Urheberrecht: Verstärkte AGB-Kontrolle von Nutzungsverträgen? Deutsche Vereinigung für Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht (GRUR) e.v. Bezirksgruppe Süd München, 23. Mai 2012 Prof. Dr. Jan Bernd Nordemann, LL.M. Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht in Berlin, Honorarprofessor an der Humboldt-Universität zu Berlin
Formularverträge: notwendige Praxis
Formularverträge: notwendige Praxis Formularverträge sind das tägliche Brot beim Erwerb von Nutzungsrechten vom Urheber. Verwerter sind in ihrem täglichen Geschäft darauf angewiesen, die Nutzungsrechte vom Urheber über vorformulierte Verträge zu erwerben. Vertragsabschluss: bei großen Verwertern ansonsten in der täglichen Praxis nicht zu bewältigen; Vertragsmanagement: Vereinfachung nachvertragliche Administration der Nutzungsverträge durch Standardisierung von Verträgen Verlage, Filmhersteller, Musikproduzenten, Bildagenturen, Softwareherstellern
305c BGB: Überraschende Klauseln Schon immer: Kontrolle nach 305c BGB: Verbot der überraschenden Klauseln Beispiele: Überraschend die Klausel einer Druckerei, die Verwertung des Werkes bei Zahlungsverzug selbst zu übernehmen (OLG Frankfurt GRUR 1984, 515, 516 Übertragung von Nutzungsrechten) Überraschend kann es auch sein, wenn sich User Generated Content Plattformen (YouTube, Facebook) Nutzungsrechte einräumen lassen, die über die für die Plattformnutzung erforderlichen Rechte hinausgehen (Solmecke/Dam MMR 2012, 71; Berberich MMR 2010, 736)
305c BGB: Überraschende Klauseln Aber: Bei abstrakter AGB-Kontrolle in Verfahren nach UWG oder UKlaG kommt 305c BGB keine Bedeutung zu
308, 309 BGB: Klauselverbote spezielle Klauselverbote der 308, 309 BGB im Urhebervertragsrecht nur selten anwendbar, zumal Urheber regelmäßig Unternehmer isd. 14, 310 Abs. BGB
307 BGB: Inhaltskontrolle Zentrale Vorschrift 307 BGB: Inhaltskontrolle
Rückblick: Frühere Rechtsprechung zur Inhaltskontrolle Lange Zeit Inhaltskontrolle nicht im Fokus Weigerung des Bundesgerichtshofes, urheberrechtliche Nutzungsverträge mit dem Urheber einer umfassenden Inhaltskontrolle nach AGBG a.f. bzw. 307 BGB zu unterziehen
Rückblick: Frühere Rechtsprechung zur Inhaltskontrolle BGH GRUR 1984, 45, 49 Honorarbedingungen; BGH GRUR 1984, 119, 121 - Synchronisationssprecher Zweckübertragungsregel des 31 Abs. 5 UrhG bloße Auslegungsregel; sie könne insbesondere nicht im Rahmen der Inhaltskontrolle (heute: 307 BGB) von AGB herangezogen werden
Rückblick: Frühere Rechtsprechung zur Inhaltskontrolle Die Rechtsprechung des BGH scheint jetzt aber ins Wanken zu geraten.
Zäsur für 307 BGB: Neues Urhebervertragsrecht 2002 Die Urhebervertragsrechtsreform wollte ausdrücklich die vertragliche Position der Urheber stärken. Dazu gehört auch, dass der Urheber vor ihn benachteiligenden Rechtseinräumungen aufgrund von AGB geschützt wird. Schon im Regierungsentwurf wurde die bisherige Rechtsprechung als Defizit kritisiert (Begr RegE UrhVG BT-Drucks. 14/6433, S. 11).
Zäsur für 307 BGB: Neues Urhebervertragsrecht 2002 Deshalb sollte mit Einführung des 11 S.2eine AGB-Kontrolle ermöglicht werden (BeschlE RAusschuss UrhVG BT-Drucks. 14/8058, S. 1, 18): [ 11 S. 2 UrhG] ermöglicht es der Rechtsprechung, die Vorschriften des Gesetzes auch im Rahmen der AGB-Kontrolle nach diesem Normzweck auszulegen; denn das Prinzip der angemessenen Vergütung hat zukünftig Leitbildfunktion. Damit gewährt das Urheberrecht lückenlosen Schutz: 32 und 32a sichern die angemessene Vergütung dort, wo eine Inhaltskontrolle nicht möglich ist ( 8 AGBG bzw. 307 Abs. 3 BGB in der ab 1. Januar 2002 geltenden Fassung). Im Übrigen ist nach 11 S. 2 im Rahmen der AGB-Kontrolle das Prinzip der angemessenen Vergütung als wesentlicher Grundgedanke des Urheberrechts zu achten.
