Nr. 26, April Liebe Leserinnen, liebe Leser

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Transkript:

Schwellenkorporationen Brienz, Schwanden, Hofstetten, Brienzwiler Liebe Leserinnen, liebe Leser Auf den 1. Januar 1998 trat im Kanton Bern das Waldgesetz in Kraft. In der zugehörigen kantonalen Waldverordnung ist in Artikel 39 festgelegt, dass die Gemeinden verantwortlich sind, für das Siedlungsgebiet Gefahrenkarten Lawinen und Wasser auszuarbeiten. Die erste Gefahrenkarte der Schweiz wurde für das Gadmertal ausgearbeitet, und zwar in Form einer Lawinengefahrenkarte, die 1953 durch das Kreisforstamt I in Meiringen genehmigt wurde. Während die Lawinengefahrenkarten in den folgenden Jahrzehnten in verschiedenen Gemeinden angewendet wurden (z.b. 1973 in Lauterbrunnen für das Dorf Wengen), wurden die Bauten an Gewässern im Wasserbaugesetz geregelt. Die ersten Gefahrenkarten nach Artikel 39 der neuen Waldverordnung wurden im Kanton Bern im Februar 1998 für die Gemeinde Lenk, im Mai 1998 für die Gemeinde Iseltwald und im Dezember 1998 für die Gemeinde Schwanden bei Brienz ausgearbeitet und jeweils im gleichen Jahr genehmigt. Namentlich bei der Gefahrenkarte Schwanden ging es vor allem um Wasserund nicht um Lawinengefahren. Heute verfügen alle Gemeinden im Kanton Bern über eine Gefahrenkarte. Nach dem Hochwasser vom 22./23. August 2005 sind im Kanton Bern die Gefahrenkarten bezüglich Wasser überprüft und überarbeitet worden. Im vorliegenden «Bach-Blettli» wird auf das Thema Gefahrenkarten umfassend eingegangen. Die verschiedenen Beiträge zeigen auf, wie eine Gefahrenkarte entsteht, wozu sie dient und was ihre Bedeutung für die Siedlungsentwicklung ist. Aufgrund der Topografie ist das Thema Naturgefahren für unsere Region von grosser Bedeutung. Nr. 26, April 2014 Simeon Mathyer Präsident der Schwellenkorporation Schwanden

SCHWELLENKORPORATIONEN BRIENZ SCHWANDEN HOFSTETTEN BRIENZWILER Gefahrenkarten helfen, Risiken zu erkennen Die Schwellenkorporationen kümmern sich um den Wasserbau in der Region Brienz. Eine wichtige Grundlage ihrer Tätigkeit stellt die Gefahrenkarte dar. Sie zeigt auf, wo Siedlungsgebiet von Naturgefahren bedroht ist. Daraus lassen sich die notwendigen Schutzmassnahmen ableiten. Der nachfolgende Beitrag zeigt auf, was Sinn und Zweck von Gefahrenkarten ist. Ausschnitt aus der Karte von Albert Heim, 1897. Deutlich ist zu sehen, wo 1896 die grossen Erosionen im Lammbach stattgefunden haben und welche Gebiete betroffen waren (rot). 2

Nr. 26 April 2014 Bach-Blettli Die Gefahrenkarte zeigt, wo welche Naturgefahren wie oft (Eintretenswahrscheinlichkeit) und mit welcher Zerstörungskraft (Intensität) auftreten können. Dabei werden in der Regel die Naturgefahren Lawinen, Wasser, Steinschlag und Rutschung betrachtet. Gefahrenkarten dienen als wichtige fachliche Grundlage für die Raumplanung, für die Erstellung von Risikoanalysen und Massnahmenplanungen sowie für die Ausarbeitung von Interventionskarten für die Notfallplanung. Die Ausarbeitung einer Gefahrenkarte stützt sich auf die Analyse von vergangenen Ereignissen, auf Beobachtungen im Gelände und auf Berechnungen. Das Wissen wird gesammelt, ausgewertet und räumlich zugeordnet. Szenarien und Schwachstellen Bei der Erarbeitung der Gefahrenkarte werden in einem ersten Schritt die Szenarien bestimmt. Das bedeutet, dass zum Beispiel für das Einzugsgebiet eines Wildbachs abgeschätzt wird, wie viel Wasser abfliessen kann und wie viel Geschiebe erodiert und transportiert werden kann. In einem zweiten Schritt werden mögliche Schwachstellen analysiert. Schwachstellen sind Punkte oder Strecken, von denen eine Gefährdung ausgehen kann. Klassische Schwachstellen an Gewässern sind zu kleine Durchlässe oder Brücken, Engnisse, Hindernisse oder abrupte Gefällsänderungen. Schwachstellen sind aber auch mögliche Austrittsstellen, von wo aus Überflutungen oder Übermurungen der angrenzenden Gebiete möglich sind. Für sämtliche Schwachstellen müssen folgende Fragen beantwortet werden: Kann es zu Ausbrüchen aus dem Gerinne kommen? Wie häufig sind Ausbrüche möglich? Welche Prozesse und welche Intensitäten können dabei auftreten und welche angrenzenden Gebiete sind davon betroffen? Wie häufig? Und wie intensiv? Unterschieden werden schwache, mittlere und starke Intensitäten. Die nachstehende Abbildung zeigt Beispiele für verschiedene Intensitäten der Hochwasserprozesse Übermurung und Überschwemmung. Übermurung Überschwemmung Starke Intensität Mittlere Intensität Schwache Intensität Übermurung in schwacher Intensität gibt es nicht Beispiele zu verschiedenen Prozessen und Intensitäten (Übermurung: Brienz; Überschwemmung: Diemtigen) 3

