TEP-App Umsetzung sektorenübergreifender Versorgung durch eine mobile App für Patienten mit einem primären Hüft- oder Kniegelenkersatz 6. GQMG-Summercamp 29.08.2015 Verena Lührs, M.A. Wissenschaftliche Mitarbeiterin Dr. phil. Brigitte Sens Leitung ZQ
Gesellschaft für Qualitätsmanagement in der Gesundheitsversorgung e.v. Prozessorientierung als Instrument strategischer Unternehmensführung: Ein integrierter Behandlungspfad ist ein Steuerungsinstrument! ( bindend ) ( ergebnisorientiert ) Der Integrierte Behandlungspfad beschreibt den optimalen Weg ( evidenzbasiert Qualität ) eines speziellen Patiententyps mit seinen entscheidenden diagnostischen und therapeutischen Leistungen und seiner zeitlichen Abfolge. Interdisziplinäre und interprofessionelle Aspekte finden ebenso Berücksichtigung wie Elemente zur Umsetzung, Steuerung und ökonomischen Bewertung. = Pfade sind ein Instrument zur Organisationsentwicklung mit kompromissloser Prozess-, Ziel- und Ergebnisorientierung!
Gesellschaft für Qualitätsmanagement in der Gesundheitsversorgung e.v. Praxisbeispiel: Mission Vision: Wir sind als Schwerpunktkrankenhaus mit breitem Spektrum DAS Zentrum der stationären und integrierten Versorgung. Wir wollen umfassende, hochwertige, patientenorientierte Behandlungskonzepte anbieten und dabei neue Wege gehen. Leitmotto: Das Wohl des Patienten ist das Maß für die Qualität unserer Arbeit.... Wir handeln nach höchsten medizinischen, pflegerischen und psychosozialen Standards.... Unsere Versorgungsleistung folgt dem Gebot höchster Wirtschaftlichkeit, um die Leistungsfähigkeit unserer Kliniken auszubauen und die Zukunft aktiv zu gestalten.... Unternehmensstrategie: Medizinische-pflegerische Versorgung auf höchstem Qualitätsniveau mittelfristiger Ausbau elektiver Eingriffe als Produktlinien mit Fallzahlsteigerung um 30% bei höherem Radius des Einzugsgebietes Intensivierung der Kooperation mit dem ambulanten Sektor durch sektorübergreifende Behandlungsangebote Pfad Elektive Cholezystektomie [Versorgung akuter Myocardinfarkt Schlaganfallversorgung elektive Wirbelsäulenchirurgie geriatrische Versorgungskonzepte]
Gesellschaft für Qualitätsmanagement in der Gesundheitsversorgung e.v. Praxismanual Integrierte Behandlungspfade das Erfolgsrezept Messung, Analyse und Verbesserung: Die lernende Organisation Einleitung Voraussetzungen Auswahl Ziele Modellierung Implementierung Bewertung/Evaluation Routinebetrieb 10 1 2 3 4 7 9 Bestes Wissen Dokumentation 5 Indikatoren 8 6 Pfade? Entscheidung ----------------- Pfadgestaltung ------------------ Bewertung und der Leitung Evaluation Konzeptionelle Gliederung der Kapitel 1 10 Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e.v. Brigitte Sens / GQMG, Jörg Eckardt / GMDS, Hanna Kirchner / EbM-Netzwerk (Hrsg.), Joachim Abrolat, Dirk Ashauer, Burkhard Fischer, Jens Maschmann, Stefan Palm, Karin Potthoff, Paul Wenzlaff als weitere Autoren, economica, 2009
Gesellschaft für Qualitätsmanagement in der Gesundheitsversorgung e.v. Praxismanual Integrierte Behandlungspfade das Erfolgsrezept Konsequente Entscheidung der Leitung! Professionelle strukturelle Rahmenbedingungen schaffen! Pfade systematisch auswählen! Pfadziele definieren! Das beste verfügbare medizinische Wissen integrieren! Kennzahlen + Indikatoren für das Pfadcontrolling entwickeln! Pfade modellieren und gestalten! Die Pfad-/Patientendokumentation entwickeln! Pfade implementieren! Regelmäßig die einzelnen Pfade / das Gesamtkonzept bewerten! DAS ist innovativ!
Konsequente Entscheidung der Leitung WAS ist dabei innovativ? Integrierte Behandlungspfade über Abteilungen und Sektoren hinweg optimal gestalten: = optimal in der Qualität, = optimal in der Effizienz, ( die produktive Kraft der Standardisierung ) = optimal in der Patientenorientierung. Das Qualitätsversprechen!