307 BGB Gem. 307 Abs. 1 S. 1 BGB sind Bestimmungen in AGB bei unangemessener Benachteiligung des Vertragspartners unwirksam unangemessene Benachteiligung kann sich insbes. aus einem Widerspruch zu einem gesetzlichen Leitbild ( 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB) oder zu wesentlichen Vertragspflichten ( 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB) ergeben
307 BGB Aber: Der Inhaltskontrolle unterliegen gem. 307 Absatz Abs. 3 S. 1 BGB unterliegen nur Bestimmungen in AGB, die von Rechtsvorschriften abweichen oder diese ergänzen. Leistungsbeschreibungen unterliegen nicht der AGB-Kontrolle Vereinbarungen über das für die Leistung zu zahlende Entgelt unterliegen nicht der AGB-Kontrolle
307 BGB Allgemeine Rechtsprechung des BGH zum AGB-Recht, z.b. zu Flug-AGB von British Airways (BGH NJW 2010, 1958 Tz. 20): Nicht kontrollfähige Leistungsbeschreibungen in diesem Sinne sind allerdings nur solche Bestimmungen, die Art, Umfang und Güte der geschuldeten Leistung festlegen. Klauseln, die das Hauptleistungsversprechen abweichend vom Gesetz oder der nach Treu und Glauben geschuldeten Leistung verändern, ausgestalten oder modifizieren, unterliegen dagegen der Inhaltskontrolle. Damit bleibt für die der Überprüfung entzogene Leistungsbeschreibung nur der enge Bereich der Leistungsbezeichnungen, ohne die mangels Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit des wesentlichen Vertragsinhalts ein wirksamer Vertrag nicht mehr angenommen werden kann.
307 BGB Allgemeine Rechtsprechung des BGH zum AGB-Recht, z.b. zu Partnerschaftsvermittlungs-AGB (BGH NJW 2010, 150 Tz. 22): Damit scheiden als Prüfungsgegenstand unter anderem Abreden aus, die Art und Umfang der vertraglichen Leistungspflichten unmittelbar regeln. Preisvereinbarungen für Hauptleistungen unterliegen deshalb grundsätzlich nicht der Inhaltskontrolle. Allgemeine Rechtsprechung des BGH zum AGB-Recht, z.b. zu Ärzte-AGB (BGH NJW 1992, 746): Haben Rechtsvorschriften jedoch ausnahmsweise gerade Preisregelungen zum Gegenstand - wie hier die Gebührenordnung für Ärzte - so liegen die Voraussetzungen für eine Inhaltskontrolle vor, wenn von einer solchen Rechtsvorschrift abgewichen wird. Der vom Gesetzgeber mit dem Erlass von Preisvorschriften verfolgte Schutzzweck erfordert die Überprüfung von formularmäßigen Entgeltklauseln daraufhin, ob sie mit den Grundgedanken der Preisvorschriften übereinstimmen ; das gilt auch dann, wenn in den preisrechtlichen Bestimmungen keine starre Regelung getroffen, sondern für die Höhe des Entgelts ein Spielraum gewährt wird.
