Bologna-System und Universität St.Gallen



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Transkript:

Kantonsrat St.Gallen 61.08.01 Einfache Anfrage Reimann-Wil vom 7. Januar 2008 Bologna-System und Universität St.Gallen Schriftliche Antwort der Regierung vom 1. April 2008 In einer Einfachen Anfrage vom 7. Januar 2008 erkundigt sich Lukas Reimann-Wil nach Erfahrungen mit der Einführung des Bologna-Systems an der Universität St.Gallen. Er ortet von breiten Kreisen der Hochschulangehörigen anhaltende Kritik am Bologna-Prozess. So erschwere das neue Studiensystem die Vereinbarkeit von Studium mit einer Teilzeit-Erwerbsarbeit oder mit studentischen bzw. ausserschulischen Tätigkeiten. Weiter sei mit den Reformen die akademische Freiheit verloren gegangen, und die neu konzipierten Ausbildungen böten einen geringeren Mehrwert für Wirtschaft und Gesellschaft. In Gewerbekreisen werde zudem befürchtet, dass sich die zunehmende Konkurrenz zwischen universitären Hochschulen und Fachhochschulen negativ auf die traditionell starke Berufsbildung auswirke. Die Regierung antwortet wie folgt: Das schweizerische Hochschulsystem zeichnet sich durch ein breites und stark differenziertes Ausbildungsangebot, durch einen starken Fokus auf Forschungstätigkeiten und durch gute Forschungsinfrastrukturen aus. Die Hochschulen stehen durch die sich zunehmend beschleunigende Entwicklung von Wissenschaft und Forschung, durch den globalen Wettbewerb und durch die sich immer rascher wandelnden Anforderungen der Arbeitswelt vor Herausforderungen. Dabei ist es nach wie vor eine der wichtigsten Aufgaben, einer wachsenden Zahl von jungen Menschen eine qualitativ hoch stehende Bildung zu ermöglichen und ihnen das Umfeld zu bieten, damit sie ihre Kompetenzen im Rahmen des lebenslangen Lernens erhalten und ausbauen können. Das Ziel der Bologna-Deklaration, welche die europäischen Bildungsminister im Juni 1999 unterzeichnet haben, ist ein europäischer Hochschulraum mit einheitlichen Studienstrukturen und Abschlüssen. Die Hochschulen und die Kompetenzen ihrer Absolventen sollen dabei noch stärker auf die Bedürfnisse der Wirtschaft, der Wissenschaft und der Gesellschaft ausgerichtet werden. In der Schweiz soll die Reform bis zum Jahr 2010 abgeschlossen sein. Die universitären Hochschulen ersetzen deshalb seit sieben Jahren sukzessive die herkömmlichen Diplomund Lizentiatsstudiengänge durch zweistufige Bachelor- und Masterstudiengänge. Die Fachhochschulen, deren Diplomstudiengänge von kürzerer Dauer waren, haben die Umstellung im Wintersemester 2005/06 koordiniert in Angriff genommen. Der Umfang der neuen Studiengänge ist an beiden Hochschultypen identisch: Für Vollzeitstudierende dauert das Studium auf Bachelorstufe drei Jahre, auf Masterstufe anderthalb bis zwei Jahre. Ein zentrales Element im Vollzug der Bologna-Richtlinie bildet zudem die flächendeckende Einführung des European Credit Transfer System (ECTS), das die Leistungen der Studierenden einheitlich erfassen und damit die Mobilität zwischen den Hochschulen erleichtern soll. Die Universität St.Gallen (HSG) befindet sich im siebten Jahr der Bologna-Reformen, wobei die Umstellung mittlerweile auf allen drei Stufen der Ausbildung Bachelorstufe, Masterstufe und Doktorandenstufe abgeschlossen werden konnte. Die HSG hat sowohl bezüglich des Beginns wie auch bezüglich der Konsequenz der Umstellung eine Pionierstellung. Die Einführung gestufter Studiengänge (Bachelor- und Masterstufe) ist zudem als willkommener Anlass und Chance gesehen und genutzt worden, um eine inhaltlich tief greifende Studienreform durchzuführen. Dies hat in St.Gallen insgesamt zu einer erhöhten Attraktivität von Universität und Stu-

