Patentkriege auch mit den Waffen des Kartellrechts?



Ähnliche Dokumente
FRAGE 39. Gründe, aus denen die Rechte von Patentinhabern beschränkt werden können

Studienplatzbeschaffung

Inhalt. Einführung in das Gesellschaftsrecht

13 Verpflichtungsklage Prüfungsschema

Fachanwältin für Familienrecht. Mietverhältnis

ZPO II. Teil 1.4: Beteiligung Dritter durch Streitverkündung und Nebenintervention ZPO II Teil 1.4: Beteiligung Dritter

Fall 3. Ausgangsfall:

Zivilrecht - BGB Schuldrecht AT_ Übersicht Nr. 3 Seite 1 von 10. Beachte: Schuldnerverzug ist Sonderfall der Pflichtverletzung i.s.d.

AGROPLUS Buchhaltung. Daten-Server und Sicherheitskopie. Version vom b

Statuten in leichter Sprache

Gezielt über Folien hinweg springen

Deutscher Bürgerpreis. Jetzt bewerben: Deutschland 2016 Integration gemeinsam leben

Vor Ausspruch einer Kündigung wegen vertragswidrigen Verhaltens (sog. verhaltensbedingte Kündigung)

4 Ta 53/09 Chemnitz, (4) Ca 1424/07 ArbG Zwickau BESCHLUSS. In dem Rechtsstreit

Elternzeit Was ist das?

GPA-Mitteilung Bau 5/2002

Wir machen neue Politik für Baden-Württemberg

Die Post hat eine Umfrage gemacht

Erfahrungen mit Hartz IV- Empfängern

Hinweise zur Erbengemeinschaft Stand: 1. Januar 2009

Charakteristikum des Gutachtenstils: Es wird mit einer Frage begonnen, sodann werden die Voraussetzungen Schritt für Schritt aufgezeigt und erörtert.

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 17. Oktober in der Patentnichtigkeitssache

GEMEINSCHAFTSERFINDUNGEN und deren VERWERTUNG

Mobile Intranet in Unternehmen

Privatinsolvenz anmelden oder vielleicht sogar vermeiden. Tipps und Hinweise für die Anmeldung der Privatinsolvenz

Informationen für Enteignungsbetroffene

bagfa ist die Abkürzung für unseren langen Namen: Bundes-Arbeits-Gemeinschaft der Freiwilligen-Agenturen.

Widerrufsbelehrung der Free-Linked GmbH. Stand: Juni 2014

Verjährungsfalle Gewährleistungsbürgschaft. -Unterschiedliche Verjährungsfristen für Mängelansprüche und Ansprüche aus der Gewährleistungsbürgschaft

Lineargleichungssysteme: Additions-/ Subtraktionsverfahren

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL. 6. Oktober 2010 Ermel, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle. in dem Rechtsstreit

Haus und Grundstück im Erbrecht 7: Kündigung und Schönheitsreparaturen bei der Mietwohnung im Erbe

50. Mathematik-Olympiade 2. Stufe (Regionalrunde) Klasse Lösung 10 Punkte

Kann K von V die Übertragung des Eigentums am Grundstück verlangen?

wegen unentschuldigter Fehltage in der Berufsschule oder fehlender Bereitschaft zur Eingliederung in die betriebliche Ordnung

Abmahnung erhalten Was tun?

Newsletter Immobilienrecht Nr. 10 September 2012

Das System der gewerblichen Schutzrechte und der Grundzüge des Urheberrechts aus gründerspezifischer Sicht

Arbeit zur Lebens-Geschichte mit Menschen mit Behinderung Ein Papier des Bundesverbands evangelische Behindertenhilfe e.v.

STREITFINANZIERUNG BEI IMMOBILIENKREDITEN. Recht für Alle. Niedrige Zinsen für Alle.

Professionelle Seminare im Bereich MS-Office

Professor Dr. Tobias Lettl, LL.M. (EUR) Universität Potsdam. Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Handelsund Wirtschaftsrecht

Professor Dr. Peter Krebs

Das Persönliche Budget in verständlicher Sprache

Befristung Inkrafttreten des TzBfG BeschFG Abs. 1; TzBfG 14 Abs. 2 Satz 1 und 2

100 Mikrokredite und Abschluss der Pilotphase. Ruedi Winkler, Präsident Verein GO! Ziel selbstständig

Punkte Flensburg System: Punktesystem - Warum gibt es das Punktesystem?

