Hofbauer A. Die Entwicklung der neuen Berufsbezeichnung "Diaetologen" Journal für Ernährungsmedizin 2006; 8 (2), 30-33



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Transkript:

Hofbauer A Die Entwicklung der neuen Berufsbezeichnung "Diaetologen" Journal für Ernährungsmedizin 2006; 8 (2), 30-33 For personal use only. Not to be reproduced without permission of Verlagshaus der Ärzte GmbH.

30 D I A E T O L O G E N Die Entwicklung der neuen Berufsbezeichnung Diaetologen H i n terg r ü n d e f ü r u n d A s p e k te bei der Neupositionierung einer Berufsgruppe der vormaligen D i p l. D i ä t a s s i s tenten & Ernährungsmedizinischen Berater. 3 V O N A N D R E A H O F B A U E R BILDERBOX.COM Im Juli 2005 wurde für die Berufsgruppe der Dipl. Diätassistenten & Ernährungsmedizinischen Berater ein lang gehegter Wunsch jener nach Veränderung der Berufsbezeichnung Wirklichkeit. Ein historischer Moment, denn wir haben uns schließlich nach vielen Jahrzehnten von der Berufsbezeichnung Dipl. DiätassistentIn & Ernährungsmedizinische BeraterIn verabschiedet und dürfen uns nun, wie auch gesetzlich definiert, Diaetologen nennen. Das Thema neue Berufsbezeichnung beschäftigte unsere Berufsgruppe und den Vorstand des Verbandes einige Jahre und man hat sich sehr gründlich damit auseinandergesetzt. Bis zur Abstimmung im Rahmen der Generalversammlung im Jahr 2004 hat es einen intensiven Entscheidungsfindungsprozess gegeben, in den sehr viele Überlegungen, Erfahrungen und Entwicklungen eingeflossen sind. H i s t o r i s c h e E n t w i c k l u n g Der ursprüngliche Beruf der Dipl. Diätassistenten hat eine sehr bewegte Historie. Mit zunehmender Entwicklung und Bedeutung der Ernährungsmedizin hat dieser Beruf sehr viele Epochen durchgemacht, die ihn auch geprägt haben. So war die Berufsbezeichnung Dipl. Diätassistenten damals ein Assistenzberuf des Arztes jahrzehntelang sicherlich gerechtfertigt. Mit der Novellie- 2 2006 ernährungsmedizin

D I A E T O L O G E N 31 rung des MTD-Gesetzes 1992 wurde die Ausbildung auf drei Jahre angehoben und die Bezeichnung auf Dipl. Diätassistenten & Ernährungsmedizinische Berater geändert. Vom Begriff Diät-Assistent konnte man sich aber noch nicht ganz verabschieden, was eher auf emotionale Gründe und die Tradition zurückzuführen war. Doch bereits in dieser Novelle des MTD-Gesetzes wurde die Eigenverantwortlichkeit des Berufes auch gesetzlich definiert. Das Berufsbild hat sich über die vielen Jahrzehnte enorm gewandelt. Waren die Diätassistenten früher vorwiegend damit beschäftigt, Kranken- und Diätkost zusammenzustellen und vielleicht auch selbst zuzubereiten, so sind die heutigen Diaetologen unter anderem dafür verantwortlich, die vom Arzt verordneten ernährungsmedizinischen Behandlungen beziehungsweise Therapien eigenverantwortlich zu konzipieren, durchzuführen und auch zu evaluieren. D e f i n i t i o n e n u n d r e c h t l i c h e A s p e k t e Die Berufsgruppe der vormals Dipl. Diätassistenten & Ernährungsmedizinischen Berater ist ein gesetzlich anerkannter Gesundheitsberuf und gehört in Österreich zu den gehobenen medizinisch-technischen Diensten. Ausbildung und Tätigkeit sind im MTD-Gesetz und in der FH-MTD- Ausbildungsverordnung geregelt. Die Behandlung von Menschen mit krankhaften Zuständen ist in Österreich aus Gründen des Patientenschutzes ausschließlich und unwidersprochen [ 1 ] den Angehörigen gesetzlich geregelter Gesundheitsberufe vorbehalten. In der Ernährungsmedizin fallen darunter alle Tätigkeiten im