Softwarepatente Einblick in die Thematik und Leitfaden für den Anwender



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Transkript:

Softwarepatente Einblick in die Thematik und Leitfaden für den Anwender Version 1,4 bei Fragen und Verbesserungsvorschlägen bitte einfach mail@markusschneider.net Diplomarbeit von Fakultät Maschinenbau/Umwelttechnik Studiengang Patentingenieurwesen 1. Prüfer: Prof. Dr. Andrea Klug 2. Prüfer: Dipl.-Ing. Werner Bertl (Vorsitzender Richter am Bundespatentgericht) Nürnberg, den 2. April 2010

Kurzzusammenfassung: Die Thematik der Patentierbarkeit von computerimplementierten Erfindungen hat sich, begründet durch eine weltweit uneinheitliche Rechtsprechung und große Lobbying Anstrengungen der Interessengruppen, zu einem Reizthema entwickelt. Die vorliegende Arbeit beinhaltet einen Überblick über die historische Entwicklung dieser sogenannten Softwarepatente und eine Sammlung an nützlichen Hinweisen, mit denen der Anwender, in diesem Fall der Softwareentwickler oder Patent Professional im Softwareunternehmen, im Umgang mit diesen gewerblichen Schutzrechten unterstützt werden soll. Abstract: The subject of the patentability of computer-implemented inventions has, based on a worldwide heterogenous jurisdiction and substantial lobbying efforts of the stakeholders, grown into a very controversial topic. The thesis at hand contains an overview of the historic development of those so-called software patents and a collection of useful tips, aimed at helping the user, in this case the software developer or patent professional in a software company, to handle these types of industrial property rights.

Titel Verfasser Danksagungen: Fachbereich Maschinenbau / Umwelttechnik Mein herzlicher Dank gilt Frau Prof. Dr. Klug und Herrn Dipl.-Ing. Bertl für die intensive fachliche Betreuung und persönliche Unterstützung. Von Herzen danke ich auch meinen Eltern, für Ihre uneingeschränkte Unterstützung über die gesamte Zeit meines Studiums hinweg. Danken möchte ich auch den Herren Dipl.-Phys., Patentanwälte Schröer und Schlögl, sowie allen anderen Kollegen von Meissner Bolte in Nürnberg, für die interessante Nebentätigkeit in der Kanzlei und der für diese Arbeit sehr nützliche Bereitstellung der Fachliteratur.

Softwarepatente Einblick in die Thematik und Leitfaden für den Anwender Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung... 1 1.1. Die Begriffe des Computerprogramms und der Software... 2 1.2. Die Schutzrechte für Computerprogramme... 3 1.3. Der Begriff des Patents... 4 1.4. Die Sonderstellung des Softwarepatents... 6 2. Geschichte der Softwarepatente... 8 2.1. Von den Ursprüngen bis zum Status quo... 8 2.1.1. Die Entwicklung in den USA... 8 2.1.2. Die Entwicklung in Deutschland... 23 2.1.3. Die Entwicklung im Geltungsbereich des EPÜ... 36 2.2. Die historisch geprägte Definition des Softwarepatents... 44 3. Diskussion... 45 3.1. Pro Softwarepatente... 46 3.2. Contra Softwarepatente... 48 3.3. Zwischenergebnis... 49 4. Praktische Hilfe... 51 4.1. Eigene Schutzrechte... 51 4.1.1. Gegenüberstellung von Patentrecht und Urheberrecht in Deutschland... 51 4.1.2. Gegenüberstellung der Patentierbarkeit in Deutschland und den USA... 56 4.1.3. Anmelden von Patenten... 58 4.1.4. Lizenzen vergeben... 60 4.1.5. Die Verletzungen von Schutzrechten... 62 4.1.5.1. Die Verletzung von Urheberrechten... 62 4.1.5.2. Die Verletzung von Patentrechten... 63 4.1.6. Verletzungen durch andere feststellen... 65

Softwarepatente Einblick in die Thematik und Leitfaden für den Anwender 4.1.6.1. Unlizenzierte Kopien des gesamten Programms feststellen... 65 4.1.6.2. Unlizenzierte Kopien von Teilen des Programmcodes feststellen.. 67 4.1.7. Vorgehen gegen Verletzungen... 68 4.1.8. Rechte des Arbeitnehmers nach dem Urheber- und Patentrecht... 70 4.1.8.1. Rechte nach dem Urheberrecht... 70 4.1.8.2. Rechte nach dem Gesetz über Arbeitnehmererfindungen... 73 4.2. Fremde Schutzrechte... 76 4.2.1. Recherchieren... 76 4.2.2. Lizenzen nehmen... 82 4.2.3. Das Vorgehen gegen und die Umgehung von fremden Schutzrechten... 83 4.2.3.1. Der Umgang mit fremden Urheberrechten... 83 4.2.3.2. Der Umgang mit fremden Patenten... 83 5. Ausblick auf mögliche Entwicklungen... 87 5.1. Open Source Zwang für Softwarepatente... 87 5.2. Ein eigenes Gesetz, vergleichbar zum Österreichischen Gebrauchsmustergesetz... 90 6. Zusammenfassung... 93 7. Checkliste/Laufplan... 95 8. Abkürzungsverzeichnis... 96 9. Quellenangaben... 97 10. Stichwortregister... 104

1. Einleitung Viele Länder der Welt durchleben eine Entwicklung weg von der industriellen, hin zur Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft. Gestützt wird diese Entwicklung hauptsächlich von neuen Technologien. Mit Hilfe von Computern ist es heute möglich, Arbeitsvorgänge automatisch ablaufen zu lassen, die bisher nicht mit Maschinen ausführbar waren. Auch sind die dazu erforderlichen ingenieurstechnischen Fähigkeiten nur schwer mit den vor diesen gesellschaftlichen Veränderungen Benötigten zu vergleichen. Die Integration von Computern und Software in alle Gebiete der Technik, und somit auch in das Alltagsleben der Menschen, ermöglicht bisher nicht vorhersehbare Entwicklungen, die nicht oder nur schwer mit dem bisherigen Patentwesen vereinbar sind. Die sich aus dieser Entwicklung fast zwangsläufig zu ergeben scheinenden Patente auf computerimplementierte Erfindungen, sogenannte Softwarepatente, sind häufig der Stein des Anstoßes für langwierige Diskussionen und immer eine gute Basis für polarisierende Artikel in Computerfachzeitschriften und juristischen Fachpublikationen. Vorliegende Diplomarbeit bietet einen Einblick in die Geschichte dieser Art von Patenten, bis hin zu einem Überblick über die aktuelle rechtliche Bewertung der Schutzmöglichkeiten. Zugleich soll sie eine Handlungsanweisung im Umgang mit den technischen Erfindungen im Bereich der Entwicklung von Software bieten und die wichtigsten Aspekte der täglichen Arbeit umreißen. Dem in Rechtsfragen regelmäßig ungeschulten Praktiker 1, wie beispielsweise dem Softwareentwickler oder Patent Professional im Softwareunternehmen, soll sie im Umgang mit Schutzrechten auf Computerprogramme helfen, denn die bisherige Rechtsprechung bezüglich der Behandlung von Computerprogrammen ist nicht eindeutig und es wird sich nach derzeitiger Einschätzung auf absehbare Zeit keine weltweit einheitliche Regelung zum Umgang mit computerimplementierten Erfindungen entwickeln. Diese Arbeit versucht in Anbetracht der aktuellen Rechtslage einen Leitfaden auszuarbeiten, bei dem ein größtmöglicher Schutz für die Erfindung des Entwicklers angestrebt wird. 1 Aus Gründen der einfacheren Lesbarkeit wird auf die geschlechtsneutrale Differenzierung, zum Beispiel Praktiker/in, verzichtet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung selbstverständlich für beide Geschlechter. 1

