Stellungnahme zum Entwurf eines Niedersächsischen Gesetzes zur Förderung und zum Schutz der digitalen Verwaltung in Niedersachsen

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Transkript:

Deutscher Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf e.v. Frauenbergstraße 8 D-35039 Marburg - Bezirksgruppe Niedersachsen - Stellungnahme zum Entwurf eines Niedersächsischen Gesetzes zur Förderung und zum Schutz der digitalen Verwaltung in Niedersachsen I. Einleitung Das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport hat am 3. Juli 2018 den Entwurf eines Niedersächsischen Gesetzes zur Förderung und zum Schutz der digitalen Verwaltung in Niedersachsen und zur Änderung des Niedersächsischen Beamtengesetzes vorgelegt und den Verbänden Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Das Gesetzesvorhaben betrifft blinde und sehbehinderte Menschen in besonderer Weise. Ohne die erforderlichen Regelungen zur Barrierefreiheit werden sie vom EGovernment ausgeschlossen. So wie es für Verwaltungsgebäude gesetzliche Vorschriften gibt, um Rollstuhlfahrern einen barrierefreien Zugang zu ermöglichen, sind für blinde und sehbehinderte Menschen gesetzliche Regelungen erforderlich, die dazu verpflichten, die elektronische Kommunikation mit der Verwaltung barrierefrei zu gestalten. Entgegen der Begründung des Gesetzentwurfs (vgl. Begründung, Allg. Teil, IV), werden die Belange von blinden und sehbehinderten Menschen bezogen auf die hier angesprochene digitale Verwaltung durch das Niedersächsische Behindertengleichstellungsgesetz (NBGG) nicht berücksichtigt. Regelungen zur Barrierefreiheit der elektronischen Kommunikation mit der Verwaltung und zur Barrierefreiheit elektronischer Akten enthält das NBGG bisher nicht. Der Gesetzentwurf zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/2102 (LT-Drs. 18/1055) betrifft lediglich den barrierefreien Zugang zu Websites (Internet und Intranet) und mobilen Anwendungen. Die elektronische Kommunikation mit der Verwaltung (egovernment) erfolgt jedoch nicht nur über das Internet. Der Gesetzentwurf ist daher - dem Beispiel der E-Government-Gesetze anderer Bundesländer folgend - um die erforderlichen Regelungen zur Barrierefreiheit zu ergänzen.

