Landeshauptstadt München Kreisverwaltungsreferat Pressegespräch am Dienstag, 29. Januar 2013 "Optionskinder" Deutsche Staatsangehörigkeit ja oder nein? 1. Wer ist ein Optionskind? Mit dem neuen Staatsangehörigkeitsgesetz traten im Januar 2000 zwei grundsätzlich neue Regelungen zum Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit in Kraft: 1.1. Seit dem 1. Januar 2000 erhalten in Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern mit Geburt die deutsche Staatsangehörigkeit gemäß 4 Abs. 3 StAG automatisch, wenn bei der Geburt: - mindestens ein Elternteil seit 8 Jahren ununterbrochen rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat und - ein unbefristetes Aufenthaltsrecht bzw. Daueraufenthaltsrecht für EU-Bürger oder als Staatsangehöriger der Schweiz eine Aufenthaltserlaubnis über die Freizügigkeit besitzt. Die betroffenen Kinder werden als sogenannte Optionskinder kraft Gesetzes bezeichnet. 1
1.2. Für in Deutschland geborene Kinder der Geburtsjahrgänge 1990-1999, die sich bei der Einführung dieser Regelung am 1. Januar 2000 rechtmäßig und gewöhnlich in Deutschland aufhielten, wurde eine Übergangsregelung geschaffen. Demnach konnten diese Kinder ausländischer Eltern bis zum 31. Dezember 2000 die deutsche Staatsangehörigkeit durch Einbürgerung gemäß 40 b StAG beantragen, wenn bei der Geburt: - mindestens ein Elternteil seit 8 Jahren ununterbrochen rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatte und - eine Aufenthaltsberechtigung oder mindestens seit 3 Jahren eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis besaß (damals gültige Aufenthaltstitel, bis 31.12.2004) Die betroffenen Kinder werden als sogenannte Optionskinder kraft Einbürgerung bezeichnet. In den Jahren 2000 und 2001 wurden nach dieser Übergangsregelung fast 3.400 in München lebende Kinder ausländischer Eltern (aus den Jahrgängen 1990-1999) eingebürgert, rund die Hälfte davon waren Kinder türkischer Eltern. 2. Was bedeutet die Formulierung Optionskind? Optionskinder beider Fallgruppen besitzen die deutsche Staatsangehörigkeit zusätzlich zu der ausländischen Staatsangehörigkeit ihrer Eltern. Die betroffenen Kinder erhalten die deutsche Staatsangehörigkeit jedoch nicht auf Dauer. Sie müssen sich ab dem Beginn der Volljährigkeit bis spätestens zum 23. Geburtstag entscheiden, ob sie die deutsche oder die ausländische Staatsangehörigkeit ihrer Eltern behalten wollen. Die ersten betroffenen Optionskinder sind die Optionskinder der zweiten Fallgruppe, also kraft Einbürgerung. Jugendliche aus dem Geburtenjahr 1990 feiern heuer ihren 23. Geburtstag und müssen vorher eine unter Umständen schwerwiegende Entscheidung treffen. 2
3. Was müssen die betroffenen Optionskinder beachten? 3.1. Information und Kontaktaufnahme Die deutsche Staatsangehörigkeit endet i.d.r. automatisch mit dem 23. Lebensjahr. Wer die deutsche Staatsangehörigkeit behalten will, muss rechtzeitig mit der Einbürgerungsbehörde im Kreisverwaltungsreferat Kontakt aufnehmen. Hierzu werden die Betroffenen in München von der Einbürgerungsbehörde ab dem 18. Lebensjahr jährlich angeschrieben. 3.2. Gespräch bei der Einbürgerungsbehörde Die jungen Erwachsenen werden in dem Schreiben auf ihre Optionspflicht hingewiesen. Das KVR empfiehlt in diesem Zusammenhang einen Termin bei der Einbürgerungsbehörde zu vereinbaren Im ersten persönlichen Gespräch informiert die Einbürgerunsgbehörde ausführlich über den Ablauf des Optionsverfahrens und über die Entscheidungsmöglichkeiten. Bei diesem Termin kann bereits eine Entscheidung mitgeteilt werden. Um die deutsche Staatsangehörigkeit zu behalten, müssen die Betroffenen i.d.r. ihre ausländische Staatsangehörigkeit bis zur Vollendung des 23. Lebensjahres abgegeben haben. Ansonsten geht die deutsche Staatsangehörigkeit automatisch verloren. 3.3. Sonderregelung Unter bestimmten Voraussetzungen können Optionskinder zusätzlich zur deutschen auch die Staatsangehörigkeit ihrer Eltern behalten. Das ist der Fall, - wenn die zweite Staatsangehörigkeit die Staatsangehörigkeit eines EU-Landes oder der Schweiz ist, - wenn die Aufgabe der ausländischen Staatsangehörigkeit nicht möglich oder nicht zumutbar ist, - wenn trotz intensiver Entlassungsbemühungen über den Antrag auf Entlassung aus der ausländischen Staatsangehörigkeit bis zur Vollendung 3
