Experten im Gespräch. Lebensmittel Kontaktmaterialien im Brennpunkt. Was geht wie im Produktionsprozess? tectop. Die TECHNIK-Suchmaschine



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Transkript:

Experten im Gespräch Lebensmittel Kontaktmaterialien im Brennpunkt Was geht wie im Produktionsprozess? www. -vth.de Die TECHNIK-Suchmaschine tectop

DIE EXPERTEN Welche Standards sind in der Lebensmittelproduktion neben den gesetzlichen zu beachten? Wer weiß, welche Gesetze und Normen wann und wo gelten? Wann ist eine Konformitätserklärung nötig? Wer ist wo, für was, wann verantwortlich? Diesen und anderen Fragen gingen auf Einladung des VTH Verband Technischer Handel e. V. Vertreter von Industrie, Fachverbänden, Instituten und Technischem Handel nach. Sie trafen sich in Düsseldorf zum Expertengespräch über das Thema Lebensmittel Kontaktmaterialien im Brennpunkt. Was geht wie im Produktionsprozess? Geregelt? In der Produktion von Lebensmitteln gelten wie in der Pharmabranche strengste Hygienevorschriften. Das betrifft die Pharmazeutika und Lebensmittel selbst ebenso wie die Werkstoffe, mit denen sie im Zuge der Produktion in Kontakt geraten können. Ob Behälter, Rührwerke oder Rohrleitungen, ob Schmierstoffe, Reinigungsmittel oder andere Betriebsstoffe, ob Verpackungsmaschinen oder -materialien, ob Mitarbeiter mit ihrer PSA das alles unterliegt hohen Reinheitsanforderungen. Nur sind diese nicht in jedem Fall gesetzlich geregelt. Wo sie es sind, konkurrieren gesetzliche Anforderungen auf nationaler und internationaler Ebene mit Richtlinien von Fachorganisationen: VO (EG) Nr. 1935/2004, BfR, NSF International, FDA etc. Wie passt das zusammen? Wer ist hier zuständig, wer entscheidet? Die Hersteller, die für die Branchen Pharma und Lebensmittel Produktionsanlagen, Komponenten und Betriebsstoffe produzieren? Oder die Produzenten von Pharma- und Lebensmittelprodukten selbst? Im Kontakt Zunächst einmal gelten für Lebensmittelkontaktmaterialien und -bedarfsgegenstände die strengen gesetzlichen Anforderungen der übergeordneten VO (EG) Nr. 1935/2004 und sofern zutreffend davon abgeleitete Einzelmaßnahmen der EU. Sofern nicht im Widerspruch zu EU-Recht, existieren einzelstaatliche Maßnahmen in Mitgliedsländern der EU. Aber auch die US-amerikanischen Standards der FDA und der NSF International haben sich international durchgesetzt und werden auch in Europa häufig verlangt. Außer an Pharma-Unternehmen richten sich all diese Regelungen vor allem an Lebensmittelverarbeiter. Die Verarbeitungsanlagen, ob gekauft oder selbst gebaut, alle Transport- und Verpackungsoberflächen sowie Betriebsmittel können durch 2 Experten im Gespräch

DIE EXPERTEN mittelbaren oder unmittelbaren Kontakt einen unerwünschten Eintrag in das Lebensmittel verursachen. Das gilt aber auch für Reinigungsmittel und die Berührung z. B. durch die Handschuhe der Mitarbeiter in der Produktion. Verantwortung Der Anlagenbauer, der weiß, wofür die Anlage eingesetzt wird, muss die einzelnen Komponenten mit potentiellem Lebensmittelkontakt entsprechend den Regularien spezifizieren. Für den Betreiber gilt das ebenso er hat die Überwachungs- und Dokumentationspflicht. Aber auch jeder nachträgliche Einbau von z. B. Schläuchen oder Dichtungen oder der Einsatz von Schmierstoffen etc. in Produktionsanlagen setzt eine Gefahrenanalyse und die interne Dokumentation voraus, dass das hier produzierte Lebensmittel dadurch nicht kontaminiert wird. Beim Technischen Handel einmal Schlauchleitung mit allem zu bestellen, wird dem nicht gerecht. Konformitätserklärungen Für Werkstoffe wie z. B. Kunststoffe, Elastomere und Silikone müssen Gefahrenanalysen und/oder Migrationstests durchgeführt worden sein. Und deshalb muss