Stellungnahme OWP Windanker

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Transkript:

STELLUNGNAHME OFFSHORE-WINDPARKS Stellungnahme OWP Windanker Planfeststellungsverfahren nach Seeanlagenverordnung-SeeAnIV in der Fassung vom 15. Januar 2012 zur Errichtung und zum Betrieb des OWP Windanker in der AWZ der Ostsee Antrag der Firma Iberdrola Renovables Offshore Deutschland Zwei GmbH (ehemals Iberdrola Renovables Offshore Deutschland GmbH) in der Fassung vom 31.05.2013 Mit den vorliegenden Unterlagen (Technische Vorhabenbeschreibung, Zeit- und Maßnahmenplan, Untersuchungskonzept und Studie zur Meeresumwelt) beantragt die Iberdrola Renovables Offshore Deutschland Zwei GmbH die Errichtung und den dauerhaften Betrieb des OWP Windanker. Das geplante Vorhabengebiet schließt nördlich an das Vorranggebiet Windenergie gemäß Raumordnung der deutschen AWZ der Ostsee (AWZ Ostsee-ROV) Westlich Adlergrund an. Es liegt mit einem Abstand von 12 bzw. 7 km nördlich der FFH-Gebiete Adlergrund und Westliche Rönnebank. Kontakt NABU Bundesgeschäftsstelle Tina Mieritz Referentin für Energiepolitik und Klimaschutz Telefon: 030.284 984-1611 Telefax: 030.284 984-3611 E-Mail: Tina.Mieritz@NABU.de Sehr geehrte Damen und Herren, vielen Dank für Ihre Aufforderung zur Stellungnahme. Zu den eingereichten Unterlagen, insbesondere zur Studie zur Meeresumwelt, nimmt der NABU wie folgt Stellung: Schweinswale und Schallschutz nicht unterschätzen Für die Schweinswale im Vorhabengebiet liegen nur begrenzt verlässliche Daten vor. Es lässt sich daher nicht nachvollziehen, dass das Vorhabengebiet von geringer Bedeutung für die Schweinswalpopulation ist (Studie zur Meeresumwelt Seite 50). Seltene Beobachtungen von Schweinswalen im Untersuchungsgebiet bedeuten nicht, dass das Gebiet für die zahlenmäßig begrenzte Population der zentralen Ostsee ohne Bedeutung ist. Die Population des Ostseeschweinswals in der zentralen und östlichen Ostsee gilt als stark bedroht. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigten, dass sie vermutlich weniger als 600 Tiere umfasst und nur in einem begrenzten genetischen Austausch mit den Tieren der westlichen Ostsee steht. Jüngste Schätzungen gehen von weniger als 400 verbliebenen Individuen aus. Selbst Verluste einzelner Tiere können durch die Population kaum kompensiert werden. Entsprechend müssen vorhandene

2 Datenlücken zur Nutzung des Baugebietes durch den Schweinswal, zum Beispiel über akustisches Monitoring, geschlossen werden. Nach 44 BNatSchG ist die Störung streng geschützter Arten wie dem Schweinswal verboten. Fehlende oder lückenhafte wissenschaftliche Erkenntnisse dürfen nicht dazu führen, Projekte ohne oder mit geringeren Umweltauflagen umzusetzen. Vielmehr muss das Vorsorgeprinzip zur Anwendung kommen, bis verlässliche Daten vorliegen. Dabei gilt die Umkehr der Beweislast, dass es durch geplante Baumaßnahmen nicht zu erheblichen Störungen von Schweinswalen kommt. In diesem Zusammenhang weisen wir auf die räumliche Nähe zum FFH-Gebiet Westliche Rönnebank hin, welches nach Angaben des BfN (www.habitatmare.de) ein wichtiges Aufenthalts-, Migrations- und Nahrungsgebiet der Schweinswal-Population der zentralen Ostsee darstellt, in dem auch Mutter-Kalb-Paare beobachtet wurden. Bezug nehmend auf den Entwurf für ein Schallschutzkonzept für die Nordsee aus dem Juli 2013 können Störwirkungen bei Modellierung über die Formel von Elmer et al. (2007) bis in eine Entfernung von acht Kilometern zum Rammort auftreten. Würde die bei der Fino 2- Forschungsplattform erprobte Thiele-Formel zur Schallausbreitung angewendet werden, wären Störeffekte bis in eine Entfernung von 13 Kilometern möglich. Abgesicherte Schallausbreitungsmodelle speziell für die Ostsee gibt es bisher nicht. Es gilt daher ebenfalls die Anwendung des Vorsorgeprinzips. Wir teilen die Einschätzung aus der Studie zur Meeresumwelt (Seite 82) nach der davon auszugehen ist, dass der Schalleintrag während der Bauphase zur Beeinträchtigung mariner Säuger führt. Den Satz Die Dauer der