Patente im Fokus der Forschung. Patentgesetzrevision - Überblick und zentrale Punkte. Konrad Becker European Patent Attorney Basel BECKERPATENT



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Transkript:

Patente im Fokus der Forschung Patentgesetzrevision - Überblick und zentrale Punkte Konrad Becker European Patent Attorney Basel GenSuisse 2006 1

Patentierbarkeit Forschungsresultate können patentierbar sein, wenn sie neu sind, auf erfinderischer Tätigkeit beruhen, gewerblich anwendbar sind. Die Erfindung ist so zu beschreiben, dass sie von einem Fachmann ausgeführt werden kann. Die Patentlaufzeit beträgt 20 Jahre. Ein Patent ist kein Recht, die Erfindung auszuführen, sondern ein Recht, anderen die Ausführung zu verbieten. Ein Patent ist territorial beschränkt, d.h. jeweils für das Territorium eines Staates, z.b. die Schweiz oder die USA, erteilt. Ausnahmen von der Patentierbarkeit, z.b für therapeutische Methoden GenSuisse 2006 2

Patentwirkung Schutztitel - Verhindert Nachmachung/Nachahmung - Sichert Investitionen - Bietet Anreiz für Forschung und Entwicklung Keine Erlaubnis zur Benutzung der Erfindung! Mittel zum Technologietransfer - Verbreitet Wissen - Schafft Transparenz GenSuisse 2006 3

Patente im internationalen Umfeld WTO/TRIPs (Trade related aspects of intellectual property rights) - Minimalanforderungen an Patente Europäisches Patentübereinkommen (EPÜ) - Schweiz ist Gründungsmitglied des EPÜ - Im ersten Teil der Revision des schweizerischen Patentgesetztes wurde die Voraussetzung zur Ratifizierung des EPÜ 2000 geschaffen - Das Europäische Patentamt wendet die Biotechnologierichtlinie der EU an - Die überwiegende Mehrzahl der für die Schweiz gültigen Patente werden im Europäischen Patentamt geprüft und erteilt. Das IGE prüft direkt in der Schweiz angemeldete Patente nicht auf Neuheit und erfinderische Tätigkeit; solche ungeprüften Patente haben darum weniger Gewicht GenSuisse 2006 4

Revision Patentgesetz Schwerpunkt Biotechnologie - Konkretisiert die Ausschlüsse von der Patentierbarkeit (Art. 1a, 1b, 2) - Regelt die Schutzwirkungen von sich selbst vermehrendem biologischen Material, genetischer Information und Nukleotidsequenzen (Art. 8a, 8b und 8c) - Definiert das Forschungsprivileg (Art. 9) und Zwangslizenzen für Forschungshilfsmittel und Diagnostika (Art. 40b und 40c) - Verpflichtet zur Offenlegung der konkreten Funktion von Nukleotidsequenzen als Voraussetzung der Patentierbarkeit (Art. 49) - Verpflichtet zur Offenlegung der Quelle der genetische Ressourcen und traditionellen Wissens (Art. 49a) GenSuisse 2006 5

Art. 1a, Patentierbarkeitsausschluss menschlicher Körper 1 Der menschliche Körper als solcher in allen Phasen seiner Entstehung und Entwicklung, einschliesslich des Embryos, ist nicht patentierbar. 2 Bestandteile des menschlichen Körpers in ihrer natürlichen Umgebung sind nicht patentierbar. Solche Bestandteile sind jedoch als Erfindung patentierbar, wenn sie technisch bereitgestellt werden, ein technischer Nutzeffekt angegeben wird und die weiteren Voraussetzungen von Artikel 1erfüllt sind; Artikel 2 bleibt vorbehalten. GenSuisse 2006 6

Art. 1b, Patentierbarkeitsausschluss natürlicher Gene 1 Eine natürlich vorkommende Sequenz oder Teilsequenz eines Gens ist als solche nicht patentierbar. 2 Sequenzen, die sich von einer natürlich vorkommenden Sequenz oder Teilsequenz eines Gens ableiten, sind jedoch als Erfindung patentierbar, wenn sie technisch bereitgestellt werden, ihre Funktion konkret angegeben ist und die weiteren Voraussetzungen von Artikel 1 erfüllt sind; Artikel 2 bleibt vorbehalten. - Dieser Artikel schafft eine Differenz zum europäischen Patentrecht, weil nun damit genomische DNA in der Schweiz nicht patentierbar ist - Was ist unter abgeleitet zu verstehen? - DNA kann immer als cdna geschützt werden - Gibt es noch neue natürliche DNA, die wesentlich ist und nicht schon in Datenbanken beschrieben? GenSuisse 2006 7