man ganz genau hinsehen und sollte die Betriebsparameter kennen, denn eine Dichtung, die für die Abfüllung von Mineralwasser geeignet ist, kann bei Speiseöl ungeeignet sein oder umgekehrt. Nach Art. 16 VO (EG) Nr. 1935/2004 ist die Konformitätserklärung eine schriftliche Erklärung, die in separaten Einzelmaßnahmen wie der VO (EU) Nr. 10/2011 für Kunststoffe gefordert werden kann, dass ein Lebensmittelbedarfsgegenstand geltenden Vorschriften entspricht. Für diese Erklärung gibt es jedoch keine Formvorschriften, sondern lediglich ein Muster des BLL. Mit der Konformitätserklärung des Vorlieferanten, die die Übereinstimmung mit der VO (EG) Nr. 1935/2004 oder einer zugehörigen Einzelmaßnahme erklärt, kann der Betreiber bei einem freiwilligen Audit nachweisen, dass er in diesem Punkt seiner Sorgfaltspflicht und Verantwortung gerecht geworden ist. Der Komponentenanbieter, der speziell in die Branche liefert, kennt sein Metier und die Anforderungen sicherlich. Der Komponentenanbieter jedoch, dessen Produkte in ganz unterschiedliche Branchen gehen, ist schnell überfordert. Dipl.-Kfm. Peter Mühlberger Es gibt in Sachen Lebensmittelhygiene genügend hehre Grundsätze, die immer wieder schnell den Erfordernissen des Marktes geopfert werden. Wir müssen hier einen modus vivendi finden, wie es in der Pharmabranche schon gelungen ist. Dipl.-Volksw. Thomas Vierhaus Der Technische Handel muss alle Informationen bei den Vorlieferanten erfragen, sie für seine Kunden erfassen und bündeln. Das ist eine gewaltige Herausforderung. Aber der Handel muss diesen Wissensvorsprung nicht nur erarbeiten, er muss ihn auch kommunizieren! Louis Schnabl In der breiten Öffentlichkeit gibt es kaum ein Bewusstsein, was in der Lebensmittelproduktion im Hintergrund an Regulierungsarbeit läuft, in Erscheinung treten wird in erster Linie der Problemfall. Beratungskompetenz Der Technische Händler als wichtiger Lieferant im Ersatzteilbedarf und in der Instandhaltung verfügt in der Regel über die nötige Expertise. Deshalb weiß er z. B. auch, dass ein Dokument wie die Konformitätserklärung nur dann obligatorisch ist, wenn dies in sog. Einzelmaß- Experten im Gespräch: (v.l.n.r.) Rolf Effenberger, Rüdiger Schiffer, Ulf Thießen, Peter Mühlberger, Moderator Louis Schnabl, Thomas Vierhaus, Dr. Sieglinde Stähle, Heinz Siggemann, Andreas Will, Willi Emde. Experten im Gespräch 3

DIE EXPERTENRUNDE nahmen, d. h. in spezifischen Materialregelungen, vorgegeben ist. Das Problem: Diese Regelungen sind derzeit in der Hauptsache nur für Kunststoffe ausgearbeitet. Für andere Werkstoffe ist es erforderlich, auf Übereinstimmung mit anderen Regelwerken zu achten. Eine Bescheinigung, dass z. B. eine Schlauchleitung konform zu FDA, BfR oder der VO (EG) Nr. 1935/2004 ist, kann der Technische Händler ausstellen selbständig oder auf Grundlage der entsprechenden Erklärungen seiner jeweiligen Industriepartner. Nur sollte dieses Papier, wenn es keine Einzelmaßnahmen im Sinne der Rahmenverordnung gibt, dann nicht Konformitätserklärung heißen, sondern Bescheinigung oder Übereinstimmungserklärung z. B. mit der FDA- oder BfR-Konformität. Dipl.-Kfm. Peter Mühlberger, Vorsitzender VTH Verband Technischer Handel e. V., Geschäftsführender Gesellschafter Mühlberger-Gruppe Wir müssen mit dem Kunden ein Anforderungsprofil an Anwendungen und Produkte entwickeln. Wir brauchen klare Aussagen und müssen wissen, welche Dokumentationen wirklich benötigt werden. Das bedingt auch bei Importen deutlich mehr Konsequenz in der Umsetzung durch die Anwender. Dipl.