9. VHV-Bautag Köln / West 20.02.2014 Referent: Rechtsanwalt Rolf Zimmermanns Baugewerbliche Verbände, Düsseldorf www.ra-zimmermanns.de 1
Sicherheiten (Vertragserfüllung/Gewährleistung) - 17 VOB/B (1) 1. Wenn Sicherheitsleistung vereinbart ist, gelten die 232 bis 240 BGB, soweit sich aus den nachstehenden Bestimmungen nichts anderes ergibt. 2. Die Sicherheit dient dazu, die vertragsgemäße Ausführung der Leistung und die Mängelansprüche sicherzustellen. Rechtstipp: Die Vereinbarung einer Sicherheitsleistung muss im Bauvertrag geregelt werden. Fehlt eine solche Vereinbarung, können Sicherheiten nicht verlangt werden. Auch die VOB/B kennt keine "automatischen" Sicherheitsleistungen. Rechtsanwalt Rolf Zimmermanns 2
Arten der Sicherheitsleistung VOB Vertrag 17 VOB/B (2) Wenn im Vertrag nichts anderes vereinbart ist, kann Sicherheit durch Einbehalt oder Hinterlegung von Geld oder durch Bürgschaft eines Kreditinstituts oder Kreditversicherers geleistet werden, sofern das Kreditinstitut oder der Kreditversicherer 1. in der Europäischen Gemeinschaft oder 2. in einem Staat der Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder 3. in einem Staat der Vertragsparteien des WTO-Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen zugelassen ist. Sicherheiten bei Bauverträgen Rechtsanwalt Rolf Zimmermanns 3
Höhe der Sicherheitsleistung Bei öffentlichen Auftraggebern: 9 Abs. 7 VOB/A Unterschreitet die Auftragssumme 250.000 EUR ohne Umsatzsteuer, ist auf Sicherheitsleistung für die Vertragserfüllung und in der Regel auf Sicherheitsleistung für die Mängelansprüche zu verzichten. Bei Beschränkter Ausschreibung sowie bei Freihändiger Vergabe sollen Sicherheitsleistungen in der Regel nicht verlangt werden. Rechtsanwalt Rolf Zimmermanns 4
9 Abs. 8 VOB/A Die Sicherheit für die Erfüllung sämtlicher Verpflichtungen aus dem Vertrag soll 5 v. H. der Auftragssumme nicht überschreiten. Die Sicherheit für Mängelansprüche soll 3 v. H. der Abrechnungssumme nicht überschreiten. Rechtsanwalt Rolf Zimmermanns 5
Übrige Auftraggeber: Für private AG lassen sich aus den Vorgaben der VOB/A in der Regel keine Obergrenzen herleiten. Für die Vertragserfüllungsbürgschaft hat sich in der Praxis ein Satz von 10 Prozent durchgesetzt. Solange die Abrechnungssumme nicht vorliegt, kommt als Ausgangspunkt für die Bestimmung der Höhe der Sicherheit die Bruttoauftragssumme, also einschließlich Mehrwertsteuer, in Betracht, da diese bei Vertragsschluss in der Regel feststeht. Rechtsanwalt Rolf Zimmermanns 6
Klauseln in AGB über die Höhe der Sicherheit Sofern AGB-Klauseln Regelungen über die Höhe der Sicherheit enthalten, unterliegen diese der Inhaltskontrolle nach 307 BGB. Eine unangemessene Benachteiligung des AN liegt regelmäßig vor, wenn der AN in AGB verpflichtet wird, eine Sicherheit von 25 Prozent der Brutto-Auftragssumme für die Vertragserfüllung zu stellen. Rechtsanwalt Rolf Zimmermanns 7
Klauseln in AGB über die Höhe der Sicherheit Unwirksam ist auch eine vorformulierte Klausel, die den AG zur Rückgabe der Vertragserfüllungsbürgschaft erst nach vorbehaltloser Annahme der Schlusszahlung verpflichtet, bei gleichzeitiger Stellung einer Gewährleistungsbürgschaft für den Zeitraum über die Abnahme hinaus. Das Nebeneinander von Vertragserfüllungsbürgschaft, die auch Gewährleistungsansprüche absichern soll, sowie einer Gewährleistungsbürgschaft stellt eine unangemessene Benachteiligung des AG dar (Höhe der Sicherheit: 10%; BGH BauR 2011, 1324, 1328). Rechtsanwalt Rolf Zimmermanns 8
Unwirksam ist auch eine in den AGB des AG enthaltene Klausel, die vorsieht, dass der AN zur Sicherung der vertragsgemäßen Ausführung der Werkleistung eine Vertragserfüllungsbürgschaft in Höhe von 10 Prozent der Auftragssumme zu stellen hat, wenn in diesem Vertrag zusätzlich formularmäßig bestimmt ist, das die sich aus den geprüften Abschlagsrechnungen ergebenden Werklohnfoderungen des AN nur zu 90 Prozent bezahlt werden. (BGH BauR 2011, 677, 680 - unwirksame Kumulierung von Vertragserfüllungsbürgschaft und Abschlagszahlungseinbehalt) Rechtsanwalt Rolf Zimmermanns 9
