Schichtpläne flexibel und alternsgerecht gestalten Betriebliche Beispiele aus der Metall- und Elektroindustrie as/fotolia.com Foto: adima ifaa Gliederung Wandel der Arbeitswelt, demografische 1 Entwicklung, Auswirkungen auf Arbeitszeit 2 3 4 Flexible Schichtpläne und Praxisbeispiele Alternsgerechte Schichtpläne und Praxisbeispiele Diskussion 2
Unsere Forschungsthemen Unsere Wissenschaftler aus verschiedenen Disziplinen arbeiten in vier Kernbereichen: Arbeitsgestaltung Arbeitszeitgestaltung und Vergütungssysteme Personalentwicklung und Führung Produktionsmanagement Ziel unserer Arbeit ist es, die Unternehmen in folgenden Punkten zu unterstützen: die Leistungsfähigkeit der Beschäftigten zu entwickeln und zu erhalten flexibel auf die Anforderungen von Kunden und Märkten zu reagieren die Krisenfestigkeit zu erhöhen 3 1 Wandel der Arbeitswelt, demografische Entwicklung, Auswirkungen auf Arbeitszeit 4
Trends der Arbeitszeitgestaltung Folgende Tendenzen sind auffällig Ergonomische und alternsgerechte Arbeitszeit Gestaltung der Arbeitszeit und Schichtarbeit nach arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen Z.B. kurz vorwärts rotierte Schichtsysteme Flexible Arbeitszeit Flexibilisierung der Arbeitszeit ggf. die Entkopplung von Zeit, Ort und Leistung Lebenssituationsspezifische Arbeitszeit Variierende Dauer und Verteilung der Arbeitszeit über das Berufsleben hinweg 5 Herausforderungen Leistungsfähigkeit / Einsatzfähigkeit auch älter werdender Belegschaften sichern Interessen und Bedürfnisse des Unternehmens und der Beschäftigten in Einklang bringen Betrieblicher Arbeitszeitrahmen mit individuellem Gestaltungsspielraum "Unternehmen, die flexible Arbeitszeitmodelle anbieten, sind attraktiver für qualifizierte i Bewerberinnen und Bewerber." Antworten "trifft voll und ganz zu" & "trifft zum Teil zu" [%] mehr als 3.000 98% 1.001-3.000 99% 251-1.000 97% 51-250 98% bis 50 93% Studie Familienbewusste Arbeitszeiten, 2012 6
2 Flexible Schichtpläne und Praxisbeispiele 7 Betrieblicher Flexibilitätsbedarf Auswirkungen starrer Arbeitszeit bei schwankendem Kapazitätsbedarf Kunde wartet, Mehrarbeit starre Arbeitszeit Leerlauf, Mehrkosten Zeit 8
Flexible Schichtpläne Ansatzpunkte zur Flexibilisierung von Schichtplänen mit bzw. ohne Anpassung der Betriebszeit: Verlängerung oder Verkürzung von Schichten Zu- oder Absage ganzer Schichten (Einbring- und Freischichten) Erhöhung oder Reduzierung der Besetzungsstärke Einsatz von Springern für diese ergeben sich oftmals ungünstige Schichtfolgen htf Flexibilisierung von Arbeitszeit ist mitbestimmungspflichtig 9 Praxisbeispiel Gangschaltung 1 2 3 4 Mo Di Mi Do Fr Sa So Mo Di Mi Do Fr Sa So Mo Di Mi Do Fr Sa So Mo Di Mi Do Fr Sa So S S S N N FN F F F FN N N N F F F S S F F F FN N N N F F F S S FS S S S N N FS FN N N N F F F S S FS S S S N N FN F F F FN F F F S S FS S S S N N FN F F F FN N N N Nacht Spät Früh Frei Flexi Nacht Flexi Spät 1. Gang + 1 x FN 2. Gang + 1 x FN + 1 x FS 3. Gang + 2 x FN + 1 x FS 10
Praxisbeispiel Auslastungsstufen Vollkontinuierliches 3-Schichtsystem mit 3 Auslastungsstufen und Arbeitszeitkonto Flexibilitätsspielraum: 15-21 Schichten, WAZ 27,82 38,93 h, Azk -+/-200 h 11 3 Alternsgerechte Schichtpläne 12