1.1. Die Begriffe des Computerprogramms und der Software Hält man sich an die Definitionen des Duden sind unter Computerprogrammen und auch unter Software, die für den Betrieb einer Datenverarbeitungsanlage benötigten Programme zu verstehen: Computer Programm, der; -s, - <engl.> (programmgesteuerte, elektron. Rechenanlage; Rechner), das; -s, -e<griech.> (Plan; Darlegung von Grundsätzen; Ankündigung; Spiel-, Sende-, Fest-, Arbeits-, Vortragsfolge; EDV Folge von Anweisungen für einen Computer) Software, die; -s, -s <engl.> (EDV die zum Betrieb einer Datenverarbeitungsanlage benötigten Programme) 2 Einige Autoren definieren jedoch genauer. So unterscheidet Loos zwischen Computerprogrammen und Software. Dies rührt hauptsächlich daher, dass unter Software auch Gegenstände wie die Bedienungsanleitung, Vorentwürfe auf Papier usw. subsumiert werden können und Software somit den Überbegriff für alles bildet, was nicht zur Hardware gehört. Computerprogramme sind nach dieser Definition Teile der Software. Diese Unterscheidung ist besonders relevant im Urheberrecht. Dort wird in den für Computerprogramme wichtigen Paragraphen 69a bis 69g ausschließlich von Computerprogrammen, nicht jedoch von Software gesprochen. Alle anderen, nach der Definition von Loos unter den Software Begriff fallenden Dokumente, werden durch andere Paragraphen des Urheberrechtsgesetz (UrhG) geschützt. 3 Diese Unterscheidung zwischen Computerprogrammen und Software ist jedoch in der Umgangssprache kaum vorhanden, daher wird in dieser Arbeit an besonders relevanten Stellen erneut darauf hingewiesen. Wenn es eine Definition des Computerprogramms und der Computersoftware gibt, die durch ihre häufige Nennung zum De-facto-Standard geworden ist, dann handelt es sich bei ihr um diese Mustervorschrift der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) von 1978: (i) "computer program" means a set of instructions capable, when incorporated in a machine-readable medium, of causing a machine having information-processing capabilities to indicate, perform or achieve a par ticular function, task or result; (ii) "program description" means a complete procedural presentation in verbal, schematic or other form, in sufficient detail to determine a set of instructions constituting a corresponding computer program; 2 Duden 3 Loos, S. 26-29 2

(iii) "supporting material" means any material, other than a computer program or a program description, created for aiding the understanding or application of a computer program, for example problem descriptions and user instructions; (iv) "computer software" means any or several of the items referred to in (i) to (iii) 4 1.2. Die Schutzrechte für Computerprogramme Die Vielzahl der Möglichkeiten Softwareprodukte zu schützen lässt sich in strategische und formale Schutzrechte unterteilen. Strategische Schutzinstrumente können unter anderem die vertraglich vereinbarte Geheimhaltung, entsprechend gestaltete Lizenzverträge mit den Kunden oder produktintegrierte, technische Kopierschutzmechanismen sein. Wirkungsvolle formale Schutzinstrumente sind Patente, Gebrauchsmuster 5 und das Urheberrecht. In dieser Arbeit wird zwar auch auf strategische Schutzinstrumente eingegangen, jedoch bleibt die Geheimhaltung hier außen vor. Die Annahme, dass die Geheimhaltung als Schutz vollkommen ausreichend sein sollte, erweist sich in der Praxis zu oft als Trugschluss. Wirksam erscheint die Geheimhaltung zunächst, da Software in Form von ausführbarem, also kompiliertem Maschinencode vertrieben wird und das Dekompilieren, also das Rückumformen des ausführbaren Codes in menschenverständlichen Quelltext, nicht trivial und sehr ressourcenintensiv ist. Es ist also zunächst nicht einfach, Einsicht in die innere Funktionsweise von fremden Softwareprodukten zu erhalten. Diese Geheimhaltung schützt jedoch nur vor direkter Nachahmung der Algorithmen, denn die hinter dem Programm stehende technische Idee ist oft in dem Ergebnis des Programmeinsatzes zu sehen. Nur ein Patent, kann diese Idee schützen. 6 Zudem nimmt die Personalfluktuation immer weiter zu und mit den Entwicklern wechselt häufig auch das Know-How den Arbeitgeber. Ein formaler Schutz ist demnach immer vorzuziehen. 4 WIPO Publikation Nr. 814, S. 6 ff. 5 Da das deutsche Gebrauchsmuster nicht die Möglichkeit bietet, Verfahren zu schützen, hat es im Zusammenhang mit Software nur einen sehr geringen Stellenwert. (Anders verhält es sich mit dem österreichischen Gebrauchsmuster, auf das in Kapitel 5.2 näher eingegangen wird.) Dennoch ist es prinzipiell möglich, Software als Gebrauchsmuster zu schützen. Deutlich wurde dies in der Signalfolge Entscheidung des BGH. 2004 BGH: Signalfolge Leitsatz: Aus dem Fehlen eines beständigen körperlichen Substrats bei einer als Gebrauchsmuster angemeldeten Erfindung folgt nicht notwendig, daß die Erfindung rechtlich als Verfahren im Sinn des 2 Nr. 3 GebrMG einzuordnen ist. Einen Schutzausschluß für einen solchen Gegenstand sehen die 1, 2 GebrMG seit Inkrafttreten des Produktpirateriegesetzes nicht vor. Einem auf eine Signalfolge, die ein Programm zum Ablauf auf einem Rechner darstellt, gerichteten Schutzanspruch steht der Schutzausschluß des 2 Nr. 3 GebrMG nicht entgegen. BGH vom 17. Februar 20004 Aktenzeichen X ZB 9/03; GRUR 2004, S. 495 Signalfolge 6 le Vrang, S. 28-29 3

