lehrenden zwar das Leben, aber freie Lizenzen sind weiterhin nötig. Inhaltsverzeichnis Die neue Rechtslage nach der Reform...3 Ausnahmeregelungen gelten für alle Bildungseinrichtungen...6 Das große Manko: Bearbeiten verboten...8 Die Welt der Bildung: größer als der Klassenraum!... 10 Wo beginnt die nicht-kommerzielle Nutzung?... 10 Fazit... 11 2

Im März 2018 trat das Gesetz zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse der Wissensgesellschaft (UrhWissG) 1 in Kraft. Im Zentrum dieser Reform standen Neuerungen, die den Umgang mit urheberrechtlichen Werken in Bildung und Wissenschaft erleichtern. Trotzdem ist die Nutzung freier Lizenzen wie Creative Commons für Bildungsmedien nach wie vor sinnvoll weil nur sie die Bearbeitung, gemeinsame Weiterentwicklung und leichte Verbreitung ermöglichen. Die neue Rechtslage nach der Reform Das Recht berücksichtigt durchaus, dass Bildung kaum vermittelbar und wenig anschaulich wäre, wenn urheberrechtlich geschützte Inhalte gar nicht oder nur unter erheblichen Mühen verwendet werden dürften. Deshalb gab es schon vor der Reform Ausnahmevorschriften, sogenannte Schranken, die die Nutzung von geschützten Inhalten unter bestimmten Bedingungen erlaubten. Diese Vorschriften waren aber oft kompliziert, unverständlich und in ihrem Anwendungsbereich umstritten. Die neuen gesetzlichen Regelungen haben sie neu systematisiert und sogar die Handlungsmöglichkeiten für Bildungsakteure an einigen Stellen erweitert. 1 https://www.bmjv.de/shareddocs/gesetzgebungsverfahren/de/urhwissg.html 3

Als zentrale Vorschrift regelt nun der Paragraf 60a des Urheberrechtsgesetzes 2 die Nutzung von urheberrechtlich geschützten Inhalten in Unterricht und Lehre. Die neue 15-Prozent-Regel Zur Veranschaulichung des Unterrichts und der Lehre an Bildungseinrichtungen dürfen bis zu 15 Prozent eines veröffentlichten Werkes vervielfältigt, verbreitet, öffentlich zugänglich gemacht und in sonstiger Weise öffentlich wiedergegeben werden. Bedingung ist, dass mit der Nutzung keine kommerziellen Zwecke verfolgt werden. Werke geringen Umfangs, Bilder Handelt es sich um Abbildungen oder um Werke geringen Umfangs (wie beispielsweise Gedichte) darf auch das ganze Werk genutzt werden (Paragraf 60a, Absatz 2, Urheberrechtsgesetz). 2 https://dejure.org/gesetze/urhg/60a.html 4

Zeitungen und Zeitschriften Bis März 2018 galt die Ausnahme für Werke geringen Umfangs auch für Beiträge aus Tages- und Wochenzeitungen und Zeitschriften. Dies hat sich geändert. Nunmehr dürfen nur noch einzelne Beiträge aus Fachzeitschriften beziehungsweise wissenschaftlichen Zeitschriften genutzt werden. Die bislang gängige Praxis, dass ein Lehrer einen Beitrag aus seiner morgens gelesenen Tageszeitung kopiert, um ihn in der Klasse besprechen zu können, ist so also nicht mehr zulässig. Allerdings verhandelt die Kultusministerkonferenz derzeit einen Rahmenvertrag mit der Presse-Monitor-GmbH 3, um auch weiterhin eine Nutzung von Zeitungsartikeln zu ermöglichen. Für die Übergangszeit schlossen die Beteiligten eine Duldungsvereinbarung ab. Das heißt, derzeit ist nicht davon auszugehen, dass Zeitungsverlage gegen das Kopieren von Artikeln für Unterrichtszwecke vorgehen. Dennoch ist unsicher, ob es tatsächlich zu einer Vereinbarung kommt, wie lange diese Duldung andauern wird und welche Bildungseinrichtungen davon profitieren werden. Schulbücher Für Schulbücher gibt es eine Sonderregelung in Paragraf 60a, Absatz 3, Urheberrechtsgesetz. Die generelle Erlaubnis, bis zu 15 Prozent kopieren zu dürfen, gilt für sie nicht. Allerdings haben 3 https://www.pressemonitor.de/ 5

