Demografischer Wandel und Herausforderungen für die Logistik", Gruppe 6.5 Bremen, 18.05.2011
Agenda Vorstellung Arbeitswelt im demografischen Wandel Betriebliche Umsetzung und Konzepte Berufliche Leistungsfähigkeit und Alter - Forschungsergebnisse Anregungen für die Praxis Fazit und Ausblick
Wir über uns: Daten und Fakten Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) Bundeseinrichtung mit Forschungs- und Entwicklungsaufgaben (Ressortforschungseinrichtung) Status: nicht rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts, unmittelbar dem BMAS unterstellt Standorte in Dortmund, Berlin, Dresden und Chemnitz Haushalt: 50,4 Mio. (Soll 2011) Beschäftigte: 713 (März 2011)
Aufgaben der BAuA Beratung des BMAS in allen Fragen von Sicherheit und Gesundheit sowie menschengerechter Gestaltung der Arbeit Betreiben, Initiieren und Koordinieren von Forschung und Entwicklung mit dem Ziel der Verbesserung von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit sowie der menschengerechten Gestaltung der Arbeit Betrachtung der Auswirkungen der Arbeitsbedingungen auf die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten in Betrieben und Verwaltungen Entwicklung und Erprobung von Vorschlägen zum präventiven Arbeitsschutz und zur betrieblichen Gesundheitsförderung Förderung des Transfers von Erkenntnissen und Lösungsvorschlägen in die betriebliche Praxis Fotos: FOX / Uwe Völkner
Retrospektive Veränderungen der Alterstruktur
Prospeketive Veränderungen der Alterstruktur Quelle: Statistisches Bundesamt 2010
Altersbedingte Zunahme eingeschränkter Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit blau: Arbeitnehmer mit eingeschränkter Arbeitsfähigkeit gelb: chronische Erkrankungen Quelle: Fischer, J.E., Mannheimer Institut für Public Health, Heidelberg 2009
Veränderte Rahmenbedingungen für Betriebe und Beschäftigte Altersgrenzenanpassungsgesetz - Angleichung des Rentenzugangsalters von Frauen und Männern - Regelungen zur Rente mit 67 Arbeitsmarktreformen - Auslaufen der geförderten Altersteilzeit - Auslaufen der 58er-Regelung - Hartz IV: Aktivierungsansatz sowie Zusammenlegung von - Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zum Arbeitslosengeld II - Reduzierung der Bezugsdauer von Arbeitslosengeld I Gegenläufige Entwicklungen - Verlängerung der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes - Teilweiser Ausschluss aus der Arbeitslosenstatistik Aufbruch in die altersgerechte Arbeitswelt
( 1975 ) Hafenarbeit früher Aufgaben Verkehrsarbeit: ständige Veränderung räumlicher Bedingungen Gerätesteuerung: gerätespezifische Kenntnisse, Umsicht & Schnelligkeit Organisation ( Umstellungsfähigkeit ) Flexibilität ( Verfügbarkeit Disponibilität (zeitliche Belastung Ständige konzentrierte Aufmerksamkeit, körperliche Schwere, Witterung, Arbeitstempo, wechselnde Arbeitszeiten Qualifikation Überwiegend Anlernarbeit Berufsverlauf Übergang in Hafen als Bruch Mehrstufiges System aus Selektion, Fortbildung, Warte- und Bewährungsphasen, Beförderungen zeitlich ungewiss
Hafenarbeit heute Aufgaben Selbständiges Planen, Kalkulieren, IT Anwendung, Kommissionieren, Distributieren Organisation Teamarbeit, häufige Tätigkeitswechsel Belastung Termindruck, Kostendruck, Arbeitsplatzunsicherheit, Qualifikation Fachkraft Containerumschlag, Hafenfacharbeiter, Fachkraft für Hafenlogistik, Kompetenzpässe Berufsverlauf Alternsgerechte Personalentwicklung