Zahlreiche Entscheidungen Zu Journalisten-AGB; jeweils Verband aus UKlaG bzw. UWG: OLG Thüringen v. 9.5.2012, 2 U 61/12 (EV-Verfahren) OLG Rostock v. 9.5.2012, 2 U 18/11 (Klageverfahren; Revision nicht zugelassen) OLG München GRUR-RR 2011, 401, 403 (EV-Verfahren) OLG Hamburg AfP 2011, 385 (EV-Verfahren); v. 11.1.2011, 5 U 73/10 (EV-Verfahren) OLG Karlsruhe v. 9.3.2011, 6 U 181/10 (EV-Verfahren) OLG Hamm 27.1.2011, I-4 U 183/10 (EV-Verfahren) Kammergericht ZUM 2010, 799 (Klageverfahren)
Zahlreiche Entscheidungen Zu Journalisten-AGB; jeweils Verband aus UKlaG bzw. UWG (Fortsetzung LGe, sofern keine OLG-Entscheidung): LG Mannheim GRUR Prax 2012, 66 (EV-Verfahren) LG Braunschweig ZUM 2012, 66, 72 (EV-Verfahren) LG Bochum ZUM-RD 2012, 217 (Klageverfahren) LG Hamburg v. 6.9.2011, 312 O 316/11 (EV-Verfahren) Übersicht und Urteile zu Journalisten-AGB z.b. unter http://www.djv.de/urheberrecht.2874.0.html
Zahlreiche Entscheidungen Zu Synchronschauspieler-AGB; Verband aus UKlaG: Kammergericht vom 9.2.2012, Az. 23 U 192/08: (Klageverfahren, Revision zugelassen) Zu Musikdownload- und Hörbuchplattformen-AGB (Verbraucherverträge); Verband aus UKlaG: LG Berlin GRUR-RR 2009, 329 OLG Stuttgart GRUR-Prax 2012, 143
307 BGB und Zweckübertragungsregel Problem: Über den Vertragszweck hinausgehende Nutzungsrechtseinräumungen AGB-Inhaltskontrolle mit 31 Abs. 5 UrhG (Zweckübertragungsregel) Beispiel (aus LG Mannheim; Journalisten-AGB): Mit der Bezahlung der vorliegenden Honorarrechnung sind sämtliche Nutzungsrechte, in bekannter oder unbekannter Nutzungsart, umfassend, ausschließlich, räumlich, zeitlich und inhaltlich unbeschränkt abgegolten: Hiervon umfasst sind insbesondere das Printmediarecht inklusive dem Recht zur Erstveröffentlichung, das Recht zur Bearbeitung, Umgestaltung oder Übersetzung, das Recht für Werbezwecke, das Recht der digitalen und sonstigen medialen (TV, Radio) Verwertung und der Datenbanknutzung/Archivnutzung sowie das Recht, die vorgenannten Nutzungsrechte auch auf gesellschaftsrechtlich verbundene Unternehmen übertragen zu können.
307 BGB und Zweckübertragungsregel OLG Rostock (a.a. noch LG Rostock); OLG Hamburg; LG Braunschweig; LG Mannheim, LG Bochum: Zweckübertragungsregel des 31 Abs. 5 UrhG ist zwingende Inhaltsnorm, die auch im Rahmen der Inhaltskontrolle der AGB herangezogen werden kann Klauseln, die Rechte über den Vertragszweck hinaus einräumen, sind unwirksam
307 BGB und Zweckübertragungsregel Leistungsbeschreibung im Regelfall nicht betroffen, weil bei Entfall der (formularmäßigen) Rechtseinräumung 31 Abs. 5 UrhG gilt und damit der wesentliche Vertragsinhalt noch bestimmbar (OLG Rostock) AGB-Kontrolle nach der Zweckübertragungslehre ist aber auf Ausnahmefälle zu beschränken, in denen ein Gestaltungsmissbrauch vorliegt (OLG Hamburg)
307 BGB und Zweckübertragungsregel OLG Hamburg (5 U 73/10): aufgrund der Weite und Unbestimmtheit der pauschal übertragenen Nutzungsrechte sowohl in zeitlicher, räumlicher als auch in personeller Hinsicht ist jede Art der seriösen Prognose der angemessenen Relation zwischen Rechteübertragung und Honorar zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bei vernünftiger Betrachtung ausgeschlossenen. = Verstoß gegen 11 S. 2 UrhG Folge: Rechtseinräumung unwirksam, nicht bloß die Vergütungsabrede
307 BGB und Zweckübertragungsregel OLG Hamburg (GRUR-RR 2011, 293): Übermaß an Rechtsübertragung im Hinblick auf den Vertragszweck erfordert AGB-Kontrolle der Nutzungsrechtseinräumung auch dann, wenn die Nutzungsarten einzeln im Formularvertrag spezifiziert sind und damit eigentlich 31 Abs. 5 Genüge getan ist.