SCHWELLENKORPORATIONEN BRIENZ SCHWANDEN HOFSTETTEN BRIENZWILER Begriff Wahrscheinlichkeit Jährlichkeit Umgangssprachlich Häufige Ereignisse Hoch 0 30 Jahre «2 bis 3 mal pro Generation» Mittlere Ereignisse Mittel 30 100 Jahre «0 bis 1 mal pro Generation» Seltene Ereignisse Gering 100 300 Jahre «Erlebt nicht jede Generation» Jährlichkeiten von häufigen, mittleren und seltenen Ereignissen sowie die umgangssprachliche Beschreibung. Bei der Frage nach der Häufigkeit von Ereignissen werden häufige, mittlere und seltene Ereignisse unterschieden. Eine Beschreibung der Häufigkeit ist in der obenstehenden Tabelle zusammengefasst. Sobald die Intensität und die Wahrscheinlichkeit festgelegt und räumlich abgegrenzt sind, erfolgt die Zuordnung im Gefahrenstufendiagramm des Bundes. Die Felder des Diagramms ergeben die Gefahrenstufen. Je häufiger und je stärker ein Prozess auftreten kann, desto höher ist die Gefahrenstufe. Treten starke Intensitäten auf, so ergibt sich gemäss dem Gefahrenstufendiagramm immer eine rote Gefahrenstufe. Bei mittleren Intensitäten kann je nach Wahrscheinlichkeit eine rote, blaue oder gelbe Gefahrenstufe resultieren. Starke Intensität Was zeigt die Gefahrenkarte? Die Gefahrenkarte unterscheidet in erster Linie zwischen gefährdeten und nicht gefährdeten Gebieten. Die Gefahrenstufen zeigen den Grad der Gefährdung von Menschen, Tieren und erheblichen Sachwerten auf. Die Gefahrenkarten decken den besiedelten Teil der Gemeinden ab. Die nachfolgende Tabelle zeigt die unterschiedlichen Gefahrenbereiche. Gefährdung Bedeutung Gefahrenstufe Erheblich Es können in der Regel hohe Intensitäten auftreten. Personen sind sowohl innerhalb als auch ausserhalb von Gebäuden gefährdet. Mit einer plötzlichen Zerstörung von Gebäuden ist zu rechnen Mittlere Intensität Schwache Intensität Mittlere Personen sind innerhalb von Gebäuden kaum gefährdet, jedoch ausserhalb davon. Mit erheblichen Schäden an Gebäuden ist zu rechnen. hoch mittel gering sehr gering Wahrscheinlichkeit Gering Personen sind kaum gefährdet. Mit Schäden an Gebäuden beziehungsweise Behinderungen ist zu rechnen. Gefahrenstufendiagramm für Hochwasser, Steinschlag und Hangmuren. Restgefährdung Bei Gebieten mit Restgefährdung ist sehr selten mit Ereignissen zu rechnen. Keine Aufgrund des heutigen Kenntnisstandes keine Gefährdung. Die Farbflächen in der Gefahrenkarte bezeichnen unterschiedliche Gefahrenbereiche. 4

