Ermittlung und Beurteilung geogen bedingter Gefahren sowie Setzen von Maßnahmen (insbes. die Festlegung von Gefahrenbereichen) Mag. Bernd Kolenprat Sektion III - Arbeitsrecht und Arbeitsinspektion Abt. 1 - Bau- und Bergwesen, Administration
Inhalt 1. Geogen bedingte Hauptgefährdungen in Festgesteinstagbauen; 2. Ermittlung und Beurteilung von geogen bedingten Gefahren; 3. Setzen von Maßnahmen, um geogen bedingte Gefahren zu reduzieren; 4. Beispiele für Arbeitsvorgänge in Gefahrenbereichen; 5. Zusammenfassung, Ausblick; 2
Geogen bedingte Gefährdungen Welche geogen bedingten Hauptgefährdungen und Belastungen lassen sich im Festgesteinstagbau feststellen? 1. Gefährdungen, die sich durch das Versagen des Untergrundes (aufgrund verschiedener Umstände) ergeben: 1.1. Absturzgefahr 1.2. Gefährdung durch herabfallendes Gestein (Steinfall oder größere abgehende Felsmassen) 2. Belastungen, welche sich durch geogen bedingt auftretende gefährliche Arbeitsstoffe ergeben: Beispielsweise infolge der Bildung und der Freisetzung von mineralischen Stäuben, wie Quarzstaub, Asbest, Gips, Graphit, Glimmer oder biologisch inerten Mineralstäuben ( GKV 2004) im Zuge der Gewinnungs- oder Aufbereitungstätigkeit. 3
Evaluierung ( 4 ASchG) Zur Erzielung eines optimalen Schutzes der Arbeitnehmer ist es erforderlich die Gefahrensituation zu analysieren und entsprechende Maßnahmen zur Gefahrenvermeidung und reduktion zu setzen, also zu e v a l u i e r e n. Gefahren ermitteln und beurteilen Setzen von Maßnahmen (technische, organisatorische und personenbezogene M.) 4
Ermittlung und Beurteilung Ermittlung und Beurteilung von geogen bedingten Gefahren jeder Betrieb hat seine spezifischen Gegebenheiten (geologisch-geotechnische Situation, Tagbauzuschnitt, Abbaumethode und Arbeitsverfahren, ) verschiedene methodische Ansätze (konstruktiver Ansatz, empirische Bewertungen, vereinfachte Berechnungen, numerische Modellierung, ) Vorschlag: durch Ermittlung und Beurteilung der Gefahren, welche sich durch das Versagen des Untergrundes ergeben, auf eine konkrete Maßnahme abzuzielen - die Festlegung von Gefahrenbereichen (Breiten und Verlauf von Gefahrenbereichen über den gesamten Gewinnungsbetrieb) 5
Gefahrenbereiche (Gefahrenbereiche gem. 20 Abs. 2 ASchG, 11 AStV) Unter Gefahrenbereichen werden vor allem alle jene Stellen auf Arbeitsstätten verstanden bei denen die Gefahr durch Absturz für Arbeitnehmer (Absturzgefahr) oder die Gefahr des Herabfallens von Gegenständen besteht (Definition gem. 20. Abs. 2 ASchG, 11. Abs. 1 AStV). Diese Gefahrenbereiche müssen nach Möglichkeit mit Vorrichtungen ausgestattet sein, die unbefugten Arbeitnehmer am Betreten dieser Bereiche hindern ( 20. Abs. 2, 1. Satz, ASchG) und müssen gut sichtbar und dauerhaft gekennzeichnet sein ( 20. Abs. 2, 3. Satz, ASchG). 6
Gefahrenbereiche in Gewinnungsbetrieben Absturzgefahr Gefahr durch herabfallendes Gestein 7
Versagen des Untergrundes 8
Versagen des Untergrundes 9
Gefahrenbereich an Etagenkante Absturzgefahr x = h(1/tanα 1/tanβ) 10