Hinblick auf Vorliegen oder Nichtvorliegen von ernährungsmedizinisch relevanten Symptomen, Beschwerdebildern und Erkrankungen sowie das Einleiten, die Auswahl und die Durchführung sämtlicher ernährungsmedizinischer Behandlungsschritte [ 2 ]. Die Ernährungsmedizin in Österreich ist als medizinische Querschnittsmaterie [ 3 ] allen FachärztInnen beschränkt auf ihr Fachgebiet und den AllgemeinmedizinerInnen in Zusammenarbeit mit DiaetologInnen (vormals DiätassistentInnen und ernährungsmedizinischen BeraterInnen) vorbehalten. Jede auf die Behandlung von Erkrankungen oder Beschwerden hinwirkende Tätigkeit hat in Zusammenhang mit ernährungsmedizinischen Maßnahmen durch den Beruf des Arztes oder des Dipl. Diätassistenten & Ernährungsmedizinischen Beraters zu erfolgen. Dazu zählt insbesondere die eigenverantwortliche Planung, Gestaltung, Durchführung und die Evaluation der gesetzten Behandlungsmaßnahmen [ 4 ]. Die gesetzlichen Bestimmungen binden alle Personen [ 5 ], die derartige Maßnahmen anbieten sowie die Rechtsträger, in deren Namen diese Personen handeln. Das Heranziehen von Personen zu ernährungsmedizinischen Maßnahmen, die weder Arzt noch vormals Dipl. Diätassistenten & Ernährungsmedizinische Berater sind, ist rechtswidrig. Das Einsetzen zu Maßnahmen, die den Dipl. Diätassistenten & Ernährungsmedizinischen Beratern vorbehalten ist, verstößt gegen 2 Abs. 4 in Verbindung mit 33 Z 1 MTD-Gesetz sowie gegen 1 Abs. 1 Z 6 in Verbindung mit 2 Ausbildungsvorbehaltsgesetz. Für den gesetzlich anerkannten Gesundheitsberuf ist die Berufsbezeichnung und damit verbunden die Kernkompetenz ein wichtiger Teil der Identität. Das heißt, dass nicht nur die Ausbildung und die Tätigkeiten gesetzlich geregelt und somit der Berufsgruppe vorbehalten sind, sondern auch die Berufsbezeichnung. K e r n k o m p e t e n z e n u n d T ä t i g k e i t s b e r e i c h e Die entscheidendste Frage im Rahmen eines solchen Projektes ist, welche Kernkompetenz hat eine Berufsgruppe zu erfüllen? Die Kernkompetenz dieser Berufsgruppe liegt eindeutig im Bereich der Ernährungsmedizin und Diätetik, der ernährungsmedizinischen Therapie / Behandlung von kranken oder krankheitsverdächtigen Menschen. Die Diätetik ist gesetzlich geregelt und unserer Berufsgruppe vorbehalten. Der berufsspezifische (diaetologische) Prozess umfasst die Planung, Durchführung, Begleitung und Evaluierung der ernährungsmedizinischen Therapie. Diese Therapie kann dem Patienten oral, enteral oder parenteral verabreicht werden. Die Tätigkeit erstreckt sich dabei nicht nur auf den intramuralen, klinischen Bereich, sondern wird in Zukunft verstärkt auch in einer freiberuflichen Form ausgeübt werden. Auch in der Gesundheitsförderung und Prävention sowie in der Ernährungswirtschaft und Industrie werden zunehmend Tätigkeitsbereiche entstehen. Jedoch werden sich in diesen Bereichen auch andere ernährungsrelevante Berufe etablieren (Ernährungswissenschafter, -trainer, -berater, -coach etc.). Hier wird es auch keinen gesetzlichen Vorbehalt geben. M i t b e w e r b e r a m M a r k t Betrachtet man das Berufssystem der Ernährungsberatung in Österreich, kann man folgendes Bild skizzieren: Die grobe Aufteilung ergibt sich aus einem medizinischen und einem gewerblichen Bereich. Der ernährungsmedizin 2 2006