Schichtarbeit Keine klare Definition: Schichtarbeit zeichnet sich durch besondere Belastung aus, z.b. durch Arbeit entgegen dem natürlichen Schlaf-Wach-Rhythmus Arbeit zu wechselnden Zeiten Arbeit zu sozial wertvollen Zeiten (z.b. am Abend, Wochenenden, Feiertagen) Dies kann zu einer erhöhten Beanspruchung führen. 13 Alternsgerechte Arbeits(zeit)gestaltung g Bezieht sich auf jedes Lebensalter verhindert vermeidbaren gesundheitlichen Verschleiß über das Arbeitsleben setzt präventiv bei den Jüngeren an berücksichtigt t das individuelle id Leistungsvermögen und vorhandene Leistungseinschränkungen ziel darauf ab die Arbeits- und Leistungsfähigkeit aller Beschäftigten frühzeitig zu fördern und langfristig zu erhalten. nach Buck (IAO), 2002, S. 75 14
Maßnahmen: arbeitswissenschaftliche Gestaltungskriterien Maximal drei Nachtschichten in Folge. Nach Nachtschichtphase möglichst 48 Stunden arbeitsfreie Zeit. Zusammenhängende freie Tage am Wochenende statt einzelner freier Tage. Mehrbelastung / Mehrarbeit durch Freizeit ausgleichen. Vorwärts rotierende Schichtpläne. Kurze Rotation von Früh-, Spät und Nachtschicht. Ungünstige Schichtfolgen vermeiden. Beginn der Frühschicht nicht zu früh. Ende der Nachtschicht möglichst früh. Beschäftigte sollten ihre Arbeitszeiten beeinflussen können. Keine Anhäufung von Arbeitszeit. Dauer der Schichten an Arbeitsbelastung anpassen. Vorhersehbare, überschaubare und verlässliche Schichtpläne. nach Beermann 2005, modifiziert 15 Maßnahmen: Dauer der Arbeitszeit Leistungsfähigkeit g und Konzentrationsfähigkeit können bis ins hohe Alter erhalten bleiben, wenn ausreichend Zeit zur Erholung gewährt wird. Ausgleich von Mehrarbeit / Mehrbelastung durch Freizeit statt Geld. Reduzierte tägliche / wöchentliche Arbeitszeit, insbesondere bei Nacht- und Schichtarbeit. Mehr und regelmäßige Zeit zur Erholung. Aber auch Belastungswechsel (dadurch andere Form der Beanspruchung). 16
Maßnahmen: Lage der Arbeitszeit Mit zunehmendem Alter braucht der Körper länger, um sich an wechselnde Arbeitszeiten anzupassen, führen diese Anpassungsprozesse zu einer stärkeren Beanspruchung, nehmen Schlafstörungen durch wechselnde Arbeitszeiten zu. Weniger / kürzere / keine (Nacht-)Schichten. Permanentschicht (z.b. nur Frühschicht). Individuelle Zeiteinteilung. 17 Maßnahmen: Verteilung der Arbeitszeit Arbeit zu unterschiedlichen Zeitpunkten und von langer Dauer stellt eine Belastung dar, die mit zunehmendem Alter zu einer stärkeren Beanspruchung führen kann. Schwankende Tages- und Wochenarbeitszeiten forcieren diesen negativen Effekt. Gleichmäßige Verteilung der Arbeitszeit über den Tag und die Woche, um einen gleichmäßigen Lebens- und Arbeitsrhythmus zu gewährleisten. 18
3 Praxisbeispiele 19 Praxisbeispiel Wahlarbeitszeit, Fertigungs- g und Medizintechnik Zwei verschiedene Instrumente: Individuelle Festlegung der Wochenarbeitszeit Freistellungen unterschiedlicher Länge Basisarbeitszeit: it it Sabbatical: 15 bis 40 Stunden 6 bis 24 Monate Individuelle, vertraglich vereinbarte Zur Erfüllung von Lebensträumen / Wochenarbeitszeit Master-Abschluss etc. Wahlarbeitszeit: Von Basisarbeitszeit abweichend (+/-) Festlegung für je 2 Jahre anschließend zurück zur Basisarbeitszeit bzw. Festlegung neuer Wahlarbeitszeit Ziel: Lebensphasenorientierte Arbeitszeit (seit Januar 2012) Familien- und Weiterbildungszeitkonto: bis 1000 Stunden Für Freizeitblöcke von 6 Wochen bis ½ Jahr oder zur Finanzierung reduzierter Arbeitszeit Ziel: Berücksichtigung individueller Freizeitwünsche 20
