Allgemeine Geschäftsbedingungen im E-Commerce Durch allgemeine Geschäftsbedingungen (kurz AGB) kann der Webshop-Betreiber vieles zu seinen Gunsten regeln. Allerdings dürfen Verbraucher dadurch nicht unangemessen benachteiligt werden, wie es im Gesetz heißt. Was geht und was nicht, das können Sie hier nachlesen. Wann werden AGB Vertragsbestandteil? Ausdrücklicher Hinweis Damit AGB Vertragsbestandteil werden, muss der Kunde in zumutbarer Weise von den AGB Kenntnis nehmen können. Dazu muss der Webshop-Betreiber auf die AGB bei Vertragsschluss ausdrücklich hinweisen. Der Hinweis darf von einem Durchschnittskunden auch bei nur flüchtiger Betrachtung nicht übersehen werden können (Landgericht Essen, Urteil vom 13. Februar 2004 Az. 16 O 416/02). Dazu reicht im Zweifel nicht aus, lediglich auf der Startseite auf die AGB des Unternehmens hinzuweisen. Rechtssicher ist ein Hinweis mit entsprechendem Link auf die ausdruckbaren AGB im Onlinebestellformular (BGH, Urteil vom 14. 6. 2006 Az. I ZR 75/03). Was sind AGB? AGB sind vorformulierte Regeln die auf sämtliche abzuschließenden Verträge mit Kunden Anwendung finden sollen. Webshop-Betreiber kann so den Vertragsinhalt in weiten Teilen vorgeben. Die 305 bis 310 BGB regeln den möglichen Inhalt sowie Hinweispflichten zur wirksamen Einbeziehung der AGB, um eine Benachteiligung des Vertragspartners zu verhindern. In den AGB können unter bestimmten Voraussetzungen Sondervereinbarungen getroffen werden, die von gesetzlichen Regelungen abweichen, z.b. besondere Kostentragungspflichten oder Gewährleistungsbeschränkungen. Mühelose Lesbarkeit Eine zumutbare Möglichkeit der Kenntnisnahme ist nur dann gegeben, wenn ein Durchschnittskunde die AGB auch tatsächlich mühelos lesen kann. 1
Achtung: Abmahnungsrisiko Bei einem Onlinevertrag muss der Kunde die Möglichkeit haben, die AGB bei Vertragsschluss abzurufen und in wiedergabefähiger Form zu speichern ( 312 g Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BGB). Dies gewährleistet, dass der Kunde die AGB auch zu einem späteren Zeitpunkt ohne größere Hürden lesen kann. Zwar wird der Vertrag auch ohne die Erfüllung dieser Pflicht wirksam, es drohen jedoch Schadensersatzansprüche wegen vorvertraglicher Pflichtverletzung und wettbewerbsrechtliche Abmahnungen. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang auch das durch das Urteil des LG Köln vom 21.01.2009 (Az. 18 O 351/08) bestätigte Urteil des BGH vom 3.02.1986 (Az. II ZR 201/85). Hiernach werden AGB nicht Vertragsbestandteil, wenn sie infolge ihrer drucktechnischen Gestaltung lediglich mit der Lupe und selbst dann nicht ohne Mühe lesbar sind. Zu klein gehaltener Text kann damit zur Unwirksamkeit der AGB führen. Im Regelfall können Texte in Schriftgröße 12, wie sie üblicherweise in Schriftstücken Verwendung finden, auch von Sehschwachen unter Zuhilfenahme üblicher Hilfsmittel (etwa Brille) ohne größere Schwierigkeiten zur Kenntnis genommen werden. Erheblich kleinere Schriftgrößen können den Leser angesichts der Komplexität der Regelungen überfordern (Landgericht Köln, Urteil vom 21.1.2009, 18 O 351/08). Damit der Verwender sichergehen kann, dass der Kunde die Einbeziehung der AGB auch wirklich erkannt hat, sollte er sich dies gesondert bestätigen lassen jedoch nicht durch Voreinstellungen