Zwischenbetrachtung Allgemein Durchschnittsalter der Belegschaften wird weiter steigen Anteil älterer Beschäftigter wird zunehmen Anteil gesundheitlich Beeinträchtigter wird zunehmen Hafenarbeit bleibt Verkehrsarbeit IT + Steuertätigkeiten werden zunehmen Flexibilitäts- und Disponibilitätsanforderungen steigen Termindruck selbständige Aufgabenbearbeitung bleibt
Verwirklichung der Rente mit 67 - Unternehmen
Verwirklichung der Rente mit 67 - Beschäftigte
Betriebliche Demographiearbeit Im Bereich Demografie gibt es ein Umsetzungsproblem. Kurzfristiges Denken ist vorherrschend. "Viele Unternehmen blicken nur auf die nächsten Quartalszahlen, viele Politiker auf die nächsten Wahlen. (Prof. Mojib Latif, Kiel) Volkswirtschaftlich ist umsteuern sinnvoll, Maßnahmen verhageln aber kurzfristig die Bilanzen. (Prof. Jonas Norpoth, Göttingen) Quelle: Pixelio.de, Bilddatenbank für lizenzfreie Fotos
Programmatischer Bericht der Bundesregierung Handlungsbedarfe Personalpolitische Maßnahmen Arbeitsgestaltung und Arbeitsorganisation Weiterbildung Betriebliche Gesundheitsförderung
Das neue Bild von Prävention integriert Gesundheitsförderung, Arbeitsgestaltung und Qualifizierung spricht Personalverantwortliche, Interessenvertreter und Beschäftigte an stellt kurzfristig Belastungsfaktoren ab und ermöglicht langfristig gesunde und leistungsfähige Beschäftigung bis zur Rente
Überwindung des Umsetzungsdefizits ( 1 ) Überwindung des Umsetzungsdefizits ( 1 ) Seit 01.01.2011 neue Unfallverhütungsvorschrift
( 2 ) Überwindung des Umsetzungsdefizits ( 1 ) Überwindung des Umsetzungsdefizits
Zwischenbetrachtung Übergangssituation Konzepte liegen auf dem Tisch Vorreiterunternehmen sind aktiv, Modellprojekte sind erfolgreich Neue Strategien / Investionen in 'gesunde Arbeit' in der Breite im Ansatz sichtbar DGUV 2 und Fachkräftemangel können Hebelwirkung für die Veränderung von personalpoliotischen Strategien bekommen
Berufliche Leistungsfähigkeit und Alter WAI-Werte WAI-Kategorie ( 1999 Ilmarinen, (nach Die subjektiv empfundene eigene Arbeitsfähigkeit lässt im Alter nach, jedoch mit großer individueller Streuung
Einflussfaktoren der Entwicklung der Arbeitsfähigkeit Aus: Ilmarinen 1999, Entwicklung der Arbeitsfähigkeit, modifiziert durch Richenhagen
Tätigkeitsspielräume und berufliche Leistungsfähigkeit Überprüfung und Übertragung von gerontogischer Forschung Funktionswandel im Alter kann durch individuelle Strategien kompensiert werden SOK Strategie Selektion Optimierung Kompensation
Tätigkeitsspielraum als Bedingung für Gesundheit und Leistungsfähigkeit älterer Beschäftigter. Eine Untersuchung am Beispiel der stationären Pflege Dr. Andreas Müller Dr. Barbara Heiden Dr. Matthias Weigl PD Dr. Peter Angerer PD Dr. Jürgen Glaser www.klinikum.uni-muenchen.de
Forschungsfragen Wie gelingt es älteren Pflegenden, alterskritische Arbeitsanforderungen zu bewältigen? Tragen Bewältigungsstrategien älterer Beschäftigter zum Erhalt der Arbeitsfähigkeit bei? Setzt die Anwendung dieser Bewältigungsstrategien bestimmte Tätigkeitsbedingungen voraus? 15. TIK Sitzung, Dortmund
