ZWISCHEN KOSTEN- BREMSE UND INNOVATIONSDRUCK: SO KOMMEN UNTERNEHMEN AUF DIE ÜBERHOLSPUR. Publikation für Business Strategie & Innovation



Ähnliche Dokumente
Lineargleichungssysteme: Additions-/ Subtraktionsverfahren

Professionelle Seminare im Bereich MS-Office

Geyer & Weinig: Service Level Management in neuer Qualität.

infach Geld FBV Ihr Weg zum finanzellen Erfolg Florian Mock

Konzentration auf das. Wesentliche.

Grundlagen für den erfolgreichen Einstieg in das Business Process Management SHD Professional Service

Anwendungsbeispiele Buchhaltung

Würfelt man dabei je genau 10 - mal eine 1, 2, 3, 4, 5 und 6, so beträgt die Anzahl. der verschiedenen Reihenfolgen, in denen man dies tun kann, 60!.

Alle Schlüssel-Karten (blaue Rückseite) werden den Schlüssel-Farben nach sortiert und in vier getrennte Stapel mit der Bildseite nach oben gelegt.

Inhalt 1. Was wird gefördert? Bausparverträge

Komplexität und der Dreischritt zur Einfachheit Dieter Brandes und Nils Brandes, Institut für Einfachheit

Zeichen bei Zahlen entschlüsseln

Anleitung über den Umgang mit Schildern

Projektmanagement in der Spieleentwicklung

Die neue Aufgabe von der Monitoring-Stelle. Das ist die Monitoring-Stelle:

Die integrierte Zeiterfassung. Das innovative Softwarekonzept

ALEMÃO. Text 1. Lernen, lernen, lernen

Human Resources Strategie

Eva Douma: Die Vorteile und Nachteile der Ökonomisierung in der Sozialen Arbeit

Kapitalerhöhung - Verbuchung

Welche Bereiche gibt es auf der Internetseite vom Bundes-Aufsichtsamt für Flugsicherung?

Die Post hat eine Umfrage gemacht

Anwendungsbeispiele. Neuerungen in den s. Webling ist ein Produkt der Firma:

ERPaaS TM. In nur drei Minuten zur individuellen Lösung und maximaler Flexibilität.

Gimp Kurzanleitung. Offizielle Gimp Seite:

Outsourcing und Offshoring. Comelio und Offshoring/Outsourcing

Die richtigen Partner finden, Ressourcen finden und zusammenführen

Lernerfolge sichern - Ein wichtiger Beitrag zu mehr Motivation

Mehr Effizienz und Wertschöpfung durch Ihre IT. Mit unseren Dienstleistungen werden Ihre Geschäftsprozesse erfolgreicher.

Zahlenwinkel: Forscherkarte 1. alleine. Zahlenwinkel: Forschertipp 1

Offen für Neues. Glas im Innenbereich.

Marketingmaßnahmen effektiv gestalten

Primzahlen und RSA-Verschlüsselung

Internationales Marketing-Management

Strategie ist, die richtigen Dinge zu tun Die Was-zählt-Falle... 21

Herzlich Willkommen beim Webinar: Was verkaufen wir eigentlich?

DER SELBST-CHECK FÜR IHR PROJEKT

a n auf Konvergenz. Berechnen der ersten paar Folgenglieder liefert:

Mobile Intranet in Unternehmen

1: 9. Hamburger Gründerpreis - Kategorie Existenzgründer :00 Uhr

Was ist Sozial-Raum-Orientierung?

Wir machen neue Politik für Baden-Württemberg

Leichte-Sprache-Bilder

Erfahrungen mit Hartz IV- Empfängern

Mehr Geld. Mehr Strategie. Mehr Service. Raiffeisenbank Beuerberg-Eurasburg eg

10.1 Auflösung, Drucken und Scannen

Speicher in der Cloud

Persönliche Zukunftsplanung mit Menschen, denen nicht zugetraut wird, dass sie für sich selbst sprechen können Von Susanne Göbel und Josef Ströbl

Tipps zur Nutzung der ViT 1 Lernen ViT Üben HAU ViT ViT ViT ViT ViT Testen ViT VORSC Bewerten RAGTIME ViT zur Vollversion ViT

Mit prozessorientiertem Qualitätsmanagement zum Erfolg - Wer das Ziel kennt, wird den Weg finden -

Staatssekretär Dr. Günther Horzetzky

ONLINE-AKADEMIE. "Diplomierter NLP Anwender für Schule und Unterricht" Ziele

Datenübernahme von HKO 5.9 zur. Advolux Kanzleisoftware

YouTube: Video-Untertitel übersetzen

Erst Lesen dann Kaufen

Copyright 2015 CADRela?ons.de. 5 GUTE GRÜNDE ein Integriertes CAD/CAM- System zu nutzen

Was meinen die Leute eigentlich mit: Grexit?

