4 Benetzungseigenschaften



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Transkript:

als beim natürlichen Vorbild, dem Lotusblatt, doch konnten die Benetzungseigenschaften mit den Nano@Mikropartikeln in gewünschter Weise beeinflusst werden konnten, wie das nächste Kapitel zeigen wird. 4 Benetzungseigenschaften Im Folgenden werden die Kontaktwinkel von Wassertropfen (Abb. 1.4a) auf den Oberflächen der Schichten und Filme aus Kap. 3 diskutiert. Der Fokus wird auf der Unterscheidung zwischen hydrophoben und ultrahydrophoben Oberflächen liegen, der ein Mechanismuswechsel der Benetzung zugrunde liegt (Abb. 1.5). Die in Kap. 3 beschriebenen Präparate weisen die in Abb. 4.1 angedeuteten Oberflächenprofile der Silikapartikel auf. Alle sind gekennzeichnet durch den submikroskopischen Nächstnachbarabstand der Silikakerne, die bei den geordneten Silikaschichten (Abb. 3.2) dicht an dicht und in den ungeordneten (Abb. 3.3) sowie in den Hybridfilmen (Abb. 3.10) etwas voneinander getrennt vorliegen. Bei den ungeordneten Silikaschichten und den Silika-Polymer-Blends kommt eine gröbere Größenskala hinzu, weil sich Domänen auftun, in denen in der obersten Schicht keine Silikakerne liegen (Abb. 3.3 und Abb. 3.17). So kommt eine mikroskopischsubmikroskopische Strukturhierarchie zustande. Diese kennzeichnet auch die Schichten der Nano@Mikro-Partikel, die sich aber darüber hinaus noch durch die nanoskopische Größenskala ihrer Nanopartikel auszeichnen, so dass ihre Strukturhierarchie aus drei Skalen besteht. Alle Oberflächen wurden zusätzlich mit Fluor- oder Alkylsilanen hydrophobiert. Welche von diesen Oberflächen sich als ultrahydrophob erweisen würden, war nicht vorhersehbar. Die Größenskalen der in Kap. 1 referierten Lotus-Präparate sind so verschieden, dass aus der Literatur keine Hinweise abgeleitet werden konnten. Sicher war nur, dass das Lotusblatt, das sich durch mikrometergroße Noppen im Abstand von etwa zehn Mikrometer und einer Oberfläche aus nanoskopisch feinen Wachshärchen auszeichnet, ultrahydrophob ist (Abb. 1.2). 69

Abb. 4.1. Profile und Skalen der Schichten und Filme aus Kap. 3, Skalen von 0,1, 0,5 und > 1 µm, rot: hydrophobe Deckschicht 4.1 Kontaktwinkel Die Benetzung von Festkörperoberflächen durch flüssige Tropfen hängt von den Oberflächenspannungen der festen (γ s ) und flüssigen Phase (γ l ) und von der Grenzflächenspannung (γ sl ) zwischen beiden ab. Die Spannungen, definiert als Arbeit beim Vergrößern der jeweiligen Fläche, sind immer (γ s und γ l ) oder meist (γ sl ) positiv, was bedeutet, dass sie die zugehörigen Flächen zu minimieren suchen. Am Rand eines aufsitzenden Tropfens (sessile drop, Abb. 4.2) liegt ein Dreiphasenpunkt, an dem die Flüssigkeit, der Feststoff und Luft zusammentreffen. Der Kontaktwinkel θ (Randwinkel, Benetzungswinkel) des Tropfens stellt sich nach der Young-Gleichung ein gemäß dem Kräftegleichgewicht [144] γ = γ γ cosθ (4.1) s sl + l 70

Abb. 4.2. Tropfen auf einer festen Oberfläche: Dreiphasenpunkt (3), Kontaktwinkel θ und Vektoren für die Oberflächenspannungen des Substrats (γ s ) und der Flüssigkeit (γ l ) und die fest-flüssig- Grenzflächenspannung (γ sl ) [145] Bei den Grenzfällen vollständiger und verschwindender Benetzung spreitet der Tropfen entweder auf der Oberfläche gänzlich oder er sitzt auf ihr in beinahe perfekter Kugelgestalt. Messbar sind der Kontaktwinkel θ und die Oberflächenspannung, die mit der Ring- Methode von Lecomte de Noüy, der Wilhelmy-Platten-Methode und der Methode des hängenden Tropfens (pendant drop) bestimmt werden kann [146]. Diese Informationen reichen aber nicht aus, um mit Gl. 4.1 die Oberflächenspannung γ s von Festkörpern zu messen, weil sich daraus nur die Differenz γ s -γ sl ergibt. Deshalb hält die Suche nach geeigneten experimentellen Methoden für die Oberflächenspannungen von Festkörpern heute noch an [147]. Bisher müssen sie immer noch berechnet werden [148]. In vergleichenden Studien ist die Kenntnis genauer γ s -Werte aber oft nicht nötig. In der Differenz γ s -γ sl dominiert in der Regel die Oberflächenspannung γ s, so dass aus Messreihen von Kontaktwinkeln θ, die zwischen Tropfen der gleichen Flüssigkeit und verschiedenen festen Oberflächen gemessen werden, annähernd die Veränderungen in den zugehörigen Oberflächenspannungen widerspiegeln. Die einfache Young-Gleichung Gl. 4.1 erweckt den Eindruck, dass der Kontaktwinkel θ und damit die Benetzung nur von den beteiligten Spannungen abhängt. Dies gilt jedoch nur für glatte Oberflächen. Strukturierte Oberflächen entziehen sich bisher der exakten Analyse. Von Wenzel [149] [150] und Cassie wurden aber die wesentlichen Mechanismen der Benetzung identifiziert, die schon in Abb. 1.5 skizziert wurden. Die 71

Benetzung kann homogen oder heterogen sein [151] [152]. Der Unterschied wird in Abb. 4.3 nochmals verdeutlicht. [153] [154] Abb. 4.3. a b Grenzfälle der Benetzung: (a) homogen nach Wenzel, (b) heterogen nach Cassie Ein homogen benetzender Tropfen (Abb. 4.3 a) dringt in alle Vertiefungen der Struktur ein und bedeckt die raue Oberfläche somit ganz. Nach Wenzel hängt der Kontaktwinkel θ* vom Rauigkeitsfaktor ab, der das Verhältnis der tatsächlichen Oberfläche zur zugehörigen glatten Oberfläche darstellt. Er ergibt sich aus dem von Gl. 4.1 beschriebenen Winkel θ der glatten Oberfläche nach: cosθ* cosθ =r (4.2) Bei einfachen, regelmäßigen Strukturen kann der Rauigkeitsfaktor berechnet werden. Aus Gl. 4.2 resultiert, dass hydrophile Oberflächen (θ < ) noch hydrophiler und hydrophobe (θ > ) noch hydrophober werden. [155-157] Ein heterogen benetzender Tropfen (Abb. 4.3b) liegt nur auf den Spitzen der Oberflächenstruktur und schwebt somit über den Tälern [158]. Der resultierende Kontaktwinkel θ kann über die Flächenanteile von Wasser, Luft und Substrat berechnet werden (f 1 : Wasser-Substrat, f 2 : Luft-Substrat, f 1 + f 2 = %) und ergibt sich aus dem Winkel θ nach Young zu: [159] [160] cos θ * = f1 cosθ f 2 (4.3) 72