32 D I A E T O L O G E N medizinische Bereich, das heißt, die ernährungsmedizinische Behandlung, Beratung, Therapie von Kranken oder krankheitsverdächtigen Menschen, ist Ärzten und vormals Dipl. Diätassistenten & Ernährungsmedizinischen Beratern (DA & EMB) gesetzlich vorbehalten. Der gewerbliche Bereich, die Ernährungsberatung von gesunden Menschen, ist Belgien Gegradueerde in Voedings en diaetkunde Deutschland Dänemark Frankreich Irland Amerika Australien Neuseeland Ungarn Italien Litauen Niederlande Schweden Schweiz UK Medizinischer Bereich Kranke und krankheitsverdächtige Menschen Arzt s DA & EMB (strenge Hierarchie) Türkei Dänemark Polen QUELLE: RIS RECHTSDATENBANK Staatlich anerkannte Diätassistentin Klinisk Diaetist Dieteticien Dietitian Dietetikus Dietista Dietistas Dietist Diplomierte Ernährungsberater SRK, Diététitien Diplomé CRS State Registered Dietitian (SRD) Diyetisyen Klinisk Diaetist Dietetyczka QUELLE: EDUCATIONS PROGRAMMES AND WORK OF DIETITIANS IN THE MEMBERSTATES OF EFAD, 1999 Nichtmedizinischer Bereich (Gewerbe) Ernährungsberatung für Gesunde Ernährungswissenschafter, -berater, -coach, -trainer Tab. 1: Berufssystem der Ernährungsberatung Tab. 2: Berufsbezeichnung in anderen Ländern seit der letzten Gewerbenovelle als gebundenes Gewerbe im Bereich der Lebens- und Sozialberatung eingeschränkt auf Ernährungsberatung nur mehr Ernährungswissenschaftern und unserer Berufsgruppe möglich. Dabei ist anzumerken, dass Angehörige unserer Berufsgruppe im Gegensatz zu Ernährungswissenschaftern und anderen ernährungsberatenden Berufen die Tätigkeit freiberuflich ausüben können und keinen Gewerbeschein benötigen. Gerade auf dem Gebiet der Ernährung fühlen sich viele berufen, tätig zu werden. Die derzeit geschützte Situation aufgrund des MTD-Gesetzes wird es für gewisse Bereiche, vor allem dem Gesundheitsförderungs- und Präventionsbereich, in Zukunft nicht mehr geben. Ernährungswissenschafter, -berater, -coach, -trainer, -therapeuten etc. drängen auf den Markt und der Konsument kann aus der Bezeichnung allein keine Differenzierung erkennen und auch keine Kompetenzen zuordnen. Gerade aus dieser Tatsache heraus war es notwendig, in der Bezeichnung eine Abgrenzung zu schaffen, die auch klar nachvollziehbar und unverwechselbar sein muss. Mit einer weiteren Berufsbezeichnung mit dem Wortstamm Ernährung kann man jedenfalls keine Differenzierung zu allen anderen auf dem Markt befindlichen Berufen erreichen. I n t e r n a t i o n a l i t ä t / E U - K o n f o r m i t ä t Ein weiterer Aspekt bei der Entwicklung der neuen Berufsbezeichnung war die Auseinandersetzung mit der europäischen und internationalen Berufsszene. Der Berufsverband ist stimmberechtigtes Mitglied in der EFAD (European Federation of the Associations of Dietitians) und ICDA (International Council of Dietitians Associations). Im Zuge einer europäischen Harmonisierung und Vergleichbarkeit wurde auch dieser Aspekt berücksichtigt. Eine EU-konforme Ausbildung schafft die Möglichkeit, den Beruf auch in anderen Ländern Europas beziehungsweise weltweit ausüben zu können. Daher wird auch eine Harmonisierung der Ausbildung sowie der Berufsbezeichnung notwendig. Gemeinsam mit der EFAD wurden eine Akademische Richtlinie und Berufsstandards der Dietitians in Europa erarbeitet. Dieses Benchmark Statement (European Academic and Practitioner Standards For Dietetics, Assembled by the European Federation of Associations of Dietitians) wurde 2005 offiziell publiziert. Darin sind die Mindeststandards der Ausbildung, der Qualifikation sowie das Tätigkeitsprofil von Diaetologen definiert. Eine Vergleichbarkeit in der Bezeichnung war Teil der Überlegungen. Betrachtet man die Berufsbezeichnungen in den verschiedensten europäischen