Pfadziele definieren Pfadspezifische Ziele WAS ist dabei innovativ? Unspezifische Unternehmensziele Leitbild Strategie Stiftung 5 Zielkategorien Kundenzufriedenheit Qualität Kosten Zeit Spezifische übergeordnete Ziele IV-Vertrag Termintreue Pfadziele leiten sich aus den Unternehmenszielen ab, die Behandlungsleistung wird vom Ziel her definiert (sektorübergreifend) und die gesamte (wertschöpfende) Behandlungskette darauf ausgerichtet. Praxisbeispiel Elektive Cholezystektomie Das Richtige am richtigen Patienten zum richtigen Zeitpunkt richtig tun! Pfadziele: Pfaddurchlauf = alle Schritte just in time 95% 100% laparoskopische Cholezystektomie Rate eingriffsspezifischer behandlungsbedürftiger Komplikationen < 3% keine Eingriffsverwechslung Fallkosten <= 90% DRG-Erlöse Patientenzufriedenheit Note 1 + 2 >80% (keine nosokomiale Infektion, kein Patient ohne Arztbrief, 95% Entlassung an Tag 3 )
Gesellschaft für Qualitätsmanagement in der Gesundheitsversorgung e.v.
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Das beste verfügbare medizinische Wissen integrieren (EbM) WAS ist dabei innovativ? Praxisbeispiel Änderung von Standardprozeduren: Dass es systematisch passiert: Real existierendes medizinisches (und pflegerisches) Wissen wird in Alltagshandeln integriert! Bislang wurde die laparoskopische Cholezystektomie nicht durchgängig als Standardprozedur für die symptomatische Cholezystolithiasis durchgeführt. Die S3-Leitlinie legt dieses Vorgehen jedoch als Standardtherapie fest (Ia, starker Konsens). Somit wird nach teils kontroverser Diskussion um die praktische Umsetzbarkeit vom Chefarzt der Abteilung festgelegt, dass mit Einführung des integrierten Behandlungspfades diese minimal-invasive Operationsmethode ausschließlich zur Anwendung kommt. Praxisbeispiel Ableitung von Qualitätsindikatoren aus Evidenzbasierten Leitlinien: Nach der systematischen Auswertung der S3-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie von Gallensteinen werden folgende Inhalte im Behandlungspfad abgebildet: Indikationsstellung: keine Intervention bei asymptomatischer Cholezystolithiasis Präop. Diagnostik: transkutane B-mode-Sonographie, y-gt, AP, ALT, Bilirubin, Lipase, INR, PTT, kleines BB werden verbindlich durchgeführt. Therapie: extrakorporale Stoßwellenlithotripsie (ESWL) der Gallensteine ist obsolet.
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Kennzahlen und Qualitätsindikatoren festlegen WAS ist dabei innovativ? Qualitäts controlling der Prozessleistung: Zahlen Daten Fakten zu Qualität Kosten - Zeit Basis für ständige Verbesserung, Basis für Qualitätsdarlegung, Basis für positive Bestärkung und Lob! Praxisbeispiel Elektive Cholezystektomie: Beispiele für Kennzahlen (Grundsatz: weniger ist mehr!) Pfadziel Kennzahl und Referenzbereich Zuordnung zu einer der 5 Zielkategorien Werden zu dieser Kennzahl schon Daten erfasst? Aufwand bei zusätzlicher Erfassung Keine sekundäre Wundheilung Anteil Patienten mit sekundärer Wundheilung < 0,5% Qualität Ja / nosokomiale Infektionen keiner Kurze präoperative Verweildauer OP-Termin einhalten Anteil Patienten, die am Aufnahmetag operiert werden >= 90% Anteil Patienten, bei denen der geplanten OP-Termin eingehalten wird >= 90% Zeit Ja / 301-Daten keiner Termintreue nein niedrig
Pfade modellieren und gestalten WAS ist dabei innovativ?.. dass der Pfad auf die Zielerreichung hin entwickelt wird,.. dass das gesamte Expertenwissen der MA integriert wird,.. dass es 3 x ½ Tag dauert,.. dass das SOLL-Konzept viele Reibungsverluste eliminiert,.. dass mehrere Pfade parallel entwickelt werden,.. dass die Patienten genau wissen, wann was auf sie zukommt,.. dass die einrichtungs-/sektorübergreifende Gestaltung Einweiser bindet (Schlüsselkundenmanagement), Dass Unternehmensstrategie plötzlich Alltag wird!
