Pharmakotherapie im Alter



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Transkript:

Pharmakotherapie im Alter WS 2009-2010 Vorlesung

Verordnungen nach Psychopharmakagruppen von 1996-2006 900 800 Antidepressiva 700 Mio DDD 600 500 400 300 200 100 Neuroleptika Tranquilizer 0 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 Jahr

Indikationen für Antipsychotika in der Gerontopsychiatrie primär und sekundär psychotische Erkrankungen Schizophrenie (EOS, LOS) Schizoaffektive Störungen anhaltende und akute wahnhafte Störungen organische schizophrene Formen affektive Erkrankungen Depressive Episoden, mit psychotischen Symptomen Manie, Hypomanie Bipolare Depression Demenz mit Psychose- Symptomen, Agitation, Aggressivität Alzheimer-Typ Vaskuläre Demenz HIV-Demenz Alkohol-assoziierte Demenz Demenz bei Gehirnverletzungen Delir Delir-Ätiologien EOS= early onset schizophrenia; LOS= late onset schizophrenia

Arzneimittel mit anticholinergen Haupt- oder Nebenwirkungen Antiallergika Clemastin Tavegil Dimetinden Fenistil Hydroxyzin Atarax Antiarrhythmika Chinidin Chinidin-Duriles Antidepressiva Amitriptylin Saroten Doxepin Aponal Antiemetika Dimenhydrinat Vomex A Promethazin Atosil Scopolamin Scopoderm

Arzneimittel mit anticholinergen Haupt- oder Nebenwirkungen Hypnotika, Sedativa Diphenhydramin Dormutil N, Halbmond Doxylamin Gittalun, Mereprine Magen-Darm-Mittel Atropin Dysurgal Butylscopolamin Buscopan Pirenzepin Gastrozepin Antipsychotika Chlorprothixen Truxal Clozapin Leponex Parkinsonmittel Biperiden Akineton Trihexyphenidyl Artane

Unerwünschte Arzneimittelwirkung A pill for every ill an ill from every pill je mehr Medikamente eingenommen werden desto häufiger treten UAW auf: < 5 Pharmaka: 3-5% UAW > 6 Pharmaka : 25% UAW Bei 10-30% der Hospitalisierung sind UAW verantwortlich in 2-6 % führen sie zum Tod 2-5% der Besuche beim Allgemeinarzt führen bei den über 50-jährigen zu relevanten UAW

Therapieziel beim jüngeren Patienten - Krankheitsheilung - Rückkehr in den Erwerbsprozess - Wiedererlangung der Normalität der Funktion beim Alten - Erhaltung der Selbständigkeit - Erhaltung der Lebensqualität im Vordergrund - Einbeziehung des Lebensraumes (Vermeidung von Hospitalisierung) ACCORD-Studie - Einbeziehung der Wertvorstellungen des Patienten

Problemstellung Was bedeutet Alter? Biologische Alterung veränderte PK/PD altersspezifische Krankheiten ernsthafte Therapie? verminderte Compliance fehlerhafte Medikamentengabe Komorbidität Polypharmazie AMI, UAW erhöhte Empfindlichkeit für Medikamente zu starke Wirkungen, UAW Demobilisierung Risiko für KV und TE-Erkrankungen psychosoziale Situation keine Individualbetreuung

Problemstellung Im Alter verstärken Organ-Dysfunktionen und abgeschwächte Gegenregulationen, eine (relativ) erhöhte Medikamenten-Konzentration und Arzneimittelinteraktionen (AMI) die Medikamentenwirkung mit schweren UAW und Folgeschäden

Verminderte Compliance im Alter mangelhafter Umgang mit Fachmittel-Information Vergessen mündlicher Anweisungen Sehschwäche: Verwechslung fein-motorische Störungen: Probleme mit Tabletten Schluckstörungen Polypharmazie eingeschränkte Selbstmedikation

Alterskrankheiten Arthrose, Immobilität und Instabilität (Sturzgefahr) Osteoporose Seh- und Hörschwäche Herzschwäche (Insuffizienz, KHK, Hypertonie) Inkontinenz Demenz Malignome - 70% der Tumortodesfälle erfolgen nach dem 65. Lebensjahr