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 15. Juli in dem Insolvenzverfahren

Anleitung über den Umgang mit Schildern

Häufig gestellte Fragen zum Thema Migration

Das Rücktrittsrecht I

Handelsrecht / Gesellschaftsrecht / Wirtschaftsrecht

Existenzgründer Rating

Telearbeit - Geltungsbereich des BetrVG

Aktuelle Entwicklungen der BGH-Rechtsprechung bezüglich der Nutzung von Musik für Werbezwecke

6. Fall Geschäftsführung ohne Auftrag???

Was bedeutet Inklusion für Geschwisterkinder? Ein Meinungsbild. Irene von Drigalski Geschäftsführerin Novartis Stiftung FamilienBande.

L10N-Manager 3. Netzwerktreffen der Hochschulübersetzer/i nnen Mannheim 10. Mai 2016

IWW Studienprogramm. Modul XXVI (R2): Unternehmensrecht. Lösungshinweise zur 1. Musterklausur

Änderung des IFRS 2 Anteilsbasierte Vergütung

Informationen zum Begleiteten Fahren ab 17

Marketing und Kunden-Newsletter per Was ist zu beachten?

Kirchliche Einrichtungen zwischen Drittem Weg und Tarifvertrag Angemessene Arbeitsbedingungen aber wie? Würzburg, den

Gemeinsame Erklärung zur inter-kulturellen Öffnung und zur kultur-sensiblen Arbeit für und mit Menschen mit Behinderung und Migrations-Hintergrund.

Lizenzierung von SharePoint Server 2013

nic.at - Salzamt im (österreichischen) Internet?

Geld Verdienen im Internet leicht gemacht

Das öffentliche Recht in der zweiten juristischen Staatsprüfung: Band 4 der Lehrbuchreihe zum Assessorexamen

Herrn Dr. Theodor Windhorst Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe Gartenstraße Münster

ratgeber Urlaub - Dein gutes Recht

Persönliche Zukunftsplanung mit Menschen, denen nicht zugetraut wird, dass sie für sich selbst sprechen können Von Susanne Göbel und Josef Ströbl

Familienrecht Vorlesung 6. Familienrecht

Lösungsstichworte zu den Handelsregister-Fällen. Zu Fall 1: Anspruch des K gegen V auf Lieferung des Safts ( 433 I BGB)

OLG Dresden, 20. Zivilsenat -Familiensenat- Beschluss vom WF 209/00. HausratsVO 1, 17; ZPO 621 I Nr. 7; GVG 23 b I 2 Nr.

Outlook. sysplus.ch outlook - mail-grundlagen Seite 1/8. Mail-Grundlagen. Posteingang

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. 9. Dezember in dem Rechtsstreit. ZPO 544; GKVerz Nr. 1230, Nr. 1242; RVG VV Nr. 3206, Nr. 3506

Situa?onsbeschreibung aus Sicht einer Gemeinde

Bitte beantworten Sie die nachfolgenden Verständnisfragen. Was bedeutet Mediation für Sie?

Ist Fernsehen schädlich für die eigene Meinung oder fördert es unabhängig zu denken?

Antrag'auf'Hilfeleistungen'aus'dem'Fonds'Sexueller'' Missbrauch'im'familiären'Bereich' '' A)'Zweck'des'Fonds'Sexueller'Missbrauch'

1 MIO ÖSTERREICHISCHE SKIFAHRER SCHÜTZEN SICH BEREITS MIT HELM - UM MEHR ALS IM VORJAHR

Kolloqium Wer ist Koch, wer ist Kellner? Brüssel, 19. Oktober Constantin Fabricius Referent im Geschäftsbereich Europäische Union

Befrieden, Bereinigen, Beilegen - Was kann der Schlichtungsausschuss auf Landesebene leisten?

KEINE SEXUELLEN ÜBERGRIFFE IM OL-SPORT. Merkblatt Kinder und Jugendliche oder AthletInnen

Konzentration auf das. Wesentliche.

Was meinen die Leute eigentlich mit: Grexit?

Deutschland-Check Nr. 35

Das neue Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG)

Außerdem muß die Ausbildungsstätte von Art und Einrichtung her für die Ausbildung geeignet sein.

Wichtiges Thema: Ihre private Rente und der viel zu wenig beachtete - Rentenfaktor

Der Vollstreckungsbescheid. 12 Fragen und Antworten

zu 4.: Häufig gestellte Fragen: 1. Frage: Was heißt Übergang der Steuerschuldnerschaft?