Pfade modellieren und gestalten. Treffen. Treffen. Treffen Pfaddesign (fein) Kennzahlen Pfaddesign (grob) Arbeitspakete ½ Tag Pfadabnahme ½ Tag Virtueller Patient ½ Tag Für die ausgewählte Kernleistung analysiert ein kleines Team kompetenter Mitarbeiter (der an der Behandlung beteiligten Berufe) den Behandlungsablauf (SOLL-Konzept) mit Schnittstellen/Zuständigkeiten/Verantwortlichkeiten. Zusatzinformationen und Recherche-Ergebnisse werden integriert, der Informationsfluss dokumentiert, qualitative und ökonomische Kennzahlen werden eingebettet, die Feinjustierung wird vorgenommen. Die Endabstimmung beinhaltet einen virtuellen Patientendurchlauf, die Bewertung aus Spezialistensicht (Risikomanagement, Ökonomie, Technik, Umweltmanagement ) und die Überprüfung auf praktische Umsetzbarkeit. Pfadeigner (oder das Team!) leiten und lenken den Prozess. Pilotphase
Gesellschaft für Qualitätsmanagement in der Gesundheitsversorgung e.v. Prozessorientierung als Grundkonzept einer zukunftsfähigen Unternehmensgestaltung bedeutet weitaus mehr, als die täglichen Abläufe zu organisieren. Es geht um die nachhaltige Sicherstellung stabiler, qualitätsfähiger, kennzahlengestützter Behandlungsprozesse, es geht um Markenbildung, Qualitätsgarantie und Sicherheit als künftig bedeutsame Alleinstellungsmerkmale Im Qualitätswettbewerb! Und: Es geht um Arbeitsfreude für die Beschäftigten und wirtschaftlichen Erfolg für die Organisation! Der große Wurf!
Pfad-Ziele (Beispiele) Festlegung von Pfadzielen und -kennzahlen Ziel Erreichung gemeinsam vereinbarter Therapieziele (nach ICF*) Zielkategorien: 1. Funktion (Beweglichkeit/Muskelkraft) 2. Schmerz 3. Teilhabe/Alltagsaktivitäten 4. Patientenschulung 5. Individuelles Ziel Nutzung des Staffelstein-Scores in allen Einrichtungen Arztbrief mit einer klaren Empfehlung für die weitere Nachbehandlung bei Entlassung Kennzahl pro Patient 80% erreicht drei Erhebungszeitpunkte 100% der Patienten * International Classification of Functioning, Disability and Health
Pfad-Ziele (Beispiele) Festlegung von Pfadzielen und -kennzahlen Ziel Physiotherapeutischer Übungsplan Überleitung der Patienten mit vollständigen Unterlagen Kennzahl 100% der Patienten Arztbrief Laborberichte Röntgen-Unterlagen Pflege-Überleitungsbogen Physiotherapeutischer Überleitungsbogen Ergotherapeutischer Überleitungsbogen Hohe Patientenzufriedenheit (Zufriedenheit mit der gesamten Versorgung) Ziel = Referenzwert 90%
Projektbeteiligte gefördert durch: Orthopädische Klinik der Medizinischen Hochschule Hannover im Diakoniekrankenhaus Annastift Peter L. Reichertz Institut (PLRI) für Medizinische Informatik an der TU Braunschweig und der Medizinischen Hochschule Hannover Zentrum für Qualität und Management im Gesundheitswesen (ZQ), Einrichtung der Ärztekammer Niedersachsen Salze Reha-Klinik, Bad Salzdetfurth Klinik Niedersachsen, Bad Nenndorf Landgrafenklinik, Bad Nenndorf Klinik Der Fürstenhof, Bad Pyrmont Gesundheitszentrum Hannover Bückeberg Reha-Klinik, Bad Eilsen
Hintergrund Hüft- und Knieendoprothetik Gelenkoperationen an Hüft- oder Kniegelenk in Deutschland (390.000 / Jahr)* operative Therapie von Arthrose oder Schenkelhalsfraktur ďğƚƌŝŏ ǀ ŽƌĂůůĞŵ&ƌĂƵĞŶ;а Primär- und Wechseloperation Ziele der Versorgung: lange Lebensdauer der Prothese und uneingeschränkte, schmerzfreie Beweglichkeit Endoprothetik ist ein hochstandardisierter Bereich: Implantate und Operationsmethoden sind weit entwickelt sektoral getrennte Versorgung mit zahlreichen Schnittstellen Risiko für Ineffizienzen, Kommunikationsdefizite und Informationsverluste an den Sektorengrenzen * Endoprothesenregister Deutschland (EPRD)