307 BGB und Zweckübertragungsregel Kammergericht; OLG Karlsruhe; OLG Hamm; LG Erfurt: Zweckübertragungsregel kann im Rahmen der AGB- Kontrolle keine Anwendung finden bloße Auslegungsregel ältere BGH-Rechtsprechung weiterhin anwendbar
307 BGB und Zweckübertragungsregel Kritik an zu breiter Anwendung des 31 Abs. 5 UrhG in der AGB-Kontrolle Der Anwendungsbereich des 31 Abs. 5 UrhG ist begrenzt auf den Fall, dass die Parteien für Rechtseinräumung nichts oder nur Generelles vereinbart haben Sind bei der Einräumung eines Nutzungsrechts die Nutzungsarten nicht ausdrücklich einzeln bezeichnet, so bestimmt sich nach dem von beiden Partnern zugrunde gelegten Vertragszweck, auf welche Nutzungsarten es sich erstreckt. Grundsätzlich keine Kontrolle von hinreichend spezifizierten Rechtseinräumungen (so auch OLG Karlsruhe; Jan Bernd Nordemann in Fromm/Nordemann 10 31 Rn. 183) Möglichkeit der Korrektur der Vergütungsabreden über 32, 32a, 32c UrhG
307 BGB und Zweckübertragungsregel Kritik an zu breiter Anwendung des 31 Abs. 5 UrhG in der AGB-Kontrolle Wenn in AGB nur generelle AGB-Formulierungen für Rechtseinräumung AGB-Kontrolle über 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht erforderlich Kontrolle direkt über 31 Abs. 5 UrhG!
307 BGB und Zweckübertragungsregel Kritik an zu breiter Anwendung des 31 Abs. 5 UrhG in der AGB-Kontrolle Grenze bei Gestaltungsmissbräuchen, die aber eng zu definieren sind (Jan Bernd Nordemann in Fromm/Nordemann 10 31 Rn. 184) Einräumung objektiv oder subjektiv sinnloser Rechte Beispiele: Einräumung von Dramatisierungsrechten für eine juristische Dissertation (objektiv sinnlos) Einräumung von Verlagsrechten an Score-Filmmusik (subjektiv sinnlos) Solche Rechte können nicht eingepreist sein, Verstoß gegen 11 S. 2 UrhG (angemessene Vergütung Urheber)
307 BGB und Drittverwertungsrechte ( 34, 35 UrhG) AGB-mäßige Zustimmung zur Weiterübertragung ( 34 Abs. 1 S. 1) oder Einräumung abgeleiteter Nutzungsrechte ( 35 Abs. 1 S. 1) bei Journalisten Möglich: OLG München; OLG Hamburg; OLG Rostock; OLG Thüringen; Jan Bernd Nordemann in Fromm/Nordemann 10 34 Rn. 41 In keiner Werkart möglich: Kammergericht; LG Bochum; Haberstumpf in Büscher/Dittmer/Schiwy 2 34 Rn. 5; Dreier/Schulze/Schulze 3 34 Rn. 51; ähnlich HK-UrhR/Kotthoff 2 34 Rn.19 Kommt darauf an, jedenfalls nicht möglich bei Werken anspruchsvollen Niveaus mit erheblichen urheberpersönlichkeitsrechtlichen Implikationen (Schricker/Loewenheim/Schricker/Loewenheim 4 34 Rn. 28 mwn.; Berger in Berger/Wündisch 1 Rn. 165; Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert 3 34 Rn. 40)
307 BGB und Drittverwertungsrechte ( 34, 35 UrhG) Kritik: Bei AGB-Kontrolle der Zustimmung zur Weitergabe von Rechten große Zurückhaltung Rechtsverkehr schützen Kein gutgläubiger Erwerb von Rechten möglich Rechtsverkehr muss auf erteilte Zustimmung vertrauen dürfen
307 BGB und Bearbeitungsrechte ( 37 UrhG) Kammergericht: für Einräumung des Bearbeitungs- und Übersetzungsrechts keine Inhaltskontrolle OLG Thüringen; ähnlich OLG Hamm: Jedenfalls dann in Journalisten-AGB nicht zu beanstanden, wenn konkretes Bearbeitungsrecht den Bedürfnissen beim Entstehen einer Tageszeitung Rechnung trägt Bearbeitungsrecht: Das Werk darf in alle Sprachen übersetzt, bearbeitet (z.b. Layoutänderungen, Endredaktion) und insbesondere gekürzt werden. a.a. OLG Hamburg: pauschale Änderungsabreden in AGB sind nur zulässig, wenn unter Vorbehalt, dass unter Wahrung der geistigen Eigenart des Werkes
307 BGB und ausschließliche Rechtseinräumung nach 38 UrhG Die Grundregel des 38 Abs. 3 S. 1 UrhG sieht vor, dass der Verleger bei Überlassung eines Beitrages an eine Zeitung im Zweifel nur ein einfaches Nutzungsrecht erwirbt.