3) Der Auftragnehmer hat die Wahl unter den verschiedenen Arten der Sicherheit; er kann eine Sicherheit durch eine andere ersetzen. (4) Bei Sicherheitsleistung durch Bürgschaft ist Voraussetzung, dass der Auftraggeber den Bürgen als tauglich anerkannt hat. Die Bürgschaftserklärung ist schriftlich unter Verzicht auf die Einrede der Vorausklage abzugeben ( 771 BGB); sie darf nicht auf bestimmte Zeit begrenzt und muss nach Vorschrift des Auftraggebers ausgestellt sein. Der Auftraggeber kann als Sicherheit keine Bürgschaft fordern, die den Bürgen zur Zahlung auf erstes Anfordern verpflichtet. Rechtsanwalt Rolf Zimmermanns 10
Sonderform: Bürgschaft auf erstes Anfordern Bei dieser Sonderform verpflichtet sich der Bürge, auf erste schriftliche Anforderung des Gläubigers den Bürgschaftsbetrag sofort auszuzahlen, ohne die Berechtigung der Inanspruchnahme näher zu prüfen oder in Frage stellen zu können. Diese Bürgschaften stellen ein besonderes Risiko dar, weil die Rechtsprechung deren Inanspruchnahme selbst im Rahmen einstweiliger Verfügungsverfahren nur ausnahmsweise untersagt. Rechtsanwalt Rolf Zimmermanns 11
Sonderform: Bürgschaft auf erstes Anfordern Bürgschaften auf erstes Anfordern führen also in der Regel zu einer sofortigen Auszahlung des Bürgschaftsbetrages und zur Belastung des Schuldnerkontos durch die bürgende Bank, wodurch in der Praxis oftmals kritische Situationen für den Schuldner entstehen. Vor diesem Hintergrund sind seit der Neufassung der VOB/B im Jahre 2002 auch solche Bürgschaften in VOB-Verträgen ausdrücklich ausgeschlossen worden ( 17 Abs. 4 Satz 3 VOB/B). Rechtsanwalt Rolf Zimmermanns 12
TIPP! Nach Möglichkeit sollte der Auftragnehmer eine Verpflichtung zur Einräumung einer Bürgschaft auf erstes Anfordern vermeiden. Durch eine Urteilswelle im Jahre 2002 sind AGB-Klauseln über Bürgschaften auf erstes Anfordern vom BGH weitestgehend "gekippt" worden. In individuell ausgehandelten Verträgen können Bürgschaften auf erstes Anfordern aber zulässigerweise vereinbart werden. Rechtsanwalt Rolf Zimmermanns 13
(5) Wird Sicherheit durch Hinterlegung von Geld geleistet, so hat der Auftragnehmer den Betrag bei einem zu vereinbarenden Geldinstitut auf ein Sperrkonto einzuzahlen, über das beide nur gemeinsam verfügen können ( Und-Konto ). Etwaige Zinsen stehen dem Auftragnehmer zu. Tipp: Nur wenn beide Parteien gemeinsam über das Konto verfügen können, ist im Insolvenzfall einer Partei ausgeschlossen, dass ein solches Konto in die Insolvenzmasse fällt. Rechtsanwalt Rolf Zimmermanns 14
(6) 1. Soll der Auftraggeber vereinbarungsgemäß die Sicherheit in Teilbeträgen von seinen Zahlungen einbehalten, so darf er jeweils die Zahlung um höchstens 10 v. H. kürzen, bis die vereinbarte Sicherheitssumme erreicht ist. Sofern Rechnungen ohne Umsatzsteuer gemäß 13 b UStG gestellt werden, bleibt die Umsatzsteuer bei der Berechnung des Sicherheitseinbehalts unberücksichtigt. Rechtsanwalt Rolf Zimmermanns 15
Bei Bauleistungen für einen AG, der selbst keine Bauleistungen erbringt, ist der AN der Schuldner der Umsatzsteuer ( 13 a Abs. 1 Nr. 1 UStG). Für Sicherheitseinbehalte sind danach sowohl bei der Auftrags-, als auch bei der Abrechnungssumme die jeweiligen Bruttobeträge (einschließlich der gesetzlichen Umsatzsteuer) maßgebend. Für Bauleistungen, die ab 01.04.2004 erbracht wurden, ist der AG Umsatzsteuerschuldner, wenn er selbst baugewerblich tätig ist ( 13 b Abs. 2 Nr. 4 UStG). Dementsprechend sind ab diesem Zeitpunkt Sicherheitseinbehalte von der Netto-Rechnungssumme zu berechnen und sodann von dieser Summe abzuziehen. Die Umsatzsteuer bleibt insoweit bei der Berechnung des Einbehalts unberücksichtigt. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Parteien ausdrücklich die Berechnung des Sicherheitseinbehalts aus einer Brutto-Abrechnungssumme vereinbaren. Rechtsanwalt Rolf Zimmermanns 16