auch hier die Kultusminister mit den Verwertungsgesellschaften einen Rahmenvertrag 4 geschlossen, der es ermöglicht, aus Schulbüchern im gleichen Umfang zu kopieren. Es handelt sich dabei aber nicht um eine gesetzliche Erlaubnis, sondern um eine vertragliche Regelung, die jeweils nur für eine bestimmte Frist gilt und sich in der Zukunft ändern kann. Dies sollte man im Blick behalten. Im Alltag spielt es ansonsten keine Rolle, ob Kopieren aufgrund einer gesetzlichen Regelung oder aufgrund eines Rahmenvertrages zulässig ist. Generell gilt: Auf jeder Kopie müssen stets die Quelle und Grunddaten angegeben werden: Autor, Buchtitel, Verlag, Erscheinungsjahr und Seite. Ausnahmeregelungen gelten für alle Bildungseinrichtungen Der Begriff Bildungseinrichtungen ist weit zu verstehen: Nach Paragraf 60a, Absatz 4 im Urheberrechtsgesetz gehören hierzu frühkindliche Bildungseinrichtungen, Schulen, Hochschulen, sowie Einrichtungen der Berufsbildung oder der sonstigen Aus- und Weiterbildung. Dem Gesetzgeber ging es darum, für alle Einrichtungen, in denen Wissen und Fertigkeiten vermittelt werden, eine umfassende Bereichsausnahme zu schaffen. 4 http://www.schulbuchkopie.de/ 6

Allerdings privilegiert das Urheberrechtsgesetz nur die Nutzung im Unterricht, nicht aber generell jede Form der Bildung. Der Begriff des Unterrichts ist sehr weit zu verstehen und nicht auf Frontalunterricht in einer geschlossenen Klasse eingeschränkt. Vielmehr gelten auch Projektarbeit oder Arbeitsgemeinschaften als Unterricht im Sinne des Gesetzes, solange sie der Aneignung von Fertigkeiten und Wissen dienen. Das gilt auch für moderne Lernformen wie beispielsweise Online-Kurse oder MOOCS (Massive Open Online Courses 5, das sind offene Online-Kurse auf Universitätsniveau und mit hoher Teilnehmerzahl, die das Angebot eines Online-Forums mit traditionellen Formen der Wissensvermittlung verbinden). Die Nutzung geschützter Inhalte ist nicht nur im Unterricht selbst erlaubt, sondern auch für die Vor- und Nachbereitung. Das Gesetz bestimmt sehr klar, welche Personen von dieser Privilegierung erfasst werden: 1. Lehrende und Teilnehmer der jeweiligen Veranstaltung (Beispiel: Fachlehrende und Teilnehmende eines Oberstufenkurses) 2. Lehrende und Prüfer derselben Bildungseinrichtung (beispielsweise das Lehrerkollegium). Zulässig ist auch, Außenstehenden gegenüber den Unterricht und Lernergebnisse an der Bildungseinrichtung zu präsentieren 5 https://de.wikipedia.org/wiki/massive_open_online_course 7

(etwa bei einem Tag der offenen Tür oder anderen öffentlichen Schulveranstaltungen). Weitere Voraussetzung ist, dass die Nutzung als solche nicht kommerziell ist. Dabei soll es aber nicht darauf ankommen, ob sich eine Schule in öffentlicher oder privater Trägerschaft befindet. Auch der Unterricht an allgemeinbildenden Privatschulen fällt unter die Norm, nicht aber beispielsweise das Kursangebot kommerzieller privater Sprachschulen. So sehr die Reform die Nutzung geschützter Inhalte für Bildungszwecke erleichtert man muss dennoch die Frage stellen, ob das für den modernen Bildungsalltag ausreicht. Zwei wichtige Gründe sprechen dafür, dass weiterhin Materialien notwendig sind, die frei lizenziert und deshalb weitergehender nutzbar sind, als es die gesetzlichen Schranken ermöglichen. Das grosse Manko: Bearbeiten verboten Die besondere Eigenschaft digitaler Medien und Lernmaterialien besteht gerade darin, dass sie sehr leicht verändert und für die jeweilige Unterrichtssituation angepasst werden können. Genau dies ist aber auch nach den reformierten Bestimmungen des 8