Eva Douma: Die Vorteile und Nachteile der Ökonomisierung in der Sozialen Arbeit

.WIEN-Richtlinie zur Beilegung von Streitigkeiten betreffend Registrierungsvoraussetzungen (Eligibility Requirements Dispute Resolution Policy/ERDRP)

Rücktrittsrechte bei Nicht- oder Schlechtleistung einschließlich Rücktritt und Minderung im Kauf-, Miet- und Werkvertragsrecht Prof. Dr.

Aufwendungen für die Miete langfristiger und sonstiger Anlagegüter. sind als betriebsnotwendig anzuerkennen, wenn das zu zahlende

Die SPD und die Grünen machen im Niedersächsischen Landtag. Alle Menschen sollen in der Politik mitmachen können.

Primzahlen und RSA-Verschlüsselung

Stornierungsbedingungen und weitere Voraussetzungen

Welche Bereiche gibt es auf der Internetseite vom Bundes-Aufsichtsamt für Flugsicherung?

Transkript:

Immaterialgüterrecht zwischen Exklusivität und Wettbewerb MPI München, 6. Juli 2013 Patentkriege auch mit den Waffen des Kartellrechts? Prof. Dr. Torsten Körber, LL.M. (Berkeley) Georg-August-Universität Göttingen (c) Prof. Dr. Torsten Körber, Göttingen 1

A. Das Kartellrecht als Verteidigungsmittel I. Orange-Book-Standard-Ausgangssituation Eine patentierte Lehre wird ohne Lizenz genutzt. Der Patentinhaber klagt auf Unterlassung. Dem wird ein kartellrechtlicher Zwangslizenzeinwand ( Lizenz hätte erteilt werden müssen ) entgegengehalten. Auf den ersten Blick ein klarer Fall, aber: Oft zehntausende Patente für ein Gerät => Unmöglichkeit, alles ex ante zu lizenzieren. Oft Einigkeit über das Ob der FRAND-Lizenzierung, aber Streit über Höhe der angemessenen Lizenzgebühr. => vgl. Motorola vs. Microsoft (1 Mio. $ oder 4000 Mio. $ p.a.?) (c) Prof. Dr. Torsten Körber, Göttingen 2

A. Das Kartellrecht als Verteidigungsmittel II. SEP-Situationen 1. Definition: Streitigkeit über standardessentielle Patente, die Bestandteile von kollektiven Standards sind, die beachtet werden müssen, um mit standardkompatiblen Produkten am Produktwettbewerb auf einem bestimmten Markt teilzunehmen, die ihr Inhaber freiwillig für standardessentiell erklärt hat und in Bezug auf die er eine FRAND-Erklärung abgegeben hat. (c) Prof. Dr. Torsten Körber, Göttingen 3

A. Das Kartellrecht als Verteidigungsmittel II. SEP-Situationen 2. Besonderheit: FRAND-Verpflichtung (die Voraussetzung für kartellrechtliche Unbedenklichkeit der Standardisierung ist) Ob der Lizensierung ist unstreitig. Streit besteht nur noch über die Höhe der Lizenzgebühr. Unterlassungsklagen dienen in der Regel nur noch der Behinderung der Wettbewerber und/oder der Durchsetzung überhöhter Lizenzgebühren (sog. hold up). (c) Prof. Dr. Torsten Körber, Göttingen 4

A. Das Kartellrecht als Verteidigungsmittel III. Der Orange-Book-Standard-Test des BGH Der Patentinhaber missbraucht nur dann seine marktbeherrschende Stellung und handelt nur dann treuwidrig 1. wenn der Lizenzsuchende ein unbedingtes Angebot gemacht hat, das der Patentinhaber (aus kartellrechtlichen Gründen) nicht ablehnen darf (unbedingtes Angebot) => sonst kein Kartellrechtsverstoß 2. und wenn der Lizenzsuchende (vorgreiflich) die Verpflichtungen aus dem noch abzuschließenden Lizenzvertrag einhält (vorgreifliche Erfüllung). => sonst kein treuwidriges Handeln des Patentinhabers (c) Prof. Dr. Torsten Körber, Jena 5

A. Das Kartellrecht als Verteidigungsmittel III. Der Orange-Book-Standard-Test des BGH Besondere Umstände der BGH-Entscheidung: 1. De facto-industriestandard 2. Keine FRAND-Erklärung 3. Patent unstreitig wirksam 4. Lizenzsucher begehrte Sonderkonditionen => Es ist fraglich, ob der BGH-Test überhaupt auf SEP-Situationen anwendbar ist, wie die Instanzgerichte meinen. (c) Prof. Dr. Torsten Körber, Jena 6