Softwarepatente Einblick in die Thematik und Leitfaden für den Anwender Ein weiteres Schutzinstrument, das unbedingt erwähnt werden muss, in dieser Arbeit aber nicht ausführlich behandelt werden kann, ist das Markenrecht. Natürlich besteht auch bei Softwareprodukten die Möglichkeit, sich Werktitel, Geschäftszeichen, Domains usw. markenrechtlich schützen zu lassen. 1.3. Der Begriff des Patents Patente (und das vergleichbare gewerbliche Schutzrecht Gebrauchsmuster) sind Schutzrechte auf technische Erfindungen. Patente stellen nach den Patentrechtstheorien 7 eine Art Belohnung für den technischen Fortschritt dar. Sie geben einem Erfinder ein territorial beschränktes Monopol auf Zeit, das für ihn wirtschaftliche und soziale Vorteile mit sich bringt, da nur er in dieser Zeitspanne die Erfindung nutzen kann. Schon ab dem Zeitpunkt der Veröffentlichung der Anmeldungen 8 dient das in ihnen niedergeschriebene und offenbarte Wissen allen Interessierten. Patente tragen dadurch zur steten Weiterentwicklung bei. Selbst sogenannte Sperrpatente, die nur dazu angemeldet werden, um anderen Marktteilnehmern den Zugang zu und die Nutzung der in ihnen geschützten Erfindungen zu verwehren, führen zwangsläufig zu Umgehungslösungen und treiben somit den Erfindergeist an. 9 Um die Erteilung eines Patentes und die daraus resultierenden Verbietungsrechte zu rechtfertigen, muss eine Erfindung nach dem Patentgesetz mehrere strenge Kriterien erfüllen 10 : 1 PatG (1) Patente werden für Erfindungen auf allen Gebieten der Technik erteilt, sofern sie neu sind, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar sind. 7 Es gibt eine Reihe von Theorien, mit denen der Sinn des Patentwesens erklärt werden kann. Unter anderem sind zu nennen: Die Eigentums- (der Erfinder sieht sich als Eigentümer seiner Erfindung), die Offenbarungs- (der Erfinder legt seine Erfindung offen, gewährt anderen Einblick), die Belohnungs- (der Erfinder hat die Möglichkeit Schutzrechte als Tauschmittel zu nutzen, erfährt Wertschätzung) und die Anspornungstheorie (Schutzrechte geben Rückhalt und spornen an, weitere zu schaffen). Haase S. 109 ff. 8 Die Veröffentlichung von Patentanmeldungen erfolgt in Deutschland nach 31 Abs. 2 PatG, im Vertragsgebiet des EPÜ nach Art. 93 EPÜ und in den USA nach 35 U.S.C. 122 spätestens 18 Monate nach Einreichung der Anmeldung. 9 Machlup, GRUR Int 1961, S. 524, S. 535 ff. zu den Patentrechtstheorien im Allgemeinen 10 Diese Voraussetzungen sind Basis vieler rechtswissenschaftlicher Diskussionen und ihnen folgen im Patentgesetz noch sehr wichtige Ausschlusskriterien der Patentierbarkeit, auf welche hier aber des Verständnisses und Umfangs wegen nicht näher eingegangen werden kann. 4

Technizität: Sie wird im Patentgesetz nicht näher definiert, es handelt sich bei ihr um einen sogenannten unbestimmten Rechtsbegriff. Dies hat den Vorteil, dass der Begriff der technischen Anwendbarkeit durch die Rechtsprechung geprägt wird und sich somit immer den technologischen Entwicklungen anpasst. Grundsätzlich ist darunter die Lösung eines technischen Problems durch technische Mittel oder durch technische Überlegungen zu verstehen. Technisch ist eine Lehre zum planmäßigen Handeln unter Einsatz beherrschbarer Naturkräfte zur Erreichung eines kausal übersehbaren Erfolgs. 11 Neuheit: Für Patente gilt in Deutschland der absolute Neuheitsbegriff. Nach 3 PatG ist eine Erfindung nur dann neu, wenn sie vor ihrer Anmeldung auf keiner Art und Weise der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. Es darf also kein unbegrenzter Personenkreis davon Kenntnis haben. Hierbei ist gleichgültig, ob tatsächlich ein unbegrenzter Personenkreis Kenntnis erlangt hat, die Möglichkeit allein ist bereits neuheitsschädlich. Erfinderische Tätigkeit: Nach 4 PatG ist die erfinderische Tätigkeit dann gegeben, wenn sich eine Erfindung für einen (fiktiven) Fachmann 12 nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt. In der Praxis ist diese Anforderung die problematischste. Mögliche Indizien für eine erfinderische Tätigkeit: Die neue Erfindung ist nur durch die Kombination aus mehr als zwei bekannten Quellen des Stands der Technik realisierbar. Ein seit langem bestehendes Bedürfnis wird durch die Erfindung gelöst. Ein allgemein bestehendes technisches Vorurteil wird durch sie gelöst. Sie führt zu Verbilligungen. Das Ergebnis der Erfindung ist überraschend. Der erreichte technische Fortschritt ist erheblich. 11 BGH vom 17.03.1969 Aktenzeichen X ZB 15/67; GRUR 1969, S. 672 Rote Taube, ein Urteil des BGH, in dem eine der ersten höchstrichterlichen Definitionen des Technikbegriffs versucht wurde - Gebiet der Technologie als Anwendungsgebiet zur Erreichung eines übersehbaren Erfolgs im physikalischen Bereich des Einsatzes beherrschbarer Naturkräfte 12 Benkard, 4 PatG Rdnr. 35 Der Fachmann ist eine zur Bewertung der Erfindungshöhe geschaffene Kunstfigur, die das durchschnittliche Fachwissen und die durchschnittliche Leistungsfähigkeit innehat, die in der Industrie auf dem Gebiet der Erfindung zum Prioritätstag anzunehmen war. 5

Softwarepatente Einblick in die Thematik und Leitfaden für den Anwender Gewerbliche Anwendbarkeit: Diese Anforderung, geregelt in 5 PatG, wird regelmäßig unproblematisch erfüllt, da sie nur besagt, dass eine Erfindung auf irgendeinem gewerblichen Gebiet hergestellt oder benutzt werden können muss. 1.4. Die Sonderstellung des Softwarepatents Das Wort Softwarepatent bezeichnet umgangssprachlich das Patent auf die sogenannten computerimplementierten Erfindungen, eine technische Erfindung bei der der Einsatz von Computern die Problemlösung ermöglicht. Seltener wird auch vom Softwareideenpatent gesprochen, wobei diese Formulierung den Schutzumfang genau genommen sogar besser beschreibt, denn ein Patent kann grundsätzlich immer mehrere technische Ideen und Lösungen hinter einer Erfindung schützen. 13 Was dem Softwarepatent eine Sonderstellung gibt, wird bei Berücksichtigung der Regelung des 1 Abs. 3 und Abs. 4 PatG deutlich: 1PatG (3) Als Erfindungen im Sinne des Absatzes 1 werden insbesondere nicht angesehen: 1. Entdeckungen sowie wissenschaftliche Theorien und mathematische Methoden; 2. ästhetische Formschöpfungen; 3. Pläne, Regeln und Verfahren für gedankliche Tätigkeiten, für Spiele oder für geschäftliche Tätigkeiten sowie Programme für Datenverarbeitungsanlagen; 4. die Wiedergabe von Informationen. (4) Absatz 3 steht der Patentfähigkeit nur insoweit entgegen, als für die genannten Gegenstände oder Tätigkeiten als solche Schutz begehrt wird. Programme für Datenverarbeitungsanlagen sind demnach grundsätzlich nach 1 Abs. 3 PatG von der Patentierbarkeit ausgeschlossen, wenn auf sie als solche Schutz begehrt wird. Diese Einschränkungen wurden, im Zuge des durch die Geburt der Computerindustrie auftretenden Regelungsbedarfs, Ende der 1960er Jahre bei der Entstehung des Europäischen Patentübereinkommens (EPÜ) vorgenommen und später in viele nationale Gesetzte übernommen. 14 Damals herrschte die Meinung vor, dass der urheberrechtliche Schutz vollkommen ausreichend für Softwareprodukte sei. Mit den 1990er Jahren setzte sich, bedingt durch das Verhalten der amerikanischen und 13 Ein Patent schützt die Problemlösung und zudem eine Vielzahl möglicher Ausführungsformen. Dies ist abhängig davon, wie breit die, den späteren Schutzumfang bestimmenden, Ansprüche formuliert wurden (siehe Kapitel 4.1.1 und 4.1.3). Benkard, 1 PatG Rdnr. 40 - Allgemeinen Ideen selbst kann kein Schutz gewährt werden, sondern nur Problemlösungen unter Angabe der verwandten Mitteln. 14 Hoeren, S. 157 6