-Volksw. Thomas Vierhaus, Hauptgeschäftsführer VTH Verband Technischer Handel e. V. Der Technische Handel ist der Know-how-Träger und der Berater schlechthin. Aber bei den vielen Konformitätserklärungen, die in Wahrheit keine sind, und den vielen Stoffen, für die es keine beschlossenen Einzelmaßnahmen gibt, können selbst wir häufig keine konkreten Informationen zur Verfügung stellen. Moderator Louis Schnabl, Fachjournalist Technik, IKBT, Institut für Bau- und Technikkommunikation Die Frage ist, wer diese unterschiedlichen Informationen zusammenführt und bündelt. Gut beraten ist, wer wie der VTH auf Networking setzt und dies beispielhaft bei der Online-Branchenplattform www.tectop-vth.de bereits realisiert. Rolf Effenberger, Vorstand VTH-Fachgruppe Schlauch- und Armaturentechnik, Abteilungsleiter Schlauch-, Armaturen & Fluidtechnik, Rala GmbH & Co. KG Der Aufwand, jegliche Konformität zu prüfen, zu dokumentieren, dem Produkt zuzuordnen, auszudrucken und langfristig zu verwalten, produziert noch keine Lebensmittelsicherheit, sondern beschäftigt viele Leute und kostet viel Geld, was das eigentliche Produkt verteuert. Heinz Siggemann, Vertriebsleiter Industrie, Henkel AG & Co. KGaA, Standort München (Garching) Mit Lebensmitteln kommen Klebstoffe in der Regel nicht in Kontakt, nur mit Verpackungsmaterialien oder Werkzeugen und dann nur ausgehärtet. Als Kontaktmaterialien eingestuft unterliegen sie bei der Konformitätserklärung den Anforderungen an Kunststoffe. Dr. Sieglinde Stähle, Dipl.-Ing. Lebensmitteltechnologie, Wissenschaftliche Leitung BLL Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e. V. Neue Regelungen im Lebensmittelrecht dürfen keinen Selbstzweck darstellen, vielmehr muss ihre Notwendigkeit wissenschaftlich per Risikoanalyse untermauert werden. Der BLL empfiehlt, nationalen Alleingängen sowie sämtlichen vom EU- Recht abweichenden Auslegungen dringend Einhalt zu gebieten. 4 Experten im Gespräch

DIE EXPERTENRUNDE Rückverfolgbarkeit Das Thema Rückverfolgbarkeit im Produktionsprozess ist für alle Beteiligten heute mehr denn je ein entscheidender Faktor. Z. B. hat der Lebensmitteleinzelhandel im Falle des Falles ein vitales Interesse daran, den Schwarzen Peter in der Kette zurückzuschieben. Wenn es nicht gerade um falsche Lagerung, Unterbrechung der Kühlkette, Ablauf von Haltbarkeitsdaten oder Fehletikettierung geht, landet dieser beim Lebensmittelhersteller bzw. -verarbeiter und der hat mit der Rückverfolgbarkeit schon größere Probleme. Bei komplexen Baugruppen und Werkstoffvermischungen sind nicht überall Chargenkennzeichnungen oder Seriennummern angebracht. Natürlich lassen sich Anlagenteile zurückverfolgen aber nicht unbedingt die Reinigungsmittel, die mit den Anlagenteilen und über diese mit Lebensmitteln in Kontakt kommen. Wo z. B. Chemisch-Technische Markenprodukte wie Schmier- oder Klebstoffe eingesetzt werden, hört die Rückverfolgbarkeit beim Gebinde auf welcher Stoff am Ende in der Maschine oder der Verpackung landete, ist nur äußerst aufwendig nachvollziehbar. Flanschdichtungen lassen sich über ihren Aufdruck mühelos identifizieren, O-Ringe nicht mehr oder in einigen Fällen nur durch aufwendige Kennzeichnungen. Gerade weil es für Prüfungen und Nachweise systembedingt Lücken gibt, ist das Bewusstsein für eine ganzheitliche Verantwortung und ihre Umsetzung so notwendig. Sicherheit Dass es in diesem sensiblen Bereich alles zu tun gilt, die geforderte Qualität zu garantieren, das wird sicherlich von niemandem in Abrede gestellt. Und keiner wird die Sinnhaftigkeit einheitlich hoher Standards und ihrer Überwachung infragestellen. Dass dieses ambitionierte Ziel bei den konkurrierenden ökonomischen Interessen der diversen internationalen Wirtschaftsräume, mit dem Nebeneinander konkurrierender Regelwerke, mit der Lückenhaftigkeit der erforderlichen Standards eher schlecht als recht zu realisieren ist, steht aber ebenso außer Frage. Es gilt daher, mit den vorhandenen Instrumenten Tag für Tag mit Augenmaß und Verantwortung umzugehen. Aber auch, das Gespräch zur Überwindung chaotischer Strukturen zu suchen und an übergreifenden Standards zu arbeiten, um diesen Qualitätsprozess einfacher und effizienter zu gestalten. Ein mühsamer Weg kleiner Schritte, auch mit Rückschritten und Stillstand statt Fortschritten! Aber es gibt keine Alternative. Dipl.