Patient Empowerment Verbesserung der Stellung des Patienten durch Information, Mitwirkung und Mitentscheidung. Hintergrund Komponenten von Patient Empowerment Wissen Partizipation Fähigkeiten des Patienten (u.a. Selbsteffizienz und Gesundheitsbewusstsein) Patient Empowerment als integraler Bestandteil von Programmen zur Verbesserung der Patientensicherheit * 2 * 1 * 1 Reichardt, C. Gastmeier, P. (2013) Patient Empowerment, Krankenh.hyg. up2date 2013; 8 (1):157-164, Stuttgart: Thieme * 2 WHO-Dokument: World Alliance of Patient Safety
Projektphasen Pfaderstellung Pfadziele Pfad-Kennzahlen Pfadschritte 1. Umsetzungsphase Patientenbroschüre Übungspläne + Patienten-Interviews 2. Umsetzungsphase Mobile Applikation
Ziele des Projektes für die Patienten Verbesserung Patientenund Angehörigenzufriedenheit Verbesserung des Outcomes Verbesserung der Patientenwahrnehmung hinsichtlich Informiertheit & Qualität der Behandlung verständliche Informationen zum Behandlungsverlauf Auseinandersetzung mit der eigenen Erkrankung Förderung von Patientenautonomie, Compliance Aktivierung des Patienten Steigerung der Motivation Behandlung
Vorgehen: Pfad-Schritte (Beispiele) Konsentierung von Pfad-Schritten Abstimmung und Anpassung in den jeweiligen Einrichtungen
Patientenbroschüre Wegbegleiter TEP Der Wegbegleiter in Papierform stattet die Patienten mit allen relevanten Informationen aus fördert somit die Auseinandersetzung mit der eigenen Behandlung fördert die Patientenautonomie lotst patientenorientiert durch die sektoral getrennte Versorgung ermöglicht es den Patienten, ihren Behandlungsplan aktiv mitzugehen
Physiotherapeutische Übungspläne
Physiotherapeutische Übungspläne
Zweck der App: TEP-App lückenlose Unterstützung der Patienten während des Behandlungsverlaufes Bereitstellung aufbereiteter Informationen Dokumentation des Heilungsverlaufes Einbindung der Patienten in die Behandlung Zielgruppe: Patienten der beteiligten Einrichtungen primäre TEP kein Kommunikationsdefizit Einwilligung zur Erhebung keine Integrierte Versorgung (eigenes Endgerät)
TEP-App Funktionen und Features: Info- und Prozess-Modus Informationen werden passend zum aktuellen Behandlungsverlauf angezeigt; dazu gehören auch Aufgaben, die der Patient gestellt bekommt, z.b. durchzuführende Übungen. Tagesübersicht mit Informationen und Aufgaben Hier erhalten Patienten eine Übersicht über den aktuellen Tag und werden aufgefordert, bestimmte Aufgaben (Bsp.: Patiententagebuch) zu bearbeiten. Beispiele Tipp Was kann ich heute selber für mich tun? Offene Fragen notieren
TEP-App Funktionen und Features: Patiententagebuch führen Erfassung des aktuellen Status: Was wurde bis zum aktuellen Tag bereits erreicht? Hierzu gehören u.a. das aktuelle Schmerzniveau, die Verwendung von Hilfsmitteln, die Mobilität, der Bewegungsumfang des operierten Gelenks und zusätzliche Notizen des Patienten. Therapieziele eintragen Hier kann der Patient erfassen, welche individuellen Ziele er durch OP und Reha erreichen möchte (Funktion des Gelenks, Schmerz, Alltagsaktivitäten).
TEP-App Beispiele Check- und Packlisten
Evaluation Staffelstein-Score einheitliches Erhebungsinstrument patientenbezogen 3 Erhebungszeitpunkte Patientenbefragung Prä-Post-Ansatz projektspezifischer Fragebogen
Erste Ergebnisse Sektorenübergreifender Pfad erstellt und implementiert (ca. 423 Patienten) Patientenversion des Pfades als Broschüre Patientenversion des Pfades als App Downloadzahlen: itunes 855 Android 552 (Downloads) 210 (davon aktiv)
TEP-App integriert zielorientierte Pfad-Methodik und sektorenübergreifenden Ansatz bildet die Basis für Erweiterungen (z.b. sektorenübergreifende QS mit Langzeitergebnissen 365 Tage post-op.) stellt den informierten Patienten in den Vordergrund und weist ihm eine aktive, mitgestaltende Rolle zu (Patient Empowerment)