Auswirkung kann als kurzfristig angesehen werden bitten wir jedoch zu streichen oder zu ändern, da er im Widerspruch zu dem darauffolgenden Satz: Die Intensität der Auswirkung liegt je nach Nähe der Individuen zur Schallquelle im mittleren bis hohen Bereich, da permanente Hörschwellenverschiebungen langfristig wirken und Verletzungen durch Schallwellen im Nahbereich letal sein können, steht. Eine temporäre Hörschwellenverschiebung (TTS) wird in zahlreichen Studien als Beginn einer physischen Verletzung gewertet (ICES 2010). Kujawa & Liberman (2009) verweisen auf langfristige irreversible Auswirkungen durch die neuronale Degeneration der synaptischen Kontakte zwischen Haarzellen und Nervengewebe. Das Umweltbundesamt empfiehlt daher seit Mai 2011 die Anwendung des dualen Lärmschutzkriteriums zur Vermeidung von TTS. Gemäß der Technischen Vorhabensbeschreibung (Seite 38) ist vorgesehen, dass bei Rammarbeiten erforderliche Maßnahmen zur Minimierung des Rammschalls eingesetzt werden. Demnach würden vor Baubeginn entsprechende Schallminderungsmaßnahmen vorgeschlagen und mit den zuständigen Behörden abgestimmt. Andere Installationstechniken zum Einbringen von Tiefgründungen wie bspw. mittels einer Vibrationsramme werden ebenfalls in Erwägung gezogen. Wir empfehlen, auch kommerzielle Windparkprojekte wie Windanker für die technische Weiterentwicklung von alternativen Gründungsverfahren wie die schwimmfähigen Offshore-Fundamente (SOF), gebohrte Fundamente und neue Schallschutzkonzepte zu nutzen.

3 Für das Vorhaben OWP Windanker ist in jedem Fall zu berücksichtigen, dass das Umweltbundesamt (UBA) einen Lärmschutzwert festgelegt hat, der vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) und Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) in den Verfahren als verbindlich berücksichtigt wird. Demnach sind folgende Aspekte bei der Errichtung von OWP zu beachten: außerhalb von 750m um eine Rammstelle darf ein Schallereignispegel (SEL) von 160 db re1μpa und ein Spitzenschalldruckpegel von 190 db re1μpa nicht überschritten werden. Dieser Lärmschutzwert beruht auf Untersuchungen der Wirkung eines einzelnen Schallimpulses auf das Gehör von Schweinswalen. Bei 164 db re1μpa SEL wurde eine zeitweise Verschiebung der Hörschwelle (TTS) bei Schweinswalen festgestellt. Diese Schwerhörigkeit kann für eine Tierart, die vollständig auf ein funktionierendes Gehör angewiesen ist, fatale Folgen haben. Auf die derzeitige schallintensive Rammtechnik ist mittelfristig zu verzichten. Schallarme Alternativen wie zum Beispiel Bohr-, Fräs- oder Einschwemmtechniken sind in den nächsten zwei Jahren zum Stand der Technik zu entwickeln und schnellstmöglich anzuwenden. Der 160 db-lärmschutzwert darf nicht überschritten werden und muss perspektivisch an die Anzahl der Schallimpulse (Rammschläge) angepasst werden. Das BSH als die verantwortliche Genehmigungsbehörde muss in diesem Fall auf Grundlage der geltenden Nebenbestimmungen regulierend eingreifen. Ein Überschreiten des UBA-Grenzwertes muss zum sofortigen Baustopp führen. Dabei sind weitere Baustellen und anthropogene Lärmquellen im Umkreis zu berücksichtigen. Die Minimierung von Unterwasserschall während der Bauphase muss Hauptanliegen bei der Projektrealisierung sein. Während der gesamten Bauarbeiten, sind unabhängige Schallmessungen von den verantwortlichen Fachbehörden sicher zu stellen. Bei Rammarbeiten, die bis zur Entwicklung von alternativen Gründungsverfahren durchgeführt werden, ist die Intensität des Unterwasserschalls durch alle zur Verfügung stehenden technischen Schallminderungsmaßnahmen (Blasenschleier, Hydro Sound Damper, IHC-Rohre, Beka- Schallschutzschalen, usw.) weitestgehend zu senken. Die aktive akustische Vergrämung minimiert zwar das Risiko für Meeressäuger, ist aber gleichzeitig ein schallintensiver Eingriff. Daher ist sie bis zur Anwendung schallarmer Gründungsverfahren als Übergangstechnik verbindlich anzuwenden. Das verbindlich durchzuführende visuelle und akustische Begleitmonitoring muss