BDPK-Bundeskongress 2012 28.06. 29.06.2012, Berlin Leistungsgerechte Finanzierung der Rehabilitation Brigitte Gross Abteilung Rehabilitation Deutsche Rentenversicherung Bund
Gliederung 1. Zahlen, Daten und Fakten zur Rehabilitation 2. Leistungsgerechte Vergütung Grundlagen und Anforderungen 3. Reha-Budget 4. Perspektiven 5. Fazit 2
1. Zahlen, Daten und Fakten zur Rehabilitation Eckdaten der Rehabilitation der Deutschen Rentenversicherung - Versicherte/Leistungen/Einrichtungen rd. 52 Mio. Versicherte (23 Mio. DRV-Bund) knapp 1,7 Mio. Anträge auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (792.000 DRV-Bund) mehr als 1 Mio. durchgeführte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation mit Ausgabenvolumen in Höhe von 3,58 Milliarden (456.000 DRV-Bund, 1,6 Milliarden ) 1.200 Rehabilitationseinrichtungen in Deutschland (ca. 640 stationäre und ca. 220 ganztägig ambulante Einrichtungen mit Belegung durch DRV Bund) ca. 100 Einrichtungen in Trägerschaft der Deutschen Rentenversicherung (davon 22 DRV Bund) 3
1. Zahlen, Daten und Fakten zur Rehabilitation Deutsche Rentenversicherung Bund Ausgaben für Leistungen zur Teilhabe 2011 Ausgabenverteilung 2011 Summe prognostizierte Bruttoausgaben: 2.490 Mio. (Stand: 08.02.2012 vorl. Jahresabschluss) medizinische Leistungen zur Rehabilitation 1.671 Mio. Euro Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben 283 Mio. Euro Entgeltersatzleistungen incl. SV-Beiträge 537 Mio. Euro Erstattungsleistungen / Zuwendungen -1 Mio. Euro Quelle: Dez. 8012 4 4
1. Zahlen, Daten und Fakten zur Rehabilitation Deutsche Rentenversicherung Bund Leistungen zur medizinischen Rehabilitation Anträge und Bewilligungen 900.000 800.000 717.818 765.405 791.511 700.000 611.315 600.000 500.000 446.623 486.690 492.959 400.000 397.942 300.000 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 Anträge Bewilligungen Quelle: Infosys Anträge und Erledigungen ( 3 RSVwV) 5 5
1. Zahlen, Daten und Fakten zur Rehabilitation Ausgaben Deutsche Rentenversicherung gesamt (in Millionen ) 6.000 5.000 4.000 5.078,0 5.176,0 5.306,0 5.360,0 5.415,0 5.528,0 5.662,0 5.260,2 5.378,7 5.476,2 4.948,3 4.573,5 4.691,3 3.000 2.000 1.000 0 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 1) 2) Reha-Budget Ausgabendeckel Netto Netto-Aufwendungen Quelle: Statistik der Deutschen Rentenversicherung 1) vorläufige Rechnungsergebnisse 2011 2) vorläufiger Wert 6
2. Leistungsgerechte Vergütung Grundlagen und Anforderungen Aus Sicht der DRV-Bund: Gute Reha zahlt sich aus!, denn Mehr als 80 Prozent der Rehabilitanden sind nach einer Reha-Leistung in das Erwerbsleben eingegliedert und zahlen entweder lückenlos (70 Prozent) oder mit Unterbrechungen (13 Prozent) Beiträge. Eine erfolgreiche Rehabilitation amortisiert sich bereits nach 4 Monaten durch die Vermeidung von Rentenzahlungen und Beitragseinnahmen. Volkswirtschaftlicher Nutzen: 5 Euro für jeden in der Rehabilitation investierten Euro (Prognos-Gutachten) Daher: angemessene Vergütung ist für die DRV-Bund selbstverständlich! 7
2. Leistungsgerechte Vergütung Grundlagen und Anforderungen Gesetzliche Grundlagen 69 SGB IV Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit 13 SGB VI - Leistungsumfang Abgrenzung KV/RV 15 SGB VI in Verbindung mit 26 SGB IX Anforderungen - 19 SGB IX Bedarfsdeckung fachlich und regional erforderliche Rehabilitationseinrichtungen müssen in ausreichender Zahl und Qualität zur Verfügung stehen 220 Abs. 1 SGB VI - Reha-Budget 8