- 2 - II. Gleichberechtigte Teilhabe in einer digitalen Gesellschaft Die Verwirklichung von Barrierefreiheit als Grundvoraussetzung für eine gleichberechtigte Teilhabe gehört zu den zentralen Prinzipien der UN-Behindertenrechtskonvention. Die UN-Behindertenrechtskonvention (BGBl II 2008, S. 1419; Bekanntmachung des Inkrafttretens: BGBl II 2009, S. 818) verpflichtet deshalb dazu, alle geeigneten Gesetzgebungsmaßnahmen zu ergreifen, um Menschen mit Behinderungen einen gleichberechtigten Zugang zu und eine selbstbestimmte Teilhabe an allen modernen Informations- und Kommunikationstechnologien sowie zu anderen Einrichtungen und Diensten, die elektronisch bereit gestellt werden oder zur Nutzung offenstehen, zu ermöglichen sowie vorhandene Zugangshindernisse und -barrieren zu beseitigen (Art. 4 Buchstabe a ivm. Art. 9 Abs. 1 UN-BRK). Außerdem verpflichtet sie dazu, durch geeignete Gesetzgebungsmaßnahmen sicherzustellen, dass für die Allgemeinheit bestimmte Informationen Menschen mit Behinderungen in Formaten zur Verfügung stehen, die für sie zugänglich und nutzbar sind (Art. 4 Buchstabe a ivm. Art. 21 UN- BRK). Auf digitale Barrierefreiheit angewiesen sind nicht nur blinde und sehbehinderte Menschen. Betroffen sind beispielsweise auch Menschen, die aufgrund von motorischen Einschränkungen darauf angewiesen sind, einen PC statt mit der Maus vollständig über Tastaturbefehle z bedienen, und Menschen mit einer Hörbeeinträchtigung (zu weiteren Einzelheiten siehe Deinert/Welti (Hg.), Stichwortkommentar Behindertenrecht, 2. Aufl. 2018, Barrierefreie Informationstechnik, Rn 2 m.w.n.) In dem Koalitionsvertrag der niedersächsischen Landesregierung vom 21. November 2017 heißt es hierzu: Wir stehen zur konsequenten Umsetzung der Ziele der UN- Behindertenrechtskonvention. Sie ist Aufgabe aller staatlichen Ebenen in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich. Unser Ziel ist Barrierefreiheit in allen Bereichen (Seite 53, Rn 1312 ff. u. 1321 f.). Diesen Anforderungen wird der vorgelegte Gesetzentwurf bisher nicht gerecht. Er ist daher um die erforderlichen Regelungen zur Barrierefreiheit zu ergänzen. III. Erforderliche Regelungen zur digitalen Barrierefreiheit im NDIG Zur Umsetzung der Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention enthalten bereits zahlreiche E-Government-Gesetze der Bundesländer Regelungen zur Barrierefreiheit der digitalen Verwaltung. Stellvertretend zu nennen sind hier beispielsweise das E-Government-Gesetz Berlin ( 2 Abs. 2, 7 Abs. 4, 12 Abs. 3, 15, 16, 18 Abs. 2 Satz 4, 20 Abs. 2 Nr. 8 und 21 Abs. 2 Nr. 3), das Sächsische E-Government-Gesetz ( 7 und 12 Abs. 6) und das Gesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung in Bremen ( 14). In den Entwurf für ein Niedersächsisches Gesetz über digitale Verwaltung und Informationssicherheit (NDIG) sind daher insbesondere folgende Regelunge zur Barrierefreiheit aufzunehmen:

- 3-1. Barrierefreie Kommunikation und barrierefreie Dokumente Der Gesetzentwurf sieht vor, die Behörden des Landes, der Kommunen sowie der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts in 4 Abs. 1 NDIG-E zu verpflichten, einen Zugang für die Übermittlung elektronischer Dokumente zu eröffnen. Soweit in elektronisch durchgeführten Verwaltungsverfahren die Identität einer Person festzustellen ist, sollen Behörden des Landes nach 1 Abs. 4 NDIG-E verpflichtet werden, hierfür einen elektronischen Identitätsnachweis nach 18 des Personalausweisgesetzes anzubieten. Nach 5 Abs. 5 Satz 2 NDIG-E sollen Behörden des Landes und der Kommunen verpflichtet werden, ihre Verwaltungsleistungen auch über das niedersächsische Verwaltungsportal anzubieten. Fallen im Rahmen eines elektronisch durchgeführten Verwaltungsverfahrens Verwaltungskosten oder andere Forderungen an, haben sie hierfür nach 5 Abs. 1 NDIG-E elektronische Bezahlverfahren anzubieten. Um Menschen mit Behinderungen nicht auszugrenzen, ist es daher erforderlich, in den Entwurf für ein Niedersächsisches Gesetz über digitale Verwaltung und Informationssicherheit eine Regelung einzufügen, die die in 3 Abs. 1 NDIG-E genannten Träger öffentlicher Verwaltung verpflichtet, ihre Informations- und kommunikationstechnischen Angebote, die eine Teilnahme am E-Government ermöglichen, sowie die elektronischen Dokumente der Verwaltung (wie sie zukünftig in elektronischen Verwaltungsverfahren versandt werden sollen) barrierefrei zu gestalten. Eine Regelung, die diese Vorgaben umsetzt, könnten beispielsweise wie folgt lauten:. NDIG-E (neu) Barrierefreiheit der digitalen Verwaltung (1) Die nach 3 Abs. 1 NDIG-E verpflichteten Behörden gestalten ihre informations- und kommunikationstechnischen Angebote, die eine Teilnahme am E Government ermöglichen, barrierefrei. Elektronische Dokumente der Verwaltung sind technisch so zu gestalten, dass sie von Menschen mit Behinderungen grundsätzlich uneingeschränkt genutzt werden können. (2) Die barrierefreie Gestaltung erfolgt nach Maßgabe der Verordnung zur Schaffung barrierefreier Informationstechnik nach dem Behindertengleichstellungsgesetz des Bundes (Barrierefreie- Informationstechnik-Verordnung - BITV) vom 12. September 2011 (BGBl. I S. 1843) in der jeweils geltenden Fassung. Soweit diese Verordnung keine Vorgaben enthält, erfolgt die barrierefreie Gestaltung nach den anerkannten Regeln der Technik. 2. Barrierefreie elektronische Akten