A. Das Kartellrecht als Verteidigungsmittel IV. Bewertung des Orange-Book-Standard-Tests 1. Unbedingtes Angebot vgl. dazu Körber, NZKart 2013, 87 ff. Rechtswidrige Lizenzverweigerung setzt natürlich Ersuchen des Lizenzsuchers voraus, aber Anforderungen an Lizenzsucher (= Opfer des Kartellrechtsverstoßes!) werden überspannt. Beispiel 1: LG Mannheim 2. 5. 2012, Az. 2 O 240/11 und Az.2 O 376/11, BeckRS 2012, 11804 und 11805 Dekodierverfahren vs. Microsoft Corp. v. Motorola, Inc., Case No. 12-35352 (9th Cir. Sept. 28, 2012) Beispiel 2: OLG Karlsruhe 23. 1. 2012, Az. 6 U 136/11 Rn. 28 f. GPRS-Zwangslizenz (c) Prof. Dr. Torsten Körber, Göttingen 7

A. Das Kartellrecht als Verteidigungsmittel IV. Bewertung des Orange-Book-Standard-Tests 2. Vorgreifliche Erfüllung Die effektive Durchsetzung des EU-Kartellrechts wird unter den Vorbehalt des deutschen Zivilrechts ( 242 BGB) gestellt. Die Anforderungen des BGH an die Redlichkeit des Lizenzsuchers gegen deutlich über diejenigen des EU-Kartellrechts hinaus. Manche Patentgerichte unterstützen den Machtmissbrauch durch Unterlassungsklagen, indem sie nicht nur vorgreifliche Erfüllung, sondern auch Anerkennung und Leistung von SE für die Vergangenheit als Teil des Angebots fordern. Das konfligiert mit dem effet utiile des EU-Kartellrechts. (c) Prof. Dr. Torsten Körber, Göttingen 8

A. Das Kartellrecht als Verteidigungsmittel 3. Zwischenbefund: Ein Zwangslizenzeinwand sollte erfolgreich sein, wenn (1) ein Lizenzierungsanspruch dem Grunde nach besteht (aus FRAND-Verpflichtung und/oder aus Kartellrecht), (2) der Lizenzsucher um eine Lizenz ersucht hat, (3) der Lizenzsucher redlich, d.h. willens und in der Lage ist, eine Lizenz zu FRAND-Bedingungen zu nehmen und diese Bedingungen zu erfüllen. Das entspricht dem EU-Kartellrecht (und auch dem Regelungssystem der 23,24 PatG). Soweit die Orange-Book-Kriterien den Kartellrechtsschutz gegenüber Art. 102 AEUV abmildern, ist dafür nach dem Unionsrecht kein Raum. (c) Prof. Dr. Torsten Körber, Göttingen 9

B. Das Kartellrecht als Angriffsmittel I. Kartellrechtlicher Ausgangspunkt Erhebung einer patentrechtlichen Unterlassungsklage kann kartellrechtlich verbotenen Machtmissbrauch darstellen. Ist dies der Fall, darf das Gericht ihr nicht stattgeben (dito BGH). Die Missbrauchsopfer können dagegen auch nach 33 GWB klagen (etwa auf SE). Die Kartellbehörden können nach 19 GWB oder Art. 102 AEUV dagegen vorgehen. => vgl. Verfahren der Kommission gegen Samsung (IP/12/89 und IP/12/1448) und Motorola (IP/12/343 und IP/13/406) => s. auch Körber, WRP 2013, 734 und NZKart 2013, 239 (c) Prof. Dr. Torsten Körber, Göttingen 10

B. Das Kartellrecht als Angriffsmittel II. SEP-Inhaber als marktbeherrschende Unternehmen im Sinne des Kartellrechts Die Lizenzierung jedes SEP bildet einen separaten Markt. Der Inhaber jedes SEP ist auf diesem Markt als Monopolist marktbeherrschend und damit Normadressat von 19 GWB bzw. Art. 102 AEUV. (c) Prof. Dr. Torsten Körber, Göttingen 11

B. Das Kartellrecht als Angriffsmittel III. Machtmissbrauch durch Unterlassungsklagen? 1. Rechtsschutz oder Rechtsmissbrauch? Grds. Recht auf auch gerichtlichen Schutz für Inhaber geistiger Eigentumsrechte => vgl. auch 139 PatG. Besondere Verantwortung von Marktbeherrschern für den Restwettbewerb. Staatliche Stellen dürfen nicht missbraucht werden, um den Wettbewerb unter dem Vorwand des Rechtsschutzes zu beschränken. (c) Prof. Dr. Torsten Körber, Göttingen 12