in Gestalt bereits gesetzter Häkchen an dem entsprechenden Link zu den AGB. Doch keine Sorge: Unwirksame AGB-Klauseln werden selbst durch diese Bestätigung selbstverständlich nicht Vertragsbestandteil. Vorrang individueller Vereinbarungen Nach 305b BGB haben individuelle Vereinbarungen Vorrang vor den AGB und zwar unabhängig von Ihrer Form, also auch mündliche Abreden oder solche per Email. Gilt z.b. eine Garantie laut AGB nur für ein Jahr, hat man jedoch im persönlichen Gespräch 3 Jahre vereinbart, so gilt die Garantie für letztere Zeitspanne. Zusatzvereinbarungen sollten der Beweisbarkeit halber aber schriftlich festgehalten werden. 2
Was ist inhaltlich möglich, was nicht? Vor allem gegenüber Verbrauchern sind der Verwendung von AGB durch die 305 bis 310 Grenzen gesetzt. Den Gesetzestext können Sie unter http://www.gesetze-iminternet.de/bgb/ einsehen. 309 BGB: Ohne Wenn und Aber verboten Ohne jegliche Abweichungs- oder Wertungsmöglichkeit sind die in 309 BGB aufgeführten Bestimmungen (sog. Klauselverbote ) in AGB verboten. 309 BGB soll verhindern, dass die Rechte des Vertragspartners ausgehöhlt werden. Von Bedeutung sind insbesondere Haftungsausschlüsse. Die Lektüre des einschlägigen, recht gut verständlichen Gesetzestextes hilft hier bereits weiter. Beachtenswert ist die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zu 309 Nr. 7 BGB: 309 Nr. 7 a und b BGB verbieten einen Haftungsausschluss für - Fälle der Verletzung von Leben, Körper und Gesundheit sowie für - grobes Verschulden des AGB- Verwenders. Verjährungsverkürzungen sind den in der 309 Nr. 7 genannten Haftungsausschlüssen gleichzusetzen. Wird durch AGB pauschal die gesetzliche Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche des Käufers verkürzt, so ist diese Klausel unwirksam. Laut BGH (Urteil vom 29.05.2013 Az. VIII ZR 174/12) verstößt eine pauschale Verjährungsverkürzung in den AGB nämlich dann gegen 309 Nr. 7 a und b BGB, wenn die dort bezeichneten Fälle nicht von der Abkürzung der Verjährungsfrist ausgenommen werden. Achtung! Bei Verträgen zwischen Unternehmern und Verbrauchern muss der Verwender von AGB 475 BGB beachten. Von den gesetzlichen Ansprüchen wegen eines Mangels der Kaufsache (Reparatur oder Austausch, ggf. Vertragsrückabwicklung oder Preisnachlass) darf in den AGB nicht abgewichen werden. Im Gegensatz zu Reparatur, Austausch, Preisminderung und Rücktritt gilt dies jedoch nicht für Schadensansprüche. Beschränkungen oder der Ausschluss von Schadensersatzansprüchen in AGB müssen jedoch wie alle AGB den Anforderungen der 307 bis 310 BGB genügen. In AGB vereinbarte Verjährungsfristen dürfen beim Kauf neuer Sachen zwei Jahre nicht unterschreiten. Beim Kauf gebrauchter Sachen darf die Verjährungsfrist ein Jahr nicht unterschreiten. 3
In engen Grenzen Spielräume Die Klauselverbote des 308 BGB Die Klauselverbote des 308 BGB lassen Wertungen zu, denn die in den Verboten verwendeten Begriffe sind mit Blick auf den konkreten Fall auslegungsbedürftig. Ob eine Klausel wirklich unwirksam ist, ist also einzelfallabhängig. Bei der Länge der Lieferfrist hängt zum Beispiel viel davon ab, um welches Produkt es sich handelt, etwa eine Maßanfertigung oder eine Ware, die man sofort an jeder Ecke erwerben könnte. Nach 308 sind etwa grundsätzlich