Praxisbeispiel zusätzliche freie Tage, Fahrzeughersteller Vollzeit Select: Vollzeitnahe Arbeitszeitmodelle sind erwünscht Mitarbeiter kaufen bis zu 20 zusätzliche freie Tage pro Kalenderjahr. Verteilung nach Absprache mit dem Vorgesetzten wählbar. Geltungsbereich für alle Vollzeitmitarbeiter. Status und Funktion im Unternehmen bleiben unverändert. Urlaubsanspruch bleibt erhalten. Finanzieller Ausgleich wird individuell berechnet und ändert sich während des Vollzeit Select Jahres nicht. Finanzierung erfolgt wahlweise durch - gleichmäßige Kürzung des Monatsentgelts - Kürzung der Sonderzahlungen. Regelung g ist individuelle Ergänzung g zum bestehenden Arbeitsvertrag. 21 Praxisbeispiel Ergonomische Schichtfolgen plus Wahlarbeitszeit, Stahlproduktion Vollkontinuierlichen Schichtbetrieb Kurz vorwärts rotierender Schichtplan mit 5 Schichtgruppen Ist Wochenarbeitszeit des Planes: 31,5 Stunden/Woche Stand August 2011: 1.359 Beschäftigte, davon WAZ Einbringschichten/Jahr Anteil der Belegschaft 35 Std. 21 8 % 34 Std. 15 1 % 33 Std. 9 16 % 32 Std. 3 75 % 22
Praxisbeispiel Wunschdienstplan im Schichtbetrieb, Luftfahrt Alle benötigten Stunden für das Luftsicherheitspersonal kommen in einen Topf Daraus werden Schichtblöcke erstellt, sodass alle Schicht- und Wechselschichtzeiten abgedeckt sind Die einzelnen Beschäftigten suchen sich je einen der Schichtblöcke aus und legen sich für 6 Wochen fest Bei zu vielen Interessenten für den selben Schichtblock, kann sich in der nächsten Runde abgewechselt werden Niemand kann ein bestimmtes Zeitmuster für sich pachten 23 Praxisbeispiel Ergonomischer Schichtplan plus Tagschicht + verlängerte Pausen, Werft 24
Praxisbeispiel Gleitzeit im Schichtbetrieb, Elektrotechnik 25 Praxisbeispiel Besondere gemeinsame Schichtgruppe, Technologieunternehmen Individuelle Schichtmodelle abweichend von Standard-Schichtplänen: 255 Mitarbeiter in 56 unterschiedlichen Zeiten: 1-, 2-, und 3-schichtig. Besondere gemeinsame Schichtgruppe (bgsg): Antrag auf bgsg stellen, Sachgrund angeben, z.b. Nachtschichtuntauglichkeit und Teampartner suchen. Bsp.: 1 MA keine N, 2 MA mit mehr N. Genehmigung wird erteilt für Zuordnung zu bgsg. Kündigungsfrist i 3 Monate. Es gibt ca. 20 besondere gemeinsame Schichtgruppen mit ca. 60 Mitarbeitern. Der Verwaltungsaufwand ist hoch. MA 1 Früh Spät Nacht MA 2 Früh Spät Nacht MA 3 Früh Spät 26
Praxisbeispiel freiwillige Dauernachtschicht, Automatisierungstechnik 27 Praxisbeispiel freiwillige Dauernachtschicht, Automobilzulieferer Gründe für Dauernachtschicht 28
4 Diskussion 29 Diskussion Unternehmen, in denen Nacht- und Schichtarbeit aus wirtschaftlichen Gründen notwendig ist, sehen in Anbetracht der demografischen Entwicklung momentan wenig Handlungsspielraum. Anträge auf Nachtschichtbefreiung 6 (4) ArbZG: a) Gesundheitliche Gründe b) Betreuung eines Kindes c) Pflege eines Angehörigen, zukünftig vermutlich Führt eine Entlastung des einen zur Mehrbelastung des anderen wird das Problem lediglich auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. Der Bedarf an Nacht- und Schichtarbeit nimmt zu. Die Zahl der Erwerbstätigen nimmt ab. Wer soll zukünftig wie die drohende Lücke füllen? Nachhaltige Lösungen sind gefordert. 30
HERZLICHEN DANK FÜR IHRE AUFMERKSAMKEIT www.arbeitswissenschaft.net ifaa 2013 31