307 BGB und ausschließliche Rechtseinräumung nach 38 UrhG OLG München: Mit dem wesentlichen Grundgedanken des 38 Abs. 3 S. 1 UrhG vertragliche Regelung unvereinbar, die die Rückeinräumung eines einfachen Nutzungsrechts an den Urheber davon abhängig macht, dass der Beitrag vorab in der Zeitung veröffentlicht wird. Eine solche AGB-Klausel eröffne der Zeitung die Möglichkeit, den Beitrag überhaupt nicht zu veröffentlichen und ihn damit ohne zeitliche Begrenzung zu sperren.
307 BGB und ausschließliche Rechtseinräumung nach 38 UrhG LG Braunschweig: Wegen 38 UrhG soll es nach dem LG Braunschweig auch unzulässig sein, wenn sich eine Zeitung die Rechte unbefristet einräumen lässt. OLG Thüringen: Sogar 3-monatige Ausschließlichkeit zu beanstanden
307 BGB und ausschließliche Rechtseinräumung nach 38 UrhG Aber: 38 UrhG enthält doch nur Zweifelregeln (genauso LG Erfurt als Vorinstanz zu OLG Thüringen) Nur 11 S. 2 ist der wesentliche Grundgedanke Wenn die Rechtseinräumung (auflösend bedingte Ausschließlichkeit) nicht angemessen vergütet wird, ist die Vergütungsabrede zu korrigieren, nicht Rechtseinräumung (auflösend bedingte Ausschließlichkeit) unwirksam
307 BGB und Rechte an unbekannten Nutzungsarten LG Mannheim Klausel: sämtliche Nutzungsrechte, in bekannter oder unbekannter Nutzungsart ausschließlich, räumlich, zeitlich und inhaltlich unbeschränkt abgegolten: Verstoß gegen gesetzliches Leitbild des 31a Abs. 4 UrhG, wonach im Voraus auf die Rechte aus 31a Abs. 1 bis 3 UrhG nicht verzichtet werden kann. Außerdem auch Verstoß gegen Unverzichtbarkeit des Rechts auf Widerruf gem. 31a Abs. 1 S. 3 UrhG
307 BGB und Rechte an unbekannten Nutzungsarten LG Mannheim Kritik: Das gesetzliche Leitbild des 31a UrhG erlaubt gerade Einräumung von Rechten an bei Vertragsschluss unbekannten Nutzungsarten (sofern Schriftform, die im vorliegenden Fall gegeben) Allenfalls Verstoß gegen Unverzichtbarkeit des Vergütungsanspruches gem. 32c UrhG (Problem: Verhältnis zu AGB-Kontrolle, s. unten) Auf das Widerrufsrecht ist gar nicht verzichtet worden
307 BGB und zeitlich unbegrenzte Rechtseinräumung über das Vertragsende hinaus
307 BGB und Ausschluss von Ausübungspflichten Klausel: Keine Verpflichtung des Presseverlages zur Ausübung der Nutzungsrechte Kein Verstoß gegen gesetzliches Leitbild des 41 UrhG, weil 41 Rückruf gerade unabhängig vom Bestehen einer Ausübungspflicht regelt (OLG Rostock; a.a. OLG Hamm) Allenfalls Verstoß gegen wesentlichen Grundgedanken dann, wenn aufgrund von Beteiligungsvergütung (ungeschriebene) Ausübungspflicht (Jan Bernd Nordemann in Fromm/Nordemann 10 vor 31 ff. UrhG Rn. 41 ff. mwn.)