Nr. 26 April 2014 Bach-Blettli Naturgefahren lassen sich nur bestimmen, wenn das fragliche Gebiet (hier das Einzugsgebiet des Trachtbachs) vor Ort untersucht wird. In Zusammenhang mit Wassergefahren werden dabei unter anderem die Geschiebeherde dokumentiert. Wassergefahren in der Region Brienz Beim Unwetter vom August 2005 wurden im Glyssibach und im Trachtbach grosse Geschiebemengen mobilisiert und durch Murgänge bis in das Siedlungsgebiet transportiert. Ähnliche Gefahren können auch von anderen Bächen am Brienzergrat ausgehen. Für Ausbrüche im Siedlungsraum sind häufig Brücken verantwortlich, die mit Geschiebe oder Holz verstopfen können. Mögliche Schwach- und Ausbruchstellen können aber auch zu knapp bemessene Gerinnequerschnitte insbesondere in Ablagerungsstrecken und bei Gefällsknicken sein. Schutzbauten, insbesondere Geschiebesammler oder andere Ablagerungsräume, können die Gefährdung massgeblich verringern. Seit 2005 wurden an verschiedenen Bächen neue Schutzbauten geplant und realisiert. Sobald neue Schutzbauten fertiggestellt sind, wird die Gefahrensituation neu beurteilt und die Gefahrenkarte entsprechend angepasst. So wurde die Gefahrenkarte Wasser beispielsweise in den Bereichen von Trachtbach, Glyssibach sowie Dorfbach Brienzwiler nach der Realisierung der Schutzmassnahmen überarbeitet. Momentan bestehen die grössten Schutzdefizite am Schwander- und Lammbach. Hier befinden sich mehrere Gebäude in der roten Gefahrenstufe der Wassergefahrenkarte. Zahlreiche Gebäude liegen zudem in der blauen Gefahrenstufe. Einzelne Wohnhäuser liegen in der roten bzw. blauen Gefahrenstufe des Hellgrabens sowie des Milibachs. Schutzmassnahmen für den Hellgraben sowie den Lamm- und Schwanderbach sind momentan in Planung. Weite Teile des Aarebodens sind ausserdem durch Überschwemmungen der Aare, des Fulbachs und durch Hochstände des Brienzersees gefährdet. Hier wurde mehrheitlich eine blaue Gefahrenstufe ausgeschieden. Die Gefahrenkarte ist öffentlich und kann auf den Gemeindeverwaltungen eingesehen werden. Sämtliche Gefahrenkarten im Kanton Bern sind zudem online über das kantonale Geoportal zugänglich: www.be.ch/geoportal > Karten > Kartenangebot > Naturgefahrenkarten. Weitere Informationen finden sich unter www.be.ch/naturgefahren 5

SCHWELLENKORPORATIONEN BRIENZ SCHWANDEN HOFSTETTEN BRIENZWILER Gefahrenkarte Region Brienz Auf dieser und der nächsten Doppelseite präsentieren wir die Gefahrenkarte der Gemeinden Brienz, Brienzwiler, Hofstetten und Schwanden. Damit die einzelnen Perimeter gut sichtbar sind, wurde eine Darstellung gewählt, die sich auf Wassergefahren konzentriert. Andere Naturgefahren wie Lawinen oder Steinschlag sind somit ausgeblendet. Hinweise zu den einzelnen Farbflächen (Gefahrenbereichen): Personen sind sowohl innerhalb als auch ausserhalb von Gebäuden gefährdet. Mit der plötzlichen Zerstörung von Gebäuden ist zu rechnen oder die Ereignisse treten in schwächerem Ausmass, dafür mit einer hohen Wahrscheinlichkeit auf. Grundlagendaten Amt für Geoinformation des Kantons Bern Amtliche Vermessung Reduziert (AVR) Reproduziert mit Bewilligung des Amts für Geoinformation des Kantons Bern vom 15.04.2008 Personen sind innerhalb von Gebäuden kaum gefährdet, jedoch ausserhalb davon. Mit Schäden an Gebäuden ist zu rechnen, jedoch sind plötzliche Gebäudezerstörungen in diesem Gebiet nicht zu erwarten, falls gewisse Auflagen bezüglich Bauweise beachtet werden. Personen sind kaum gefährdet. Mit geringen Schäden an Gebäuden bzw. mit Behinderungen ist zu rechnen, jedoch können erhebliche Sachschäden in Gebäuden auftreten. Gefährdung mit einer sehr geringen Eintretenswahrscheinlichkeit (seltener als 300- jährlich) und einer hohen Intensität (Restgefährdung) Nach dem derzeitigen Erkenntnisstand keine oder vernachlässigbare Gefährdung. Gemeindegrenze Grenze Perimeter Gefahrenkarte 6