Ländern und Sprachen, so zeigt sich, dass unsere Berufsbezeichnung in den meisten Fällen den Wortstamm Diet enthält (Tabelle 2). A k a d e m i s c h e A u s b i l d u n g Mit der Novellierung des MTD-Gesetzes 2005 wurde eine Anhebung der Ausbildung von derzeit Akademien auf Fachhochschulen gesetzlich beschlossen und somit eine akademische Laufbahn ermöglicht. Die ersten Fachhochschulen werden noch in diesem Jahr ihren Betrieb aufnehmen. Die Ausbildung wurde im Rahmen der Bologna Deklaration dem europäischen Bildungsstandard des tertiären Bildungssystems angepasst. Die Möglichkeit, ein Masterstudium und weiterführend auch Doktoratsstudien zu absolvieren, sind nun ge- 2 2006 ernährungsmedizin

D I A E T O L O G E N 33 geben. Das wird wiederum Auswirkungen auf den Tätigkeitsbereich haben, das heißt, dass in Zukunft vermehrt in der Wissenschaft gearbeitet werden wird. Abgesehen davon stellt wissenschaftliches Arbeiten für Fachhochschulen eine Verpflichtung dar. A u s w a h l k r i t e r i e n f ü r d i e B e r u f s b e z e i c h n u n g Die oben angeführten Überlegungen waren für die Wahl der neuen Berufsbezeichnung von enormer Bedeutung. Neben diesen Aspekten sollte die Berufsbezeichnung auch folgende Ansprüche erfüllen: Eigenständigkeit Unverkennbarkeit Kompetenz Darstellung der Kernkompetenz Internationalität Wettbewerbsfähigkeit keine zu lange Bezeichnung Prägnanz Betrachtet man andere medizinische Berufsgruppen, so lässt sich erkennen, dass die Berufsbezeichnungen meist aus dem Lateinischen oder Griechischen abgeleitet werden. Das Wort Diät wird im Etymologischen Wörterbuch* folgendermaßen beschrieben: Diät für gesunde Lebens-, Ernährungsweise, Schon-, Krankenkost; als medizinischer Ausdruck aus der lateinischen Wissenschaftssprache im 15. Jh. in deutsche Texte übernommen; lat. diaeta geregelte Lebensweise, griech. diaita Lebensart, auch die vom Arzt vorgeschriebene Lebensweise. *) Wörterbuch über den wahren Sinn des Wortes: Herkunft, Entwicklung, Bedeutung W o r t b e d e u t u n g D i ä t In der lateinischen Wissenschaftssprache bedeutet diaeta geregelte Lebensweise, insbesondere Ernährungsweise und das trifft den Kern unserer Tätigkeit. Für unsere Berufsgruppe ist eine Ableitung des Wortes Diät daher die richtige Wahl. All diese Kriterien und Überlegungen führten uns zu der neuen Berufsbezeichnung Diaetologen, die im Jahr 2004 mit einer Zustimmung von nahezu 70 Prozent der Mitglieder im Rahmen der Generalversammlung des Verbandes und im Juli 2005 vom Nationalrat beschlossen wurde. L I T E R A T U R 1 Siehe zum Beispiel Entscheidung des OGH 4 Ob156 / 04a 2 siehe 2 Ärztegesetz, 2 Abs. 4 MTD-Gesetz 3 vgl. Th. Holzgruber, Rechtliche Aspekte bei der Zusammenarbeit von Ernährungswissenschaftlern / Diätassistentinnen und Ärzten in: Ernährungsmedizin 4/2003, S 12 ff 4 siehe 2 Ärztegesetz, 2 Abs. 4 MTD-Gesetz 5 vgl. insbesondere 49 Ärztegesetz, welcher die Zusammenarbeit von ÄrztInnen mit anderen Personen bzw. Angehörigen anderer Berufe normiert 6 European Academic and Practitioner Standards For Dietetics, Assembled by the European Federation of Associations of Dietitians, June 2005 7 Educations Programmes and Work of Dietitians in the memberstates of EFAD, 1999 Korrespondenzadresse: Andrea Hofbauer, Vorsitzende Verband der Diaetologen Österreichs, Grüngasse 9/Top 20, 1050 Wien, E-Mail: vorsitzende@diaetologen.at Anmerkung: Alle Berufsbezeichnungen beziehen sich gleichermaßen auf die weibliche und männliche Form. ernährungsmedizin 2 2006