-2- dium geführt, was sich auch in höheren Studierendenzahlen, verstärkter internationaler Wahrnehmung und verbesserten Berufschancen der HSG-Absolventen niederschlägt. Zu den einzelnen Fragen: 1. An der Universität St.Gallen ist parallel zur Einführung des Bologna-Systems eine systematische Qualitätssicherung und -entwicklung aufgebaut worden. Die Evaluierung basiert auf drei verschiedenen Instrumenten: Die systematische Lehrveranstaltungsevaluation durch die Studierenden dient der Verbesserung und Weiterentwicklung einzelner Lehrveranstaltungen. Nach einem festgelegten Turnus werden mittels Fragebogen stufenweise (Assessmentjahr, Bachelor-Stufe, Master-Stufe, Doktoranden-Stufe) alle angebotenen Lehrveranstaltungen evaluiert. Die Evaluationsergebnisse werden den betreffenden Dozierenden und Verantwortlichen der Hochschule bekannt gemacht. Die Studierenden können die veranstaltungsspezifischen Ergebnisse auf der Lernplattform einsehen. Die aggregierten Ergebnisse werden semesterweise im Senat diskutiert. Die programmspezifischen Feedbackgruppen dienen der Optimierung und Weiterentwicklung des Programms als Ganzem. Sie wird insbesondere auf der Master-Stufe eingesetzt, um ein möglichst rasches und unmittelbares Feedback zu den neuen Programmen zu erhalten und schnelle Lernfortschritte zu ermöglichen. Die Feedbackgruppen setzen sich aus Vertretern der Studierenden sowie der Programmleitung (ein Professor) und der Programmadministration (typischerweise ein Nachwuchsdozent) zusammen. Diese Feedbackgruppen treffen sich regelmässig, um die Erfahrungen der Studierenden mit den neuen Programmen vorzubringen und rasche Lösungsmassnahmen entwickeln zu können. Die Absolventenbefragungen dienen insbesondere der rückblickenden Evaluation des Studienprogramms aus der Sicht der Absolventen, aber auch der Erfassung von Daten am Übergang vom Studium in den Beruf. Sie werden jedes Semester zum Zeitpunkt der Bachelor- und Masterfeiern durchgeführt, zu Jahresberichten zusammengefasst und zugänglich gemacht. Die Erkenntnisse dienen den Programmleitungen zur Optimierung und Weiterentwicklung des Lehrangebots. Sie werden darüber hinaus vom Career Services Center der HSG und von anderen vor allem studentischen Organisationen an der Schnittstelle zum Arbeitsmarkt als Informationsgrundlage genutzt. Zusätzlich zu den HSG-eigenen Instrumenten entwickelten die Studierenden selbständig, aber mit voller Unterstützung der zuständigen Leitungsstellen der HSG, studentische Evaluationsverfahren im Assessmentjahr und auf der Bachelor-Stufe. Studentische Evaluationsteams begleiten die zentralen Elemente ihres Studienjahrs. Sie legen am Ende jedes Semesters ihre detaillierten Evaluationsergebnisse den betreffenden Professoren und Mitgliedern der Verwaltung vor. Die Programmleitung nimmt Verbesserungswünsche bzw. -vorschläge entgegen und berichtet jeweils im darauf folgenden Semester über die erreichten Fortschritte oder begründet, warum gewisse Massnahmen nicht umgesetzt worden sind. Die Evaluationsergebnisse sind an der Universität St.Gallen entsprechend der Vielfalt der eingesetzten Instrumente umfangreich und zumeist sehr spezifisch. Übergreifende Ergebnisse der Absolventenbefragungen zum dritten Bachelor- und zum zweiten Masterabsolventenjahrgang sind: 52 Prozent der Bachelor-Absolventen schlossen das Studium in der Regelstudienzeit von sechs Semestern ab (durchschnittliche Studiendauer 6,8 Semester). 48 Prozent nehmen sofort ein Masterstudium auf. 38 Prozent legen ein Zwischensemester/-jahr ein und wollen nachher weiterstudieren. 12 Prozent nehmen eine volle Berufstätigkeit auf. 91 Prozent würden wieder die HSG für ihr Studium wählen. Diejenigen, die in die Praxis gehen, können im Durchschnitt zwischen 2,2 Stellenangeboten auswählen. 83 Prozent dieser Gruppe hatten im Zeitpunkt der Bachelor-Feier bereits eine feste Stelle.