japanischen Patentämter, die anfingen computerimplementierte Erfindungen als patentfähig anzusehen, eine liberalere Handhabung durch 15. Wie in den folgenden Kapiteln dargestellt wird, ist die Patentierung computerimplementierter Erfindungen zur gängigen Praxis geworden. 15 Zirn, S. 2 7

Softwarepatente Einblick in die Thematik und Leitfaden für den Anwender 2. Geschichte der Softwarepatente Mit dem verbreiteten Einsatz einer jeden neuen Technologie entstehen für die Legislative und Judikative neue Problemfelder. In diesem Kapitel soll dargelegt werden, welche Entwicklung die Gesetzgebung und Rechtsprechung bezüglich der Computertechnologie des 20. Jahrhunderts durchlaufen hat 16. 2.1. Von den Ursprüngen bis zum Status quo Dieser Abschnitt unterteilt sich in drei Rechtsräume. Die Vereinigten Staaten von Amerika beherbergen den Ursprung der modernen Computerindustrie und sind auch heute noch einer der hauptsächlichen Innovationstreiber auf diesem Gebiet. Deutschland und Europa, vielmehr der Geltungsbereich des Europäischen Patentübereinkommens (EPÜ) 17, sind für den Leser dieses Leitfadens sicherlich von größerer Bedeutung, zumal sich die Rechtsprechung dieser Gebiete immer weiter angenähert hat und die vorrangige Anmeldung zum Europäischen Patent heute nicht unüblich ist. 18 19 2.1.1. Die Entwicklung in den USA Weltweit wurden schon frühzeitig von verschiedenen Erfindern Versuche unternommen, computerimplementierte Erfindungen zum Patent anzumelden. Die frühesten Entscheidungen zu dieser Problematik fanden in den USA statt. Verantwortlich dafür ist die dort ansässige Computerindustrie, die Mitte der 1960er Jahre ihren Ursprung fand. Diese junge Industrie wollte auch für ihre Produkte einen Patentschutz erhalten, wie er in anderen Industriezweigen bereits die Regel war, traf aber auf ein sehr ablehnendes United States Patent and Trademark Office (USPTO, auch PTO). 20 Vermutet wird, dass diese anfängliche Abneigung gegenüber der Patentierung von computerimplementierten 16 Abgesehen von Rechenhilfen wie dem Abakus und späteren Rechenmaschinen, sind auch universelle Computer schon weit vorher entwickelt und eingesetzt worden. Im Rahmen dieser Arbeit, sind aber hauptsächlich die Entwicklungen nach dem zweiten Weltkrieg von Relevanz. 17 Die Mitglieder der Europäischen Patentorganisation und somit die Länder, in denen das EPÜ 2000 Anwendung findet, sind nicht identisch zu den Mitgliedern der Europäischen Union. Eine aktuelle Liste der Mitgliedsstaaten der Europäischen Patentorganisation findet sich unter http://www.epo.org/about-us/epo/member-states_de.html 18 Maier/Mattson, GRUR Int 2001, S. 667 ff. bietet eine sehr detaillierte Übersicht über die, für die Entwicklung der amerikanischen Rechtsprechung bezüglich Softwarepatenten entscheidenden Verfahren zwischen 1968 und 1998. 19 Tysver bietet eine kurze Übersicht aller softwarepatentrechtlich relevanten Fälle vor dem Supreme Court und auch der in diesem Zusammenhang relevantesten Entscheidungen nach 1998. Maier/Mattson und Tysver werden hier nur inhaltlich auf die wichtigsten Entscheidungsgrundsätze beschränkt wiedergegeben, bilden aber die Basis für dieses Unterkapitel. 20 Thurman, GRUR Int 1969, S. 207 ff. bietet einen umfassenden Überblick über den Rechtsschutz von Computer-Programmen in dieser frühen Entwicklungsphase. 8

Erfindungen nicht in grundsätzlichen Überzeugungen wurzelte 21, Aufgabe des Patentamtes ist ja vielmehr die Erzeugung von Schutzrechten statt deren Ablehnung, sondern durch einen vom Mangel an Fachkräften und Recherchemöglichkeiten erzeugten Leistungsdruck verursacht wurde. 22 Erst nach einer Vielzahl von Entscheidungen wurde die derzeit im amerikanischen Fallrecht (case law) geltende Patentierbarkeit von Softwarepatenten erreicht. Einige der wichtigsten Entscheidungen auf diesem Weg werden nachfolgend in chronologischer Reihenfolge dargestellt. 1968: In re 23 Prater 24 Prater und Wei benötigten bei der spektroskopischen Untersuchung von Gasen ein System von Gleichungen und hatten hierbei eine mathematische Erkenntnis. Diese führte zu einer Erfindung, welche in ihrer bevorzugten Form in einem analogen Gerät ausgeführt wird. Problematisch war jedoch, dass diese mathematischen Gleichungen zwar mit einem Computer, aber grundsätzlich auch manuell mit Stift und Papier gelöst werden konnte. Dieser Umstand führte zu einer Zurückweisung der beim PTO eingereichten Patentanmeldung und einer anschließenden Bestätigung der Zurückweisung durch die Beschwerdekammer. Grundlage für die Zurückweisung war unter anderem die sogenannte mental steps doctrine ( Gedankenschritt - Doktrin), die durch das Fallrecht geprägt wurde und die Patentierung von rein gedanklich durchführbaren Tätigkeiten ausschloss. Die mental steps doctrine findet ihren Ursprung im Jahr 1951 In re Abrams 25 und diente den Prüfern des PTO von da an als grundsätzliche Entscheidungsbasis. Auszug aus dieser Entscheidung 26 : Going further, the brief sets forth as applicable to cases where the claims contain certain socalled mental steps, three suggested rules of law reading: 1. If all the steps of a method claim are purely mental in character, the subject matter thereof is not patentable within the meaning of the patent statutes. 2. If a method claim embodies both positive and physical steps as well as so-called mental steps, yet the alleged novelty or advance over the art resides in one or more of the so-called mental steps, then the claim is considered unpatentable for the same reason that it would be if all the steps were purely mental in character. 21 siehe Kapitel 4.1.2 für die Voraussetzungen für die Patentierbarkeit in den USA. 22 Thurman, GRUR Int 1969, S. 207, S. 215 23 In re (lat. in der Angelegenheit (von) ), ist ein im Angelsächsischen üblicher Begriff, um auf bestimmte Fälle Bezug zu nehmen. 24 C.C.P.A 1968; 415 F.2d, S. 1378; 159 U.S.P.Q., S. 583 In re Prater (Prater I), gefolgt von C.C.P.A. 1969; 415 F.2d, S. 1393; 162 U.S.P.Q., S. 541 In re Prater (Prater II) 25 C.C.P.A. 1951; 188 F.2d, S. 165; 89 U.S.P.Q., S. 266 In re Abrams 26 Die ganze Entscheidung ist beispielsweise unter http://digital-law-online.info/cases/89pq266.htm einzusehen. 9