307 BGB und Filmurbeber Rechtseinräumungen der Filmurheber gem. 88, 89 UrhG Z.B. 88 Abs. 1 UrhG: Gestattet der Urheber einem anderen, sein Werk zu verfilmen, so liegt darin im Zweifel die Einräumung des ausschließlichen Rechts, das Werk unverändert oder unter Bearbeitung oder Umgestaltung zur Herstellung eines Filmwerkes zu benutzen und das Filmwerk sowie Übersetzungen und andere filmische Bearbeitungen auf alle Nutzungsarten zu nutzen. Bei Einräumung Verfilmungsrecht für einen Film und filmische Nutzungsrechte für alle bekannten und unbekannten Nutzungsarten kein AGB-Problem Aber: Remakerechte? Außerfilmische Nutzungsarten, z.b. Merchandisingrechte?
Exkurs: Verbraucherverträge, 307 BGB und Erschöpfung ( 17 Abs. 2 UrhG) OLG Stuttgart GRUR-Prax 2012, 143; LG Berlin GRUR-RR 2009, 330: AGB-Klausel eines entgeltlichen Hörbuch- bzw. Musikdownloadportals: Verbot, die heruntergeladenen Musikdateien weiter zu vertreiben, weiter zu geben, zu übergeben oder unter zu lizensieren keine unangemessene Benachteiligung Durch den Download einer Musikdatei tritt keine Erschöpfung des Verbreitungsrechts im Sinne des 17 Abs. 2 UrhG ein
307 BGB und Urheberpersönlichkeitsrechte Im Hinblick auf Regelungen zum Urheberpersönlichkeitsrecht sind einige Gerichte sensibel.
307 BGB und Urheberpersönlichkeitsrechte 13 UrhG (Urhebernennung) Kammergericht: Eine Klausel, nach der Ansprüche bei fehlender Urhebernennung ausgeschlossen sind, ist ein Verstoß gegen 13 UrhG und damit AGB-rechtlich unwirksam. Wegen fehlender Transparenz ebenfalls Klausel, mit der Nennungsrechte im gesetzlich zulässigem Umfang ausgeschlossen OLG Hamburg: Klausel, nach der der Verlag zur Namensnennung berechtigt, aber nicht verpflichtet ist, ebenfalls wegen 13 UrhG unwirksam.
307 BGB und Urheberpersönlichkeitsrechte 13 UrhG (Urhebernennung) Eigene Stellungnahme AGB-Kontrolle dann denkbar, wenn Urhebernennung branchenüblich, weil nur in solchen Fällen wesentlicher Grundgedanke Davon kann in den Journalistenfällen nur bei längeren Artikeln ausgegangen werden; bei Synchronschauspielern? AGB-Kontrolle: Namensnennung Teil der Leistungsbestimmung? Ist Rechtseinräumung ohne Regelung zum Nennungsrecht zu unbestimmt?
307 BGB und Urheberpersönlichkeitsrechte 14, 37 UrhG (Entstellungsschutz) Kammergericht; OLG Hamm: Einräumung von Nutzungsrechten für werbliche Zwecke kein Verstoß gegen AGB-Recht OLG Hamburg: ebenfalls kein Verstoß gegen AGB-Recht, weil nicht gegen den Kontrollmaßstab der 23, 37 UrhG verstoßen worden sei; ein Problem könne aber die fehlende Transparenz solcher Klauseln sein, insbesondere wenn in einem Verlagsvertrag nicht hinreichend klargestellt sei, ob nur eine Werbung für Verlagsprodukte oder auch für allgemeine Zwecke erlaubt werde.
307 BGB und Vergütungsabreden Buyout-Klauseln gegen Pauschalhonorar AGB-Kontrolle von Buyout-Klauseln (Einräumung der Nutzungsrechte gegen Pauschalhonorar)? Ja: OLG Thüringen; OLG Hamm; OLG Hamburg Etwas einschränkend OLG München: Ja, wenn bereits mit Teilzahlung umfassende Rechtseinräumung abgegolten Vgl. 11 S. 2 UrhG, ein wesentlicher Grundgedanke des Urhebervertragsrechts
307 BGB und Vergütungsabreden Buyout-Klauseln gegen Pauschalhonorar 32, 32a, 32c stehen neben der AGB-Kontrolle (OLG München; OLG Thüringen; OLG Hamburg; a.a. noch LG München ZUM 2010, 825: spezialgesetzliche Regelung) OLG Thüringen: Neben der individuellen Geltendmachung von Ansprüchen aus 32, 32a müsse für den Urheber die Möglichkeit der Verbandsklage wegen AGB-Recht möglich sein Dafür spricht die Äußerung des Rechtsausschusses: 32 und 32a sichern die angemessene Vergütung dort, wo eine Inhaltskontrolle nicht möglich ist.
