Ursachen für fehlende Zielerreichung. Sterbeorte in der Schweiz. Schmerzentstehung. Kompetenzen Palliative Care



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Transkript:

Schmerztherapie in der PALLIATIVE CARE Solothurn, 14. Januar 2010 Dr. med. Andreas Weber Anästhesist und Schmerztherapeut Co-Präsident Palliative Care Netzwerk Zürich andreas.weber@medix.ch 0844 001144 Wünsche am Lebensende Nonhealthcare What are your three most important characteristics of a good death? professional s (%) Healthcare professionals (%) Choice over where I die 32 30 Choice over when I die (with possibility of bringing my death forward) 42 27 Choice over with whom I die 28 25 Freedom from unpleasant symptoms (pain, shortness of breath) 80 77 Freedom from heroic medical interventions 20 35 W ith specialist palliative care services available 15 17 W ith my spiritual needs addressed 19 28 W ith psychological support available 15 10 Withmy financial matters resolved 18 22 W ith bereavement care for my family 26 24 W here would you prefer to die? Home 67 76 Hospice 7 6 Hospital 2 12 No preference 23 15 1 2 BMJ 2003:327;180 Schmerzen bei Krebs Demographic and Pain-Related Variables According to Disease Site among 871 Patients with Recurrent or Metastatic Cancer and Pain Ungenügende Symptomkontrolle Symptoms during cancer pain treatment following WHO-guidelines: a longitudinal follow-up study of symptom prevalence, severity and etiology. 80% 3 Cleeland C et al. N Engl J Med 1994;330:592-596 42 % der PatientIn nen ungenügend behandelt 4 60% 40% 20% 0% Schmerz Dyspnoe Reduzierte Aktivität Depression Obstipation Nausea Trockenen Mund Meuser T et al. Pain. 2001;93:247-57.

60 50 40 30 20 10 0 Sterbeorte in der Schweiz Spital Pflegeheim Zu Hause CH 1969 CH 1986 Zürich 1999 Streckeisen 2001 Ursachen für fehlende Zielerreichung Ungenügende Symptomkontrolle Unzureichende Problemerfassung Mangelnde Fachkenntnisse Fehlender Beizug von Spezialisten Fachleute nicht verfügbar Fehlende, vorausschauende Planung Ungenügende Klärung des Patientenwillens Keine Vorbereitung von Materialien, Kein Einsatzplan Überlastung der Angehörigen oder keine vorhanden 5 6 Kompetenzen Palliative Care Schmerzentstehung 7 palliative.ch Nov 08 8

Physiologie des Schmerzes Schmerz Ursachen Trauma Tumorinfiltration Vaskulär Neurogen Entzündung, Infekt Periphere Sensibilisierung Prostaglandin Histamin Bradykinin Substanz P 9 10 Zentrale Sensibilisierung 11 12

Zentrale Hemmung Zentrale Hemmung durch Endorphine 13 14 Schmerzerfassung Dolometer Schmerzcharakter: dumpf, stechend, brennend usw Lokalisation Beginn, Dauer Massnahmen, welche zu Linderungen führten Schmerzfragebogen Erstellung Schmerzprotokoll 15 16