sicherstellen, dass keine Schweinswale im Gefährdungsbereich des Baugebiets sind. Unterbrechungen einzelner Rammabschnitte sind auf maximal 30 Minuten zu beschränken. Alle schallintensiven Bauarbeiten sind zeitlich und räumlich durch die Genehmigungsbehörde zu koordinieren, damit Ausweichbewegungen mobiler Tiergruppen möglich sind. Das Bauvorhaben muss durch ein unabhängiges naturschutzfachliches Monitoring ergänzt werden und durch intensive Forschungsprogramme begleitet und weiter entwickelt werden. Dazu gehört auch die Evaluierung des Einflusses von Partikelbewegung auf in Bodennähe lebende Organismen. Wenngleich sich gerade in dem Feld der Schallminimierung zuletzt positive Entwicklungen abzeichnen, führen die jüngsten Einwände durch die Stiftung Offshore Windenergie zum Entwurf des Schallschutzkonzepts des BMU in eine gefährliche Richtung und stoßen auf unsere Ablehnung. Nach unserer Meinung

4 kann es das BSH als Genehmigungs- und Überwachungsbehörde nicht zulassen, dass auch zukünftig Grenzwerte ohne Konsequenzen überschritten werden dürfen und auf zusätzliche Auflagen verzichtet werden soll, und damit vorhandene Nebenbestimmungen der Genehmigungen umgangen werden. Untersuchungen zum Fledermauszug durchführen In den vorgelegten Unterlagen werden Auswirkungen des geplanten Vorhabens auf das Schutzgut Fledermäuse nicht untersucht und dargestellt. Auch im Untersuchungskonzept sind keine Erhebungen zu den Fledermäusen vorgesehen. Die entscheidende Frage, können Fledermausüberflüge im Bereich des geplanten Windparks auftreten und können diese für die durchziehenden Tiere problematisch werden, muss jedoch zwingend beantwortet werden, bevor hier ein Windpark errichtet wird. Unstrittig ist, dass der Kenntnisstand zum Fledermauszug aktuell sehr dürftig ist. In den letzten Jahren mehren sich Nachweise von migrierenden Fledermausarten über der Nord- und Ostsee. Im Binnenland kann von Windenergieanlagen ein hohes Kollisionsrisiko für Fledermäuse ausgehen. Im Rahmen des Ausbaus der Offshore-Windenergie stellt sich die Frage, ob ein ähnliches Kollisionsrisiko für Fledermäuse auch an Offshore-Standorten besteht. Dass Fledermäuse in bemerkenswerter Größenordnung über die offene Ostsee fliegen, ist durch systematische Untersuchungen in Südskandinavien belegt. Die Untersuchungen zeigen, dass Fledermäuse im Herbst von der südschwedischen Küste in Richtung Süden auf die Ostsee ziehen und im Frühjahr wieder an der Küste eintreffen. Von der schleswig-holsteinischen Ostseeküste gibt es Hinweise auf Herbstwanderungen von Rauhautfledermäusen (Pipistrellus nathusii) und Großen Abenseglern (Nyctalus noctula). Von der polnischen Küste liegen Beobachtungen von im Herbst und im Frühjahr wandernden Rauhautfledermäusen vor. Aus Mecklenburg-Vorpommern sind bemerkenswerte Einzelbeobachtungen bekannt, die auf eine Zugaktivität hinweisen. In einem dem BSH vorliegenden Gutachten (Seebens et al. (2013): Fledermauszug im Bereich der deutschen Ostseeküste. Gutachten im Auftrag des Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie) wird ein aktueller Überblick über den Kenntnisstand zur Fledermauswanderung - besonders über der Ostsee - gegeben. Wir fordern, den noch unzureichenden Kenntnissen zum Fledermauszug im Rahmen der Planungen zum Ausbau des OWP Windanker Rechnung zu tragen, indem das standortsspezifische Kollisionsrisiko von Fledermäusen für den geplanten Standort des OWP Windanker untersucht und quantifiziert wird, um sicherzustellen, dass kein erheblicher Schlag von Fledermäusen in der Bau- Betriebs- oder Rückbauphase auftreten kann. Gegebenenfalls sind durch Abschaltzeiten während der Zugzeit Maßnahmen zu treffen, die einen erheblichen Schlag verhindern. Der Vorhabenträger muss nach Bundesnaturschutzgesetz sicherstellen, dass ein erheblicher Schlag von Fledermäusen und ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko ausgeschlossen werden. Aus unserer Sicht sind Untersuchungen schon aus Gründen der Rechtssicherheit erforderlich (vgl. Umweltschadensgesetz).