Softwarepatente Einblick in die Thematik und Leitfaden für den Anwender 3. If a method claim embodies both positive and physical steps as well as so-called mental steps, yet the novelty or advance over the art resides in one or more of the positive and physical steps and the so-called mental step or steps are incidental parts of the process which are essential to define, qualify or limit its scope, then the claim is patentable and not subject to the objection contained in 1 and 2 above. Diese Entscheidung wurde später jedoch vom Court of Customs and Patent Appeals (CCPA) mit der Begründung rückgängig gemacht, dass eine rein gedankliche ausführbare Alternative zu einem ansonsten ohne menschliche Eingriffe automatisch ablaufenden Verfahren nicht der Patentierung entgegen stehen kann 27. 1969: In re Bernhard 28 Die Erfindung in diesem Fall betraf die zweidimensionale Darstellung (via Plotter) von dreidimensionalen Gegenständen, wobei die zweidimensionale Darstellung durch einen Computer erzeugt wurde. Nach einer ersten Zurückweisung durch das PTO wurde auch diese Erfindung vom CCPA in drei ihrer fünf Ansprüche als neu und nicht naheliegend angesehen und ein Patent gewährt. Eine Maschine war, wenn sie in einer neuen Art programmiert war, für das Gericht physikalisch verschieden von einer bekannten Maschine, da ihre Speicherelemente durch die Software auch anders konfiguriert waren. 1970: In re Mahony 29 Der Erfindung lag ein Verfahren zur Unterscheidung zwischen Rahmen- und Datenbits in einem Datenstrom zu Grunde. Das CCPA hielt dieses Patent aufrecht, da diese Verfahren nicht mit einem rein gedanklichen Verfahren gleichzusetzen sei, obwohl in den streitigen Ansprüchen keine Einschränkung auf ein rein maschinelles oder eben nicht-gedankliches Verfahren stattfand. Es lag in Abkehr von der Gedankenschritt - Doktrin also eine Erfindung vor, obwohl prinzipiell auch eine rein gedankliche Ausführung möglich gewesen wäre. 27 Diese Entscheidung des CCPA wiederum wurde anschließend durch ein auf Antrag des Commissioner of Patens stattfindendes sogenanntes rehearing revidiert. Den Anmeldern konnte hierbei eine unzureichende Offenbarung nachgewiesen werden, was einem Patent natürlich entgegensteht. Man könnte dies aber auch als geschickten Winkelzug des PTO ansehen, mit dem Softwarepatente ein weiteres Mal verhindert werden sollten. 28 C.C.P.A. 1969; 417 F.2d, S. 1395; 163 U.S.P.Q., S. 613 In re Bernhard 29 C.C.P.A. 1970; 421 F.2d, S. 742; 164 U.S.P.Q., S. 572 In re Mahony 10

1970: In re Musgrave 30 In diesem Fall wurde ebenfalls ein Patent durch das CCPA ermöglicht, nachdem die Anmeldung zunächst eine Zurückweisung durch das PTO erfahren hatte. Es handelte sich dabei um ein Verfahren zur Verbesserung der Darstellung von Seismographendaten. Besonderes Augenmerk wurde im Urteilsspruch des CCPA darauf gelegt, dass ein Verfahren selbst dann neu sein kann, wenn einzelne Schritte bekannt sind. Dies galt auch dann noch, wenn einzelne oder alle Verfahrensschritte allein durch den menschlichen Geist ausführbar sind. All that is necessary, in our view, to make a sequence of operational steps a statutory process within 35 U.S.C. 101 is that it be in the technological arts so as to be in consonance with the Constitutional purpose to promote the progress of useful arts. 31 Mit dieser Entscheidung wurde auch die Gedankenschritt -Doktrin ad acta gelegt, die dem PTO bis dahin immer bei der Verneinung der Patentfähigkeit von computerimplementierten Erfindungen gedient hatte. 1971: In re Benson 32 Gegenstand dieses rein softwareimplementierten Verfahrens zur Umwandlung von binär verschlüsselten Dezimalzahldarstellungen in Binärzahldarstellungen war ausschließlich die Datenverarbeitung. Erneut wurde eine ursprüngliche Zurückweisung durch die Beschwerdekammer des PTO, mangels Technizität, vom CCPA aufgehoben. Einer der streitigen Ansprüche benötigte Hardware (Schieberegister) und ein weiterer war nur in Verbindung mit Computern überhaupt sinnvoll, dennoch waren sie für die Beschwerdekammer im Wesentlichen geistiger Natur. Nach dieser Aufrechterhaltung durch das CCPA war ein Verfahren schon dann technisch und patentierbar, sobald es eine praktische Anwendung hatte, ungeachtet der Tatsache, ob es auch eine rein geistig durchführbare Alternative des Verfahrens gab. In diesem Fall war eine Reduzierung des benötigten Zeitaufwands ausreichend, um eine praktische Anwendung zu begründen. The only argument put forward by the Patent Office for holding claim 13 non-statutory under section 101 is that the method is basically mental in character. Looking at the present case in the light of all its circumstances, we observe in claim 13 a process consisting of a sequence of steps which can be carried out by machine implementation as disclosed in the specification, by still another machine as disclosed 30 C.C.P.A. 1970; 431 F.2d, S. 882; 167 U.S.P.Q., S. 280 In re Musgrave 31 C.C.P.A. 1970; 431 F.2d, S. 882; 167 U.S.P.Q., S. 280 In re Musgrave - Zitat von Judge Rich, beispielsweise unter http://itlaw.wikia.com/wiki/in_re_musgrave einzusehen. 32 C.C.P.A. 1971; 441 F.2d, S. 682; 169 U.S.P.Q., S. 548 In re Benson 11