des 23. Lebensjahres vom abgebenden Land nicht entschieden wird oder der Entlassungsantrag aus Gründen, die der Betroffene nicht zu vertreten hat, abgelehnt wird. Wer mehrere Staatsangehörigkeiten behalten will, muss aber in jedem Fall schon bis zur Vollendung des 21. Lebensjahrs einen Beibehaltungsantrag bei der Einbürgerungsbehörde stellen. Die Entscheidung über den Beibehaltungsantrag trifft die Regierung von Oberbayern. Bisher wurden 99 Beibehaltungsanträge genehmigt. Weil viele der in München geborenen und aufgewachsenen Kinder ausländischer Eltern sich sowohl dem Herkunftsland ihrer Eltern als auch ihrer deutschen Heimat verbunden fühlen, hat sich die Landeshauptstadt München mehrfach beim Deutschen Städtetag dafür eingesetzt, den Optionskindern grundsätzlich die Mehrstaatigkeit zu ermöglichen. Auch mehrere Bundesländer haben sich in den letzten Jahren im Bundesrat für eine Abschaffung der Optionspflicht eingesetzt. Diese Vorstöße sind jedoch bisher nicht mehrheitsfähig gewesen. 4. Wer ist aktuell betroffen? Im Jahr 2013 verlieren die ersten Optionskinder ihre deutsche Staatsangehörigkeit. Betroffen sind die Kinder des Geburtenjahrgangs 1990, die sogenannten Optionskinder kraft Einbürgerung, da diese im Jahr 2013 ihren 23. Geburtstag feiern (aktuell 199 Optionskinder). Wenn diese bis zu ihrem Geburtstag keine Erklärung bei der Staatsangehörigkeitsbehörde im KVR abgegeben haben und die ausländische Staatsangehörigkeit nicht aufgegeben wurde, geht die deutsche Staatsangehörigkeit automatisch verloren. In München wurden bisher ca. 1.300 volljährig gewordene Optionskinder der Jahrgänge 1990 bis 1994 angeschrieben, die sich zwischen der deutschen und ihrer ausländischen Staatsbürgerschaft entscheiden müssen. Aus den Jahrgängen 1990 und 1991 haben sich bisher 400 Optionskinder und somit ca. 92 % aller Angeschrieben gemeldet bzw. einen Informationstermin im KVR vereinbart. Insgesamt haben aber bisher leider nur ca. 60 Prozent aller Angeschriebenen aus den Jahrgängen 1990 bis 1994 ihre Entscheidung mitgeteilt. Nahezu alle, die sich gemeldet haben,wollen die deutsche Staatsangehörigkeit behalten. 4
5. Vorteile der deutschen Staatsbürgerschaft Mit der deutschen Staatsangehörigkeit können alle Jugendlichen - ohne Visum in viele Länder einreisen - im Ausland Hilfe von der deutschen Botschaft erhalten - Beamtin oder Beamter (bei einem öffentlichen Arbeitgeber) werden (EU-Angehörige sowie Angehörige der Länder Schweiz, Norwegen und Island haben bereits jetzt die Möglichkeit dazu) - ihre Stimmen bei Wahlen (zum Beispiel des Oberbürgermeisters, des Stadtrats oder des Landtags) abgeben (für EU-Angehörige besteht nur die Möglichkeit zur Kommunal- und EU-Wahl sowie zur Teilnahme am Bürgerentscheid) - selbst kandidieren und sich für ein Amt (zum Beispiel im Stadtrat oder im Landtag) bewerben (EU-Angehörige können bereits für den Stadtrat kandidieren) 6. Aufruf des KVR Für viele Optionskinder ist die Wahl einer Staatsangehörigkeit eine schwierige Entscheidung. Viele wissen auch gar nicht, dass sie die deutsche Staatsangehörigkeit erworben haben und bei Versäumung der gesetzlichen Fristen automatisch ihre deutsche Staatsangehörigkeit verlieren. Das Kreisverwaltungsreferat ruft deshalb alle volljährigen Optionskinder nachdrücklich auf, sich bei der Einbürgerungsbehörde zu melden und sich für eine Staatsangehörigkeit zu entscheiden bzw. rechtzeitig einen Antrag auf Beibehaltung der weiteren Staatsangehörigkeit zu stellen. "Die Entscheidung für eine Staatsangehörigkeit ist von weitreichender Bedeutung. Ich habe deshalb großes Verständnis, wenn vielen der Entschluss nicht leicht fällt. Trotzdem sollten alle Betroffenen die Chance nutzen und frei wählen, bevor der Zeitpunkt für eine eigene Entscheidung verpasst wird", so Kreisverwaltungsreferent Dr. Blume-Beyerle. 5