Neuropharmaka in der Geriatrie 1,2 bis 1,5 Mio >65jährigen leiden an Demenz 5-10% der >85jährigen leiden an Halluzinationen oder Wahn Bei 30% der <65jährigen manifestiert sich bei KKH-Aufenthalt ein Delir

Neuropharmaka in der Geriatrie Erhöhte ZNS-Empfindlichkeit für Medikamente v.a. Sedierung und Aufmerksamkeit Rezeptoren nehmen ab verstärkte PD-Wirkung Grundsätzlich: 1/3 Dosis wie bei mittleren Erwachsenen Langsame Aufdosierung und nie abrupt absetzen!

Neuropharmaka in der Geriatrie Verwirrung und Delir Anti-cholinerg BDZ NMDA-Hemmstoffe Cox-2-Hemmstoffe

Neuropharmaka in der Geriatrie UAW der Antipsychotika Anti-cholinerg a1-hemmung EPS Appetit- und Gewichtszunahme metabolisches Syndrom => ÜberSterblichkeit kognitive Verschlechterung

Neuropharmaka in der Geriatrie Indikationen für Antipsychotika Schizophrenie Wahnhafte Störungen Depressiv-psychotische Störungen Manie (Problem: Lithium) Psychose bei Demenz mit Agitation und Aggression Psychosen bei idiop. Parkinson

Neuropharmaka in der Geriatrie Keine Indikationen für Antipsychotika Panikstörungen Generalisierte Angststörunen (GAD) Neuropathische Scmerzen Erbrechen

Die delirante Last im Alter mach-r-hemmstoffe Antidepressiva, Neuroleptika, Antiparkinsonia NMDA-Antagonisten Antiparkinsonia, Antidementiva H1-Hemmstoffe Schlafmittel, Beruhigungsmittel Opioide Analgetika NSA/Cox-2-Hemmstoffe Analgetika GABA-A-.Agonisten Benzodiazepine Diuretika Exsikkose Antidiabetika Hypoglykämie

Medikamentengruppen, die am häufigsten zu Krankenhausaufnahmen führen Antihypertonika Stürze, Orthostase Diuretika Dehydration mit Herzinfarkt, Schlaganfall, Multiorganversagen, Hyperkaliämie, Hypokaliämie Digitalispräparate Herzrhythmusstörungen Antiparkinson- Medikamente mit Übelkeit, Erbrechen, Diarrhoe ZNS-wirksame Pharmaka Analgetika Antirheumatika Antidepressiva mit Sedierung, anticholinergem Symptomkomplex, Harnssperre, Glaukom; Tranquillizer mit Stürzen, Autounfällen, Apathie, Amnesie Magen- Darmblutungen, Ulcus, Perforation

Neuropharmaka in der Geriatrie A A

Medical Expenditure Panel Survey (MEPS) www.meps.ahrq.gov 2.500 alte Menschen in US-Altenheimen N (%) mindestens 1 von folgenden Medikamenten (M) 22% 33 ungeeigneten M 3% 11 gänzlich ungeeigneten M 14% 14 M mit Mißbrauchspotential Je schlechter der Zustand und je mehr Medikamente, desto höher das Risiko, ungeeignete Medikamente einzunehmen.

Medical Expenditure Panel Survey (MEPS) Gänzlich ungeeignet im Alter: Neuropharmaka: Amitriptylin Doxepin Barbiturate Diazepam Flurazepam Analgetika: Pentazocin Indomethacin Gerinnungshemmer: Dipyridamol Ticlopidin Beers-Kriterien 2003: Archives Internal Medicine