Softwarepatente Einblick in die Thematik und Leitfaden für den Anwender during the prosecution, and even manually although in actual practice it seems improbable anyone would ever do that, speed measured in milli-or even micro-seconds being essential in the practical utilization of such a process. Only in the manual performance would it require the operator even to think and then only to the extent necessary to assure that he is doing what the claim tells him to do. In no case is the exercise of judgment required or even the making of a decision as between alternatives. 33 1972: Gottschalk v. Benson 34 Nachdem nun einige Male die eher softwarepatentfeindlichen Entscheidungen des PTO durch Rechtsprechung des softwarepatentfreundlichen CCPA aufgehoben wurden, kam es zu einer ersten Gegenüberstellung dieser unterschiedlichen Denkweisen vor dem Supreme Court. Hierzu eignete sich die in In re Benson verhandelte Erfindung bestens, da das Verfahren rein softwareimplementiert durchführbar und somit ein beispielhaftes Patent der neuen Kategorie der computerimplementierten Erfindungen war. Aus eben diesem Grund wollte das PTO diese Verhandlung vor dem Supreme Court und damit die Möglichkeit, quasi öffentlich neue Prüfer und Recherchemittel einzufordern, um dem absehbaren Ansturm auf Patente dieser neuen Art von Technologie gerecht zu werden. Software sollte nach Auffassung des PTO nur dann patentierbar sein, wenn der Gesetzgeber die nötigen Rahmenbedingungen und der Staat die nötige Infrastruktur zu Verfügung stellen würden. In einer für das PTO vorteilhaften Entscheidung wurde das Datenverarbeitungsverfahren Bensons dann tatsächlich als nicht patentfähig angesehen. Von nun an waren, obwohl dieses Urteil für Verwirrung sorgte, Softwareverfahrensansprüche, wegen der Möglichkeit sie auch rein geistig auszuführen, vorerst nicht mehr als patentierbar angesehen und der befürchtete Ansturm auf das PTO blieb somit vorerst aus. Uncertainty now exists as to whether the statute permits a valid patent to be granted on programs. Direct attempts to patent programs have been rejected on the ground of nonstatutory subject matter. Indirect attempts to obtain patents and avoid the rejection, by drafting claims as a process, or a machine or components thereof programmed in a given manner, rather than as a program itself, have confused the issue further and should not be permitted. The Patent Office now cannot examine applications for programs because of a lack of a classification technique and the requisite search files. Even if these were available, reliable searches would not be feasible or economic because of the tremendous volume of prior art being generated. Without this search, the patenting of programs would be tantamount to mere registration and the presumption of validity would be all but nonexistent. It is noted that the creation of programs has undergone substantial and satisfactory growth in the absence of patent protection and that copyright protection for programs is presently available. 35 33 Die ganze Entscheidung ist beispielsweise unter http://digital-law-online.info/cases/169pq548.htm einzusehen. 34 U.S. Supreme Court 1972; 409 U.S., S. 63; 175 U.S.P.Q., S. 548 Gottschalk v. Benson 35 Die ganze Entscheidung ist beispielsweise unter http://digital-law-online.info/cases/175pq673.htm einzusehen. 12

1978: In re Freeman 36 In diesem Verfahren versuchte der CCPA neue Bewertungsmaßstäbe herauszuarbeiten, nachdem der Supreme Court in Gottschalk v. Benson die Patentierung von Software quasi ausschloss, sich in der selben Entscheidung aber schon wieder davon distanzierte. It is argued that a process patent must either be tied to a particular machine or apparatus or must operate to change articles or materials to a different state or thing. We do not hold that no process patent could ever qualify if it did not meet the requirements of our prior precedents. It is said that the decision precludes a patent for any program servicing a computer. We do not so hold. It is said that we have before us a program for a digital computer but extend our holding to programs for analog computers. We have, however, made clear from the start that we deal with a program only for digital computers. It is said we freeze process patents to old technologies, leaving no room for the revelations of the new, onrushing technology. Such is not our purpose. 37 Mittelpunkt des Verfahrens von Freeman war ein neues computergestütztes Verfahren zum Druck alphanumerisch gespeicherter Formeln. Im Urteil des CCPA wurden die unterschiedlichen Interpretationsmöglichkeiten des Begriffs Algorithmus deutlich. Der Supreme Court sah darin ein Verfahren mit dem ein vorgegebenes mathematisches Problem gelöst wird, der CCPA hingegen nahm ein Schritt für Schritt ablaufendes Verfahren im Allgemeinen an. Ein neuer Prüfungsmaßstab wurde herausgearbeitet (die Entscheidung des Supreme Court aus Gottschalk v. Benson wurde dahingehend ausgelegt, dass ausschließlich rein mathematische Verfahren von der Patentierbarkeit ausgeschlossen waren) und das Patent wurde aufrecht erhalten. 1978: Parker v. Flook 38 Im Fall Parker v. Flook hatte das PTO erneut eine Berufung zum Supreme Court angestrebt. Ein Patent wurde vom PTO für eine Erfindung abgelehnt, in der als einzige Neuerung zum bekannten Stand der Technik ein zusätzlicher Algorithmus vorgesehen war, der einen vorher festgelegten Alarmierungsgrenzwert einer großchemischen Anlage anhand äußerer und innerer Prozesszustände neu berechnete. Das entscheidende Merkmal war also ein mathematischer Algorithmus, der aber nach seiner Durchführung einen weiteren technischen Schritt umfasste und auslöste. Wäre dieses Patent aufrecht erhalten worden, wäre es für jeden Anmelder 36 C.C.P.A. 1978; 197 U.S.P.Q., S. 464; 573 F.2d, S. 1237 In re Freeman 37 U.S. Supreme Court 1972; 409 U.S., S. 63; 175 U.S.P.Q., S. 548 Gottschalk v. Benson Die ganze Entscheidung ist beispielsweise unter http://digital-law-online.info/cases/175pq673.htm einzusehen. 38 U.S. Supreme Court 1978; 437 U.S., S. 584; 198 U.S.P.Q., S. 193 Parker v. Flook 13