5 Vorabuntersuchungen können Aufschluss zu Jagd- und Überflugaktivitäten liefern und ein erstes Aktivitätsbild am Standort vermitteln. Vogelzug und kumulative Effekte berücksichtigen Auf Seite 70 der vorliegenden Studie zur Meeresumwelt wurden zu dem Unterpunkt Rastvögel und Nahrungsgäste keine Angaben gemacht. Diese sind zwingend zu ergänzen. Im Seegebiet nördlich von Rügen treffen verschiedene Wanderkorridore von Großvogelarten aufeinander (z.b. Trauerente, Kranich). Für den Vogelzug sind im betroffenen Seegebiet durch kumulative Effekte erhebliche Auswirkungen zu erwarten. Dementsprechend wird dem Vorhabengebiet für den Kranichzug eine mittlere bis hohe Bedeutung zugeschrieben (Studie zur Meeresumwelt Seite 45). Es liegen nur unzureichende Untersuchungen zur möglichen Beeinflussung der seltenen und streng geschützten Seetaucher in Untersuchungsgebiet vor. In der Projektregion finden sich nach Angaben des BfN (Marine Säugetiere und Seevögel in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee Teilbericht Seevögel, 2010) lokal hohe Abundanzen von Stern- und Prachttauchern in den Vogelschutzgebieten Pommersche Bucht und Westlich Pommersche Bucht. Beide Arten reagieren, wie auch in der vorliegenden Studie beschrieben, auf visuelle und akustische Störungen mit einem ausgeprägten Scheuch- und Meideverhalten. Der temporäre und auch permanente Lebensraumverlust ist bei der Bewertung der potentiellen Auswirkungen durch das Projekt Windanker stärker zu berücksichtigen. Die geplante Nabenhöhe der Anlagen liegt bei 80 bis 120 Metern und der Rotordurchmesser wird mit 120 bis 170 Metern angegeben. Daraus resultiert ein erhöhtes Kollisionsrisiko gerade bei Schlechtwetterlagen. Entsprechende Erkenntnisse durch ein Vogelschlagereignis an der Forschungsplattform Fino 1 in der Deutschen Bucht müssen Berücksichtigung finden (Aumüller et al. 2011). Dies sollte auch Auswirkungen auf die Befeuerung der Anlagen haben. Eine technische Lösung für Massenzugereignisse muss erarbeitet werden. Die Maßnahmen müssen durch die verantwortlichen Behörden regelmäßig überprüft werden. Zur Vermeidung von Kollisionen bei Massenzugereignissen muss eine intensive naturschutzfachliche Bau- und Projektbegleitung erfolgen. Radarpeilung und Echtzeit-Monitoring müssen verlässliche Informationen liefern, um eine Abschaltung der Turbinen bei Massenzugereignissen sicher zu stellen. In den vorliegenden Unterlagen wird nur unzureichend auf die Wechselwirkungen mit anderen Bauprojekten eingegangen. Dieses wird insbesondere bei der Beurteilung der Barrierewirkung auf den Vogelzug deutlich. Mehrere Windparks in Kombination können eine Riegelwirkung entfalten, was ebenfalls bei der Abschätzung eines möglichen Kollisionsrisikos zu berücksichtigen ist. In diesem Zusammenhang verweisen wir auf den Naturschutzfachlichen Planungsbeitrag des BfN zur Aufstellung von Zielen und Grundsätzen der Raum-