Nr. 26 April 2014 Bach-Blettli 7

SCHWELLENKORPORATIONEN BRIENZ SCHWANDEN HOFSTETTEN BRIENZWILER 8

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SCHWELLENKORPORATIONEN BRIENZ SCHWANDEN HOFSTETTEN BRIENZWILER Rechenleistung und menschliches Augenmass Es braucht viel Arbeit, um eine Gefahrenkarte zu erstellen. Einen Teil davon übernehmen komplexe Computeranwendungen. Noch wichtiger aber sind menschliches Augenmass und Erfahrung, wie sie etwa die Berner Geografin Serena Liener einbringt. An der Entwicklung der Gefahrenkarten für die Region Brienz war sie federführend beteiligt. Bildschirm und Bergschuhe: Das sind wichtige Hilfsmittel von Serena Liener. Die Expertin für Naturgefahren hat schon seit ihrer Kindheit eine enge Beziehung zum Berggebiet. Ihre Eltern stammen aus Thun, die Skiferien verbrachte die Familie regelmässig in Adelboden. Während des Studiums befasste sich die angehende Geografin eingehend mit dem Spissibach in Leissigen, zu dem sie schliesslich auch ihre Diplomarbeit schrieb. «Die intensive Auseinandersetzung mit diesem Thema hat mir ermöglicht, das System Wildbach zu verstehen», erklärt sie. Informatik und Geografie verknüpft Heute ist die diplomierte Geografin Leiterin der Abteilung Naturgefahren bei Geo7, einem in Bern ansässigen Büro für Geowissenschaften. Die Firma ist auf die Verknüpfung von geografischen Disziplinen und Informatik spezialisiert. Zum Dienstleistungsangebot gehört die Erarbeitung von Gefahrenkarten im Auftrag der öffentlichen Hand. Ihr Wissen hat Serena Liener im Laufe ihrer Berufstätigkeit bei zahlreichen Projekten einbringen und gleichzeitig erweitern können. Auch die Region Brienz hat von ihrer Erfahrung profitiert: Bei der erstmaligen Erarbeitung der Gefahrenkarten für die Gemeinden Brienz, Schwanden, Hofstetten und Brienzwiler war sie massgeblich be- teiligt. Auch die Aktualisierung der Pläne fällt in ihre Zuständigkeit. Geschichte und moderne Technik begegnen sich Gefahrenkarten entstehen im Rahmen eines sehr aufwendigen Verfahrens. Dabei werden hochmoderne Instrumente mit Wissen aus der Vergangenheit verknüpft. Als Grundlage wird jeweils die sogenannte Gefahrenhinweiskarte verwendet. Dabei handelt es sich um ein rechnerisches Modell, das für die gewünschte Region sämtliche potenziellen Naturgefahren- Risiken aufzeigt von Lawinen über Felsstürze und Murgänge bis zu Überschwemmungen. Das Theoriemodell glich Serena Liener anschliessend mit der Praxis ab. Zu diesem Zweck erstellte sie einen Ereigniskataster, der sämtliche bekannten Naturereignisse berücksichtigte, die sich in der Region Brienz je ereignet haben. Aus Erfahrung wissen die Experten: Wo bereits einmal ein Naturereignis aufgetreten ist, kann irgendwann wieder ein ähnliches Vorkommnis eintreten. «In der Region Brienz waren Ereignisse aus der Vergangenheit relativ gut dokumentiert», erinnert sich Serena Liener. Entsprechende Kenntnisse gewann sie unter anderem im Archiv des kantonalen Tiefbauamts, aber auch in Gesprächen mit Förstern, Feuerwehrleuten und älteren Einwohnern. Feldarbeit vom Grat bis ins Tal Der Blick in die Vergangenheit gab ihr deutliche Hinweise, was vor Ort anzuschauen war. Denn die nächste Arbeitsphase spielte sich nicht mehr am Schreibtisch, sondern draussen im Gelände ab. Für die Geografin lösten damit die Bergschuhe den Bildschirm als bedeutendstes Arbeitsinstrument ab. Tagelang durchstreifte sie in der Region Brienz die Hänge sonn- und schattseits, traversierte die Einzugsgebiete der Wildbäche und nahm dabei alle heiklen Gebiete in Augenschein. Seil und Helm brauchte sie allerdings nicht einzusetzen: Je abschüssiger das Gelände ist, umso felsiger und damit stabiler zeigt sich in der Regel das Terrain. Viel problematischer sind demgegenüber Zonen mit Lockermaterial, das bei einer Rutschung in Bewegung geraten kann. In solchen Gebieten galt es abzuschätzen, wie viel Material mobilisiert werden könnte. «Das war der schwierigste Teil des Projekts», blickt Serena Liener zurück. Bestimmende Faktoren waren dabei unter anderem Breite und Mächtigkeit eines Geröllfelds, aber auch die durchschnittliche Grösse der einzelnen Steine. Nach den Feldstudien folgte wieder Büroarbeit. Für jeden einzelnen Wildbach wurden nun die potenziellen Kubaturen vom Grat bis zum Talboden aufsummiert. Auf diese Weise wurde 10