Softwarepatente Einblick in die Thematik und Leitfaden für den Anwender rein mathematischer Verfahren möglich gewesen, diese mit der Ergänzung um einen weiteren, kleinen technischen Schritt, als Patent eingetragen zu bekommen. Es kam erneut zu einer wenig schlüssigen Entscheidung des Supreme Courts, denn obwohl die Ansprüche einer Anmeldung immer in ihrer Gänze betrachtet werden sollten, wurden sie hier in die einzelnen Merkmale zergliedert und diese dann einzeln betrachtet. So blieb bei einem Anspruch ein rein mathematisches Verfahren als Merkmal übrig, weshalb das Patent als Ganzes zurückgewiesen wurde. Hierdurch erlang das PTO mit seiner softwarepatentfeindlichen Haltung einen erneuten Sieg vor dem Supreme Court. In countering this supposed objection, respondent relies on opinions by the Court of Customs and Patent Appeals which reject the notion that a claim may be dissected, the claim components searched in the prior art, and, if the only component found novel is outside the statutory classes of invention, the claim may be rejected under 35 U.S.C. 101. Application of Chatfield, 545 F.2d 152, 158, 191 USPQ 730, 738 (CCPA 1976).Our approach to respondent s application is, however, not at all inconsistent with the view that a patent claim must be considered as a whole. Respondent s process is unpatentable under 101 not because it contains a mathematical algorithm as one component, but because once that algorithm is assumed to be within the prior art, the application, considered as a whole, contains no patentable invention. Even though a phenomenon of nature or mathematical formula may be well known, an inventive application of the principle may be patented. Conversely, the discovery of such a phenomenon cannot support a patent unless there is some other inventive concept in its application. 39 1980: In re Walter 40 Gegenstand war ein Verfahren, welches seismische Messungen verarbeitet und diese physikalischen Signale in mathematischer Form ausdrückte. Der Berufungskläger machte sich die in der Supreme Court Entscheidung Parker v. Flook erwähnten Unklarheiten zu Nutze und verlangte, dass die einen Anspruch bildenden Merkmale in ihrer beanspruchten Kombination betrachtet werden. Das CCPA kam hiernach zum Schluss, dass ein Verfahren auch dann patentfähig war, wenn einzelne Merkmale davon zwar rein mathematisch waren, das Verfahren insgesamt aber ein physisches Ergebnis produzierte. Dies galt selbst dann, wenn dieses Ergebnis wie in diesem Fall in rein numerischer Form dargestellt wurde. Various indicia are helpful in determining whether a claim as a whole calls merely for the solution of a mathematical algorithm. For instance, if the end-product of a claimed invention is a pure number, as in Benson and Flook, the invention is nonstatutory regardless of any post-solution activity which makes it available for use by a person or machine for other purposes. If, however, the claimed invention produces 39 Die ganze Entscheidung ist beispielsweise unter http://digital-law-online.info/cases/198pq193.htm einzusehen. 40 C.C.P.A. 1980; 618 F.2d, S. 758; 205 U.S.P.Q., S. 397 In re Walter 14

a physical thing, such as the noiseless seismic trace in In re Johnson, supra, the fact that it is represented in numerical form does not render the claim nonstatutory. 41 1981: Diamond v. Diehr 42 In diesem dritten vom PTO vor den Supreme Court gebrachten Fall ging es um ein Verfahren zur Herstellung von Gummi. Der einzige Unterschied zum verhandelten Stand der Technik war die Steuerung der Verfahrensabläufe durch einen Computer. Obwohl die Erfindung somit das Einführen eines rein mathematischen Algorithmus (in Form des Computers) war, wurde der gesamte Prozess als patentfähig erachtet. Das Gericht bezog sich dabei auf die in Diamond v. Chakrabarty geprägte Auslegung des Patentgesetzes, dass alles vom Menschen Geschaffene patentierbar sei. The Committee Reports accompanying the 1952 act inform us that Congress intended statutory subject matter to include anything under the sun that is made by man. 43 Einer Patentierung von computerimplementierten Erfindungen stand nun nichts mehr im Wege, solange sie die an alle Patentanmeldungen gestellten Anforderungen erfüllten. Das PTO hatte zu diesem Zeitpunkt unter der patentfreundlichen Regierung Reagans aber auch die gewünschten Ressourcen bereit gestellt bekommen und sah sich gut für einen Ansturm neuer Anmelder gerüstet. 1982: In re Abele 44 In In re Abele verfestigte der CCPA die durch Diamond v. Diehr geprägte Rechtsvorstellung und arbeitete den von Freeman und Walter geprägten Prüfungsmaßstab noch detaillierter aus. The board did not address the examiner s contentions, relying instead of In re Freeman, 573 F.2d 1237, 197 USPQ 464 (CCPA 1978), as modified by In re Walter, 618 F.2d 758, 205 USPQ 397 (CCPA 1980). Without resort to detailed claim language, the board affirmed the rejection under 35 USC 101 as follows: When the claims are analyzed in [the manner dictated by Walter], it is manifest that the mathematical algorithm is not implemented in a manner to define structural relationships between physical elements in the apparatus claims or to refine or limit claim steps in the process claims. The claims do no more than present and solve a mathematical algorithm and are manifestly nonstatutory. 41 Die ganze Entscheidung ist beispielsweise unter http://digital-law-online.info/cases/205pq397.htm einzusehen. 42 U.S. Supreme Court 1981; 450 U.S., S. 175; 208 U.S.P.Q., S.1 Diamond v. Diehr and Lutton 43 U.S. Supreme Court 1980; 447 U.S., S. 303; 206 U.S.P.Q., S.193 Diamond v. Chakrabarty Die ganze Entscheidung ist beispielsweise unter http://digital-law-online.info/cases/206pq193.htm einzusehen. 44 C.C.P.A. 1982; 684 F.2d, S. 902; 214 U.S.P.Q., S. 682 In re Abele 15

Softwarepatente Einblick in die Thematik und Leitfaden für den Anwender Von nun an galt im Umkehrschluss: Ein Anspruch, der ohne den mathematischen Algorithmus patentfähig, wenn auch wenig funktionsfähig, ist, ist auch mit dem hinzugefügten Algorithmus noch als patenfähig zu erachten. 1989: In re Grams 45 und In re Iwahashi 46 In diesen beiden Verfahren fällten zwei unterschiedliche Kammern des neu geschaffenen United States Court of Appeals for the Federal Circuit 47 (CAFC), innerhalb kurzer Zeit zwei entgegengesetzte Urteile. Im Ersten wurde die Zurückweisung von Ansprüchen auf eine Software zur Analyse klinischer Daten bestätigt, da sie sich auf einen nicht patentfähigen mathematischen Algorithmus erstreckten. Im Zweiten wurde die Zurückweisung durch die Beschwerdekammer des PTO aufgehoben und eine automatische Mustererkennung zum Patent zugelassen. Durch diese Entscheidungen entstand große Unklarheit darüber, ob dieses neue Gericht der Entscheidungspraxis des CCPA folgen würde. 1992: Arrhythmia Research Technology, Inc. v. Corazonix Corporation 48 Eine computergestützte Erkennung von Herzrhythmusstörungen mittels eines elektrokardiographischen Signals wurde in diesem Fall vom CAFC als patentfähig erachtet. Der angebliche Verletzter ging davon aus, dass die Erfindung nur Zahlen aus Messwerten umrechnete und machte in der Hoffnung das Patent zu beseitigen den Einwand der mangelnden Patentfähigkeit geltend. Er berief sich hierbei darauf, dass die Erfindung allein auf einem nicht patentfähigen, mathematischen Algorithmus beruhe. Das Gericht folgte dieser Argumentation nicht, denn seiner Meinung nach wurde die Herzaktivität in Form von spezifischen Mikrovoltwerten direkt dargestellt und keine mathematische Abstraktion vorgenommen. Das Patent blieb somit bestehen. Interessant ist die Anmerkung des Gerichts, dass für die Frage der Patentfähigkeit die Darstellung des Ergebnisses in numerischer Form unerheblich ist. That the product is numerical is not a criterion of whether the claim is directed to statutory subject matter. 49 45 C.A.F.C. 1989; 888 F.2d, S. 825; 12 U.S.P.Q.2d, S. 1824 In re Grams 46 C.A.F.C. 1989; 888 F.2d, S. 1370; 12 U.S.P.Q.2d, S. 1908 In re Iwahashi 47 Das CAFC stellte den Nachfolger des CCPA dar und löste ihn ab. 48 C.A.F.C. 1992; 958 F.2d, S. 1053; 22 U.S.P.Q.2d, S. 1033 Arrhytmia Research Technology Inc v. Corazonix Corporation 49 Die ganze Entscheidung ist beispielsweise unter http://digital-law-online.info/cases/22pq2d1033.htm einzusehen. 16