Die beiden Gleichungen werden durch Abb. 4.4 veranschaulicht [161]. Bei θ > erhöht die Rauigkeit immer den Kontaktwinkel (θ*>θ). Im Wenzel-Modell nimmt der Winkel mit der Rauigkeit r zu, im Cassie-Modell mit dem Luftanteil f 2. 1 160 150 cos θ 0,0-0,2-0,4-0,6-0,8-1,0-1,0 r = 1.8 r = 2 r = 1.6 f = 0.8 r = 1.4-0,8 Cassie r = 1.2 f = 0.6-0,6 θ [ ] f = 0.4-0,4 cos θ 110 f = 0.2 Wenzel -0,2 110 θ [ ] 150 160 1 0,0 Abb. 4.4. Homogene Benetzung nach Wenzel (Gl. 4.2) bei verschiedenen Rauigkeiten r und heterogene Benetzung nach Cassie (Gl. 4.3) Die Gerade nach Wenzel erreicht bei hohen Winkeln die Obergrenze von θ* = 1, in deren Nähe das Modell seine Gültigkeit verliert. Da der jeweils kleinere Kontaktwinkel den spannungsärmeren Zustand charakterisiert, wird der Übergang von der Wenzel- zur Cassie-Benetzung am Schnittpunkt der Geraden angesetzt: Ultrahydrophobe Oberflächen produzieren schwebende Cassie-Tropfen, hydrophobe nicht schwebende Wenzel-Tropfen. 73

a b Abb. 4.5. Wasser auf Substraten: (a) schwebender Tropfen nach Cassie [162], (b) liegender Tropfen nach Wenzel [163] [164] Schon in Kap. 1 wurde erwähnt, dass die Cassie-Benetzung fast immer die Voraussetzung für alle Kriterien ist, die in Abb. 1.4 zusammengestellt sind. Dies wird sich im Folgenden bestätigen. Nur in Ausnahmefällen [165] wurde in der Literatur beobachtet, dass Tropfen bei sehr hohen Kontaktwinkeln dennoch nach Wenzel benetzen. 4.2 Statische Kontaktwinkelmessung In dieser Arbeit wurden alle Kontaktwinkel mit Wassertropfen gemessen. Wasser hat mit 72 mn/m nach Quecksilber (γ Hg = 484 mn/m) die höchste Oberflächenspannung aller Flüssigkeiten. Dies gewährleistet gut zu vermessende Tropfenkonturen, die nur dann entstehen, wenn die Oberflächenspannung der Flüssigkeit die des Substrats übertrifft. 4.2.1 Methodik Bei der statischen Kontaktwinkelmessung wird ein Tropfen mit definiertem Volumen an einer Kanülenspitze gebildet und anschließend auf der zu vermessenden Oberfläche abgesetzt. Bei modernen Kontaktwinkelmessgeräten (Abb. 4.6) wird der Tropfen exakt reproduzierbar in einer automatischen Mikroliterdosiereinheit gebildet. Dann wird der an der Kanüle hängende Tropfen maschinell in einem vorgegebenen Bewegungsablauf auf der Oberfläche abgesetzt, indem die Kanüle zur Substratoberfläche gefahren wird. 74

Dosiersystem Digitalkamera Hintergrundbeleuchtung Probentisch Abb. 4.6. Kontaktwinkelmessgerät (Krüss GmbH DSA ) Sobald der Tropfen die Oberfläche berührt, löst er sich von der Nadel und haftet auf der Fläche (Abb. 4.7). Der vor einer beleuchteten Mattscheibe ruhende Tropfen wird fotografiert, worauf ein Auswerteprogramm seine Kontur abbildet und den Kontaktwinkel berechnet. Die Automatisierung hat den Vorteil, dass personenabhängige Fehler vermieden werden, die bei Geräten auftreten, bei denen die Tangente noch unter Mikroskopeinsicht per Augenmaß festgelegt wird. Für vergleichbare Messungen ist weiterhin wichtig, dass der Winkel immer nach derselben Zeit nach dem Absetzen des Tropfens auf die Oberfläche gemessen wird, weil bei dem sehr kleinen Tropfenvolumen von 5 µl der Verdunstungseffekt auf den Kontaktwinkel schon in wenigen Minuten einen deutlichen Effekt hat. 75

a b Abb. 4.7. Absetzen eines 5 µl-tropfens auf einem Substrat: (a) Tropfen an der Kanüle, (b) abgesetzter Tropfen mit der charakteristischen Kontur, die ausgewertet wird Tab. 4.1 gibt einen Überblick über Kontaktwinkel von Wassertropfen auf einigen glatten Oberflächen. Der Kontaktwinkel reagiert empfindlich auf die chemische Struktur der Substrate. Seine Korrelation mit polaren Funktionen in den Polymerketten ist offensichtlich. Verwendet man Silane zur Oberflächenmodifizierung von Silizium-Wafern, wirken sich deren Alkyl- und Fluoralkylsubstituenten hydrophobisierend aus. Tab. 4.1. Kontaktwinkel von Wasser auf verschiedenen Substraten mit glatter Oberfläche Substrat Kontaktwinkel [ ] Polyphythanylmethacrylat [155] 122 Polyperfluorheptylmethylmethacrylat [144] 118,5 Silizium-Wafer, beschichtet mit 114 Heptadecafluordecyltrimethoxysilan [167] C 10 H 4 F 17 Si(OCH 3 ) 3 Silizium-Wafer, beschichtet mit Tridecafluoroctyldimethylchlorsilan C 8 H 4 F 13 Si(CH 3 ) 2 Cl (PFOS) [170] 113 Polytetrafluorethylen [144] [169] 108-110 Paraffin [144] 108 Polystyrol [166] [144] 88-95 Polytrifluorethylen [144] 92 Poly-n-butylmethacrylat [144] 91 Polymethylmethacrylat [171] 74 Polyamid-6,6 [144] 72 76

Die Tabelle verdeutlicht auch, dass auf glatten Flächen bei ungefähr θ = ein Grenzwert erreicht ist. Aufmerksamkeit erregte kürzlich der in Abb. 4.8 dargestellte Methacrylester, mit dem der bisher höchste Winkel in Polymeren ohne Fluoranteile erreicht wurde. [155] O O CH 3 CH 3 CH 3 CH 3 CH 3 Abb. 4.8. Polyphythanylmethacrylat, das Polymer mit dem höchsten Kontaktwinkel auf glatten Flächen von θ = 122 4.2.2 Schichten aus Silikapartikeln Die geordneten und ungeordneten Silikaschichten aus Abb. 3.2 und Abb. 3.3 wurden, um sie hydrophob auszurüsten, mit 1H,1H,2H,2H-Perfluoroctylmethyldichlorsilan (PFOS, Abb. 4.9) in einem einfachen CVD-Prozess beschichtet. Zuvor wurden die Silikaschichten, um Kontaminationen der Oberfläche zu entfernen und alle Silanolgruppen zu aktivieren, 10 min im Sauerstoffplasma bei 200 W behandelt und dann erst mit dem Chlorsilan in Kontakt gebracht. Die Schichten wurden zusammen mit 50 mg PFOS in einen 2l-Exsikkator verbracht und dort bei erniedrigtem Druck 24 h lang belassen. Obwohl das Dichlorsilan aggressiven Chlorwasserstoff abspaltet, ist es für diesen Prozess den Methoxy- und Ethoxyestersilanen vorzuziehen, weil es deutlich reaktiver ist. Seine Hydrolyseempfindlichkeit an Luft spiegelt diese Tatsache durch Salzsäurerauch eindrucksvoll wieder. Die hohe Reaktivität gewährleistet, dass die Hydrophobierung vollständig ist. Abb. 4.9. C H 3 Cl Si Cl F F F F F F F 1H,1H,2H,2H-Perfluoroctylmethyldichlorsilan F F F F F F 77