Medikamentengruppen, die am häufigsten zu Krankenhausaufnahmen führen Antihypertonika Stürze, Orthostase Diuretika Dehydration mit Herzinfarkt, Schlaganfall, Multiorganversagen, Hyperkaliämie, Hypokaliämie Digitalispräparate Herzrhythmusstörungen Antiparkinson- Medikamente mit Übelkeit, Erbrechen, Diarrhoe ZNS-wirksame Pharmaka Analgetika Antirheumatika Antidepressiva mit Sedierung, anticholinergem Symptomkomplex, Harnssperre, Glaukom; Tranquillizer mit Stürzen, Autounfällen, Apathie, Amnesie Magen- Darmblutungen, Ulcus, Perforation

Therapeutische Probleme - Polypharmazie Durchschnitt: 10 verschieden Medikamente pro Patient im Krankenhaus Wahrscheinlichkeit unerwünschter AMI: 5%, bei weniger als 6 unterschiedlichen Medikamenten 40%, bei mehr als 12 unterschiedlichen Medikamenten exponentieller Anstieg der UAW+AMI Das größte Patientenkollektiv im Krankenhaus: Alter 65-79 Jahre davon haben 26% mehr als 6 Pharmaka

Krankenhauseinweisungen (KHE) und Letalität als Folge von AMI und UEW % aller KHE: Frankreich: 3.2% (2% < 20 J, 4% > 65 J) Australien: 2,4-3,6% Letalität von UAW: USA: 0,3% der UAW bei 100.000 Patienten (1994) Jena, Rostock: 1,7%

UAW, die von Patienten besonders beklagt werden 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0 (%) Trockener Mund Übelkeit Schwindel Hautreaktionen Diarrhoe Depressionen; Müdigkeit Häufiges Wasserlassen

Änderung der anteilsmässigen Zusammensetzung von Fett und Flüssigkeit im Alter Erwachsener geriatischer Patient Körperfett: + 35 % Plasmavolumen: - 8 % Extrazellulärflüssigkeit: - 40 % Gesamt- Körperwasser: -17 %

Pharmakokinetisch bedeutsame Organ- und Funktionsänderungen im Alter Albuminkonzentration ist um ca. 15-20 % niedriger verminderte Plasmaeiweißbindung erhöhte Plasmaspiegel des freien Wirkstoffs Fettanteil Körperwasser Anteil der Skelettmuskulatur (CAVE: Serumkreatinin)

Pharmakokinetisch bedeutsame Organ- und Funktionsänderungen im Alter: Leber - verminderte Leberdurchblutung - Abnahme der Lebermasse - verminderte Phase I Reaktionen: Oxidation Reduktion Hydrolyse - weitgehend unveränderte Phase II Reaktionen: Konjugation mit: Schwefelsäure Glucuronsäure Carbonsäure Aminosäuren Glutathion

Pharmakokinetisch bedeutsame Organ- und Funktionsänderungen im Alter GI-Trakt: Achlorhydrie /Perniziosa/, verlangsamte Ösophagus-, Magen- und Darmperistaltik häufig: Gastroparese + Obstipation und verlangsamte Resorption (Abnahme der Enterozyten, intestinale Durchblutung erniedrigt)

Fazit: Änderungen der PK von GIT und Leber GIT: - Resorption von Arzneistoffen verlangsamt, aber nicht vermindert langsameres Anfluten - CAVE: aber verminderte Resorption von Nährstoffen (Mineralien, Spurene.) ausreichend hoch dosieren Leber: - abgeschwächter Leber-Metabolismus erhöhte Bioverfügbarkeit verminderter Abbau mehr freie Wirkstoffe

Dosierungsempfehlungen im Alter - Vorsicht bei Kombinationspräparaten Dosis von einzelnen Komponenten eher zu hoch - retardierte Zubereitungen vermeiden?? - individuelle Dosierung erforderlich körperlichen Zustand betrachten!! Empfehlung nach Freeman: die Arzneimitteldosis ab dem 65. Lebensjahr um 10%, ab dem 75. um 20% jede weitere Lebensdekade je um 10% zu senken - start low, go slow, keep simple - Bedarf der regelmäßiger Kontrolle

Nieren - Abnahme 1-2% der Nierendurchblutung pro Lebensjahr (bis ca 50 %) - spontane glomeruläre Sklerose - Abnahme der funktionellen Nephronen glomeruläre Filtration und tubulär Sekretion sinken - ca. 50% Abnahme der Filtration (im Alter) - ca. 7 % der tubulären Sekretion pro Dekade