6 ordnung (2006), welcher der Achse Rügen-Schonen eine besondere naturschutzfachliche Bedeutung zuspricht. Eine kumulative Betrachtung der Auswirkungen von genehmigten und geplanten Projekten auf Zug- und Rastvögel sowie den Schweinswal ist deshalb dringend nachzureichen. Eine übergeordnete Bauzeitenregelung muss eine zeitgleiche Realisierung benachbarter Projekte zu verhindern wissen, um einer großräumigen Vertreibung mariner Arten aus ihrem Lebensraum entgegen zu wirken. Vorgehen beim Fund von Altmunition klären In den Unterlagen findet sich auf Seite 14 der Studie zur Meeresumwelt ein Hinweis, dass Vorbelastungen des Schutzguts Boden bestehen. Weiterhin würden auch versenkte Munition sowie militärische Übungen und Schifffahrt (durch Wracks) auf den Meeresboden wirken. Diese wenig aussagekräftigen Hinweise zeigen, dass im Bezug auf mögliche Munitionsfunde in den Baufeldern der Offshore-Windenergie bisher ein strategisches Konzept für den Umgang mit den gefährlichen Relikten der Weltkriege in den deutschen Meeresgewässern fehlt. Dazu gehören verstärkte Anstrengungen von Bund und Ländern, mit Munition verunreinigte Gebiete in Nordund Ostsee zu kartieren und darauf basierend eine fachliche Risikoanalyse zu erarbeiten. Potentielle Munitionsfunde müssen bereits in der Projektentwicklung berücksichtigt werden und ein Bergungskonzept frühzeitig entwickelt werden. Aus Gründen des Umweltschutzes muss weitestgehend auf Sprengungen verzichtet werden, da dabei giftige Substanzen in die Meeresumwelt gelangen und der entstehende Schall Meerestiere erheblich gefährdet. Minensprengungen gehören zu den lautesten Schallquellen im Meer. Noch in über zehn Kilometern Entfernung können Hörschäden bei Meeressäugern auftreten, und in einem Radius von vier Kilometern sind tödliche Verletzungen wie Lungen- und Trommelfellrisse wahrscheinlich. In Deutschland gilt ein Grenzwert beim lärmintensiven Bauvorhaben im Meer. Es ist fraglich, wie dieser Grenzwert bei der Sprengung von Munition entlang der Kabeltrassen eingehalten werden soll. Die Erkenntnisse der MIREMAR-Konferenz von NABU, GRD und GSM 2010 und die umfassenden Ratschläge der Bund-Länder-Arbeitsgruppe Munition im Meer gilt es schnellstmöglich auch beim Bau von Offshore-Windparks umzusetzen. Daher fordern wir die schnelle Einrichtung eines Runden Tisches, um das Vorgehen beim Fund von Altmunition beim Ausbau der Offshore- Windkraft festzulegen. Dabei muss der Schutz der Meeresumwelt ausreichend berücksichtigt werden. Neben dem Einsatz technischer Schallschutzmaßnahmen, so wird in Schleswig- Holstein seit Jahren erfolgreich der große Blasenschleier bei Unterwasser-Sprengungen eingesetzt, müssen zukünftig auch alternative Bergeverfahren wie Unterwasser-Robotik, Wasserstrahlschneid- und Photolyseverfahren oder mobile Detonationskammern eingesetzt und weiterentwickelt werden. Viele dieser Techniken befinden sich bereits im internationalen Einsatz und wurden unter anderem beim NABU Fachgespräch Munition im Meer im Januar 2013 in Berlin vorgestellt. Für Rückfragen stehen wir gerne zur Verfügung.

7 Impressum: 2013, Naturschutzbund Deutschland (NABU) e.v. Charitéstraße 3, 10117 Berlin, www.nabu.de. Text: Tina Mieritz, Fotos: NABU/E. Neuling, 08/2013