Die geordneten Silikaschichten hatten den Vorteil einer geometrisch eindeutig definierten Oberfläche aus hexagonal gepackten Silikapartikeln (Abb. 4.10a), deren Rauigkeit r nach Wenzel leicht zu berechnen ist. Das Motiv der Struktur ist in Abb. 4.10b von oben und in Abb. 4.10c von der Seite abgebildet. Die Oberfläche ergibt sich aus drei Sektoren der drei benachbarten Kugeln und dem flachen Zwickel zwischen ihnen. Die resultierende Fläche A, bezogen auf die projizierte Grundfläche A proj, ergibt unabhängig vom Kugelradius einen Rauigkeitswert nahe r = 2: A π r = = 1+ 1,91 (4.4) 2 3 A proj a b c Abb. 4.10. Rauigkeit einer geordneten Silikaschicht: (a) REM-Aufnahme, (b, c) Profileinheit, (b) von oben, (c) von der Seite [172] Der Kontaktwinkel sollte danach laut Gl. 4.2 durch das Oberflächenprofil auf θ = 138 ansteigen, wenn man für eine mit PFOS behandelte glatte Fläche θ = 113 (Tab. 4.1) zugrunde legt. Gemessen wurde, für Schichten aus Silikapartikeln mit Durchmessern von 300 500 nm, mit θ = immer ein etwas geringerer Wert, in Übereinstimmung mit Werten aus der Literatur [170]. Andere fluorierte Kugelschichten lieferten Kontaktwinkel im gleichen Bereich. Eine mit Polystryrol oder Polypentafluorstyrol modifizierte geordnete Silikaschichten mit Partikeldurchmessern von 0,1-1,2 µm erreichte Kontaktwinkel bis ungefähr. Ein ähnlicher Wert wurde an Schichten aus 400 nm großen Polystyrolkugeln gemessen, deren Oberfläche erst mit einem Goldfilm besputtert und dann mit Octadecanthiol (θ glatt = 114 ) behandelt wurde. [173] 78

Diese Ergebnisse zeigen, dass geordnete, sphärisch strukturierte Oberflächen mit ihren relativ niedrigen Kontaktwinkeln der Gleichung von Wenzel gehorchen. Bei Schichten aus quadratischen Prismen wurde dagegen ein Wechsel vom Wenzelzum Cassie-Mechanismus schon über r = 1,23 berichtet [167]. Solche Ausnahmen sind angesichts der einfachen Form der Gleichungen von Wenzel und Cassie nicht verwunderlich. An den ungeordneten Silikaschichten wurde mit θ = 127 praktisch der gleiche Winkel gemessen wie bei den geordneten. Dies war nicht zu erwarten, weil der Vergleich der beiden Oberflächen in Abb. 3.2 und Abb. 3.3 doch deutliche Unterschiede in der Oberflächenstruktur offenbart: Die ungeordnete Schicht weist nicht nur die schlechtere Nahordnung auf, sondern bildet auch eine Oberfläche aus mehr als einer Lage. Mindestens zwei Lagen sind in der Aufsicht erkennbar. Die oberste Lage ist unvollständig, weshalb die Rauigkeit der Oberfläche verstärkt sein sollte. In den Kontaktwinkeln schlägt sich der Strukturunterschied aber nicht nieder. Literaturdaten bestätigen dies: An Schichten aus mit Heptadecafluordecylsilan modifizierten 300 nm Silikapartikel wurde der gleiche Kontaktwinkel gemessen [174], und ebenso an noch weniger geordneten Oberflächen aus polydispersen, octadecylmodifizierten SiO 2 -Kugeln mit einem Durchmesser von nm. [175] 4.2.3 Kernschale-Hybridfilme Die plasmageätzten Filme aus Kernschale-Hybridpartikeln (Abb. 3.9 3.12) wurden in dieser Arbeit mit großen Hoffnungen entwickelt, weil die Polymermatrix ihnen mechanische Festigkeit verleiht. Bei ihnen kam aber die Komplikation hinzu, dass sie oberflächlich aus zwei Phasen bestehen, den Silikakernen und, zwischen ihnen, der Polymermatrix. Im Folgenden wird sich erweisen, dass dieser Umstand die Benetzungseigenschaften erheblich beeinflusste. Die Filme wurden bei verschiedenen Ätztiefen und damit mit verschieden ausgeprägtem Oberflächenprofil (Abb. 3.10) untersucht. 79

4.2.3.1 SiO 2 csp(s 70 EA 30 )-Hybridfilme Zunächst werden die Hybridfilme mit der Zusammensetzung S:EA = 70:30 mit 300-500 nm großen Silikakernen besprochen, weil diese die regelmäßigsten Oberflächenstrukturen geliefert hatten (Abb. 3.10). Die Filme wurden verschiedene Zeiten mit 200 W Plasmaleistung geätzt und dann mit PFOS fluoriert. θ [ ] 135 125 300 nm SiO 2 115 400 nm SiO 2 110 105 500 nm SiO 2 95 85 75 70 65 60 0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 Ätzzeit [min] Abb. 4.11. Kontaktwinkel von PFOS-modifizierten SiO 2 csp(s 70 EA 30 )-Hybridfilmen nach verschiedenen Ätzzeiten Das Ergebnis war zunächst enttäuschend. Die Kurven in Abb. 4.11 beginnen bei θ = 73 für die nicht geätzten und nicht fluorierten Filme (Tab. 4.1). Dann sinkt der Kontaktwinkel auf den geätzten und fluorierten Filmen zunächst, um anschließend nur mäßig wieder anzusteigen, und zwar nie über 110. Offensichtlich hatte sich das Fluorierungsmittel PFOS nicht durchgesetzt. Die Begründung ist in Abb. 4.12 skizziert: Der Originalfilm hat eine Polymeroberfläche, aus der die Silikakerne wegen der Kernschale-Architektur der Partikel nicht herausragen. Seine Oberfläche ist charakterisiert durch die Substituenten der Monomeren Styrol und Ethylacrylat. Beim Ätzen wird die Oberfläche aber hydrophiliert, und zwar sowohl auf den nun zunehmend herausragenden Silikapartikeln als auch auf der Polymeroberfläche. Beide sind besetzt mit Hydroxyfunktionen. Beim Fluorieren mit dem Silan PFOS werden aber offensichtlich nur die SiOH-Funktionen fluoriert, während die Hydroxyalkylfunktionen unverändert bleiben. Daraus erklärt sich das Minimum des Kontakt-

winkels in Abb. 4.11. Die noch überwiegend polymere Oberfläche ist hydrophil. Mit zunehmender Ätztiefe wird die Oberfläche immer mehr von den Silikapartikel beherrscht, so dass sich deren Fluorierung immer mehr durchsetzt. Der Kontaktwinkel steigt, aber nicht im erwünschten Maß, weil die Hydroxyalkylfunktionen nie ganz verschwinden. O OC2H5 SiO 2 Poly Plasma HO OH Si Plasma HO Si OH PFOS (CF 2 ) 6 (CF 2 ) 6 (CF 2 ) 6 PFOS HO Si Si Si OH Abb. 4.12. Hybridfilme im Original, (b) nach dem Ätzen, (c) nach dem Fluorieren mit PFOS, (d) wie (c) bei erhöhter Ätztiefe Die somit hydrophile Polymeroberfläche zieht Wassertropfen an. Damit ist der Beweis erbracht, dass sphärisch strukturierte Oberflächen homogen nach Wenzel benetzt werden. 4.2.3.2 Modifizierte Hybridfilme Weil die Hybridfilme mit den 300 nm Kernen in Abb. 4.11 immerhin den höchsten Kontaktwinkel erreichten, wurde mit dieser Kerngröße weitergearbeitet. Die Polymerschalen wurden mit den in Abb. 2.17 vorgestellten hydrophoben Comonomeren modifiziert. Wie aber Abb. 4.13 zeigt, halfen diese Comonomeren nicht, was bestätigt dass, die beim Ätzen hydrophilierte Matrix den Kontaktwinkel senkt. 81