( Ergebnisse(I/III Ausgewählte Grundlage: Modell der Selektion, Optimierung und Kompensation (SOK-Modell) (Baltes & Baltes, 1990) beschreibt Prozesse der Ressourcengeneration und -allokation als adaptive Mechanismen erfolgreichen Alterns Art der berichteten Handlungsstrategien Selektion: Bei meiner Arbeit erledige ich immer zuerst die wichtigsten Aufgaben. Optimierung: [ ] man muss seinen Körper fit halten, dann kann man auch diese Arbeit machen. Kompensation: Ich gleiche einseitige Arbeitsbelastungen aus. SOK andere Interviews mit N = 17 Pflegenden (14 Frauen, 3 Männer); 51-62 Jahre; im Durchschnitt 36 Jahre in der Pflege tätig 77% (60-83%) der berichteten Handlungsstrategien, sind SOK-Strategien ( 1990 Baltes, (vgl. Baltes & ( Analyseeinheiten (Beurteilerübereinstimmung: Kappa =.75 (83%); 4 zufällig gewählte Interviews 149 15. TIK Sitzung, Dortmund
( Ergebnisse(II/III Ausgewählte SOK und körperliche Funktionsbeeinträchtigung 50 SOK trägt zur Kompensation von körperlichen Funktionsbeeinträchtigungen bei Arbeitsfähigkeit (WAI) ( WAI ) Arbeitsfähigkeit 45 40 hoher Anteil SOK geringer Anteil SOK sehr gut gut 35 keine Funktionseinschr. Keine Funktionseinschr. Funktionseinschr. Funktionseinschr. Hierarchische Regressionsanalysen, N = 263 Pflegende (OP, Anästhesie, Intensiv, Station); Kontrolle von Geschlecht, Alter, Berufsdauer, Teilzeitanstellung, körperliche Belastungen, Zeitdruck, Handlungsspielraum 15. TIK Sitzung, Dortmund
Schlussfolgerungen Insbesondere ältere Pflegende wenden Bewältigungsstrategien (SOK, Baltes & Baltes, 1990) bei ihrer Arbeit an. Bewältigungsstrategien tragen zur Kompensation von Funktionsbeeinträchtigungen und zum Erhalt der Arbeitsfähigkeit bei. Die Anwendung dieser Bewältigungsstrategien erfordert Handlungsspielräume. Im Sinne einer alternsgerechten Arbeitsgestaltung erscheint es daher sinnvoll Pflegenden günstige Bewältigungsstrategien zu vermitteln. Arbeitsbedingungen so zu gestalten, dass diese individuellen Bewältigungsstrategien mit standardisierten Abläufen vereinbar sind, d.h. Handlungsspielräume schaffen. 15. TIK Sitzung, Dortmund
Zwischenbetrachtung Berufliche Leistungsfähigkeit ist im Altersgang durch zunehmende individuelle Unterschiede gekennzeichnet Integrierte Maßnahmen erhalten berufliche Leistungsfähigkeit Kompensationsstrategien gleichen Funktionswandel aus Kompensationsstrategien erfordern Handlungsspielräume
Förderung der geistigen Leistungsfähigkeit und Gesundheit Arbeit und Stress Stress und ungünstige Arbeitsbedingungen beeinträchtigen wichtige geistige Funktionen. Programm für ältere Beschäftigte aus Produktion Training der geistigen Leistungsfähigkeit Stressbewältigungstraining körperliches Training und Ernährung
Kognitive Leistungsfähigkeit sichern Kognitive Funktionen Umwelt, Arbeitsbedingungen, Lebensstil Geistige Leistungsfähigkeit, Gesundheit Arbeit Fluide Psychische Belastung, Stress Funktionen Stress und ungünstige Arbeitsbedingungen
Arbeitsorganisation und Arbeitsgestaltung Weiterbildung/ Qualifizierung Arbeitsorganisation Neue Einsatzfelder für Ältere Arbeitszeitgestaltung Gesünder arbeiten und leben Personaleinsatz/ Laufbahngestaltung Arbeitsplatzgestaltung Gesundheitsprogramme Unternehmenskultur