Binärdarstellung von Fliesskommazahlen

Mit der Maus im Menü links auf den Menüpunkt 'Seiten' gehen und auf 'Erstellen klicken.

Informationsblatt Induktionsbeweis

Nicht über uns ohne uns

oder Arbeitest Du noch selbst und ständig stehst Du schon solide und gut aufgestellt mit Deinem Business als selbständige/r Bilanzbuchhalter/in da?

1. Weniger Steuern zahlen

Lichtbrechung an Linsen

Steuern sind zum Sparen da. Immobilien

Prozessmanagement Modeerscheinung oder Notwendigkeit

Outlook. sysplus.ch outlook - mail-grundlagen Seite 1/8. Mail-Grundlagen. Posteingang

Welchen Nutzen haben Risikoanalysen für Privatanleger?

Grundlagen der Theoretischen Informatik, SoSe 2008

Letzte Krankenkassen streichen Zusatzbeiträge

Festigkeit von FDM-3D-Druckteilen

Informationssystemanalyse Problemstellung 2 1. Trotz aller Methoden, Techniken usw. zeigen Untersuchungen sehr negative Ergebnisse:

Erstaunliche Lösungen. QUADRANTUS das Grundverständnis die Angebote die Einsatzbereiche

Verband der TÜV e. V. STUDIE ZUM IMAGE DER MPU

Lehrer: Einschreibemethoden

Content Management System mit INTREXX 2002.

Alle gehören dazu. Vorwort

Was ist eigentlich MinLand?

Wir nehmen uns Zeit.

Geld verdienen als Affiliate

Studieren- Erklärungen und Tipps

Wie kann Ihr Unternehmen von Leadership Branding profitieren?

Agile Enterprise Development. Sind Sie bereit für den nächsten Schritt?

Preisstrategie für Zeitung & Zeitschrift

Inhaltsverzeichnis. 1. Empfängerübersicht / Empfänger hinzufügen 2. Erstellen eines neuen Newsletters / Mailings 3. Versand eines Newsletters

MORE Profile. Pass- und Lizenzverwaltungssystem. Stand: MORE Projects GmbH

Kurze Anleitung zum Guthaben-Aufladen bei.

CCI Swing Strategie. Cut your losers short and let your winners run

Wichtig ist die Originalsatzung. Nur was in der Originalsatzung steht, gilt. Denn nur die Originalsatzung wurde vom Gericht geprüft.

Vibono Coaching Brief -No. 39

Project ManageMent PM FIreFIgHterS UnD PMFX consulting SteLLen SIcH Vor

Was sind Jahres- und Zielvereinbarungsgespräche?

UNTERNEHMENS-NACHFOLGE PL ANEN. Mit dem St. Galler Nachfolge-Prozess weitsichtig und frühzeitig planen

Mit dem richtigen Impuls kommen Sie weiter.

Hinweis: Die Umfrage wurde von 120 Unternehmen in Deutschland beantwortet.

1 topologisches Sortieren

Projekt- Management. Landesverband der Mütterzentren NRW. oder warum Horst bei uns Helga heißt

Wie oft soll ich essen?