zeitlich unbestimmte Leistungsfristen verboten, die die etwaige Schadensersatzansprüche und ein mögliches Rücktrittsrecht des Verbrauchers untergraben. Das gleiche gilt für sachlich ungerechtfertigte Rücktrittvorbehalte für den Verwender. Hierzu wurde höchstrichterlich entschieden, dass die in den AGB gegenüber Verbrauchern verwendete Klausel Sollte ein bestimmter Artikel nicht lieferbar sein, senden wir Ihnen in Einzelfällen einen qualitativ und preislich gleichwertigen Artikel (Ersatzartikel) zu unter Berücksichtigung der sich daran anschließenden Sätze Auch diesen können Sie bei Nichtgefallen innerhalb von 14 Tagen zurückgeben. Sollte ein bestellter Artikel oder Ersatzartikel nicht lieferbar sein, sind wir berechtigt, uns von der Vertragspflicht zur Lieferung zu lösen... unwirksam ist (BGH, Urteil vom 21.9.2005 Az. VIII ZR 284/04). Keine Unangemessene Benachteiligung des Käufers 307 BGB verbietet eine unangemessener Benachteiligung des Vertragspartners entgegen den Geboten von Treu und Glauben. Alles, was nicht bereits nach 308 oder 309 unwirksam ist, ist nach diesem Maßstab zu beurteilen. AGB sind hiernach einerseits dann im Zweifel unwirksam, wenn sie mit dem wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der sie abweichen, nicht zu vereinbaren sind, andererseits dann, wenn vertragswesentliche Rechte und Pflichten in einer den Vertragszweck gefährdenden Intensität ausgehöhlt werden. Welchen Inhalt die konkrete Klausel hat, ist vor dieser Inhaltskontrolle durch Auslegung zu ermitteln. Die Rechtsprechung zu 307 BGB ist vielfältig. Zu den immer mehr an Gewicht gewinnenden Datenerhebungen im Rahmen von Vertragsschlüssen im Internet entschied der BGH für Einwilligungsklauseln in Werbemaßnahmen, dass diese nach 307 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht der Inhaltskontrolle standhalten, wenn sie von den Regelungen des BDSG abweichen (BGH vom 11.11.2009 Az. VIII ZR 12/08). Eine Übersicht ist angesichts dieser Fülle an richterlichen Entscheidungen im Rahmen dieses Merkblatts kaum zu bieten, auch kann es neue Fälle geben, die genauerer Auslegung durch einen versierten Juristen bedürfen. 4
Verbraucher genießen besonderen Schutz Merken sollte man sich auf jeden Fall: Durch AGB darf nicht von zwingenden verbraucherschützenden Normen abgewichen werden. Hierzu zählen z.b. die Gefahrtragung beim Versendungskauf und gesetzlich vorgesehene Widerrufsrechte. Bei einem Vertrag zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer ist außerdem eine über 475 BGB hinausgehende Begrenzung der Gewährleistungsansprüche nicht möglich. Zweifel gehen zulasten des Verwenders Nach 305c Abs. 2 BGB gehen Zweifel bei der Auslegung der AGB zulasten des Verwenders. Maßgeblich ist dabei diejenige Auslegung, die den Kunden am stärksten beeinträchtigen würde (sog. kundenfeindlichste Auslegung ). Denn genau diese, den Kunden beeinträchtigende Interpretation einer Vertragsbestimmung könnte im Streitfall entscheidend dafür sein, was gilt und was nicht.. So begründet beispielsweise ein Hinweis auf ein tatsächlich nicht bestehendes gesetzliches Widerrufsrecht ein entsprechendes vertragliches Recht (BGH, Urteil vom 05.05.1982, Az.: IVa ZR 264/80). Verstößt die Klausel infolge dieser Auslegung etwa gegen die 307 bis 309 BGB, so ist