-Ing. Willi Emde, Leiter Segment Industrieschläuche, ContiTech Schlauch GmbH In mehr als 20 Jahren europäischer Normungsarbeit mussten wir lernen, dass übergreifende Verordnungen von europäischer Seite verhindert wurden. Wettbewerb ist schön und gut, aber die Hürden, über die wir springen sollen, müssen für alle Marktteilnehmer gleich hoch sein. Rüdiger Schiffer, Technischer Service, OKS Spezialschmierstoffe GmbH Der qualifizierte Technische Handel als Bindeglied zwischen den einzelnen Akteuren der Lieferkette hat eine bedeutende Rolle als kompetenter Berater und Wissensvermittler. Die Beratung macht den Unterschied! Ulf Thießen, Direktor Vertrieb und Marketing, GEA Tuchenhagen GmbH Eine Reihe von Problemen könnte sich schon dadurch legen, dass wir erst einmal die Frage stellen: Geht das Ersatzteil oder das Werkstück wirklich in die Produktion? Kann der Werkstoff dem Lebensmittel wirklich schaden? Und danach ist zu entscheiden, ob Konformitätserklärungen hier tatsächlich gebraucht werden. Dipl.-Ing. (FH) Andreas Will, Leiter Entwicklung Geschäftsbereich Dichtungen, Frenzelit Werke GmbH Regulierte Werkstoffe wie Kunststoff und Kautschuk sind nur bis zu einer Anwendungstemperatur von 260 C beständig. Bei höheren Temperaturen fliegen sie dem Anwender um die Ohren. In diesem Konflikt hat für mich die Sicherheit von Leib und Leben immer Vorrang. Experten im Gespräch 5

DIE EXPERTEN Rolf Effenberger Es darf nicht sein, dass beratende Organisationen über die gesetzlich geregelten Anforderungen hinaus eigenständig höhere Anforderungen stellen, vor allem nicht, dass sie diese als Maßstab für Prüfungen nehmen. Heinz Siggemann Rückverfolgbarkeit ist für uns kein Problem. Wir können jede Charge belegen. Doch wer verfolgt, welche Charge Klebstoff wo eingesetzt wird? Man muss sich darüber im Klaren sein: Es sind immer Einzelanwendungen. Bei der Masse der Hersteller kann das keiner dokumentieren. Dipl.-Ing. Willi Emde Es gibt viele Produkte auf dem Markt, die anders als die Kunststoffe nicht geregelt sind. Dazu zählen nicht zuletzt Gummiwerkstoffe. Wir halten uns an die FDA-, die BfR- und die KTW-Vorgaben, aber schon für die Farben, die unsere Vorlieferanten z. B. für die Purpurschlange liefern, gibt es keine Zulassungen. Dr. Sieglinde Stähle Wo es um Lebensmittelverpackungen geht, ist im Interesse der Verbraucher eine Regulierung erforderlich. Aber wir müssen aufpassen, dass wir dabei nicht über das Ziel hinausschießen. Schließlich sollen die Lebensmittelhersteller mit Lebensmitteln handeln und nicht mit Papier! Rüdiger Schiffer Für die gesetzeskonforme Umsetzung der entsprechenden Maßnahmen im Umgang mit dem Schmierstoff bezüglich Lagerung und Handhabung nach dem Sicherheitsdatenblatt ist der Gefahrstoffbeauftragte des jeweiligen Betriebs zuständig. Ulf Thießen Unser Hauptwerkstoff Edelstahl ist im Blick auf den Kontakt zu Lebensmitteln völlig unproblematisch. Aber sobald andere Werkstoffe mit ins Spiel kommen, brauchen wir die Experten im Technischen Handel, die sich mit den Produkten und den (internationalen) Regularien auskennen. Für Besucher wie für Mitarbeiter: In der Lebensmittel-, Pharma- und Kosmetikproduktion gelten höchste Hygienevorschriften. Großküche: Zugelassene Kontaktmaterialien sind hier die Basis für Hygiene und Alltagsbetrieb. 6 Experten im Gespräch