-3-87 Prozent der befragten Master-Absolventen haben an der HSG ihr Bachelorstudium absolviert. 37 Prozent schlossen das Studium in der Regelstudienzeit von drei Semestern ab (durchschnittliche Studiendauer 3,7 Semester). 92 Prozent würden rückblickend wieder die HSG für ihr Studium wählen. 87 Prozent nehmen eine Berufstätigkeit auf. Sie konnten im Durchschnitt zwischen 2,2 Stellenangeboten auswählen. 80 Prozent dieser Gruppe hatten zum Zeitpunkt der Master-Feier bereits eine feste Stelle. Die Fachhochschulen wurden durch das Bundesamt für Berufsbildung und Technologie (BBT) im Hinblick auf die definitive Anerkennung durch den Bundesrat einer umfangreichen Evaluation der Studiengänge unter Beizug internationaler Experten (Peer-Review) unterzogen. Die Überprüfung von mehr als 220 Diplomstudiengängen war unter dem Aspekt der Qualitätssicherung ein entscheidender Meilenstein. Die Bachelor-Studiengänge, die auf den Erfahrungen der bisherigen Curricula aufbauen und unter dem Aspekt der Bologna-Deklaration weiter entwickelt wurden, sind in den Jahren 2004 und 2005 einer freiwilligen Konzept-Evaluation unterzogen worden. Alle Hochschulen der Fachhochschule Ostschweiz haben sich mit allen Studiengängen an der freiwilligen Konzept-Evaluation beteiligt. 2. Die zeitlichen Belastungen sind im neuen Studiensystem höher und sie fallen kontinuierlicher an. In St.Gallen gibt es studentische Kritik vorwiegend im Hinblick auf die zugenommene Belastung durch die vermehrten Prüfungen. Klagen bezüglich der vermehrten Prüfungsbelastung gibt es auch auf Professorenseite. Im Zug der Bolognareform hat sich die Anzahl der Prüfungen und Prüfungstermine stark erhöht, da die vormals bestehenden Zwischen- und Diplomprüfungsblöcke durch lehrveranstaltungsspezifische Einzelprüfungen abgelöst wurden. Dies gilt in besonderem Masse für das Assessmentjahr (1. Studienjahr). Die zahlreichen studentischen Organisationen prägen das Leben und die Kultur an den Hochschulen traditionell stark. Sie beklagen ein zurückgehendes Interesse auf Seiten der Studierenden, aber auch zunehmende Schwierigkeiten in der Rekrutierung von Verantwortungsträgern. Zum heutigen Zeitpunkt lässt sich jedoch noch nicht sagen, inwiefern tatsächlich aufgrund der Studienreform Beeinträchtigungen entstehen, inwiefern es sich um Umstellungs- und Anpassungseffekte oder gar um ein gesamtgesellschaftliches Phänomen handelt. Aufgrund der Ergebnisse der Absolventenbefragungen der HSG lässt sich diese Kritik für die Universität St.Gallen relativieren. 77 Prozent der Bachelor- bzw. 73 Prozent der Master-Studierenden gehen neben dem Studium einer (in der Regel begrenzten) Erwerbstätigkeit nach. Bei 31 Prozent dieser Bachelor- bzw. 40 Prozent dieser Master-Studierenden umfasst diese Beschäftigung mehr als 20 Prozent ihrer Arbeitszeit. 25 Prozent der Bachelor-Absolventen verbrachten mindestens ein Semester an einer ausländischen Universität. Auf Masterebene sind es gar 42 Prozent. Knapp die Hälfte der Bachelor-Absolventen (48 Prozent) hat sich während ihres Studiums bei einer studentischen Organisation engagiert, auf Masterstufe liegt der Prozentsatz bei 42 Prozent. Die HSG beobachtet die Auswirkungen auf das Vereinsleben aufmerksam. Sie bietet teilweise die Möglichkeit, die Ausbildungen als Teilzeitstudium zu absolvieren. Studierende belegen in diesem Fall in einem oder mehreren Semestern nur einen Teil der angebotenen Module; das Studium dauert dafür entsprechend länger. Im Rahmen der interkantonalen Vereinbarungen können die Studierenden die Ausbildungsinstitution und damit auch die Studienbedingungen weitgehend frei wählen. 3. Innerhalb der Fachhochschule Ostschweiz schliessen die ersten Studierenden die Bachelorstudiengänge im Herbst 2008 ab. Es wird erwartet, dass diese Absolventinnen und Absolventen der Fachhochschulen wie bisher ohne Probleme eine ihrer Ausbildung entsprechende Anstellung finden werden.