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Ziel sollte es sein, durch Anpassung der Parameter: Wandhöhe, Wandneigung und Wandorientierung bei einem vorgegebenen geologischen Gefüge den Gefahrenbereich an der Etagenkante (x) möglichst zu reduzieren. 15
Gefahrenbereich am Wandfuß Gefahr durch herabfallendes Gestein 16
Gefahrenbereich am Wandfuß Ermittlung: - Analyse der geol. Verhältnisse - Empirische Abschätzung - Numerische Analyse AM AN DipI.-Ing. MAYER, Baukontor Gaaden 17
Festlegen von Gefahrenbereichen 18
Kennzeichnung von Gefahrenbereichen 19
Arbeiten in Gefahrenbereichen 20
Arbeiten in Gefahrenbereichen Arbeiten in Gefahrenbereichen sind grundsätzlich zu vermeiden und wenn erforderlich, nur unter vorheriger eingehender Ermittlung und Beurteilung der Gefahren und darauf folgender Ausnützung aller möglichen technischen, organisatorischen und personenbezogenen Maßnahmen durchzuführen. Kein Generalrezept! Einzelfallprüfung! 21
Technische Maßnahmen (Beispielhafte Auflistung möglicher Maßnahmen, um geogen bedingte Gefahren reduzieren oder minimieren, = auf Minimum reduzieren, zu können) 1. Abflachen von Böschungen an Arbeitsplätzen und Verkehrswegen (= geeignetes Böschen) 2. Abtragen von durch Absturz gefährdeten Bereichen (= Sanieren) 3. Säubern der Böschungswände von sich aus dem Gebirgsverband lösendem Gestein ( 27 BGBl. Nr. 253/1955) 4. Festlegung u. Kennzeichnung von Gefahrenbereichen ( 20 (2) ASchG) 4.1. herabfallendes Gestein am Wandfuß 4.2. Versagen der Bruchwand und Absturz an der Wandoberkante 5. Schütten von Wällen und Dämmen, welche Ausrollbereich von Steinfallmaterial begrenzen sollen 6. geeignete Dimensionierung der Etagen- bzw. Wandhöhen 7. geeignete Dimensionierung der Etagen- bzw. der Verkehrwegsbreiten 8. Anpassen der Wandorientierung an das geologische Gefüge 9. Setzen von baulichen gebirgsverbessernden Maßnahmen 10. Einsatz geeigneter selbstfahrender Arbeitsmittel (mit FOPS Kabine) 11. Anpassen der Abbaumethode 22
Organisatorische Maßnahmen 1. Kontrolle der Bruchwände 1.1. Tägliche Kontrolle ( 26 BGBl. Nr. 253/1955) durch verantw. Pers. 1.2. Periodische Kontrolle durch Fachkundigen 1.3. Dokumentation ( 29 BGBl. Nr. 253/1955) 2. Erstellung von schriftlichen Betriebsanweisungen 2.1. für das Führen von selbstfahrenden Arbeitsmittel ( 23 u. 33 AM-VO) 2.2. für gefährliche Arbeiten oder für Arbeiten, welche durch eine Überschneidung von normalerweise gefahrlosen Arbeiten gefährlich werden 3. schriftliches Arbeitsfreigabesystem für gefährliche Arbeiten 4. besondere Unterweisung der Arbeitnehmer ( 14 ASchG, 23 AM-VO) 5. Festlegen von Sperrzeiten, in denen best. Bereiche nicht oder nur unter zusätzlichem Setzen von bestimmten Maßnahmen betreten werden dürfen 6. Betretungs- und Befahrungsverbote für bestimmte Bereiche 7. Koordinierung in Hinblick auf betriebsfremde Arbeitnehmer ( 8 ASchG) 23