θ [ ] 135 125 115 110 105 95 85 75 70 65 P(TFA 10 EA 20 S 70 ) P(DMA 10 EA 20 S 70 ) P(EA 30 S 70 ) 60 0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 Ätzzeit [min] Abb. 4.13. Kontaktwinkel von PFOS-modifizierten Hybridfilmen aus 300 nm Silikakernen und modifizierten Polymerschalen, im Vergleich mit SiO 2 csp(s 70 EA 30 ) aus Abb. 4.11 Deshalb wurde die Polymermatrix ebenfalls mit Silanfunktionen ausgestattet, damit PFOS auch an ihr angreifen kann. In der Schale wurde EA teilweise oder vollständig gegen das Silanmonomere MPTTS in Abb. 2.17c ausgetauscht. Die Kontaktwinkel von Schichten aus Hybridpartikeln SiO s csp(p 70 EA 30-x MPTTS x ) in Abb. 4.14 beweisen, dass die MPTTS-Modifizierung außerordentlich nützlich war. θ [ ] 135 125 115 110 105 95 85 75 70 65 60 30 % MPTTS 22,5 % 15 % 7,5 % 1 3 5 7 9 11 Ätzzeit [min] Abb. 4.14. Kontaktwinkel von PFOS-modifizierten Hybridfilmen aus SiO 2 csp(s 70 EA 30-x MPTTS x ) aus 300 nm Silikakernen 82

Winkel bis θ = 135 wurden erreicht. In Abb. 4.15 ist skizziert, dass sowohl die Funktionen auf den Partikeln als auch diejenigen des MPTTS in der Polymermatrix beim Plasmaätzen in SiOH-Funktionen umgewandelt werden, die dann fluoriert werden, so dass eine vollständige Fluoroberflächenschicht entsteht. Si Si O O Si O Si HO Si OH Plasma Si Poly SiO 2 (CF 2 ) 6 (CF 2 ) 6 PFOS Si Si Abb. 4.15. Vollständige Fluorierung von Schichten aus Hybridpartikeln SiO 2 csp(s 70 MPTTS 30 ) mit PFOS Die Erhöhung des Kontaktwinkels auf dem SiO 2 csp(mptts 30 S 70 )-Film ist in Abb. 4.16 augenfällig. Abb. 4.16. a b Form eines 5 µl-tropfens auf mit PFOS hydrophobierten Hybridfilmoberflächen nach 3 min Ätzzeit: a) 300 nm SiO 2 csp(ea 30 S 70 ), θ = 108 b) 300 nm SiO 2 csp(mptts 30 S 70 ), θ = 135 83

Dass die MPTTS-Modifizierung in der Polymermatrix, die auf der Oberfläche in den Tälern liegt, diesen Effekt hervorrufen konnte, beweist aber eindeutig, dass die Wassertropfen bis in diese Tälern hineinreichten. Auch diese Oberflächen werden also nach Wenzel benetzt und sind somit hydrophob, aber nicht ultrahydrophob. Dafür spricht auch, dass die Kontaktwinkel in Abb. 4.14 zwar recht hoch sind, aber die Grenze von nicht überschreiten. 4.2.3.3 Additiverung mit Nano-Silikapartikeln Da sich erwiesen hatte, dass die Polymermatrix der Hybridfilmen mit Silanfunktionen durchsetzt werden muss, damit sie fluoriert werden kann, wurde noch eine preiswertere Alternative getestet. Die Polymermatrix wurde mit nanoskopischen Silikapartikeln durchsetzt. SiO 2 -P(EA 30 S 70 )-Hybridpartikeln wurde im Extruder nanopartikuläre pyrogene Kieselsäure (Aerosil OX50) in 10 Gew.-% Konzentration zugemischt [176]. Diese einfache Maßnahme erreichte tatsächlich das gleiche Ziel, wie Abb. 4.17 zeigt. θ [ ] 135 125 115 110 105 95 85 75 + 10% Aerosil OX50 300 nm SiO 2 400 nm 500 nm 70 65 60 0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 Ätzzeit [min] Abb. 4.17. Kontaktwinkel von PFOS-modifizierten Hybridfilmen aus SiO 2 csp(s 70 EA 30 ) und Aerosil OX50 Extrusion: Jeweils 2,7 g Hybridmaterial wurden mit 0,3 g Aerosil OX 50 in einer Reibschale vorgemischt und dann 5 min bei 1 C im Mikroextruder extrudiert. Anschließend wurden aus dem Extrudat in der Laborplattenpresse bei 1 C und 50 bar Filme hergestellt. 84

4.2.3.4 Hybrid-Polymer-Partikelblends In Abb. 3.15 wurden Blends aus zwei verschiedenen Kernschale-Partikeln vorgestellt, die beide eine silanhaltige Polymerschale aus P(S 70 MMPTS 22.5 EA 7.5 ) trugen, und zwar im einen Fall auf einem Silika- und im anderen auf einem vernetzten Polymerkern. Diese Blends waren hergestellt worden, weil die Polymerpartikel nach Abb. 3.16 den mittleren Abstand zwischen den Silikakernen vergrößern. Dadurch sinkt zwar die Rauigkeit der Oberfläche, es war aber nicht auszuschließen, dass mit diesen Blends ein optimaler Kern-zu-Kern-Abstand gefunden werden kann. Es ist informativ, die Voraussage der Wenzel-Gleichung für diese Blends zu berechnen. In Abb. 4.18a ist die Kugelpackung der Kernschale-Partikel skizziert, in der die Silikakerne nicht mehr wie in Abb. 4.8b dicht an dicht liegen, sondern von ihren deformierten Schalen getrennt werden. In den Blends kann der Anteil der Polymerpartikel als äquivalent einer Schalenverdickung aufgefaßt werden. Aus der komplizierten Geometrie ergibt sich als Verallgemeinerung von Gl. 4.4 für den Rauigkeitswert r A 2πb b 3(1 ϕ) ϕ 2 3 SiO2 = = 1+ = (4.5) 2 Aproj a 3 a 8π 2 mit dem Volumenanteil des Silikakerns in seinen Hybridpartikeln ϕ SiO2 = 23 Vol.-%, und dem Volumenanteil der Polymerpartikel im Blend ϕ. Die Rauigkeit von Schichten der reinen Silika-Hybridpartikel (ϕ = 0) liegt bei r = 1.42, die der Blends mit steigendem Anteil ϕ bei den fallenden Werten in Abb. 4.18b. 85

1,5 1,4 r 1,3 1,2 0 1 0 2 0 3 0 4 0 5 0 6 0 7 0 ϕ [% ] a b Abb. 4.18. Theoretische Rauigkeitswerte von sphärisch strukturierten Oberflächen in Abhängigkeit vom Kugel-Kugel-Abstand Die Kontaktwinkel der Blends werden in Abb. 4.19 gezeigt. Etwas überraschend stellt sich heraus, dass die Wenzel-Gleichung Gl. 4.2 die Veränderungen der Blendzusammensetzung und damit des Rauigkeitsfaktors nach Gl. 4.5 kaum zur Kenntnis nimmt. Der auf θ = 113 für eine glatte PFOS-Oberfläche gegründete Winkel für Schichten der reinen Hybridpartikel ergibt sich zu θ = 124, und daran ändert das Zumischen der Polymerpartikel wenig. Die Messungen spiegeln die Abnahme der Rauigkeit deutlicher wider. Vermutlich liegt das daran, dass die Hybrid- und Polymerpartikel sich in den Blends nicht statistisch miteinander mischen, sondern Domänen bilden, die in Abb. 3.17 zu erkennen sind. Die Tropfen benetzen deshalb einen Flickenteppich aus Hybrid- und Polymerdomänen. 86