-4- Durch den blossen Übergang von einem Diplomstudium auf das zweistufige Bologna-System haben sich keine grundsätzlichen Veränderungen der akademischen Freiheiten ergeben. Die Kritik der Dozierenden richtet sich vor allem auf die zunehmende «Bürokratisierung» von Lehre und Forschung, die mit Fragen der Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung in Verbindung steht, aber auch mit der Notwendigkeit von externen Akkreditierungen und zunehmenden Führungsverantwortungen. Die Kritik der Studierenden lässt sich auf die zugenommene kontinuierliche zeitliche Belastung, insbesondere durch Prüfungen, zurückführen. Die Studierenden profitieren von einem komplett modernisierten Studium mit vermehrten Wahl- und Studienmöglichkeiten. Das neue modulare Studiensystem bietet die Möglichkeit, neben den für den Studienabschluss notwendigen Modulen, entsprechend den individuellen Bedürfnissen weitere Module aus einer breiten Palette von regulären Angeboten zu besuchen. Was die Planmässigkeit und Effizienz der Ausbildung angeht, so wird diese von der Politik gefordert. Die Studierenden schätzen die daraus resultierenden transparenten Studienstrukturen und die im internationalen Vergleich kurzen Studienzeiten. Die Regierung ist überzeugt, dass die Bologna-Reform sowohl für die Ausbildung und die Studierenden als auch insbesondere für die Wirtschaft und Gesellschaft einen deutlichen Mehrwert gebracht hat. Die HSG-Absolventinnen und -Absolventen werden von Unternehmen und anderen Organisationen hoch geschätzt und stärken zu mehr als 80 Prozent den Wirtschaftsstandort Schweiz. 4. Die Bachelor- oder Masterabschlüsse der universitären Hochschulen und der Fachhochschulen sind gleichwertig, aber andersartig. Die rein formale Vereinheitlichung der Nomenklatur der Abschlüsse auf Ebene der Universitäten und der Fachhochschulen allein zieht keine Gleichschaltung der Hochschultypen nach sich. Universitäten und Fachhochschulen bieten gleichwertige Studien an, die sich jedoch durch die Zulassungsbedingungen und die Ausrichtung der Ausbildung unterscheiden. Für ein Studium an einer universitären Hochschule wird in der Regel eine gymnasiale Maturität vorausgesetzt. Die Ausbildung an universitären Hochschulen zeichnet sich grundsätzlich durch mehrheitliche Vermittlung wissenschaftlicher Bildung durch forschungs- und theoriebasierte Lehre aus. Ein Studium an Fachhochschulen setzt in der Regel eine abgeschlossene Berufslehre und eine Berufsmaturität voraus. Die Ausbildung an Fachhochschulen zeichnet sich durch berufsorientierte Lehre mit forschungs-, theorie- und praxisbasierten Inhalten aus. Entscheidend im bildungspolitisch erwünschten Wettbewerb unter den Hochschulen wird sein, welche Schwerpunkte die Träger der Hochschulen setzen und welche Profile sich die Hochschulen selber geben. Hier liegt es an den Organen der Hochschulen, Akzente zu setzen. Die Regierung teilt die Befürchtungen nicht, dass sich der Wettbewerb zwischen den universitären Hochschulen und den Fachhochschulen zulasten der Berufsbildung auswirkt. Der Wettbewerb unter den Hochschulen ist bildungspolitisch gewünscht und fördert unter anderem die Qualität der Angebote. Es ist generell eine steigende