7. Infomaterial Alle Informationen zu der Optionskinderregelung sowie der Flyer der Einbürgerungsbehörde sind unter www.muenchen.de/optionskinder einsehbar. Zusätzliches Infomaterial und statistische Auswertungen zum Thema Optionspflicht können dem Forschungsbericht 15 Einbürgerungsverhalten von Ausländerinnen und Ausländern in Deutschland sowie Erkenntnisse zu Optionspflichtigen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) unter www.bamf.de/shareddocs/anlagen/de/publikationen/forschungsberichte/fb15- einbuergerungsverhalten.de entnommen werden. 6
Anlagen 1. Rechtsgrundlagen 4, 29 und 40b Staatsangehörigkeitsgesetz 2. Übersicht Entscheidungsmöglichkeiten und Zahlen 3. Flyer 7
1. Rechtsgrundlagen Auszug aus dem Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) 4 StAG (1)... (2)... (3) Durch die Geburt im Inland erwirbt ein Kind ausländischer Eltern die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn ein Elternteil 1. seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und 2. ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit (BGBl. 2001 II S. 810) besitzt. Der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit wird in dem Geburtenregister, in dem die Geburt des Kindes beurkundet ist, eingetragen. Das Bundesministerium des Innern wird ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung Vorschriften über das Verfahren zur Eintragung des Erwerbs der Staatsangehörigkeit nach Satz 1 zu erlassen. 29 StAG (1) Ein Deutscher, der nach dem 31. Dezember 1999 die Staatsangehörigkeit nach 4 Abs. 3 oder durch Einbürgerung nach 40b erworben hat und eine ausländische Staatsangehörigkeit besitzt, hat nach Erreichen der Volljährigkeit und nach Hinweis gemäß Absatz 5 zu erklären, ob er die deutsche oder die ausländische Staatsangehörigkeit behalten will. Die Erklärung bedarf der Schriftform. (2) Erklärt der nach Absatz 1 Erklärungspflichtige, daß er die ausländische Staatsangehörigkeit behalten will, so geht die deutsche Staatsangehörigkeit mit dem Zugang der Erklärung bei der zuständigen Behörde verloren. Sie geht ferner verloren, wenn bis zur Vollendung des 23. Lebensjahres keine Erklärung abgegeben wird. (3) Erklärt der nach Absatz 1 Erklärungspflichtige, daß er die deutsche Staatsangehörigkeit behalten will, so ist er verpflichtet, die Aufgabe oder den Verlust der ausländischen Staatsangehörigkeit nachzuweisen. Wird dieser Nachweis nicht bis zur Vollendung des 23. 8
Lebensjahres geführt, so geht die deutsche Staatsangehörigkeit verloren, es sei denn, daß der Deutsche vorher auf Antrag die schriftliche Genehmigung der zuständigen Behörde zur Beibehaltung der deutschen Staatsangehörigkeit (Beibehaltungsgenehmigung) erhalten hat. Der Antrag auf Erteilung der Beibehaltungsgenehmigung kann, auch vorsorglich, nur bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres gestellt werden (Ausschlußfrist). Der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit tritt erst ein, wenn der Antrag bestandskräftig abgelehnt wird. Einstweiliger Rechtsschutz nach 123 der Verwaltungsgerichtsordnung bleibt unberührt. (4) Die Beibehaltungsgenehmigung nach Absatz 3 ist zu erteilen, wenn die Aufgabe oder der Verlust der ausländischen Staatsangehörigkeit nicht möglich oder nicht zumutbar ist oder bei einer Einbürgerung nach Maßgabe von 12 Mehrstaatigkeit hinzunehmen wäre. (5) Die zuständige Behörde hat den nach Absatz 1 Erklärungspflichtigen auf seine Verpflichtungen und die nach den Absätzen 2 bis 4 möglichen Rechtsfolgen hinzuweisen. Der Hinweis ist zuzustellen. Die Zustellung hat unverzüglich nach Vollendung des 18. Lebensjahres des nach Absatz 1 Erklärungspflichtigen zu erfolgen. Die Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes finden Anwendung. (6) Der Fortbestand oder Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit nach dieser Vorschrift wird von Amts wegen festgestellt. Das Bundesministerium des Innern kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Vorschriften über das Verfahren zur Feststellung des Fortbestands oder Verlusts der deutschen Staatsangehörigkeit erlassen. 40b StAG Ein Ausländer, der am 1. Januar 2000 rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und das zehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist auf Antrag einzubürgern, wenn bei seiner Geburt die Voraussetzungen des 4 Abs. 3 Satz 1 vorgelegen haben und weiter vorliegen. Der Antrag kann bis zum 31. Dezember 2000 gestellt werden. 9