B. Das Kartellrecht als Angriffsmittel 2. EuG-Entscheidung ITT-Promedia (T-111/96) Zugang zu Gerichten ist ein Grundrecht. Unterlassungsklage deshalb nur unter ganz außergewöhnlichen Umständen = Missbrauch isd. Art. 102 AEUV, z.b. bei schikanöser Klage (vexatious litigation) Vgl. EuGH Magill (1995): kartellrechtliche Zwangslizenz wird ohnehin nur unter außergewöhnlichen Umständen gewährt => In einem solchen Fall sind patentrechtliche Unterlassungsklagen gegen redliche Lizenzsucher a priori missbräuchlich (c) Prof. Dr. Torsten Körber, Göttingen 13

B. Das Kartellrecht als Angriffsmittel 3. Aktuelle Praxis der EU-Kommission Google/MMI (COMP M.6381, Zusammenschussfall): (1) Geistige Eigentumsrechte nicht absolut geschützt; => Abwägung u.a. mit unternehmerischer Freiheit der Wirtschaftsteilnehmer erforderlich. (2) Drohung mit / Antrag auf / Durchsetzung von Unterlassungsverfügungen können gerade in der schnellebigen ITK-Industrie zu erheblicher Wettbewerbsbehinderung führen. Ebenso KOMM. in aktuellen Missbrauchsverfahren gegen Motorola und Samsung (s.o., Slide 10) (c) Prof. Dr. Torsten Körber, Göttingen 14

B. Das Kartellrecht als Angriffsmittel 4. Praxis der FTC Missbräuchliche Klagen haben nicht nur wettbewerbs-widrigen, sondern auch innovationsfeindlichen Charakter. Vorschlag der FTC im Google-Missbrauchsverfahren: (1) FRAND-Verpflichtungen sind grds. unwiderruflich (ebenso sieht es die EU-Kommission), (2) SEP-Inhaber (nicht: Lizenzsucher) muss mindestens sechs Monate vor Klageerhebung FRAND-Angebot machen und mit dem Lizenzsucher darüber redlich verhandeln. vgl. auch ähnlichen Vorschlag von Kai-Uwe Kühn (Chefökonom der EU-Kommission), Fiona Scott Morton (frühere Chefökonomin der US Antitrust Division) und Howard Shelanski (Direktor der FTC) (c) Prof. Dr. Torsten Körber, Göttingen 15

B. Das Kartellrecht als Angriffsmittel 5. Entscheidungen anderer europäischer Gerichte Englischer High Court of Justice (Nokia/IPCom, 2012) und Patentgericht Erster Instanz Den Haag (Samsung/Apple, 2012): Ablehnung von Unterlassungsverfügungen während laufender Verhandlungen über FRAND-Lizenzierung keine verschärften Anforderungen an den Lizenzsucher (außer Redlichkeit; entgegen Orange-Book-Standard-Test ) de facto 180-Grad-Wende des Patentgerichts Den Haag, dem 2010 in Philips/SK Kassetten umgekehrt die Orange- Book-Standard-Rspr. des BGH sogar noch zu weit ging (c) Prof. Dr. Torsten Körber, Göttingen 16

B. Das Kartellrecht als Angriffsmittel 6. Vorlage des LG Düsseldorf an den EuGH (NZKart 2013, 256) Aussetzung des Verfahrens bis EuGH-Entscheidung, da mögliche Diskrepanz des dt. Orange-Book-Standard-Tests mit der Position der KOMM. in Verf. Samsung und Motorola Gericht hält BGH-Erfordernisse grds. für EU-konform, aber immerhin Unbedingtheitserfordernis des BGH für nicht zwingend => Schritt in die richtige Richtung. => Besser als Notreparatur mittels Kartellrecht wäre aber ein den Anforderungen des 21. Jahrhunderts gerecht werdendes Patentrecht. (c) Prof. Dr. Torsten Körber, Göttingen 17

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Prof. Dr. Torsten Körber, LL.M. (Berkeley) Georg-August-Universität Göttingen Platz der Göttinger Sieben 6, D-37073 Göttingen Telefon 0551-39 10156, Fax 0551-39 7414 Email: tkoerbe@gwdg.de Website: www.ls-koerber.de (c) Prof. Dr. Torsten Körber, Göttingen 18