θ [ ] 135 125 115 110 105 95 85 75 70 65 60 0 10 20 30 40 50 60 70 ϕ [%] Gl. 4.5 1 min 2 min 3 min Abb. 4.19. Kontaktwinkel von PFOS-modifizierten Hybrid-Polymer- Blendoberflächen mit steigendem Anteil ϕ der Polymerpartikel, schwarze Kurve nach Gl. 4.5 Als Mittel zur Steigerung des Kontaktwinkels bewährten sich die Blends somit nicht. Anzeichen eines besonders ausgezeichneten Kern-zu-Kern-Abstands sind nicht zu erkennen. 4.2.4 Schichten aus Nano@Mikro-Partikeln Die bisherigen Untersuchen an Profilen aus Halbkugeln hatten nie zur Ultrahydrophobie geführt. Die Werte blieben immer unter dem Grenzwinkel von des Wenzel-Mechanismus. In einer Literaturstudie [177] an Oberflächen hydrophobisierter Oberflächen aus polydispersen PS-Kugeln von 1-4 µm Durchmesser wurde dieses Verhalten ebenfalls festgestellt. Diese PS-Oberflächen zeichneten sich durch eine gröbere Aggregatstruktur aus, ähnlich wie in dieser Arbeit bei den ungeordneten Silikaschichten in Abb. 3.3 und den domänenbildenden Oberflächen der Blendfilme in Abb. 3.17. Daraus ist der Schluss zu ziehen, dass eine Strukturhierarchie aus Abständen im Zehntelmikrometerbereich (Silika- und Hybridkugeln) und größeren Abständen im Mikrometerbereich (Aggregate) nicht dazu ausreicht, Ultrahydrophobie herbeizuführen. Anscheinend ist eine nanoskopische Feinstruktur, wie sie beim Lotusblatt 87

durch Wachshärchen realisiert ist, für den ultrahydrophoben Effekt unabdingbar. Im Folgenden wird der Beweis erbracht, dass die Strukturhierarchie der Nano@Mikro- Partikel tatsächlich für ultrahydrophobes Verhalten sorgt. Untersucht wurden Schichten der neun in Abb. 2.21 vorgestellten Nano@Mikro- Partikel mit verschieden großen Nano- (40- nm) und Mikropartikeln (300-500 nm). 4.2.4.1 Strategien zur Hydrophobierung Die Nano@Mikro-Partikel sind nach ihrer Synthese hydrophil, da sie durch die Kombination der Nano- und Mikrosilikapartikel über die Silane APS und GPS synthetisiert wurden (Abb. 2.19). Sie sind mit überschüssigen APS- und GPS-Molekülen besetzt, deren Amino- und Epoxyfunktionen (eventuell umgewandelt in Etherfunktionen) durchaus nicht hydrophob sind. Die Oberfläche musste deshalb chemisch hydrophobiert werden, wozu sich die beiden in Abb. 4.20 formulierten Strategien anboten. Vor der Behandlung mit den hydrophobierenden Silanen PFOS oder Dichlordimethlysilan (DMS) wurden die Originalsilane APS und GPS entweder im Plasma oder bei hohen Temperaturen beseitigt. PFOS DMS PFOS, DMS PFOS, DMS PFOS DMS PFOS DMS Abb. 4.20. Oberflächen der Nano@Mikro-Partikel und ihre Hydrophobierung mit den Silanen PFOS oder DMS 88

4.2.4.2 Oberflächenaktivierung durch Plasma Prinzipielle Untersuchungen zur chemischen Hydrophobierung wurden an Schichten aus @400-Partikeln mit dem Fluorsilan PFOS durchgeführt. In Abb. 4.21 werden die Effekte demonstriert. Die unbehandelte Nano@Mikro-Fläche ist eindeutig hydrophil (Abb. 4.21a). Als sie mit PFOS behandelt wurde, stieg der Kontaktwinkel auf den Wert von θ = (Abb. 4.21b), der schon mehrfach als Obergrenze für hydrophobes Verhalten nach Wenzel zitiert wurde. Laut Abb. 4.20 ist diese merkliche, aber unzureichende Hydrophobierung darauf zurückzuführen, dass die SiCl-Funktionen des PFOS auf den Partikeln nicht viele Ankerpunkte finden. Kopplungsfähig sind nur die verbliebenen OMe-Funktionen der Silane APS und GPS. Dementsprechend schwach ist die resultierende Oberflächenbelegung durch PFOS. a b c Abb. 4.21. Kontaktwinkel von 5 µl-tropfen auf @400-Nano@Mikro- Partikelschichten: (a) ohne PFOS (θ = 56 ), (b) mit PFOS (θ = ), (c) mit PFOF nach 1 min Plasmaätzen (θ = 173 ) Deshalb wurden die Oberflächen zuvor im Sauerstoffplasma behandelt, um die Silane APS und GPS vollständig zu beseitigen und in SiOH-Funktionen umzuwandeln. So konnte die PFOS-Deckschicht optimiert werden, worauf der Kontaktwinkel auf θ = 173 anstieg: Die Oberfläche war ultrahydrophob geworden. Der Wassertropfen in Abb. 4.21c liegt kaum noch auf und weicht nur wegen der Schwerkraft noch etwas von der Kugelform ab. Auf den Kontaktwinkel hatte der Gravitationseffekt jedoch keinen Einfluss (Erst bei Tropfenvolumina >12 µl muss mit einer Beeinflussung gerechnet werden. [178] ) 89

In Abb. 4.22 ist zu bemerken, dass der extrem hohe Kontaktwinkel schon nach 1 min Ätzzeit im Plasma erreicht wurde. Offenbar sind auf der Partikeloberfläche dann schon alle Silikagruppen in aktive SiOH-Funktionen umgewandelt, so dass sich das Silan PFOS in maximaler Konzentration anlagern kann. Nach längerem Ätzen geht der Kontaktwinkel aus bisher unklaren Gründen wieder etwas zurück. θ [ ] 1 175 170 165 160 155 150 145 135 125 0 1 2 3 4 Ätzzeit [min] Abb. 4.22. Kontaktwinkel von @400-Partikelschichten nach verschiedenen Ätzzeiten im Sauerstoffplasma und Behandlung mit PFOS Da Fluorsilane aus Kostengründen gern vermieden werden, wurde neben PFOS auch Dichlordimethylsilan (DMS) als Alkylsilan als Hydrophobierungsmittel getestet. Im Folgenden wird die Wirkung beider Silane auf Schichten der neun Nano@Mikro- Partikel aus Abb. 2.21 geschildert. Um die Nachhaltigkeit der Ultrahydrophobie zu prüfen, wurden Kontaktwinkel nach 10 min und nochmals nach 3 Tagen gemessen. Bekannt war, dass die Hydrophobie aufgrund von Selbstvernetzung der Silane durch die Verbrückungsreaktion 2 SiOR + H 2 O SiOSi + 2 R-OH mit der Zeit zunehmen kann [179]. Dies bestätigte sich. In Tab. 4.2 sind die Kontaktwinkel für die PFOS-, in Tab. 4.3 für die DMS- Silanisierung zusammengestellt. Es ergibt sich ein geschlossenes Bild. Die meisten Schichten waren mit Kontaktwinkeln θ > 160 ultrahydrophob. Die besten Werte