Transkript:

NR. 1 JANUAR 2012 Publikation für Business Strategie & Innovation ZWISCHEN KOSTEN- BREMSE UND INNOVATIONSDRUCK: SO KOMMEN UNTERNEHMEN AUF DIE ÜBERHOLSPUR IM GESPRÄCH Eduardo Leemann, Falcon Private Bank Kurt Mäder, Liechtensteinische Landesbank Robert Gebel, Axpo Informatik Heinz Gehri, Tata Consultancy Services

22 BREAKOUT COMMODITY C-LEVEL MAGAZIN 1 2012 SCHNELL, FEHLERFREI UND EFFIZIENT MEHR NICHT

C-LEVEL MAGAZIN 1 2012 BREAKOUT COMMODITY 23 Erfolgreiche Unternehmen fokussieren auf ihre Kernkompetenzen und wissen genau, in welchen Bereichen es sich lohnt, Hochleistung zu erbringen, um sich von Mitbewerbern zu unterscheiden. Doch was geschieht mit dem Rest? Dieser ist als Commodity zu betrachten und auch so zu managen und das heisst, auf Effizienz und Skalierbarkeit zu trimmen. Jedes erfolgreiche Unternehmen hat Bereiche, in denen es besonders gut ist besser als die Wettbewerber. Im Idealfall sogar einzigartig, um sich mit solchen Alleinstellungsmerkmalen im immer intensiveren Kampf um den n zu differenzieren und erfolgreich durchzusetzen. Diese strategisch differenzierenden «Hochleistungsprozesse» machen jedoch nur rund 20 Prozent der Wertschöpfung eines Unternehmens aus. Zu diesem Fazit kommt eine Untersuchung, die Boydak Management Consulting mit dem Top-Management von mehr als 50 namhaften Unternehmen durchgeführt hat. Gemeinsam mit exponierten Unternehmenslenkern arbeiteten die auf das Thema Wertschöpfungsoptimierung spezialisierten Schweizer Strategieberater heraus, dass ein Grossteil der Unternehmenslandschaft in erster Linie gut funktionieren muss. In diesen von Firmengründer und Senior Partner Selçuk Boydak als «Commodity-Prozesse» bezeichneten Teilen der Wertschöpfung gehe es gerade nicht darum, besser oder schneller zu sein als die Mitbewerber: «Die 80 Prozent der Unternehmensprozesse mit Commodity-Charakter sollen einfach gut, stabil und robust ablaufen sowie eine ordentliche Qualität abliefern. Statt sich zu verzetteln und in Komplexität zu ersticken, gilt es, die Commodity-Prozesse konsequent auf Effizienz und Skalierbarkeit zu trimmen.» KLARE ENTSCHEIDUNG Doch wie macht man das? Boydak Management Consulting schlägt ein Vorgehensmodell in sieben Schritten vor (siehe Kasten S. 25). Am

24 BREAKOUT COMMODITY C-LEVEL MAGAZIN 1 2012 Anfang steht der Konsens: Das Top-Management muss verbindlich vorgeben, welche Bereiche der Wertschöpfungs- und Prozesslandkarte eines Unternehmens als Commodity zu taxieren sind. Erst auf dieser Basis ist es möglich, die betreffenden Prozesse hinsichtlich ihres Optimierungspotenzials zu analysieren. Dazu wird eruiert, welche Aktivitäten die höchsten Mitarbeiterkapazitäten und Kosten binden. Denn hier schlummert oft das grösste Sparpotenzial. Häufig zeigt sich in solchen Problembereichen eine hohe Fragmentierung und Heterogenität der Systemlandschaft. Dies führt typischerweise zu Prozessbrüchen sowie mehrfach redundanten Dateneingaben und -extraktionen. Diese wiederum erhöhen nicht nur den manuellen Aufwand und sind fehleranfällig, vielmehr blockieren sie auch ein nachhaltiges Wachstum. Denn nehmen die zu bearbeitenden Geschäftsvorfälle in einem Problembereich zu, vermehren sich auch die Kosten meist explosionsartig. KEIN UNNÖTIGER BALLAST Die Prozessoptimierung kann in vier Dimensionen erfolgen: Kosten, Qualität, Risiko und Durchlaufzeit. Die Zauberlosung hierzu lautet Komplexitätsreduktion. Laut Boydak ist oft festzustellen, dass über die Jahre eine übertriebene Vielfalt von Varianten in die Prozesse eingebaut wurde: «Das kann fatal sein, denn die typische ABC-Analyse zeigt, dass 80 Prozent des Geschäftes in der Regel mit rund 20 Prozent der Geschäftsvarianten abdeckt wird. Das entspricht der altbekannten 80/20-Regel.» Deshalb sollten die Prozesse konsequent auf die Mainstreamvarianten (Massengeschäft) ausgerichtet sein und diese optimal, wenn möglich vollautomatisiert, abwickeln. Varianten, die keinen ausreichenden Deckungsbeitrag liefern, werden eliminiert. Demgegenüber werden Spezialfälle, die eine hohe Rendite bringen, als isolierte Prozesse abgekoppelt, um die effiziente «Massenfertigung» von der komplexen Fertigung einzelner Spezialprodukte fernzuhalten. Damit ist der Weg frei zur Standardisierung der Prozesslandschaft, welche die Basis legt zur Konsolidierung der darunterliegenden IT-Systeme. Ziel ist letztlich die unterbruchslose Transaktionsabwick-