sie unwirksam. Unklar formulierte Klauseln können auch allein aus diesem Grund gegen das in 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verankerte Transparenzgebot verstoßen. Verbot überraschender Klauseln Überraschende und mehrdeutige Klauseln sind nach 305c Abs. 1 BGB unwirksam. Der Verwender von AGB darf diese nicht dazu verwenden, seinem Vertragspartner objektiv ungewöhnliche Vertragsbestimmungen unterzujubeln, mit denen dieser nach den Umständen des Falls nicht zu rechnen braucht. Ob eine Klausel objektiv ungewöhnlich ist, bestimmt sich nach dem Durchschnittskunden. Hat der Verwender beim Kunden jedoch eine bestimmte Erwartung geweckt, können auch subjektive Wertungen mitausschlaggebend sein. Rechnen muss der Kunde mit bestimmten Klauseln dann nicht, wenn sie einen Überrumpelungs- oder Übertölpelungseffekt entwickeln. Als unwirksam im Sinne des 305c Abs. 1 BGB wurden beispielsweise vertragliche Entgeltklauseln für in einer Vielzahl von Fällen kostenlos angebotene Leistungen angesehen (so etwa zum kostenpflichtigen Eintrag in ein Internet-Branchenverzeichnis der BGH, Urteil vom 26. 7. 2012 Az. VII ZR 262/11). 5
Unwirksamkeit einzelner AGB Wirksamkeit der übrigen AGB Sind einzelne AGB nach den 305 bis 310 BGB unwirksam, so werden diese gemäß 306 BGB nicht Vertragsbestandteil. Im Übrigen bleiben Vertrag und restliche AGB wirksam. Keine Aufrechterhaltung der Klausel durch Auslegung Ist ein Teil einer Klausel unwirksam, betrifft die Unwirksamkeit grundsätzlich die vollständige Klausel. Unwirksame Klauseln können nicht durch Auslegung aufrechterhalten werden. Der Verwender von AGB trägt hier also das Risiko. Von dieser Grundregel kann bei inhaltlich trennbaren Klauseln allerdings abgewichen werden. Sind Klauseln inhaltlich trennbar, kann der wirksame Teil der Klausel aufrechterhalten werden, wenn der Rest der Klausel sprachlich sinnvoll bleibt. Inhaltliche Trennbarkeit liegt dann vor, wenn der unwirksame Teil der Klausel gestrichen werden kann, ohne dass der Sinn des anderen Teils darunter leidet (so genannter blue-pencil-test) Abmahnrisiko Abschließend ist auf die Gefahr von Abmahnungen bei der Verwendung unwirksamer AGB- Klauseln hinzuweisen. Die 305 bis 307 BGB stellen Marktverhaltensregelungen i. S. von 4 Nr. 11 UWG dar (vgl. etwa BGH, Urt. v. 31. 5. 2012 Az. I ZR 45/11). Da im Zweifel AGB zulasten des Verwenders ausgelegt werden, mithin unwirksam sein können, empfehlen sich auch aus wettbewerbsrechtlicher Sicht klarverständliche Bestimmungen, die die oben aufgeführten Klausel- und Benachteiligungsverbote beachten. Weiterführende Informationen Weitere ausführliche Informationen für Verbraucher und Unternehmer zum Thema Verträge im Internet sowie einer Vielzahl weiterer Fragestellungen, erhalten Sie hier: http://www.ecommerce-verbindungsstelle.de. Bei Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung! www.ecommerce-verbindungsstelle.de oder ganz einfach: www.ecom-stelle.de Tel. + 49 78 51 / 991 48 0 Fax + 49 78 51 / 991 48 11 email: info@ecommerce-verbindungsstelle.de Zentrum für Europäischen Verbraucherschutz e.v., www.cec-zev.eu, Bahnhofsplatz 3, 77694 Kehl. Für die Richtigkeit der in diesem Merkblatt enthaltenen Angaben können wir trotz sorgfältiger Prüfung keine Gewähr übernehmen. Stand: März 2014 6