- 4 - Der Gesetzentwurf sieht in 10 Abs. 1 NDIG-E vor, dass die Behörden des Landes, der Kommunen sowie der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts ihre Akten elektronisch führen können. Nach 10 Abs. 2 Satz 1 NDIG-E sollen Behörden des Landes neu anzulegende Akten ab dem 1. Januar 2026 elektronisch führen. Außerdem hat nach 10 Abs. 2 Satz 2 NDIG-E jede oberste Landesbehörde ab dem 1. Januar 2023 sicherzustellen, dass auf Arbeitsplätzen ihres Geschäftsbereichs, auf denen Verwaltungsleistungen über das niedersächsische Verwaltungsportal erbracht werden, neu anzulegende Akten elektronisch gerührt werden. Für eine gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Berufsleben ist es daher erforderlich, dass auch elektronische Akten und Fachprogramme barrierefrei zugänglich und nutzbar sind. Die Vorschrift in 10 NDIG-E ist daher um eine Regelung zu ergänzen, die beispielsweise wie folgt lauten könnte: 10 NDIG-E Elektronische Aktenführung (6) Die nach 3 Abs. 1 NDIG-E verpflichteten Behörden gestalten ihre elektronisch unterstützten Verwaltungsabläufe, einschließlich der Verfahren zur elektronischen Vorgangsbearbeitung und ihre elektronischen Akten, technisch so, dass sie auch von Menschen mit Behinderungen grundsätzlich uneingeschränkt genutzt werden können. Die barrierefreie Gestaltung erfolgt nach Maßgabe der Verordnung zur Schaffung barrierefreier Informationstechnik nach dem Behindertengleichstellungsgesetz des Bundes (Barrierefreie- Informationstechnik-Verordnung - BITV) vom 12. September 2011 (BGBl. I S. 1843) in der jeweils geltenden Fassung. Soweit diese Verordnung keine Vorgaben enthält, erfolgt die barrierefreie Gestaltung nach den anerkannten Regeln der Technik. 3. Barrierefreie Basisdienste Der Gesetzentwurf sieht in 12 Abs. 1 NDIG-E vor, dass das für die IT-Steuerung zuständige Ministerium den Behörden des Landes, der Kommunen sowie der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts Basisdienste ( 1 Abs. 1 Nr. 2 NDIG-E) u.a. für die Zugänge zur Übermittlung elektronischer Dokumente, für den elektronischen Identitätsnachweis nach 18 des Personalausweisgesetzes, für das Anbieten elektronischer Verwaltungsleistungen über das elektronische Verwaltungsportal, für elektronische Bezahlmöglichkeiten sowie für die elektronische Aktenführung bereit stellt. Die Behörden des Landes haben ihre Aufgaben nach 12 Abs. 2 NDIG-E mit den bereitgestellten Basisdiensten zu erfüllen. Die Behörden der Kommunen sowie der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des