Urheberrechts nicht zulässig (Paragraf 23 Urheberrechtsgesetz 6 ). Die Ausnahmeregeln für Bildung und Wissenschaft gelten nur für die Wiedergabe und Weitergabe urheberrechtlich geschützten Materials, nicht aber für die Bearbeitung. Von Bearbeitung im rechtlichen Sinn spricht man, wenn man ein Werk verändert. Wichtig ist, dass sich die Veränderung auf das Werk als solches bezieht. Bei einem Gedicht wäre es keine Bearbeitung, es in einer anderen Schriftart abzudrucken. Denn dadurch wird es nicht als solches verändert. Hingegen ist es eine Bearbeitung, wenn eine pädagogische Fach- und Lehrkraft einen Text aus einem Buch übernimmt und ihn umschreibt, damit er für die Kinder und Jugendlichen verständlicher wird. Bearbeitungen von Werken sind an sich nicht verboten solange man sie nur für sich im privaten Rahmen macht. Verboten ist jedoch, sie ohne Erlaubnis der Rechteinhaber zu nutzen und zu veröffentlichen. Genau das aber ist im pädagogischen Kontext sinnvoll und notwendig. Frei lizenzierte Inhalte können dazu genutzt werden, um Lehrenden zu ermöglichen, Unterrichtsmaterialien gemeinsam mit anderen zu erstellen und zu verbreiten. Außerdem ist es sinnvoll, Schülern und Studierenden die Bearbeitung und spätere Veröffentlichung von Materialien zu erlauben, weil die Bearbeitung besser als andere Methoden eine Auseinandersetzung mit dem ursprünglichen Inhalten fördert. 6 https://dejure.org/gesetze/urhg/23.html 9

Die Welt der Bildung: grösser als der Klassenraum! Problematisch an den neuen Regelungen ist ebenfalls, dass die gesetzlichen Ausnahmevorschriften nur im klar umrissenen Rahmen des Unterrichts in Bildungseinrichtungen gelten. Im digitalen Lehrumfeld ist eine Unterscheidung zwischen dem, was im Klassenraum einer Bildungseinrichtung geschieht, und dem, was außerhalb dessen passiert, nicht mehr so leicht möglich. Insbesondere in den sozialen Medien verschwimmen die Grenzen zwischen dem abgegrenzten Lernraum und einer offenen Lernumgebung immer weiter. Das liegt vor allem daran, dass alles, was im Unterrichtszusammenhang digital verfügbar ist, auch außerhalb dieses Rahmens Verbreitung findet. Wo beginnt die nichtkommerzielle Nutzung? Ebenso kann die Beschränkung der gesetzlichen Befugnis auf nichtkommerzielle Nutzung in der Praxis schnell zu Problemen führen. So dürfte eine Zeitung, die über ein Schulfest berichtet, keine Inhalte nutzen, die dort nur aufgrund der gesetzlichen Regelungen des Paragrafen 60a gezeigt werden können. 10

Fazit Es genügt also weiterhin nicht, sich auf die entsprechenden gesetzlichen Regelungen zu stützen, wenn man in einer digitalen, vernetzen Bildungslandschaft frei mit Bildungsmaterialien arbeiten will. Vielmehr ist die freie Lizenzierung das richtige Werkzeug, um eine freie Nachnutzbarkeit von Bildungsmaterialien sicherzustellen. Das Gesetz zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse der Wissensgesellschaft erleichtert Lehrkräften und Bildungsakteuren zwar so einiges. Allerdings liegt den Änderungen eine Vorstellung zugrunde, die sich immer noch am althergebrachten Lehren und Arbeiten mit Bildungsmedien orientiert. Lehrende werden als Akteure verstanden, die alleine arbeiten und ihre Materialien für sich behalten. Doch allen, die sich im Zeitalter digitaler, vernetzter und interaktiver Bildungsplattformen und -medien lieber in Gemeinschaften bewegen und kollaborativ arbeiten wollen, die Bildungsmaterialien als etwas Gemeinsames und dynamisch Veränderbares betrachten, denen steht das Bearbeitungsverbot des Urheberrechts im Wege. Sie werden sich für freie Lizenzen und OER entscheiden. 11