1994: In re Alappat 50 Der CAFC hatte hier einen Fall zu entscheiden, bei dem die PTO-Beschwerdekammer ein Patent zugesprochen hatte, diese Entscheidung aber nach einer, durch Weisung des Commissioner of Patents bewirkten, zweiten Hörung wieder zurückzog. In Anbetracht der bisherigen Rechtsprechung stellte der CAFC fest, dass die bis dahin angewandte Freeman-Walter-Abele-Prüfung 51 nicht mehr anzuwenden sei. Von nun an sollten computer- oder softwarebezogene Ansprüche, wie alle anderen auch, in ihrer Gänze betrachtet und die Erfindung somit auf ihre nützliche Anwendung in der Technik und die Ausschlusskriterien (mathematisches Konzept, Naturgesetz, abstrakte Idee) hin geprüft werden. 1994: In re Warmerdam 52 Ein Verfahren zur Kollisionsvermeidung bei Robotern wurde in mehreren verschiedenen Arten und zwar als Verfahren, Vorrichtung und Datenstruktur zum Patent angemeldet. Der CAFC ließ letztendlich aber nur die Vorrichtung zum Patent zu. Bei dieser Vorrichtung handelte es sich um einen entsprechend programmierten Computerchip, der die zur Kollisionsvermeidung notwendige Software enthielt und somit eine andere interne Struktur aufwies, als der gleiche Speicherchip ohne die eingeprägte Software. Das Gericht widersprach somit der gängigen Praxis des PTO, Software die auf Datenträgern gespeichert war, nicht zu patentieren. 53 1994: In re Lowry 54 Wie bei der Entscheidung In re Warmerdam stellte der CAFC auch in In re Lowry fest, dass die physikalische Veränderung eines Datenträgers durch das Speichern von Daten eine neue Oberflächenstruktur erzeugt, welche als rein computerlesbare Darstellung im Gegensatz zu grafischen Darstellungen patentierbar sei. Ebenfalls wie in In re Lowry war nur die Hardware, also der Speicher, als Vorrichtung patentiert, nicht jedoch die Software an sich, die mit ihrem Speicherabbild die Veränderungen in der Hardware verursachte. 50 C.A.F.C. 1994; 33 F.3d, S. 1526; 31 U.S.P.Q.2d, S. 1545 In re Alappat 51 siehe oben unter 1982 In re Abele Bei dieser Prüfung des PTO auf Patentierbarkeit wurde eine Zergliederung jedes einzelnen Anspruchs in seine Merkmale vorgenommen und diese Merkmale dann einzeln auf das Vorhandensein mathematischer Algorithmen geprüft. 52 C.A.F.C. 1994; 33 F.3d, S. 134; 31 U.S.P.Q.2d, S. 1754 In re Warmerdam 53 Für das PTO war auf Datenträgen gespeicherte Software vergleichbar mit graphischen Darstellungen anderer Erfindungen und somit nicht an sich patentierbar. Dieser Gedankengang ist nicht unbedingt schlüssig, da graphische Darstellungen reine Informationen sind, gespeicherte Software aber Befehle, also Handlungsanweisungen, an den Computer enthält. 54 C.A.F.C. 1994; 32 F.3d, S. 1579; 32 U.S.P.Q.2d, S.1031 In re Lowry 17

Softwarepatente Einblick in die Thematik und Leitfaden für den Anwender 1995: In re Beauregard 55 In diesem Fall trafen IBM (International Business Machines Corporation, Arbeitgeber von Beauregard und seinen Miterfindern) und das PTO vor dem CAFC aufeinander. IBM war durch die bisherige Rechtsprechung verunsichert und sah die Frage unbeantwortet, ob die eigenen Hardwarekunden durch neu installierte Software zu Patentverletzern werden würden. Es gab Anzeichen dafür, dass das PTO bereit war seine bisherige ablehnende Haltung gegenüber Softwarepatenten aufzugeben. Statt nun also erneut den Gang zum Supreme Court anzustreben, beantrage das PTO diesmal eine Zurückverweisung an die Beschwerdekammer. IBM sah hier die Chance, mit der Zurückweisung eine Wirkung, vergleichbar mit der eines Präzedenzfalles, zu erzeugen, und erreichte folgenden Beschluss des CAFC: Briefly, on August 4, 1994, the Board rejected Beauregard's computer program product claims on the basis of the printed matter doctrine. Beauregard appealed. The Commissioner now states "that computer programs embodied in a tangible medium, such as floppy diskettes, are patentable subject matter under 35 U.S.C. Sec. 101 and must be examined under 35 U.S.C. Secs. 102 and 103." The Commissioner states that he agrees with Beauregard's position on appeal that the printed matter doctrine is not applicable. Thus, the parties are in agreement that no case or controversy presently exists. 56 Die printed matter doctrin ( Graphische Darstellungen"-Doktrin) war von nun an also nicht mehr auf Computerprogramme in fassbaren Medien, wie z.b. Disketten, anzuwenden. Die aktuelle Auslegung der printed matter doctrin ergab sich aus In re Gulack und ist noch bis heute gültig: Differences between an invention and the prior art cited against it cannot be ignored merely because those differences reside in the content of the printed matter. Under section 103, the board cannot dissect a claim, excise the printed matter from it, and declare the remaining portion of the mutilated claim to be unpatentable. The claim must be read as a whole. If the board meant to disregard that basic principle of claim interpretation, we must reverse the rejection as a matter of law. If, instead, the board sought only to construe and apply Miller within the context of a section 103 rejection, we find no error in the board s articulation of the law. Where the printed matter is not functionally related to the substrate, the printed matter will not distinguish the invention from the prior art in terms of patentability. 57 Graphische Darstellungen sind vom Patentschutz also solange nicht ausgenommen, solange sie mit dem Speichermedium in funktioneller Verbindung 55 C.A.F.C. 1995; 53 F.3d, S. 1583; 35 U.S.P.Q.2d, S. 1383 In re Beauregard 56 Der ganze Beschluss ist beispielsweise unter http://bulk.resource.org/courts.gov/c/f3/53/53.f3d.1583.95-1054.html einzusehen. 57 C.A.F.C 1983; 703 F.2d, S. 1381; 217 U.S.P.Q. 2d, S. 401 In re Gulack Die ganze Entscheidung ist beispielsweise unter http://digital-law-online.info/cases/217pq401.htm einzusehen 18