wurden an @300- und @400-Schichten gemessen. Schichten mit 500 nm Mikropartikeln fielen gegenüber den anderen ab. Tab. 4.2. Kontaktwinkel von Schichten aus Nano@Mikro-Partikeln, hydrophobiert mit PFOS, gemessen nach 10 min und ( ) nach 3 Tagen D Nano [nm] 40 D Mikro [nm] 300 168 169 165 173 162 164 400 166 167 166 173 160 165 500 164 167 153 169 152 159 Tab. 4.3. Kontaktwinkel von Schichten aus Nano@Mikro-Partikeln, hydrophobiert mit DMS, gemessen nach 10 min und ( ) nach 3 Tagen D Nano [nm] 40 D Mikro [nm] 300 164 168 160 165 161 162 400 165 166 166 167 154 165 500 148 153 133 158 136 142 Wichtig ist das Ergebnis, dass der Kontaktwinkel nach drei Tagen immer gestiegen war. Die Ultrahydrophobie steigert sich also mit der Zeit noch, vermutlich aufgrund der erwähnten Selbstvernetzung. Erfreulich ist auch der Befund, dass das fluorfreie Silan DMS hinter dem fluorierten PFOS kaum zurückbleibt. Die Grenze von θ = 170 wird nicht überschritten, aber die Mindestgrenze für ultrahydrophobes Verhalten, in Tab.4.2 und Tab. 4.3 mit θ > 160 (blau) angesetzt, wird mit beiden Silanen meistens übertroffen. Für die Praxis empfehlen sich somit Schichten aus Nano@Mikro-Partikeln, die nur durch Plasmaätzen oberflächenaktiviert und mit DMS hydrophobiert werden müssen. Beide Schritte sind in die Serienproduktion mit konkurrenzfähigen Kosten implementierbar.3 91

4.2.4.3 Thermische Behandlung Überraschenderweise konnte die Grenze von θ = 160 aber noch einfacher mit einem kurzen Hochtemperaturschock bei 650 C im Heißluftstrom übertroffen werden. Wie in Abb. 4.20 formuliert, wurden die Silane APS und GPS dabei verbrannt. Die zurückbleibende Oberfläche bestand nicht aus hydrophilen SiOH- Funktionen, sondern aus hydrophoben SiOSi-Brücken. Nach 4 min bei 650 C war die Pyrolyse so weit fortgeschritten, dass nach der Hydrophobierung ein Kontaktwinkel um 163 erreicht wurde. Noch längeres Heizen erhöhte den Winkel nicht mehr, er blieb konstant. Die Hitzebehandlung hatte noch einen günstigen Nebeneffekt. Die in den Originalpartikeln durch organische Silanbrücken verbundenen Nano- und Mikropartikel (Abb. 2.19) wurden dabei anorganisch und damit stabiler miteinander verbunden, weil die Nano- und Mikropartikel miteinander versinterten. Als Nachteil ist zu nennen, dass nur Glasträger eine solche Behandlung aushalten. Polymersubstrate würden zerstört. Nano@Mikro-Partikelschichten auf Glasträgern wurden im Heißluftstrom bei 650 C unterschiedlich lang erwärmt. Als Heißluftquelle diente ein Heißluftfön in einer Entfernung von 10 cm zur Probe. Die suffiziente Probenerwärmung wurde mit einer Wärmebildkamera überprüft. Anschließend wurden die Substrate in der oben aufgezeigten Weise mit PFOS 1%ig in Hexan behandelt. 4.3 Dynamische Kontaktwinkelmessungen Wenn Tropfen auf einer Schräge gleiten, unterscheiden sich die Kontaktwinkel an ihrer Vorder- und Rückseite (Abb. 4.23). Die Differenz θ = θ vorn θ (4.6) hinten wird als Hysterese bezeichnet [1-185]. Literaturbekannt ist, dass die Hysterese mit steigendem statischem Kontaktwinkel θ ein Maximum durchläuft [186]. Hydrophile und schwach hydrophobe Oberflächen ( < θ < ), auf denen Wassertropfen kaum gleiten, so dass sie erst auf stark geneigten Schrägen fließen, rufen geringe 92

Hysteresen hervor. Bei hydrophoberen Oberflächen mit höheren Kontaktwinkeln steigt die Hysterese, um dann aber bei den ultrahydrophoben Oberflächen (θ > 160 ), auf denen die Tropfen schon bei schwacher Schrägung rollen, wieder drastisch zu sinken. Das Verschwinden der Hysterese beim Übergang vom hydrophoben zum ultrahydrophoben Verhalten um θ = 160 gilt als Zeichen des Übergangs vom Wenzel- zum Cassie-Verhalten, also vom gleitenden zum rollenden Tropfen. Die Hysterese ist leider an bewegten Tropfen im Übergang vom hydrophoben zum ultrahydrophoben Verhalten nur mit Hochgeschwindigkeitskameras messbar, weil sich die Tropfen sehr schnell bewegen. [187] Abb. 4.23. Tropfenkontur auf einer geneigten Oberfläche (Abb. 1.4), Vorschub- (θ vorn ) und Rückzugwinkel (θ hinten ) beim Gleiten Die Hysterese kann aber auch quasi-statisch an sitzenden Tropfen gemessen werden [165] [183]. Da der Tropfen bei diesem Experiment nicht wirklich rollt, wird im Folgenden literaturüblich der Winkel θ vorn mit θ A und der Winkel θ hinten mit θ R bezeichnet. Das Vorgehen bei der Messung wird in Abb. 4.24 an einer hydrophoben Oberfläche gezeigt. Mit der Kanüle des Kontaktwinkelmessgeräts wird ein Tropfen auf der Substratoberfläche abgelegt, wobei die Kanüle im Tropfen verbleibt. Dann wird θ A durch Vergrößern und danach θ R durch Wiederverkleinern des Tropfens gemessen. Diese Methode ist inzwischen üblich. 93

15 s 40 s 20 s 35 s 25 s 30 s Abb. 4.24. Dynamische Kontaktwinkelmessung auf einer hydrophoben Fläche: links: Benetzen durch Volumenvergrößerung, Messung des Vorschubwinkels θ A ; rechts: Entnetzen durch Volumenreduktion, Messung des Rückzugwinkels θ R Auf ultrahydrophoben Oberflächen ist die Hysterese sehr gering, meistens <10 [188], so dass der Wassertropfen die Oberfläche fast im selben Winkel benetzt und entnetzt. Auf der ultrahydrophoben Oberfläche in Abb. 4.25 ist dies gut sichtbar. Man sieht auch, dass der Tropfen am Ende des Entnetzungsvorgangs beim Einziehen der 94