Den jeweils einbehaltenen Betrag hat er dem Auftragnehmer mitzuteilen und binnen 18 Werktagen nach dieser Mitteilung auf ein Sperrkonto bei dem vereinbarten Geldinstitut einzuzahlen. Gleichzeitig muss er veranlassen, dass dieses Geldinstitut den Auftragnehmer von der Einzahlung des Sicherheitsbetrages benachrichtigt. Absatz 5 gilt entsprechend. 2. Bei kleineren oder kurzfristigen Aufträgen ist es zulässig, dass der Auftraggeber den einbehaltenen Sicherheitsbetrag erst bei der Schlusszahlung auf ein Sperrkonto einzahlt. Rechtsanwalt Rolf Zimmermanns 17
3. Zahlt der Auftraggeber den einbehaltenen Betrag nicht rechtzeitig ein, so kann ihm der Auftragnehmer hierfür eine angemessene Nachfrist setzen. Lässt der Auftraggeber auch diese verstreichen, so kann der Auftragnehmer die sofortige Auszahlung des einbehaltenen Betrags verlangen und braucht dann keine Sicherheit mehr zu leisten. 4. Öffentliche Auftraggeber sind berechtigt, den als Sicherheit einbehaltenen Betrag auf eigenes Verwahrgeldkonto zu nehmen; der Betrag wird nicht verzinst. Rechtsanwalt Rolf Zimmermanns 18
(7) Der Auftragnehmer hat die Sicherheit binnen 18 Werktagen nach Vertragsabschluss zu leisten, wenn nichts anderes vereinbart ist. Soweit er diese Verpflichtung nicht erfüllt hat, ist der Auftraggeber berechtigt, vom Guthaben des Auftragnehmers einen Betrag in Höhe der vereinbarten Sicherheit einzubehalten. Im Übrigen gelten die Absätze 5 und 6 außer Nummer 1 Satz 1 entsprechend. Rechtsanwalt Rolf Zimmermanns 19
(8) 1. Der Auftraggeber hat eine nicht verwertete Sicherheit für die Vertragserfüllung zum vereinbarten Zeitpunkt, spätestens nach Abnahme und Stellung der Sicherheit für Mängelansprüche zurückzugeben, es sei denn, dass Ansprüche des Auftraggebers, die nicht von der gestellten Sicherheit für Mängelansprüche umfasst sind, noch nicht erfüllt sind. Dann darf er für diese Vertragserfüllungsansprüche einen entsprechenden Teil der Sicherheit zurückhalten. Rechtsanwalt Rolf Zimmermanns 20
2. Der Auftraggeber hat eine nicht verwertete Sicherheit für Mängelansprüche nach Ablauf von 2 Jahren zurückzugeben, sofern kein anderer Rückgabezeitpunkt vereinbart worden ist. Soweit jedoch zu diesem Zeitpunkt seine geltend gemachten Ansprüche noch nicht erfüllt sind, darf er einen entsprechenden Teil der Sicherheit zurückhalten. Rechtsanwalt Rolf Zimmermanns 21
Das Wahl- und Austauschrecht ( 17 Abs. 3 VOB/B) Sofern die Parteien in der Sicherungsabrede nur ein bestimmtes Sicherungsmittel vorgesehen haben, scheidet ein Wahlrecht des AN aus. Sollten AGB-Klauseln die Vereinbarung eines Wahlrechts für den AG enthalten, benachteiligt dies den AN für sich genommen nicht, so dass die Klauseln deshalb wirksam sind (BGH, BauR 1997, 829/831). Das dem AN in AGB eingeräumte Recht, den Sicherheitseinbehalt nur durch eine Bürgschaft auf erstes Anfordern abzulösen, ist allerdings kein angemessener Ausgleich in diesem Sinne. Die Sicherheitsvereinbarung ist in diesem Fall unwirksam (BGH, BauR 2006, 374/375). Rechtsanwalt Rolf Zimmermanns 22
Mit der Stellung einer Bürgschaft erlangt der AN gegen den AG einen Anspruch auf Auszahlung des Sicherheitseinbehalts. Dieses Austauschrecht schließt aus, dass der AG eine ordnungsgemäß ersetzte Sicherheit behält (Ausschluss der Doppelsicherung, BGH, BauR 1997, 1026, 1027). Der AN kann deshalb die Bürgschaft zurückfordern, wenn er eine Bürgschaft zum Austausch eines Bareinbehalts gestellt hat und der AG die Auszahlung des Bareinbehalts wegen Aufrechnung und Zurückbehaltung mit streitigen Gewährleistungsansprüchen verweigert. In diesem Fall kommt die Geltendmachung von Zurückbehaltungsrechten nicht in Betracht (BGH, BauR 1998, 544, 545). Rechtsanwalt Rolf Zimmermanns 23
Der AG muss eine Barsicherheit an den AN alsbald auszahlen, wenn er die Bürgschaft als geeignetes Sicherungsmittel im Austausch entgegen genommen hat. Gegen diese vertragliche Herausgabeverpflichtung verstößt der AG dann, wenn er statt der geschuldeten Auszahlung die Aufrechnung mit bestrittenen Gegenforderungen erklärt (BGH, BauR 2011, 1975, 1977). Rechtsanwalt Rolf Zimmermanns 24
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