2. Leistungsgerechte Vergütung Grundlagen und Anforderungen Vor dem Hintergrund der gesetzlichen Vorgaben muss ein leistungsgerechtes Vergütungssystem gewährleisten, dass einerseits vorhandene Wirtschaftlichkeitsreserven effizient ausgeschöpft werden und andererseits eine nachhaltige Bedarfsdeckung möglich ist, die Reha-Leistungen einem hohen Qualitätsstandard entsprechen und die Weiterentwicklung von Versorgungsstrukturen gefördert wird. 9
2. Leistungsgerechte Vergütung Grundlagen und Anforderungen Daher kann ein gesetzeskonformes leistungsgerechtes Vergütungssystem aus Sicht der DRV-Bund kein Kostenerstattungsprinzip sein, keine Zusagen von festen Auslastungsquoten enthalten und auch keine Gewinnerwartungen der Leistungserbringer absichern! 10
2. Leistungsgerechte Vergütung Grundlagen und Anforderungen Das Vergütungssystem der DRV-Bund ist eine Kombination von einrichtungsindividuellen marktpreisorientierten Tagessätzen und indikationsbezogenen Richtwerten für die durchschnittliche Dauer der Reha-Leistungen. Es ist insbesondere patientenorientiert marktorientiert verwaltungsarm innovationsfördernd 11
2. Leistungsgerechte Vergütung Grundlagen und Anforderungen Das Vergütungssystem der DRV Bund - patientenorientiert Die DRV Bund will Anreize für die Anbieter von Gesundheitsleistungen setzen, alle notwendigen Leistungen zu erbringen. Im Gegenzug dürfen keine Leistungsanreize für nicht notwendige Leistungen geschaffen werden. Durch die festgelegten indikationsbezogenen Richtwerte für die durchschnittliche Dauer der Reha-Leistungen kann patientenorientiert der Einzelfall die für ihn erforderliche Rehabilitationsdauer erhalten, nur die durchschnittliche Behandlungszeit aller Leistungen einer Fachabteilung soll den Richtwert nicht überschreiten. 12
2. Leistungsgerechte Vergütung Grundlagen und Anforderungen Das Vergütungssystem der DRV Bund - marktorientiert DRV-Bund vereinbart indikationsbezogene vollpauschale Tagesvergütungssätze. Die Preise werden zwischen der DRV-Bund und den Leistungserbringern (Kliniken) verhandelt. Klinikspezifische Besonderheiten und Qualitätsstandards werden umfassend berücksichtigt. Die DRV Bund orientiert sich an den vorhandenen Marktpreisen und nimmt keine Kostenerstattung vor. Dies entspricht dem Grundsatz der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit ( 69 SGB IV) 13
2. Leistungsgerechte Vergütung Grundlagen und Anforderungen Das Vergütungssystem der DRV Bund - verwaltungsarm Die Kalkulation und Abrechnung ist eindeutig möglich und für alle Beteiligten nachvollziehbar. Der Abstimmungsaufwand zwischen den Leistungserbringern und den Kosten- und Leistungsträgern ist minimal. 14
2. Leistungsgerechte Vergütung Grundlagen und Anforderungen Das Vergütungssystem der DRV Bund - innovationsfördernd Investitionen von Klinikunternehmern, die zur Qualitätsverbesserung führen, sollen ermöglicht und gefördert werden. Förderung von Angeboten der medizinisch beruflich orientierten Reha Stärkung von Konzeptentwicklungen zu Präventions- und Nachsorgemaßnahmen 15
2. Leistungsgerechte Vergütung Grundlagen und Anforderungen Nachhaltige Leistungsgerechtigkeit durch jährliche Überprüfung und ggf. Anpassung der Vergütung Die Vergütungssätze und die Richtwerttagebudgets werden jährlich überprüft, es werden individuelle leistungsgerechte Anpassungen vorgenommen, so dass auch bei der Fortschreibung der Vergütungssätze wiederum klinikbezogene Aspekte gewürdigt werden. Hierdurch wird der Anreiz erhöht, dass die Einrichtungen Qualitätsstandards verbessern und Weiterentwicklungen vornehmen Somit ist das Vergütungssystem: nachhaltig Leistungsgerecht und erfüllt die gesetzlichen Rahmenbedingungen 16