Kanüle von dieser von der Oberfläche abgehoben wird, während der Tropfen auf hydrophoben Oberflächen dabei liegen bleibt. 15 s 40 s 20 s 35 s 25 s 30 s Abb. 4.25. Dynamische Kontaktwinkelmessung auf einer hydrophoben Fläche: links: Volumenvergrößerung, Messung des Vorschubwinkels θ A ; rechts: Volumenreduktion, Messung des Rückzugwinkels θ R Diese indirekte Methode zur Bestimmung des dynamischen Kontaktwinkels ist kritisiert worden [162], weil die Absolutwerte von θ A und θ R von Verfahrensdetails abhängen. Wichtig ist vor allem die Platzierung der Hohlnadel, die nicht leicht exakt 95

gesteuert werden kann. Auf Oberflächen, die einen statischen Kontaktwinkel von etwa θ = 170 verursachen, können Vorschubwinkel von nur etwa θ A = 150 gemessen werden, weil die Tropfenkontur durch die eingetauchte Nadel verändert wird. Nur bei Messung des Vorschubwinkels zum exakten Zeitpunkt, an dem der Tropfen auf leichter Schräge zu rollen beginnt, stimmen θ stat und θ A überein [163]. Um das Fort- und Zurückschreiten des Tropfens messen zu können, muss verständlicher Weise das Tropfenvolumen verändert werden. Weil aber das Volumen in diesen Phasen nicht verlässlich gemessen werden kann, wird in Hysterese-Diagrammen stattdessen die Zeit benutzt. Der Wert der Hysterese θ bleibt von diesen Problemen jedoch unbeeinflusst. Die folgenden Diagramme wurden mit Tropfen erstellt, deren Anfangsvolumen 3 µl und Maximalvolumen 10 µl betrug. Die Vorschubphase dauerte bis zum Erreichen des Maximalvolumens etwa 25 s. Danach wurde das Volumen wieder stetig auf den Anfangswert oder bis zum Abreißen des Tropfens von der Kanüle reduziert. Das Verfahren bringt es mit sich, dass die verschiedenen Kurven einen leichten Versatz gegeneinander aufweisen können, weil die Zeit- und Kontaktwinkelmessung voneinander getrennt im Programm gestartet werden. 4.3.1 Schichten aus Silikapartikeln und Silika-Polymer-Hybridfilme Die statischen Kontaktwinkel von θ (Kap. 4.1.2) hatten darauf hingedeutet, dass Wassertropfen auf den geordneten und ungeordneten Oberflächen einfacher, PFOS-hydrophobisierter Silikaschichten nach Wenzel gleiten. In Abb. 4.26 bestätigt sich dies: Die Hysterese ist mit θ in beiden Fällen sehr ausgeprägt. Die Diagramme zeigen die charakteristische Form, die in allen weiteren Diagrammen zur dynamischen Kontaktwinkelmessung wiederkehren wird. Gezeigt wird der dynamische Kontaktwinkel θ dyn in den beiden Stadien des Benetzens und Entnetzens nach Abb. 4.24, getrennt durch einen Senkrechtstrich. Im Stadium des Benetzens bleibt der Kontaktwinkel θ dyn = θ A konstant bei einem Wert, der ungefähr dem statischen Kontaktwinkel θ entspricht. Im anschließenden Stadium des Entnetzens sinkt der Kontaktwinkel θ dyn = θ R dann stetig auf ein Endniveau (wenn der Tropfen 96

nicht vorher von der Kanüle abreißt). In den Diagrammen werden immer auch die statischen Kontaktwinkel θ angegeben. 160 θ A θ R θ= θ = 75 θ dyn [ ] 60 40 300 nm 400 500 20 0 10 20 30 40 50 Tropfenalter [s] a 160 θ A θ R θ dyn [ ] 60 θ=127 300 nm 400 500 θ = 40 20 0 10 20 30 40 50 Tropfenalter [s] b Abb. 4.26 Dynamische Kontaktwinkel von (a) geordneten und (b) ungeordneten SiO 2 -Kugeln, hydrophobiert mit PFOS, θ: statischer Kontaktwinkel Auch die Hybridfilme aus PFOS-modifizierten SiO 2 csp(mptts x S 70 EA 30-x )-Partikeln (Kap. 4.1.3) mit statischen Kontaktwinkeln bis θ = bei steigendem MPTTS-Anteil (Abb. 4.12) sind nur hydrophob. Die Hysteresen in Abb. 4.27a sind entsprechend 97

groß. Bei steigendem Anteil des Silans MPTTS im Polymeren durchlaufen sie, wie Abb. 4.27b zeigt, ein Maximum. Da in dieser Richtung der statische Kontaktwinkel steigt, ist dies eine Dokumentation des schon erwähnten Effekts, dass die Hysterese bei hydrophoben Oberflächen mit der Hydrophobie zunimmt, bevor sie dann beim Übergang zu ultrahydrophoben Oberflächen praktisch verschwindet. 160 θ=135 θ= θ=115 θ A θ R θ= θ dyn [ ] 60 40 30 % MPTTS 22,5 15 7,5 0 20 0 10 20 30 40 50 Tropfenalter [s] a 7 0 6 0 5 0 θ [ ] 4 0 3 0 2 0 1 0 0 0 5 1 0 1 5 2 0 2 5 3 0 M P T T S - G e h a lt [% ] b Abb. 4.27. (a) Dynamische Kontaktwinkel von 300nm SiO 2 cs-(s 70 MPTTS x EA 30-x )- Hybridfilmen, 3 min geätzt und hydrophobiert mit PFOS, θ: statischer Kontaktwinkel, (b) Hysterese vs. MPTTS-Gehalt 98

4.3.2 Nano@Mikropartikel-Schichten In Kap. 4.1.4 hatte sich herausgestellt, dass sich Schichten aus Nano@Mikro- Partikeln nach Plasmaaktivierung oder einem Hitzeschock und nachfolgender Hydrophobierung mit PFOS oder DMS mit Kontaktwinkeln θ > 160 überwiegend ultrahydrophob verhielten. Unterschiede in der Nano@Mikro-Architektur machten sich aber durchaus bemerkbar (Tab. 4.2 und Tab. 4.3). Die dynamischen Kontaktwinkelmessungen bestätigten essentiell die Resultate aus Kap. 4.1.4. In Abb. 4.26 ist zu sehen, dass die Hysterese bei Schichten, die optimal plasmaaktiviert (Abb. 4.26a) oder hitzebehandelt worden waren (Abb. 4.26b), sehr klein wird. Die optimalen Zeiten liegen bei 1-2 min bei der Plasma- und 4-6 min bei der Hitzebehandlung. Die Plasmabehandlung ist etwas wirkungsvoller. Im Optimum verschwindet die Hysterese θ. Die Tropfen bewegten sich auf den Oberflächen wie Quecksilberkügelchen und konnten kaum in Ruhe gehalten werden. θ dyn [ ] 160 60 40 θ A θ=173 0 min Plasma 0.5 1 2 3 4 θ R 20 0 10 20 30 40 50 Tropfenalter [s] θ < 3 θ = 10 θ = 60 a 99

θ dyn [ ] 160 60 40 θ A θ=163 2 min 650 C 4 6 8 10 θ R θ = 8 θ 12 θ = 25 θ = 60 θ = 20 0 10 20 30 40 50 Tropfenalter [s] b Abb. 4.28. Dynamische Kontaktwinkel von Schichten aus @400nm-Partikeln nach 3 Tagen, Oberflächenaktivierung (a) durch Sauerstoffplasma, (b) durch Erhitzen auf 650, beide hydrophobiert mit PFOS, θ: statischer Kontaktwinkel Die neun Nano@Mikropartikel aus Abb. 2.21, deren statische Kontaktwinkel nach PFOS-Behandlung in Tab. 4.2 und DMS-Behandlung in Tab. 4.3 angegeben sind, wurden der systematischen Analyse der dynamischen Kontaktwinkel unterworfen (Abb. 4.29-4.34). Alle Schichten wurden 1 min im Plasma behandelt und dann mit PFOS oder DMS hydrophobiert. Dynamische Kontaktwinkelkurven wurden nach 10 min und nach 3 Tagen aufgenommen. Durchweg ist zu beobachten, dass die Ultrahydrophobie nach 3 Tagen verstärkt ist: Nicht nur sind die statischen Kontaktwinkel θ höher, sondern die Hysterese θ ist auch verringert. Weiterhin ist festzustellen, dass bei statischen Kontaktwinkeln um θ = 165 und höher die Hysterese so klein wird, dass die Messung versagt. In den Diagrammen ist dann θ < 3 angegeben.