Aktivierung der Beschäftigten Multiplikatorenmodell Gesundheitslotse Gesundheits-Checkup Bewegungspausen am Arbeitsplatz Arbeitsplatzprogramm Gesünder arbeiten und leben Workshop Gesünder arbeiten Vermittlung von Coping- Strategien Gesundheitswochenende für Ältere Perspektivengespräch mit Älteren
Fazit Von Maßnahmen für Ältere profitieren Jüngere ebenfalls Maßnahmen zur gesund Erhaltung älterer Beschäftigter müssen an Arbeitssituation und am Individuum ansetzen Arbeitsbezogene Maßnahmen zielen auf die Gestaltung von Arbeitsplatz und Arbeitssituation sowie auf das Verhalten von Führungskräften Individuelle Maßnahmen sind richtige Ernährung, adäquater Umgang mit Stress, sowie körperliche und geistige Aktivität bzw. Training
Ausblick Auch volatile Branchen müssen langfristige Personalstrategien entwickeln Demografie bedeutet Diversity Betriebe müssen sich für neue Zielgruppen und neue Personalentwicklungskonzepte öffnen Führungsaufgabe gewinnt an Bedeutung für Produktivität Investitionen in Qualifizierung sind Zukunftsinvestitionen
Can we? Yes we can!
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin Gruppe 6.5 / Friedrich-Henkel-Weg 1-25 44149 Dortmund Tel. 0231 9071-2056 richter.goetz@baua.bund.de 37
Literatur ABENDROTH, M. et al. (1979): Hafenarbeit. Eine industriesoziologische Untersuchung der Arbeits- und Betriebsverhältnisse in den bremischen Häfen. Frankfurt a. M./New York. Baltes, P. B., & Baltes, M. M. (1990). Psychological perspectives on successful aging: The model of selective optimization with compensation. In P. B. Baltes & M. M. Baltes (Eds.), Successful Aging: Perspectives from the Behavioral Sciences (pp. 1 33). New York: Cambridge University Press. BMAS / BAuA (2010): Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit 2010, Dortmund, Berlin, Dresden Brandt, H. (2011): "Die Hafenarbeiter von heute sind Computerspezialisten" Interview in: Magazin Mitbestimmung 03/2011, http://www.boeckler.de/107_113483.html Dombois, R. & Heseler, H. (XXXX): Globalisierung, Privatisierung und Arbeitsbeziehungen in deutschen und britischen Seehäfen; in: Gerstenberger, H. / Welke, U. (Hg.): Seefahrt im Zeichen der Globalisierung, Münster 116 135 Hamburger Sozialforschungsgesellschaft e.v. / Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (F 995): Containerumschlag im Hafen unter besonderer Berücksichtigung des Schiffsassistenztätigkeiten, beteiligter Verkehrsträger und Diversifikation in der Hafen wirtschaft, www.hsfg.de/containerumschlag.html Jürgenhake, U. & Vormann, W. (2009): Kompetenzpass und Geräte- bzw. Funktionsausbildung zwei innovative Wege einer alterssensiblen Personalarbeit; in: Richter, G. (Hg.): Generationen gemeinsam im Betrieb. Individuelle Flexibilität durch anspruchsvolle Regulierungen. Bielefeld MEHLIS, P. et al. (2010): Nachhaltige Beschäftigungsperspektiven für Arbeitslose und Geringqualifizierte durch berufliche Weiterbildung. In: bwp@ Berufs- und Wirtschaftspädagogik online, Ausgabe 19, 1-20. Schlick, Christopher M. (2011): SPP 1184 Altersdifferenzierte Arbeitssysteme Präsentation auf der 15. Sitzung des TIK 30, 40, 50plus Älterwerden in Beschäftigung, Dortmund BAuA 04.05.2011, weitere Informationen: www.altersdifferenzierte-arbeitssysteme.de www.lago-projekt.de www.pfiff-projekt.de