DIE EXPERTEN Dipl.-Ing. (FH) Andreas Will In der AWT werden wir jeden Tag mit dem Thema Lebensmittelkonformität konfrontiert. Das sind wichtige Fragen. Wir müssen aber auch sehen: Es bestehen große Lücken in der Umsetzung. Die Kette vom Hersteller über den Handel zum Anwender ist nicht geschlossen - es gibt im Einsatz von Dichtungsmaterialien tatsächlich nicht regulierte Bereiche. In diesen Grauzonen sind Konflikte programmiert. Das beschäftigt natürlich Hersteller und Händler ebenso wie den Endkunden. Denn in der Konsequenz führen diese Grauzonen zu Rechtsunsicherheit, aber auch zu Wettbewerbsnachteilen. Dipl.-Ing. Matthias Balley, Referent für Technik und Normung im VDMA-Fachverband Nahrungsmittelmaschinen und Verpackungsmaschinen Für Materialien und Gegenstände für Lebensmittelkontakt muss, sofern per Gesetz oder Vereinbarung so festgelegt, eine Konformitätserklärung oder Bescheinigung geliefert werden. Das gilt für Maschinen und Ersatzteile. Weitergehende Unterlagen sind Bestandteil der internen Dokumentation und müssen auf Anfrage nur den Behörden vorgelegt werden. Der Betreiber der Produktionsanlage ist dafür verantwortlich, nur Ersatzteile oder Betriebsstoffe einzusetzen, die den lebensmittelrechtlichen Anforderungen ebenfalls genügen. Positionspapier des VDMA (ersetzt Ausgabe vom 19. Juni 2008) VO (EG) Nr. 1935/2004, Artikel 16 - Konformitätserklärung Materialien und Gegenstände in Berührung mit Lebensmitteln Einleitung Anlass zur Erstellung dieses Positionspapiers sind Anfragen von Anlagenbetreibern an Unternehmen des Maschinen- und Anlagenbaus, in denen, meist in Zusammenhang mit internen oder externen Audits, für eingesetzte Materialien und Gegenstände eine Erklärung der Konformität gem. VO (EG) Nr. 1935/2004 eingefordert wird. Die Verordnung selbst fordert keine Ausstellung einer Konformitätserklärung. Sie verweist vielmehr auf Einzelmaßnahmen, die erlassen werden können und in denen dann das Beifügen einer schriftlichen Erklärung vorzuschreiben ist. Diese schriftliche Erklärung wird derzeit nur für bestimmte der in Anhang I der Verordnung genannten Materialien und Gegenstände in einer Einzelmaßnahme vorgeschrieben. Außerdem enthält die Verordnung allgemeine Anforderungen an Materialien und Gegenstände (in Kontakt mit Lebensmitteln), ohne hierfür eine Konformitätserklärung zu fordern. Die oben genannten Aspekte sind Gegenstand dieses Positionspapiers. Auf Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit geht dieses Positionspapier nicht ein. Hierzu stehen das eigenständige VDMA-Positionspapier des Fachverbands zur Rückverfolgbarkeit gem. VO (EG) Nr. 1935/2004 und die Erläuterungen für VDMA-Mitgliedsfirmen zur Verfügung. Position Aus Art. 16 ergibt sich, dass in den in Art. 5 genannten Einzelmaßnahmen vorzuschreiben ist, dass den Materialien und Gegenständen, die unter die betreffenden Einzelmaßnahmen fallen, eine schriftliche Erklärung (Konformitätserklärung) beizufügen ist, nach der sie den für sie geltenden Vorschriften entsprechen. Für Materialien und Gegenstände, für die keine Einzelmaßnahme gem. Art. 5 VO (EG) Nr. 1935/2004 erlassen wurde, muss keine schriftliche Erklärung der Konformität im Sinne der Verordnung abgegeben werden. Eine schriftliche Erklärung der Konformität in Bezug auf die VO (EG) Nr. 1935/2004 muss nur abgegeben werden, wenn eine Einzelmaßnahme gemäß Art. 5 der Verordnung gilt und dies fordert. Die Übereinstimmung von Materialien und Gegenständen (in Kontakt mit Lebensmitteln) einer Maschine oder Komponente mit den allgemeinen Anforderungen gem. Artikel 3, Abs. 1 der Verordnung kann ggf. auf Vereinbarung bescheinigt werden. Für entsprechende Bescheinigungen können