θ dyn [ ] 160 150 110 θ A θ R θ < 3 θ = 3 300 nm θ=168 400 166 500 164 θ = 20 θ dyn [ ] 160 150 110 θ A θ R 300 nm θ=169 400 167 500 167 θ < 3 θ = 8 0 10 20 30 40 50 Tropfenalter [s] 0 10 20 30 40 50 Tropfenalter [s] a b Abb. 4.29. Dynamische Kontaktwinkel von Schichten aus Nano@Mikropartikeln mit 40 nm Nano- auf verschieden großen Mikropartikeln, hydrophobiert mit PFOS, gemessen nach (a) 10 min, (b) 3 Tagen, θ: statischer Kontaktwinkel θ dyn [ ] 160 150 110 θ A θ R θ < 3 300 nm θ=164 400 165 500 148 θ = 60 θ dyn [ ] 160 150 110 θ A θ R 300 nm θ=168 400 166 500 153 θ < 3 θ = 20 θ = 50 0 10 20 30 40 50 Tropfenalter [s] 0 10 20 30 40 50 Tropfenalter [s] a b Abb. 4.30 Dynamische Kontaktwinkel von Schichten aus Nano@Mikropartikeln mit 40 nm Nano- auf verschieden großen Mikropartikeln, hydrophobiert mit DMS, gemessen nach (a) 10 min, (b) 3 Tagen, θ: statischer Kontaktwinkel 101

θ dyn [ ] 160 150 110 θ A 300 nm θ=165 400 166 500 153 θ R θ < 3 θ = 20 θ = 50 θ dyn [ ] 160 150 110 θ A θ R 300 nm θ=173 400 173 500 169 θ < 3 θ = 15 θ = 30 0 10 20 30 40 50 Tropfenalter [s] 0 10 20 30 40 50 Tropfenalter [s] a b Abb. 4.31. Dynamische Kontaktwinkel von Schichten aus Nano@Mikropartikeln mit nm Nano- auf verschieden großen Mikropartikeln, hydrophobiert mit PFOS, gemessen nach (a) 10 min, (b) 3 Tagen, θ: statischer Kontaktwinkel 160 θ A θ R 150 θ = 3 160 150 θ A θ R θ = 3 θ = 30 θ dyn [ ] 110 300 nm θ=160 400 166 500 133 θ = 40 θ = θ dyn [ ] 110 300 nm θ=165 400 167 500 158 0 10 20 30 40 50 0 10 20 30 40 50 Tropfenalter [s] Tropfenalter [s] a b Abb. 4.32. Dynamische Kontaktwinkel von Schichten aus Nano@Mikropartikeln mit nm Nano- auf verschieden großen Mikropartikeln, hydrophobiert mit DMS, gemessen nach (a) 10 min, (b) 3 Tagen, θ: statischer Kontaktwinkel 102

160 150 θ A θ R 160 150 θ A θ R θ < 3 θ = 25 θ = 20 θ dyn [ ] 110 300 nm θ=162 400 160 500 152 θ = 40 θ = 50 θ dyn [ ] 110 300 nm θ=164 400 165 500 159 θ = 40 0 10 20 30 40 50 Tropfenalter [s] 0 10 20 30 40 50 Tropfenalter [s] a b Abb. 4.33. Dynamische Kontaktwinkel von Schichten aus Nano@Mikropartikeln mit nm Nano- auf verschieden großen Mikropartikeln, hydrophobiert mit PFOS, gemessen nach (a) 10 min, (b) 3 Tagen, θ: statischer Kontaktwinkel 160 150 θ A θ R 160 150 θ A θ R θ = 20 θ dyn [ ] 110 300 nm θ=162 400 160 500 152 θ = 50 θ = θ dyn [ ] 110 300 nm θ=162 400 165 500 142 θ = 55 θ = 75 0 10 20 30 40 50 Tropfenalter [s] 0 10 20 30 40 50 Tropfenalter [s] a b Abb. 4.34. Dynamische Kontaktwinkel von Schichten aus Nano@Mikropartikeln mit nm Nano- auf verschieden großen Mikropartikeln, hydrophobiert mit DMS, gemessen nach (a) 10 min, (b) 3 Tagen, θ: statischer Kontaktwinkel 103

Der Zusammenhang der Hysterese mit dem statischen Kontaktwinkel geht eindrucksvoll aus Abb. 4.35 hervor, in der alle Wertepaare dieses Kapitels aufgezeichnet wurden. Die Hysterese erreicht ein hohes Maximum bei Kontaktwinkeln um θ =, im hydrophoben Bereich. Danach nimmt sie schnell ab, um ungefähr bei θ = 165 zu verschwinden. 60 θ [ ] 40 20 0 110 150 160 170 1 θ [ ] Abb. 4.35. Gesamtschau aller Daten: Korrelation zwischen dem statischen Kontaktwinkel θ und der dynamischen Hysterese θ An dieser Grenze kann der Übergang vom hydrophoben zum ultrahydrophoben, also von Wenzel- zum Cassie-Mechanismus angesetzt werden. Dass sich auch in diesem Bereich noch Oberflächen mit merklicher Hysterese finden, bedarf der weiteren Untersuchung. Es ist möglich und auch in der Literatur zuweilen anzutreffen, dass ultrahydrophobe Oberflächen dennoch nach Wenzel benetzt werden. Es ist aber auch nicht auszuschließen, dass die Messung, die in diesem Bereich außerordentlich diffizil ist, weil die Tropfen so unruhig sind, von unerkannten Zufallseffekten beeinflusst wurde. In Tab. 4.4 sind die Resultate nochmals zusammengefasst. Als Kriterien für Ultrahydrophobie gelten ein (literaturbekannter) statischer Kontaktwinkel von θ > 150 und eine dynamische Hysterese von θ < 10. Die dynamischen Messungen schränken 104

die recht große Zahl der statisch ultrahydrophoben Nano@Mikro-Kombinationen nochmals ein. Tab. 4.4. Zusammenfassung der Messergebnisse der statischen und dynamischen Kontaktwinkelmessungen erfüllt, erfüllt nicht das oben angegebene Kriterium Nano@Mikro θ > 150 θ < 10 PFOS DMS PFOS DMS nach 3 Tagen nach 10 min nach 3 Tagen nach 10 min nach 3 Tagen 40@300 40@400 40@500 @300 @400 @500 @300 @400 @500 Am schlechtesten schneiden die Kombination mit großen Nano- und großen Mikropartikeln ab, am besten die Kombinationen 40@400 und @400, die ohne jeden Zweifel ultrahydrophob sind. Bei ihnen ist nicht einmal die Hydrophobierung mit dem Fluorsilan PFOS nicht nötig. Das einfache Alkylsilan DMS reicht völlig aus. Mit der Schicht aus den @400-Partikeln wurde zudem mit θ = 173 der höchste Kontaktwinkel gemessen. Deshalb werden die Partikel und ihre Schicht in Abb. 4.36 nochmals gezeigt. Die dreistufige Hierarchie aus Nano- und Mikropartikeln und der Überstruktur der Packung in der Schicht ist deutlich. 105

a b c Abb. 4.36. Nano@Mikropartikel @400, (a) TEM-Aufnahme der Partikel, (b) REM-Aufnahme der Schicht, (c) 3D-AFM-Aufnahme des Profils 106