Reihenfolge der Maßnahmen ( 7 ASchG) 1. Maßnahmen, welche möglichst zu einer Vermeidung der Gefahren führen vor einer Gefahrenreduktion 2. kollektive vor individuellen Maßnahmen 3. technische vor organisatorischen vor personenbezogenen Maßnahmen (TOP-Prinzip) Nur eine Kombination der verschiedenen technischen, organisatorischen und personenbezogenen Maßnahmen kann zu einer Optimierung führen. 24
Vergleich: Abschätzung der Gefahrenbereiche mit den konkreten Vorgaben des 32 BGBl. Nr. 253/1955 Ansatz: dass AM möglichst immer im sicheren Arbeitsbereich Ansatz: Arbeitsmittel immer im sicheren Bereich b> 7,50 m 25
Arbeitsvorgänge in Gefahrenbereichen (beispielhaft) 1. Arbeiten an der Wandoberkante 1.1. Erstellen und Laden von Kopfbohrlöchern 1.2. Säubern von Wandoberkanten 1.3. Beräumen von Etagen 1.4. Abstürzen u. Abschieben von Hauwerk 2. Arbeiten am Wandfuß 2.1. Erstellen u. Laden von Sohl- u. Brustbohrlöchern 2.2. Säubern der Wand vom Wandfuß aus 2.3. Beräumen von Etagen 2.4. Entnahme von Hauwerk am Wandfuß od. aus Hauwerksfächer 26
Gewinnungssprengungen 27
Gewinnungssprengungen 28
Gewinnungssprengungen Bohrwagen mit FOPS-Kabine sowie Staubfilterung und Klimatisierung kein händischer Gestängewechsel kein Beseitigen von Bohrklein geringe Wandhöhe (~ 10 m) relativ großer Abstand zum Wandfuß vorher gut gesäuberte Wand 29
Schutzaufbauten gegen herabfallende Gegenstände (FOPS) 30
Gewinnungssprengungen 31 31
Gewinnungssprengungen 32
Gewinnungssprengungen 33
Gewinnungssprengungen 34
Gewinnungssprengungen 35
Beräumen, Säubern 36
Abstürzen Maximierung des Abstands zu Wandoberkante Sicherung der Wandoberkante (gegen Überfahren, gegen Versagen) 37
Entnahme Hauwerk 38
Entnahme Hauwerk 39
Verkehrswegsführung 40
Verkehrswegsführung 41
Verkehrswegsführung 42
Zusammenfassung Es besteht die Verpflichtung geogen bedingte Gefahren zu evaluieren und Gefahrenbereiche festzulegen; Eine Evaluierung der geogen bedingten Gefahren sollte: zu einer bestmöglichen und nachvollziehbaren Ermittlung und Beurteilung der geogenen Gefahren führen, eine schlüssige Begründung für die Tagbauzuschnittsparameter (Etagenhöhe, Etagenbreite, Wandneigung, Wandorientierung) liefern, eine schlüssige Begründung für die angewendete Abbaumethode, verwendete Arbeitsverfahren, eingesetzte Arbeitsmittel geben 43
Ausblick Entwurf einer neuen Verordnung über die obertägige Gewinnung mineralischer Rohstoffe in Ausarbeitung: die Situation für den Arbeitnehmerschutz zu optimieren und dabei dem Arbeitgeber Handlungsspielraum zu lassen: möglichst keine a priori Vorgaben hinsichtlich Tagbauzuschnittsparametern, Abbaumethoden und Arbeitsverfahren, sondern Definition von Schutzzielen, da eine eingehende Analyse ein besseres und flexibleres Instrument darstellt. Projektgruppen zur Einbringung des Wissens und der Erfahrung von Fachleuten aus dem Bergwesen, Sprengwesen, Sicherheitstechnik, Geotechnik, 44
www.arbeitsinspektion.gv.at www.arbeitsinspektion.gv.at/ai/arbeitsschutz/bergbau-besonderheiten.html E-Mail Abt. III/1 (Bau- und Bergwesen; Administration): post@iii1.bmwa.gv.at 45