ggf. auch nationale Regelungen, Normen oder international anerkannte Branchenstandards herangezogen werden, sofern sie dem Anwendungsfall gemäße Aussagen zu Materialien bzw. Prüfkriterien beinhalten. Begründung Artikel 16 der VO (EG) Nr. 1935/2004 verweist unter dem Stichwort Konformitätserklärung auf Artikel 5, der wiederum auf Anhang I verweist. Dort sind Gruppen von Materialien und Gegenständen aufgeführt, für die Einzelmaßnahmen erlassen werden können. Sofern Einzelmaßnahmen erlassen werden, ist in diesen gem. Artikel 16 vorzuschreiben, dass den Materialien und Gegenständen, die unter die betreffenden Einzelmaßnahmen fallen, eine Erklärung beizufügen ist, nach der sie den für sie geltenden Vorschriften entsprechen. Die Konformitätserklärung erfolgt damit ggf. mit Bezug auf und entsprechend den Anforderungen der Einzelmaßnahme. Für Materialien und Gegenstände, für die keine Einzelmaßnahme gilt, ist damit eine Konformitätserklärung gem. Artikel 16 VO (EG) Nr. 1935/2004 nicht vorgeschrieben. Experten im Gespräch 7

Die Experten Dipl.-Ing. Matthias Balley Referent für Technik und Normung im VDMA-Fachverband Nahrungsmittelmaschinen und Verpackungsmaschinen Rolf Effenberger Vorstand VTH-Fachgruppe Schlauch- und Armaturentechnik, Abteilungsleiter Schlauch-, Armaturen & Fluidtechnik, Rala GmbH & Co. KG (Ludwigshafen) Dipl.-Ing. Willi Emde Leiter Segment Industrieschläuche, ContiTech Schlauch GmbH (Korbach) Dipl.-Kfm. Peter Mühlberger Vorsitzender VTH Verband Technischer Handel e. V., Geschäftsführender Gesellschafter Mühlberger-Gruppe (Mainz-Kastel) Rüdiger Schiffer Technischer Service, OKS Spezialschmierstoffe GmbH (Maisach) Heinz Siggemann Vertriebsleiter Industrie, Henkel AG & Co. KGaA, Standort München (Garching) Dr. Sieglinde Stähle Dipl.-Ing. Lebensmitteltechnologie, Wissenschaftliche Leitung BLL Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e. V. (Berlin) Ulf Thießen Direktor Vertrieb und Marketing, GEA Tuchenhagen GmbH (Büchen) Dipl.-Volksw. Thomas Vierhaus Hauptgeschäftsführer, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied VTH Verband Technischer Handel e. V. (Düsseldorf) Dipl.-Ing. (FH) Andreas Will Leiter Entwicklung GB Dichtungen, Frenzelit Werke GmbH (Bad Berneck) Moderator: Louis Schnabl Fachjournalist Technik, Institut Kommunikation Bau & Technik (Düsseldorf) Die 10 wichtigsten Forderungen 1. Regelungen wie für Kunststoffe auch für alle anderen Werkstoffe einführen 2. einheitliches System statt Parallelvorschriften 3. europäische Vereinheitlichung der Auflagen, um Wettbewerbsgerechtigkeit herzustellen 4. beratende Organisationen dürfen nicht eigenständig höhere Anforderungen stellen und dies als Maßstab für Prüfungen nehmen 5. neben Herstellern, Handel und Anwendern auch Instandhalter und Reinigungsdienstleister in die Pflicht nehmen 6. Anforderungen an Rückverfolgbarkeit eindeutig regeln 7. Komprimierung komplexer Regelungen und Kommunikation durch Sofortinformationen 8. vor Konformitätsforderungen erst einmal fragen: Was kommt wirklich mit Lebensmitteln in Kontakt? 9. bei aller Regelungswut Maß halten: vernünftiges Verhältnis Aufwand Nutzen Kosten 10. nicht wursteln, sondern aktiv kommunizieren und offensiv gemeinsam auf optimierte Regelungen hinarbeiten. HS Public Relations GmbH, Louis Schnabl, Marbacher Straße 114, 40597 Düsseldorf, Fon +49 211 90486-10, Fax +49 211 90486-11, louis.schnabl@hs-pr.de, www.hs-pr.de Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und sonstige Verwendung auch auszugsweise nur mit Genehmigung. Rechtliche Ansprüche können aus dieser Broschüre nicht abgeleitet werden. Das Expertengespräch als Download: Kostenlos unter www.tectop-vth.de Top-Themen www. tectop Die TECHNIK-Suchmaschine -vth.de