- 5 - öffentlichen Rechts haben ihre Aufgaben nach 12 Abs. 3 NDIG-E zumindest teilweise mit den bereitgestellten Basisdiensten zu erfüllen. Um die Verwirklichung von Barrierefreiheit sicherzustellen, ist es erforderlich, die Barrierefreiheit bereits bei der Planung, Entwicklung, Ausschreibung und Beschaffung zu berücksichtigen. Hierzu ist es erforderlich, die Vorschrift des 12 NDIG-E um eine Verpflichtung zur Barrierefreiheit der Basisdiente zu ergänzen, die beispielsweise wie folgt lauten könnte: 12 NDIG Basisdienste (3a) Die Basisdienste sind technisch so zu gestalten, dass sie auch von Menschen mit Behinderungen grundsätzlich uneingeschränkt genutzt werden können. Die barrierefreie Gestaltung erfolgt nach Maßgabe der Verordnung zur Schaffung barrierefreier Informationstechnik nach dem Behindertengleichstellungsgesetz des Bundes (Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung - BITV) vom 12. September 2011 (BGBl. I S. 1843) in der jeweils geltenden Fassung. Soweit diese Verordnung keine Vorgaben enthält, erfolgt die barrierefreie Gestaltung nach den anerkannten Regeln der Technik. Die Barrierefreiheit ist bei der Planung, Entwicklung, Ausschreibung und Beschaffung von Basisdiensten verbindlich zu beachten. IV. Maßnahmen zur Umsetzung der Digitalisierung Der Ausbau und die Förderung der Digitalisierung gehört zu den Kernanliegen der niedersächsischen Landesregierung (siehe dazu bereits den Koalitionsvertrag vom 21. November 2017, Rn 1745-1779). Um den notwendigen digitalen Wandel zu gestalten, beabsichtigt die Landesregierung ein niedersächsisches Kompetenzzentrum für Digitalisierung aufzubauen (siehe Koalitionsvertrag, Rn 612 ff.). Außerdem ist vorgesehen, konkrete Ziele, Maßnahmen und Zeitpläne in einem Masterplan Digitalisierung mit 20 Themenschwerpunkten aus fünf Bereichen darzustellen (Koalitionsvertrag, Rn 1751 und 1761). Um die Verwirklichung von Barrierefreiheit der digitalen Verwaltung zu ermöglichen und zu fördern, sollte das Ministerium für Inneres und Sport einen Beauftragten für Barrierefreiheit der Informationstechnik benennen, der die Maßnahmen zur Barrierefreiheit koordiniert und unterstützt. Er sollte den Verwaltungsbehörden zugleich als Ansprechpartner für Fragen zur Barrierefreiheit zu Verfügung stehen. V. Zusammenfassung Um eine gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen an den Informationen und Dienstleistungen der digitalen Verwaltung zu gewährleisten, ist der Entwurf für ein Niedersächsisches Gesetz über digitale Verwaltung und Informationssicherheit (NDIG) um Regelungen zur Barrierefreiheit zu ergänzen.

- 6 - Erforderlich ist zum einen eine Regelung, die die Verwaltungsbehörden verpflichtet, ihre informations- und kommunikationstechnischen Angebote, die eine Teilnahme am E-Government ermöglichen, und die von ihnen erstellen elektronischen Dokumente technisch so zu gestalten, dass sie auch für Menschen mit Behinderungen zugänglich und nutzbar sind. Erforderlich ist zum anderen eine Regelung, die dazu verpflichtet, die elektronisch unterstützten Verwaltungsabläufe, einschließlich der Verfahren zur elektronwichen Vorgangsbearbeitung und zur elektronischen Aktenführung, barrierefrei zu gestalten. Außerdem ist durch eine Regelung im Gesetzentwurf sicherzustellen, dass die den Verwaltungsbehörden für das elektronische Verwaltungshandeln zur Verfügung gestellten Basisdienste barrierefrei zugänglich und nutzbar sind. Um die Verwirklichung von digitaler Barrierefreiheit zu ermöglichen und zu fördern, sollte darüber hinaus ein Beauftragter für Barrierefreiheit der Informationstechnik benannt werden, der die Maßnahmen zur Barrierefreiheit unterstützt und koordiniert und für die Verwaltung zugleich als Ansprechpartner für Fragen zur Barrierefreiheit zur Verfügung steht. Für die Behörden des Landes, der Kommunen sowie der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts hat eine barrierefreie Gestaltung ihrer digitalen Angebote zugleich den Vorteil, dass ihre Informationen und Dienstleistungen für einen deutlich größeren Adressatenkreis zugänglich und nutzbar sind. 15. August 2018 Stephan Engelhardt Andreas Carstens