In dieser Reihe erschienen: Kombinieren, Bearbeiten, Remixen: OER richtig verwenden Fünf Tipps für gutes Lizenzieren von OER Was ist Creative Commons Zero? Geld verdienen verboten? Bildungsmaterialien und das Problem nicht-kommerzieller Lizenzen 12

Alle Broschüren lassen sich als PDF im JOINTLY-Contentbuffet herunterladen: https://oer-contentbuffet.info/edu-sharing/ components/oer oder beim DIPF bestellen: kontakt@o-e-r.de Kleine Helfer, große Hilfe Lizenzhinweise für OER erstellen und nutzen (Nicht nur) Nepper, Schlepper, Bauernfänger Abmahnungen bei CreativeCommons-Lizenzen Nach der Reform des Urheberrechts für Bildung und Wissenschaft OER bleiben notwendig Loslassen als OER-Prinzip. Kontrollverzicht und Bedeutungsgewinn 13

Über JOINTLY JOINTLY ist ein Verbundprojekt von irights e.v., der Fachhochschule Lübeck, edu-sharing Network e.v. und der Gesellschaft für Wissenschaftliche Datenverarbeitung Göttingen, das zum Ziel hat, OER-Akteure in der Entwicklung und Verbreitung ihrer Materialien konkret zu unterstützen und gemeinschaftlich OERförderliche Instrumente zu entwickeln. OER-Akteure werden in ihren Aktivitäten durch die Inputs und Beratung der JOINTLY-Experten in den Themenfeldern Recht, Produktion/Didaktik und IT direkt gefördert. Verschiedene Veranstaltungen dienen dem Austausch und dem kollaborativen Arbeiten. Gleichzeitig werden spezifische für OER relevante Kenntnisse vermittelt. Da technische Aspekte für den Erfolg von OER besonders wichtig sind, können Experten diese Infrastrukturen in einem offenen Prozess weiterentwickeln. Der JOINTLY-Ansatz zeichnet sich durch Kooperation auf Augenhöhe aus, mittels derer OER-Akteure und die JOINTLY-Projektpartner dezentral und gemeinschaftlich Lösungen entwickeln. Herausgeber und Verantwortlicher Dr. Paul Klimpel irights e.v. Almstadtstraße 9-11, 10119 Berlin Telefon: +49 30 8937-0103 14

Impressum Diese Publikation gehört zu einer Reihe, erschienen im Rahmen des Verbundprojekts JOINTLY Qualifizierung und kooperative Unterstützung für OER ein Buffet der Kooperation. Der für diese Publikation geringfügig bearbeitete Beitrag erschien zuerst am 16.10.2018 auf irights.info: https://irights.info/ artikel/nach-der-reform-der-urheberrechts-fuer-bildung-undwissenschaft-oer-bleiben-notwendig/29223 Lizenzhinweise Titelabbildung: Henry Steinhau (Montage) Creative Commons Attribution 4.0 International [https://creativecommons.org/ licenses/by/4.0/deed.de] unter Verwendung des Fotos Station 6: Kopier- und Druckerraum, Deutsches Historisches Institut Paris, via flickr: https://www.flickr.com/photos/114359508@ N08/14197186254/ CC BY 2.0 https://creativecommons.org/licenses/by/2.0/ Text: Paul Klimpel, irights.info, für JOINTLY, CC BY Lizenz dieses Beitrags: Creative Commons Attribution 4.0 International [https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.de] 15

info@jointly.info @OER_JOINTLY GEMEINSAM FÜR OER Qualifizierung und kooperative Unterstützung für OER. Ein Buffet der Kooperation www.jointly.info Projektpartner 16