C-LEVEL MAGAZIN 1 2012 BREAKOUT COMMODITY 25 IN SIEBEN SCHRITTEN ZU EFFIZIENTEN UND SKALIERBAREN COMMODITY-PROZESSEN 1. Definition der Commodity-Bereiche auf strategischer Ebene durch Topmanagement 2. Identifikation der Prozesse mit dem höchstem Optimierungspotenzial 3. Erarbeitung der Optimierungshebel zur Reduktion der Komplexität durch Standardisierung/Automatisierung 4. Design der künftig optimierten Prozess- und IT-Architektur 5. Anpassung des Operating-Modells mitsamt Organisations- sowie Führungsstruktur 6. Schrittweise Annäherung an den Zielzustand nach Massgabe eines Masterplans 7. Konsequente und stringente Koordination und Kontrolle der Umsetzung Quelle: Boydak Management Consulting STRAIGHT-THROUGH-PROCESSING Ist Soll Dept. A Dept. B Dept. C Commodity-Prozesse kompromisslos entschlacken: Ziel ist die vollautomatisierte Prozess-Pipeline. Quelle: Boydak Management Consulting schiedenen Geschäftssparten hinweg in zentralen Shared Service Centers zu bündeln, um Wissens- und Skalenvorteile zu nutzen. Ebenfalls in Betracht zu ziehen ist ein Outsourcing an einen spezialisierten Provider, der die Prozessstückkosten aufgrund der nochmals sehr viel höheren Volumina zusätzlich senken kann. Dafür stehen verschiedene Ansätze zur Verfügung: von klassischen Modellen des IT-Outsourcings bis zu einem vollständigen Business Process Outsourcing (BPO). In jedem Fall aber sollte man nach Möglichkeit bei Commodity-Prozessen dem Einsatz von Standardsoftware den Vorzug geben. ZUERST DIE QUICKWINS Mit dem Umbau der Prozesslandschaft muss auch das Operating-Modell an die neuen Gegebenheiten angepasst werden. Laut Boydak macht es Sinn, die Commodity-Bereiche in der Aufbauorganisation einer eigenen Organisations- und Führungsstruktur zu unterstellen, da hier andere Zielvorgaben gelten als in den Bereichen der Wertschöpfung, in denen sich ein Unternehmen über die Leistungserbringung am Markt differenzieren will. Ist das Zielbild in Form von Prozessund IT-Landschaft, Building-Blöcken und Operating Modell definiert, ist eine schrittweise Umsetzung einer «Big- Bang»-Einführung vorzuziehen. Zum einen sorgen Quickwins, die bereits innerhalb von etwa sechs bis neun Monaten eingefahren werden können, für lung (Seamless Flow) ohne manuelle Intervention (Straight-Through-Processing). Gelingt es, möglichst viele Prozesse als vollautomatisierte «Pipelines» (siehe Abbildung oben) aufzusetzen, können Skaleneffekte realisiert werden. Da IT-Systeme bis zu einem gewissen Transaktionsvolumen keinen Zusatzaufwand verursachen, macht es Sinn, Commodity-Prozesse über die verpositives Momentum und Vertrauen, um dann auch die Langfristmassnahmen in Angriff zu nehmen. Andererseits verhindert die stringente Koordination nach Massgabe eines sorgsam ausgearbeiteten Masterplans, dass nicht erneut ein «Flickwerk» von individuell optimierten Bausteinen entsteht, die in der Summe die erzielten Effizienzgewinne wieder neutralisieren. THOMAS BRENZIKOFER