17 ECPA bei Kommunikationseinschränkung Beobachtung vor der Pflege Gesichtsausdruck Ruhehaltung Bewegung und Mobilität Kontakt zur Umgebung Beobachtung während der Pflege Angst, Agression Reaktion bei Mobilisation und Pflege schmerzhafter Zonen Verbale Äusserungen, wimmern, schreien 0 44 Punkte 18 Verlaufsdokumentation Schmerzerfassung und Dokumentation Bei andauernder Schmerzbehandlung wird durch die Pflege und den Patienten ein Schmerzprotokoll mit Hilfe des Dolometers geführt (Graduierung 1-10). Das Schmerzprotokoll wird kontinuierlich geführt bis das mit dem Patienten definierte Ziel erreicht ist. Veränderungen der Schmerzen brauchen eine erneute Diagnostik, Suche nach anderen Ursachen. Visiten Die Ärzte sind verpflichtet, die Schmerzverlaufsblätter anlässlich ihrer Visiten zu konsultieren, zu kommentieren und die notwendigen diagnostischen und therapeutischen Massnahmen zu treffen. Im Zweifelsfall ist der zuständige Oberarzt/Chefarzt beizuziehen, bei unkontrollierbaren Schmerzen ein anästhesiologisches oder onkologisches Konsil zu veranlassen. Schmerztherapie nach WHO Grundsätzen WHO Schmerzstufenschema WHO-Konzept: By the mouth: geeignete Galenik (Tbl.,Tropfen, Supp., Pflaster), wenn möglich nicht parenteral. Handling überprüfen! By the clock: prophylaktisch statt reaktiv, Dauertherapie statt auf Verlangen By the ladder: Stufenleiter zum Aufsteigen, nicht stehen bleiben 19 20

Koanalgetika Neuroleptika: z.b. Haldol oder Nozinan additiv analgetische Wirkung, sedierend. Aber: Dyskinesien! Antidepressiva: Bei neuropathischen Schmerzen; z.b. Amitriptylin (antriebshemmend, Saroten ) Imipramin (antriebssteigernd, Tofranil ) oder die neuen SSRI, z.b. Deroxat Antiepileptika: Carbamazepin (Tegretol ) oder Gabapentin (Neurontin ),Pregabalin (Lyrica ) va. bei neuropathischen Schmerzen. Lyrica und Neurontin haben weniger Nebenwirkungen als Tegretol. Steroide: Stimmungsaufhellend, antiphlogistisch, antiemetisch, appetitanregend. Gute palliative Wirkung z.b. bei Lebermetastasen. Begleittherapie, v.a. bei chronischen, nicht-tumorschmerzen Entspannung: autogenes Training, progressive Muskelrelaxation usw. Physikalische Therapie: Kälte, Wärme, Massagen Aufbau von körperlichen Aktivitäten: Verhinderung/Verbesserung von Schon- und Vermeidungsverhalten, erzeugt über eine Aktivierung des körpereigenen Endorphinsystems positive Gefühle Psychotherapie / Coaching: Aufgeben des Konzepts Hilflosigkeit durch Stärken des Vertrauens in die eigenen Kräfte. Fokus auf das, was funktioniert, statt das was nicht geht. Kunsttherapie usw. 21 22 Weitere Stufen Bsp: Mann 1933 mit thorakalem Mesotheliom Invasive Schmerztherapie Opiate s.c oder i.v. via PCA 23 24

25 Thorakaler Periduralkatheter Morphin, Bupivacain, Clonidin PCA Pumpe 26 Spinalkatheter mit Port a cath Intrathekal: Morphin 50-100 mal wirksamer als parenteral Kombination mit Lokalanästhetika Mit Port viel kleineres Infektionsrisike Geringeres Dislokationsrisiko Wesentlich weniger sediert Risiko motorischer Block, Harnverhaltung Schmerzkontrolle Häufige Fehler 80 % der Krebsschmerzen können mit dem WHO Prinzip by the mouth, by the clock, by the ladder behandelt werden 20 % der Schmerzen sind vor allem in fortgeschrittenen Stadien konventionell nicht kontrollierbar Von diesen können über 90 % auch zu Hause kontrolliert werden Der Preis ist oft die Müdigkeit ausser bei intrathekaler Analgesie 27 Antiemetika und Laxantien zu Beginn vergessen Keine rasch wirksame Reservenmedikation Zu geringe Reservemedikation (10 15 % der täglichen Opiatdosis) Zu zaghafte Steigerung der Basisdosis Schmerz ist ein Notfall Basismedikation wird nicht fix eingenommen ÄrztInnen unterschätzen die Schmerzen Pflege ist näher am Patienten 28