307 BGB und Vergütungsabreden Buyout-Klauseln gegen Pauschalhonorar Aber: AGB-Kontrolle der unmittelbaren Vergütungsvereinbarung scheitert an Kontrollfreiheit der (unmittelbaren) Preisvereinbarung Mit der allgemeinen BGH Rechtsprechung unmittelbare Preisvereinbarung grundsätzlich nicht kontrollierbar ( 307 Abs. 3 S. 1 BGB)
307 BGB und Vergütungsabreden Buyout-Klauseln gegen Pauschalhonorar Durchbrechung dieses Grundsatzes mit der BGH- Rechtsprechung zur ausnahmsweisen Kontrolle von unmittelbaren Preisregelungen bei Preisvorschriften (hier 11 S. 2 UrhG)? Kann im Regelfall nicht zur Anwendung kommen bei der abstrakten AGB-Kontrolle (UKlaG oder UWG), wenn Unangemessenheit nicht bloß aufgrund AGB festgestellt werden kann im Sinne des 11 S. 2 UrhG BGH GRUR 2009, 1148 Tz. 24 Talking to Addison: Buyout gegen Pauschalhonorar nicht in jedem Fall unangemessen, es kommt auf die Höhe des gezahlten Pauschalhonorars an
307 BGB und Vergütungsabreden Buyout-Klauseln gegen Pauschalhonorar OLG Thüringen: Kontrolle von Preisvereinbarungen möglich, wenn sich Abrede nur mittelbar auf Vergütungshöhe auswirken; solche Klauseln unwirksam, die dem Urheber eine angemessene Vergütung versperren Kritik: Es ging im Fall um keine mittelbare Regelung, sondern um die Vereinbarung eines Pauschalentgeltes für eine umfassende Rechtseinräumung (Buyout)
307 BGB und Vergütungsabreden Weitere Klauseln, nur mittelbare Regelung des Preises? Kammergericht: Eine Klausel über Ob der Vergütung in AGB ist kontrollfähig und kann Leitbild der angemessenen Beteiligung ( 11 S. 2 UrhG) widersprechen Kammergericht: Eine Abrede, die Vergütung für Sekundärnutzung einer weiteren Absprache der Parteien vorbehält, ist gem. 307 I BGB unwirksam Kammergericht: Verstoß gegen AGB-Recht auch bei Klausel, nach der das vereinbarte Honorar pauschal um 50% gekürzt wird, wenn eine Auftragsarbeit aus nicht vom Verlag zu vertretenden Gründen zum vorgesehenen Zeitpunkt nicht veröffentlicht wird
Schluss: Thesen (1) 11 S. 2 UrhG( Sicherung angemessene Vergütung für die Nutzung des Werkes ) ist ein wesentlicher Grundgedanke im Sinne des AGB-Rechts
Schluss: Thesen (2) Deshalb sind primär die Vergütungsabreden der AGB- Kontrolle zu unterstellen; hier besteht aber nur ein begrenzter Anwendungsbereich der AGB-Kontrolle: Die unmittelbare Preisabrede kann gem. 11 S. 2 UrhG auf Unangemessenheit der Vergütung kontrolliert werden; bei Verbandsklagen aber im Regelfall (-), wenn sich die Unangemessenheit nicht aus den AGB selbst ergibt. Mittelbare Preisabreden sind kontrollfähig, auch in Verbandsklageverfahren.
Schluss: Thesen (3) Eine AGB-Kontrolle der Rechtseinräumung kann nicht wegen aus 31 Abs. 5, 31a, 34, 35, 37, 38, 41 UrhG greifen, weil diese Regeln keine wesentlichen Grundgedanken enthalten. Soweit sie zwingendes Recht enthalten, sind sie unmittelbar (ggf. über 134 BGB) anwendbar.
Schluss: Thesen (4) Wenn sich unwirksame Vergütungsabrede und Rechtseinräumung in einer Klausel finden und die Klausel teilbar ist, sollte die Rechtseinräumung schon aus Gründen des Schutzes des Rechtsverkehrs überleben und nur die Vergütungsabrede unwirksam sein
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