3. Reha-Budget Vorschlag der Deutschen Rentenversicherung zur Anpassung des Reha-Budgets Anpassungsmechanismus soll sich nicht alleine an der Entwicklung der Bruttolohn- und Gehaltssumme je Beschäftigtem orientieren Zusätzlich sollen ab 2013 berücksichtigt werden: Veränderung der Bevölkerung in den Altersgruppen zwischen 45. Lebensjahr und jeweils geltender Regelaltersgrenze Bevölkerungszahl in dieser Altersgruppe steigt bis 2017 um rd. 5 %, entsprechend läge das Reha-Budget um 5 % höher als bei der aktuellen Fortschreibungsregel (rund 300 Millionen Euro) Keine Aufhebung des Reha-Budgets 17
3. Reha-Budget Vorschlag der Deutschen Rentenversicherung zur Anpassung des Reha-Budgets Modifizierte Fortschreibung des Reha-Budgets nach diesem Vorschlag: 2013 + 103 Mio. Euro + 1,8 % 2014 + 187 Mio. Euro + 3,2 % 2015 + 241 Mio. Euro + 4,1% 2016 + 280 Mio. Euro + 4,6 % 2017 + 302 Mio. Euro + 4,8 % 2018 + 299 Mio. Euro + 4,7 % 2019 + 281 Mio. Euro + 4,2 % 2020 + 255 Mio. Euro + 3,7 % 2021 + 226 Mio. Euro + 3,2 % 2022 + 188 Mio. Euro + 2,6 % 18
3. Reha-Budget Entwurf eines Gesetzes zur Anerkennung der Lebensleistung in der Rentenversicherung (RV-Lebensleistungsanerkennungsgesetz) 1) Berücksichtigung einer zusätzlichen temporären Demografiekomponente bei der Begrenzung der Reha-Ausgaben Fortschreibung beginnt 2017 und endet 2050 Demografiekomponente wirkt budgeterhöhend in den Jahren 2017 bis 2020 und 2044 bis 2050 Mehrausgaben laut Tabelle 1 des Gesetzesentwurfs (heutige Werte): 2017 = + 0,1 Milliarden 2020 = + 0,2 Milliarden 2025 = + 0,1 Milliarden 2030 = - 0,1 Milliarden 1) Referentenentwurf; Stand: 22.03.2012 19
3. Reha-Budget Haltung des BMAS gem. Antwort auf eine Kleine Anfrage im Bundestag betreffend Das Reha-Budget der RV BT-DRS. 17/9490 vom 30.05.2012 Die (im Gesetzentwurf) vorgesehene Regelung berücksichtigt den demografisch bedingt temporär erhöhten Reha-Bedarf in angemessener Weise. Der Bundesrechnungshof und der Rechnungsprüfungsausschuss des Deutschen Bundestages sehen im Bereich der Rehabilitation der RV Effizienzreserven, die vor einer Anhebung des Reha-Budgets vorrangig zu nutzen sind. Aber, der demografisch bedingte Mehrbedarf entsteht bereits 2013 und steigert sich bis 2017, ab 2018 reduziert sich das Problem! Bisher hat die DRV den gestiegenen Reha-Bedarf durch noch vertretbare Leistungsanpassungen und Ausschöpfung von Effizienzreserven kompensieren können. Eine weitere Kompensation des weiter zunehmenden Rehabedarfs wird nun nicht mehr ausreichend möglich sein. Die vorgesehenen Anpassung des BMAS erst ab 2017 kommt zu spät. 20
3. Reha-Budget Mögliche Handlungsoptionen Überschreitung des Reha-Budgets Priorisierung und Rationierung von Leistungen Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven der Leistungserbringung in den Reha-Einrichtungen Zusätzliche Risiken: Schlechte Bedingungen für die Weiterentwicklung von Versorgungsformen Verringerung der Wirksamkeit der Leistungen zur Teilhabe Steigende Aufwendungen für EM-Renten 21
4. Perspektiven Differenzierte Vergütung: Medizinische beruflich orientierte Reha (MBOR) Rehabilitanden-Managment Kategorien (RMK) 22
4. Perspektiven Warum MBOR? Die medizinische Rehabilitation im Auftrag der Deutschen Rentenversicherung benötigt 1. eine stärkere durchgehende Fokussierung auf die Erwerbsfähigkeit 2. spezielle Angebote für Subgruppen mit einem besonderen Erwerbsminderungsrisiko. Dies impliziert eine subgruppenspezifische Differenzierung des bestehenden Leistungsangebots und die Identifikation dieser Subgruppen zu einem möglichst frühen Zeitpunkt. 23