Nachfrage nach gut ausgebildeten Arbeitskräften, die zudem ihre Kompetenzen durch lebenslanges Lernen erhalten, zu verzeichnen. Insbesondere tragen auch die Fachhochschulen, deren Bedeutung in den letzten Jahren stark zugenommen hat, mit zeitgemässen und durchlässigen Ausbildungen dazu bei, diesen Bedarf zu decken. Die Entwicklung der Anzahl Studierenden in der Ausbildung (ohne Doktorandenprogramme) an den Schweizer Hochschulen verdeutlicht, dass die Stellung der Berufsbildung durch den Aufschwung der Fachhochschulen gestärkt wurde. Die Zahl der Studierenden an Fachhochschulen hat sich im Zeitraum Studienjahr 2000/01 (21'944 Studierende) bis Studienjahr 2006/07 (51'013 Studierende) um rund 29'000 Studierende (plus 132 Prozent) mehr als verdoppelt. Im gleichen Zeitraum ist die Zahl zusätzlicher Studierenden an universitären Hochschulen lediglich um rund14'500 Studierende (plus 19 Prozent) gestiegen (Studienjahr 2000/01: 77'348 Studierende, Studienjahr 2006/07: 91'831 Studierende).

Kantonsrat St.Gallen 61.08.01 Einfache Anfrage Reimann-Wil: «Evaluation Bologna-System Die Universität St.Gallen war ein Pionier bei der Einführung des Bologna-Systems mit Bachelor- und Masterstudiengängen. Während andere Universitäten noch mit der Einführung des neuen Systems kämpfen, ist in St.Gallen dank mehrjähriger Erfahrung bereits eine aussagekräftige Evaluation möglich, die für Universitäten der ganzen Schweiz von Nutzen sein könnte. Speziell deshalb, weil die Kritik am Bologna-Prozess von breiten Kreisen der Hochschulangehörigen anhält. In diesem Zusammenhang ersuche ich die Regierung, folgende Fragen zu beantworten: 1. In welcher Form wurde die Einführung des Bologna-Systems bisher evaluiert? Wie sind die Ergebnisse ausgefallen und in welcher Form wurden Lehrende und Studierende in die Evaluierung miteinbezogen? 2. Viele Studierende beklagen sich darüber, dass es im neuen System nicht mehr möglich ist, neben dem Studium einen Teilzeit-Job (z.b. Praktikas in der Wirtschaft oder Nebenjob zur Finanzierung des Studiums) oder andere wertvolle Tätigkeiten (z.b. Politik, Sport, Militär, eigene Familie, usw.) zu bewältigen. Wie begegnet die Regierung diesem Anliegen der Studierendenschaft? Sieht die Regierung den Handlungsbedarf? 3. Von Professoren und Studierenden wird kritisiert, die akademische Freiheit sei mit dem neuen System verloren gegangen und die Studien würden zu Fliessband-Ausbildungen mit geringerem Mehrwert für Wirtschaft und Gesellschaft. Wie kann diesem Problem begegnet werden? 4. In Gewerbekreisen wird die folgende Befürchtung geäussert: Durch die gleichzeitige Einführung des Bologna-Systems an den Universitäten und den Fachhochschulen werden die Fachhochschulen zunehmend durch die Universitäten konkurrenziert, was sich negativ auf unsere traditionell starke Berufsbildung auswirkt. Wie stellt sich die Regierung zu dieser Befürchtung?» 7. Januar 2008 Reimann-Wil Geht an: Mitglieder des Präsidiums (10) Mitglieder der Regierung und Staatssekretär (8) Einreichendes Mitglied Kantonsrat: Reimann-Wil ProtFhr KR (6; wa, mü, ha, ts, sw, bj) Bildungsdepartement (2; auch per E-Mail) SE / VSt / Dv / ka / MRPr / actkr / TO {CE5C0099-4AA7-4B39-8A7C-25C6385157CB}