Nieren Der alte Mensch ist hinsichtlich wie ein niereninsuffizienter Patient zu betrachten! die Kreatininclearance sinkt mit dem zunehmenden Alter (nicht die Kreatininkonzentration im Plasma - Die Dosis vorwiegend renal eliminierter Arzneistoffe muss angepasst werden

Kreatinin-Clearanceund Kreatinin-Konzentration in in Abhängigkeit vom vom Lebensalter 160 Clearance (ml/min) 120 100 80 60 40 20 Alter 30-39 40-49 50-59 60-69 70-79 80-89 90-100 Kreatinin (mmg%) 1,4 1,2 1,0 0,8 0,6 0,4 Alter 30-39 40-49 50-59 60-69 70-79 80-89 90-100

Analgetika/Antirheumatika: Verordungshäufigkeit (DDD) in Abhängigkeit vom Lebensalter 90 DDD 80 70 60 50 40 30 20 10 0 10 20 30 40 50 60 70 80 >90 Alter (Jahre) Schwabe & Paffrath Arzneiverordungsreport 1999

Schmerztherapie im Alter Schmerztherapie (Paliativmedizin in der Geriatrie) Behandlung der Schmerzen in der letzten Lebenszeit Pflegeheim: 50-70 % Patienten haben senile Demenz Schmerzanamnese kann nicht erhoben werden 70-80 % Sterbenden leiden unter Schmerzen oder anderen Symptomen Ein bewußtloser Patient oder dementer Patient verändert seine Atmung Zeichen für Schmerzen, Bedarf an Analgetika (nicht Sedativa!!) CAVE: Opioid- Pflaster und NSAR

pentamerer GABA-A-Rezeptor mit Bindungsstellen Zopiclon Zolpidem Zaleplon α1 α1,2,3,5 Benzodiazepine GABA Barbiturate ß ß γ Chlorid

17.9 GABA A - Rezeptor BDZ - Rezeptoren αβγ2 αβγ3 Diazepam - sensitiv Diazepam insensitiv α4 β2 γ2 a6 β2/3 γ3 Zolpidem - sensitiv Zolpidem insensitiv hohe Affinität α1 βγ2 BZ 1 niedrige Affinität α2 β1 γ2 α3 β3 γ2 BZ 2 α1 βγ3 α5 β3 γ2 α5 β3 γ2

170 150 130 110 90 70 50 Wirkung Entzug rebound Toleranz 7 14 21 Tage totale Wachzeit (min) Schlaflosigkeit Triazolam

17.6 3 Chlordiazepoxid 10 h Desmethyldiazepam 50 h 2 Oxazepam 20 h 5-20 h 3 Diazepam 5 h 3 Flunitrazepam 20 h 5 h Desmethylflunitrazepam 20-30 h Glucuronidierung Acetylierung u.a. 3 Nitrazepam 20-30 h Hydroxylierung 2 Lorazepam 5-20 h 2-4 h 1 4-8 h Alprazolam Brotiazolam 1 Midazolam Triazolam

Benzodiazepinemit mit verlängerter Halbwertzeit im im Alter Substanz mit langer Wirkdauer (HWZ > 10 h) Flurazepam Bromazepam Diazepam Veränderung im Alter Zunahme bis 110% Zunahme bis 80% Zunahme bis 200% mit kurzer Wirkdauer (HWZ < 10 h) Brotizolam Zunahme bis 100%

Probleme der Geriatrie - biologisches Alter - Multimorbidität (mehrere Erkrankungen zugleich) - veränderte Symptomatik - verzögerte Genesung - veränderte Reaktion auf Medikamente - Demobilisierungssyndrome - psychosoziale Situation

Übersicht Gefährliche bzw. ungeeignete Arzneistoffe Alterskrankheiten und Polypharmazie Änderungen von PK/PD Beispiel: Schlaf- und Elektrolytstörungen

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