4. Perspektiven MBOR als Weiterentwicklung des klassischen Reha-Angebots expliziter Schwerpunkt auf gesundheitsassoziierte beruflichen Problemlagen und den konkreten/angestrebten Arbeitsplatz Ausrichtung auf berufliches Verhalten, Bewerten und Erleben (subjektive Komponente) sowie beruflichen Kontext selbst durchgängiger und konkreter Arbeitsplatzbezug prägt den gesamten Behandlungsprozess (MBOR-Prozessmodell) 24
4. Perspektiven Konsequenzen MBOR ist wichtig für die medizinischen Rehabilitationseinrichtungen! Zukunftssicherung Fokussierung auf relevante Subgruppe Stärkung des MBOR-Gedankens in der Reha-Praxis in allen Reha-Einrichtungen (MBOR-Basisangebot) zusätzliche Schwerpunkteinrichtungen erforderlich und sinnvoll (MBOR- Kernangebot + spez. MBOR-Angebot) 25
4. Perspektiven MBOR-Fazit MBOR hilft! Es zeigt positive Veränderungen bei Leistungs- und Arbeitsfähigkeit MBOR ist kostenintensiver aufgrund verlängerter Reha-Dauer einer intensiveren Diagnostik und Kommunikation ABER: Notwendigkeit einer praktikablen Lösung, die den aktuellen finanziellen Rahmenbedingungen gerecht wird Die flächendeckende Ausweitung der MBOR eine der wichtigen Aufgaben der nächsten Jahre für die Deutsche Rentenversicherung! 26
4. Perspektiven Rehabilitanden-Management-Kategorien (RMK) Erwartung: Bedarfsorientierte Differenzierung bei der Leistungserbringung Konzept Klassifikation von Rehabilitanden anhand ihres Reha-Bedarfes Systematische Identifikation von spezifischen, ICF-orientierten (z. B. berufsbezogenen oder psychischen) Bedarfslagen des einzelnen Versicherten Verwendung valider Instrumente für die Bedarfserfassung und Steuerung RMK-Screening für den Reha-Zugang RMK-Assessment für die Therapieplanung Bedarfsorientiertes Reha-Management: im gesamten Rehabilitationsprozess wird nach Bedarf gesteuert 27
4. Perspektiven Rehabilitanden-Management-Kategorien (RMK) Idealtypisch: Bedarfsorientierung im gesamten Reha-Prozess Reha-Träger Rehabilitationseinrichtung Antragsteller Entscheider Reha-Träger Rehabilitand RMK-Software Arzt bzw. Psychologe Assessment- Ergebnisse und Therapieorientierungswerte Antragsunterlagen Generisches Screening Bescheid RMK- Assessment Therapieverordnung + (optional) Auswahl passgenauer Reha-Leistung und -Einrichtung Erbringen passgenauer Rehabilitation und ggf. Nachsorge 28
4. Perspektiven Rehabilitanden-Management-Kategorien (RMK) Nutzen Erfassen der individuellen Bedarfslagen über standardisierten Prozess Passgenauere Wahl der Leistung und des Leistungserbringers Differenziertere Leistungsanforderungen Passgenauere Erbringung der Reha-Leistung Effektivere Rehabilitation mit Blick auf die Re-(integration) als maßgebliche Größe Effizienterer Einsatz der begrenzten Mittel 29
5. Fazit Die Kombination aus Tagessätzen und budgetierter Verweildauer ermöglicht eine angemessene Vergütung. Das System ist patienten- und marktorientiert, es ist verwaltungsarm und innovationsfördernd. Das im Vertragsbereich praktizierte System der DRV-Bund ist gesetzeskonform und leistungsgerecht. Aber: Die aktuellen Herausforderungen erfordern Handlungsbedarf! Nach wie vor gilt: Eine adäquate Anpassung des Reha-Budgets ist erforderlich! Weiterentwicklung und Innovation ist unabdingbar! 30
BDPK-Bundeskongress 2012 28.06. 29.06.2012, Berlin Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Brigitte Gross Abteilung Rehabilitation Deutsche Rentenversicherung Bund