Art. 2, Weitere Patentierbarkeitsausschlüsse 1 Von der Patentierung ausgeschlossen sind Erfindungen, deren Verwertung die Menschenwürde verletzen oder die Würde der Kreatur missachten oder auf andere Weise gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstossen würden. Insbesondere werden keine Patente erteilt für: a. Verfahren zum Klonen menschlicher Lebewesen und die damit gewonnen Klone;... e. unveränderte menschliche embryonale Stammzellen und Stammzellinien;... 2 a. Pflanzensorten, Tierrassen und im Wesentlichen biologische Verfahren zur Züchtung... b. Verfahren der Chirurgie, Therapie und Diagnostik, die am menschlichen oder tierischen Körper angewendet werden. GenSuisse 2006 8

Art. 8c, Eingeschränkter Stoffschutz für DNA-Sequenzen Der Schutz aus einem Anspruch auf eine Nukleotidsequenz, die sich von einer natürlich vorkommenden Sequenz oder Teilsequenz eines Gens ableitet, ist auf die Sequenzabschnitte beschränkt, welche die im Patent konkret beschriebene Funktion erfüllen. (Dieser im Vorfeld hart umstrittene Artikel ermöglicht engen Stoffschutz und schränkt den Schutz nicht auf die beschriebene Funktion ein) GenSuisse 2006 9

Art. 9, Forschungsprivileg 1 Die Wirkung des Patents erstreckt sich nicht auf: a.... b. Handlungen zu Forschungs- und Versuchszwecken, die der Gewinnung von Erkenntnissen über den Gegenstand der Erfindung einschliesslich seiner Verwendung dienen; insbesondere ist jede wissenschaftliche Forschung am Gegenstand der Erfindung frei; c.... (Das Forschungsprivileg wird nun endlich im Gesetz ausdrücklich definiert und festgeschrieben) GenSuisse 2006 10

Art. 40b, Zwangslizenzen für Forschungshilfsmittel Wer eine patentierte biotechnologische Erfindung als Instrument oder Hilfsmittel zur Forschung benützen will, hat Anspruch auf eine nicht ausschliessliche Lizenz. (Diejenigen Firmen, die solche Forschungshilfsmittel entwickeln und bereitstellen, haben allerdings keine Freude daran, da dieser Artikel ihre Rechte einschränkt) GenSuisse 2006 11

Art. 49, Beschreibung der Funktion einer Gen-Sequenz 2 Das Patentgesuch muss enthalten:... b. Eine Beschreibung der Erfindung und im Falle der Beanspruchung einer Sequenz, die sich von einer Sequenz oder Teilsequenz eines Gens ableitet, eine konkrete Beschreibung der von ihr erfüllten Funktion;... GenSuisse 2006 12

Art. 49a, Beschreibung der Quelle 1 Bei Erfindungen, die genetische Ressourcen oder traditionelles Wissen betreffen, muss das Patentgesuch Angaben enthalten über die Quelle: a. der genetischen Ressource, zu welcher der Erfinder oder der Patentbewerber Zugang hatte, sofern die Erfindung direkt auf dieser Ressource beruht; b. von traditionellem Wissen indigener oder lokaler Gemeinschaften über genetische Ressourcen, zu dem der Erfinder oder der Patentbewerber Zugang hatte, sofern die Erfindung direkt auf solchem Wissen beruht. 2 Ist die Quelle weder dem Erfinder noch dem Patentbewerber bekannt, so muss der Patentbewerber dies schriftlich bestätigen. (Diese Bestimmung soll die Transparenz erhöhen und Fälle von "Biopiraterie" verunmöglichen) GenSuisse 2006 13

Schlussbemerkung Die Revision des Patentgesetzes stellt mit Bezug auf biotechnologische Erfindungen einen Kompromiss dar, der zwar nicht alle zufrieden stellen kann, aber weiterhin - die prinzipielle Patentierbarkeit biotechnologischer Erfindungen sichert, - die Forschungsfreiheit stützt und - die ethischen Bedenken berücksichtigt. Er verdient deshalb unsere Unterstützung. GenSuisse 2006 14