Nr. 26 April 2014 Bach-Blettli An der Grenze zwischen roter und blauer Zone: Serena Liener bei der Glyssibach-Mündung in Brienz. abgeschätzt, wie viel Material bei unterschiedlich intensiven Ereignissen im Bachbett selbst und zusätzlich durch Rutschungen aus den Böschungen mobilisiert werden kann. Auf der Suche nach Schwachstellen Auf der Basis dieser Informationen untersuchte die Expertin danach im Siedlungsgebiet, wo mögliche Schwachstellen bestehen. Auf die Gefahr von Murgängen und Überschwemmungen bezogen galt es somit abzuschätzen, wo es zu einem Ausbruch kommen könnte, wie viel Material dabei ausufern dürfte und welche Flächen betroffen wären. Anhand dieser Faktoren wurden schliesslich die einzelnen Gefahrenbereiche bestimmt dargestellt anhand unterschiedlich eingefärbter Gebiete auf der Gefahrenkarte. Die Zuweisung einer Parzelle zu einem bestimmten Gefahrenbereich kann für den betreffenden Grundeigentümer deutlich spürbare Folgen haben. In der roten Zone etwa gilt ein Bauverbot. Betroffene Häuser dürfen nicht mehr erweitert werden und verlieren daher an Marktwert. Serena Liener ist sich durchaus bewusst, dass ihre Arbeit dadurch auch wirtschaftliche und in der Folge sogar politische Folgen haben kann. «Ich versuchte diesen Aspekt allerdings auszuklammern es war mir recht, wenn ich den Zonenplan nicht kannte.» Schliesslich geht es ja um den Schutz von Menschenleben. Und da gibt es letztlich keine Kompromisse. 11

SCHWELLENKORPORATIONEN BRIENZ SCHWANDEN HOFSTETTEN BRIENZWILER Schwellenkorporation Brienz Einladung zur ordentlichen Mitgliederversammlung Donnerstag, 5. Juni 2014, 20.00 Uhr Gemeindehaus Dindlen, Brienz Traktanden: 1. Protokoll der Mitgliederversammlung vom 19. Dezember 2013 2. Jahresbericht 2013 des Schwellenmeisters 3. Jahresrechnung 2013 4. Lamm-/Schwanderbach Nachkredit zum Verpflichtungskredit 5. Orientierungen Projekte 6. Verschiedenes Gegen die Beschlüsse der Mitgliederversammlung sowie bei inhaltlichen als auch bei Verfahrensrügen kann gestützt auf Art. 60, 63 und 67 Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege (VRPG) beim Regierungsstatthalteramt Interlaken-Oberhasli innert 30 Tagen schriftlich und begründet Beschwerde eingereicht werden. Rügepflicht: Die Verletzung von Zuständigkeits- und Verfahrensvorschriften an der Mitgliederversammlung ist gemäss Art. 49a Gemeindegesetz (GG) sofort zu beanstanden. Brienz, 10. April 2014 Schwellenkorporation Brienz Der Lammbachgraben von der Axalp aus gesehen. Impressum Bach-Blettli Nr. 26 April 2014 Herausgeber Schwellenkorporationen Brienz Schwanden Hofstetten Brienzwiler (www.schwellenkorporationen.ch) Redaktion staegertext.com, Brienz Gestaltung und Druck Thomann Druck AG, Brienz Auflage 3300 Exemplare Titelbild Tiefblick vom Einzugsgebiet des Glyssibachs Richtung Kienholz; unterhalb der Bildmitte das Ausleitbauwerk Undersitsch 12